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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 29. April 2011: I.Internationales / Ungarn a) Jagd auf Roma - Osterausflug? Mehrere Hundert Roma sind letztes Wochenende aus einem nordungarischen Dorf geflohen: Weil faschistische Wehrsportgruppen im Dorf eine Übung abhalten wollten. Während das Rote Kreuz und NGOs die Flucht organisierten, sprachen die ungarischen Medien von "Evakuierung". Dieser Zynismus aber wurde noch weit überboten von Vertretern der ungarischen Rechtsaußenregierung - die feinen Herrschaften sprachen von einem Osterausflug..."Es soll auch am Mittwoch wieder zu kleineren Zusammenstößen, Steinwürfen, Rangeleien gekommen sein, die aber von der diesmal präsenten Polizei schnell unterbunden wurden. Einige Personen wurden verhaftet, bzw. des Platzes verwiesen. Die Polizei hat mittlerweile erklärt, in dauerhaftem Kontakt mit den Vertretern der Roma des Ortes zu sein und so lange zu bleiben wie es notwendig ist. Die Vertreter der Gegenseite seien zu einer derartigen "Sicherheitspartnerschaft" nicht bereit gewesen, hieß es. Die Polizei im Komitat Heves machte klar, dass sie "keinerlei Provokationen, egal, von welcher Seite sie kommen würden, tolerieren" werde. Die örtliche Romavertretung hat aus Angst vor einer erneuten Zuspitzung am Mittwoch bereits Busse für eine erneute Evakuierung von Frauen und Kindern angefordert. In einschlägigen Noenazi-Webforen wird zu einer "Befreiung" von Gyöngyöspata aufgerufen" - das ist aus dem Beitrag "Eskalation der Gewalt - Offene Kämpfe zwischen Roma und Neonazis in Ungarn" von der Redaktion des Pester Lloyd am 27. April 2011. Siehe dazu auch: "Hungary: For Gyöngyöspata's Roma, Evacuation - or an Easter Excursion?" am 24. April 2011 bei Global Voices Online, wo eine Vielzahl von 8unterschiedlichen) Stimmen aus dem Netz dokumentiert werden. b) Zwei Gewerkschaftsbünde treffen rechten Regierungschef "Ein wesentlicher Auslöser für die jetzt stattfindenden Gespräche liegt daher in der begründeten Sorge, dass die wachsende Unzufriedenheit von Lehrern, Feuerwehrmännern, Polizisten, Zollbeamten und anderen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes allmählich von vereinzelten Protestaktionen in eine negative Gesamtstimmung selbst im bürgerlichen Kernland des Fidesz umschlagen könnte. Eine ganze Liste von Maßnahmen fordern die Geduld der öffentlich Bediensteten heraus: (weitere) empfindliche Einsparungen bei Zulagen (z.B. Jahresprämien, bezahlte Überstunden), Anhebung des Rentenalters, eine 98%ige Besteuerung von Abfindungen (bei allen über rund 5.400 EUR), die angesichts der winzigen Renten bisher wichtiger Teil der Altersvorsorge vieler kleiner Staatsangestellter waren sowie die immer häufiger angewandte Kündigung von öffentlich Bediensteten ohne jegliche Begründung (durch das Verfassungsgericht gekippt, aber bis Juli noch in Kraft)" - das ist ein Auszug aus dem Bericht "Teile und herrsche... Regierung und Gewerkschaften in Ungarn tasten sich ab" von Rainer Girndt am 26. April 2011 in der deutschsprachigen Zeitung Pester Lloyd, worin auch hervorgehoben wird, dass sich der sehr ehrenwerte Herr Orban nicht mit jenen vier Gewerkschaftszentralen getroffen hat, die er höchstpersönlich dem sozialistischen Lager zurechnet... Siehe dazu auch: "Auf verlorenem Posten? - Gewerkschaften in Ungarn: zerstritten, schwach und starr" vom selben Autor in derselben Zeitung bereits am 17. Dezember 2010 veröffentlicht, aber als Hintergrundinformation lesenswert. II.Internationales / Griechenland / Schuldenkrise "Es sind die deutschen Banken, Depp" Der Ausspruch, mit dem Bill Clinton Wahlkampfgeschichte machte lautet "It's the economy, stupid". In "It's the (German) Banks, Stupid!" analysiert der Athener Wirtschaftsprofessor Yanis Varoufakis am 17. April 2011 beim MRZine die Rolle der deutschen Banken - und dementsprechend der deutschen Regierung - bei der abermalig anstehenden Kürzungsrunde in Griechenland ebenso wie in der gesamten Eurokrise - ziemlich anders, als hierzulande in den Kommerzmedien und ihren Stammtischen. Siehe dazu auch: "Tyranny of the Central Bankers" von Dean Baker am 18. April 2011 beim ISN Zürich - wo anhand des Beispiels Zentralbanken insgesamt das Thema behandelt wird, wie die gesamte Wirtschafts- und Sozialpolitik von unkontrollierten, ungewählten und unbekannten Gruppierungen bestimmt wird. III. Internationales / Frankreich / Arbeit und Arbeitskämpfe / Arbeitsbedingungen / France Télécom Schon wieder Selbstmord... "Die Suizidserie bei France Telecom setzt sich auf schreckliche Art fort: Ein Angestellter des französischen Telekommunikationskonzerns verbrannte sich in der Nähe von Bordeaux selbst" - Die Meldung "Suizidserie Selbstverbrennung bei France Télécom" in der Süddeutschen Zeitung vom 26. April 2011. IV.Internationales / Italien / Arbeitsrecht und Arbeitsbedingungen Klägeranwalt zur Thyssenverurteilung: "Historisch" "Hohe Haftstrafen für Manager von ThyssenKrupp wegen »willentlicher Tötung«" - so beginnt "Das ist ein historisches Urteil" - ein Interview von Raoul Rigault mit Sergio Bonetto, Rechtsanwalt. Der vertrat Arbeiter als Nebenkläger im Turiner Prozeß gegen italienische Thyssen-Krupp-Manager, in der jungen Welt vom 26. April 2011 V.Internationales / Türkei Gewerkschaftsbündnis gegen Armutspolitik "Gegen die Politik der türkischen Regierung hat sich ein Bündnis von elf Einzelgewerkschaften gebildet" - so beginnt "Immer mehr Menschen werden zu Sozialbettlern" ein Gespräch von Ramazan Bayram mit Mustafa Türkel, Vorsitzender der türkischen Gewerkschaft für die Beschäftigten der Nahrungsmittelindustrie, Tek-Gida-Is in der jungen welt vom 28. April 2011. VI.Internationales / Portugal Referendum über Europadiktat? Die "Bewegung des 12. März", jener eher spontane Zusammenschluß der mehrere Hundertausend DemonstrantInnen gegen die "Selbstständigkeit" der Beschäftigten diverser Branchen mobilisierte, hat sich in einer Pressekonferenz, die von den 4 BegründerInnen der Mobilisierungs-Webseite durchgeführt wurde, auch zur aktuellen politischen und sozialen Gesamtlage geäußert und dabei unterstrichen, man werde sich bemühen, eine Volksabstimmung über diese Politik, wie sie von der EU diktiert werde, zu organisieren. Das berichtet der Beitrag "Movimento 12 de Março quer referendo sobre o pagamento da dívida soberana" im Esquerdanet am 21. April 2011. VII.Internationales / Japan / Erdbeben 2011 "Die vier Verbrechen der Atombande" Das ist der Titel der neuesten Ausgabe des Doro Chiba Newsletters, in dem eine Aktionswoche ab dem 01. Mai 2011 angekündigt wird. Die vier Punkte, die genannt werden sind: Verweigerung nötiger Hilfsmaßnahmen (sowohl was die Klärung des Schicksals der noch vermißten Menschen betrifft, als auch jener, die immer noch in klaten Turnhallen ausharren müssen), Massenentlassungen quer durchs Land unter Verweis auf die Katastrophe, permanente Täuschung und schliesslich bewußtes Herunterspielen der Gesamtgefahr. Der "Doro-Chiba Newsletter Nr 16" vom 28. April 2011 ist, wie alle seine Vorgänger auf der Wordpress-Seite von Doro Chiba zu finden. Siehe dazu auch: "A Day in Tokyo" von Yoshihiko Ikegami, verfasst am 05. April, ins Englische übersetzt vom Blog Japan Fissures am 21. April 2011 - worin die diversen Bekundungen der Regierung und anderer Behörden, samt ihre jeweiligen Rücknahme kontrastiert werden mit dem Alltag eines normalen Katatstrophenlebens in Tokyo. Und: "Workers of Denryoku Soren Face Dire Plight at Fukushima Nuclear Site" am 25. April 2011 bei der Internationalen Energiegewerkschaftsföderation ICEM über die Freiwilligen der Gewerkschaft in der No-go-zone - und den Verzicht der Gewerkschaft auf Lohnverhandlungen... VIII.Internationales / China / Soziale Bewegungen Der Truckerstreik: Palmzweig Rund 2000 meist "selbstständige" Trucker haben in der vergangenen Woche in Shanghai gestreikt: Ausser der ohnehin problematischen allgemeinen Teuerung sind Anfang April auch noch die Dieselpreise erhöht worden. Dem grössten Containerhafen der Welt drohte Stillstand - und das wegen eines Problems, das offensichtlich viele Menschen in China betrifft: Teuerung. Die Regierung handelte: Sie reduzierte die in den letzten Jahren um ein Vielfaches angestiegenen Parkgebühren, der Streik lief gegen wochenende aus. Dazu der Bericht "China's trucker strike highlights worries for government" von Michael Martina am 26. April 2011 bei Reuters. Siehe dazu auch: "Massive strike by truck drivers at Shanghai ports yesterday, mainstream media silent again" von Kenneth Tan am 21. April 2011 in seinem Blog The Shanghaist, der noch ähnliche Proteste in der letzten Woche mitberichtet. IX.Internationales / Syrien Nach fast 50 Jahren Notstand aufgehoben - zu spät, zu wenig... a) Notstandsgesetze, religiöse Spaltung, Perspektiven Die Dialektik der Wiedergänger: Jetzt, wo erstmals seit 1982 für das Regime der Baathpartei ein Notstand ausgebrochen ist, wird das Notstandsgesetz, seit 1963 in Kraft, ausser derselben gesetzt. Die Proteste nehmen trotz heftiger Repression ständig zu - und schon erheben sich die üblichen Stimmen: Jene, die eine Intervention des ach so demokratischen "Westens" fordern - und jene, die selbst in einem Herrn Assad noch einen Antiimperialisten erkennen wollen. Im Blog Syria Comment gibt es das Videogespräch "Ammar Abdulhamid, a leading Activist, and Joshua Landis Discuss the Syrian Uprising" vom 20. April 2011 in dem Blogger Joshua Landis mit einem der bekannteren Aktivisten der Proteste über verschiedene Aspekte der aktuellen Situation redet. b) Stimmen aus dem Netz Weitere aktuelle Berichte aus dem Netz sowie zahlreiche unterschiedliche Kommentare auch in dem Special "Syria Protests 2011" bei Global Voices Online, zuletzt am 26. April 2011. c) Armee uneinheitlich? In dem Beitrag "Syria: As the regime clamps down, cracks appear in armed forces" von Mousa Ladqani am 26. April 2011 bei "In Defence of Marxism" wird die These von Spaltungen in der Armee verteidigt, die von verschiedenen Blogs vertreten und bestritten wird. d) Liberalisierung: Eine Zwischenbilanz von 2005 Der Beitrag "Economic Liberalization and Reform in Syria: 1970-2005" von ANGELA JOYA von der kanadischen York-Universität erschien in der dortigen Universitätspresse bereits 2006 und analysiert die bisherigen Ergebnisse der (natürlich: wirtschaftlichen) Liberalisierung, seit offizieller Aufgabe der Planwirtschaft 1990 - und ihre Vorgeschichte. e) Eine Revolution der Armen? In dem Artikel "The Syrian chessboard" von Pepe Escobar am 28. April 2011 bei der Asia Times wird vor allem darauf abgehoben, dass die wirtschaftlichen Maßnahmen der letzten Jahre - wie etwa die beendete Subventionierung bestimmter Lebensmittel - zur Unzufriedenheit gerade bei den ärmeren Teilen der syrischen Bevölkerung geführt hätten. X.Internationales / Jemen Ausgerechnet der Golfrat? Der Golfrat hat einen Übergangs- und Friedensplan für den Jemen vorgeschlagen, den sowohl der Präsident Saleh, als auch die EU und die USA und der Golfrat selbst ganz toll finden. Die Opposition diskutiert heftigst, unter Verweis auf die schlichte Tatsache, dass der Golfrat in Bahrein und Saudi Arabien DemonstrantInnen mit Panzern konfrontiert. Der Artikel "The Core of Arab Counterrevolution" (das Herzstück der arabischen Konterrevolution) von Mohammad-Reza Shalgooni wurde am 17. April 2011 aus dem Iranischen ins Englische übersetzt bei der Revolutionary Flowerpot Society veröffentlicht - und macht den Golfrat als eben dieses Herzstück aus. XI.Internationales / Tunesien Die Revolution. Geht sie weiter? Ein Bericht aus dem heutigen Alltag Tunesiens - und den eher stillen Bemühungen, die Revolution fortzuführen ist "The Committees to Safeguard the Revolution - the example of Bizerte" von Mouamid, am 21. April 2011 beim anarkismo.net veröffentlicht. Ausgesprochen lesenswertes über die Arbeit und den Kampf von bis zu 1.000 Menschen in Bizerta, die sich für die Fortführung der Revolution engagieren. Siehe dazu auch: "Politischer Reisebericht aus Tunesien" von Helmut Selinger am 21. April 2011 beim Münchener isw, der nochmals einen zusammenfassenden Überblick der tunesischen Entwicklung gibt, und dabei auch die jüngsten Ereignisse in Libyen und ihre Auswirkungen behandelt. XII.Internationales / Ägypten Gewerkschaftsbewegung gegen Militärregierung Die Konfrontationen streikender ArbeiterInnen mit den Ordnungskräften der amtierenden Militärregierung sind in Ägypten längst quer durchs Land alltäglich geworden. In dem Bericht "Empowering Egypt's workers revolution" von Kieron Monks am 25. April 2011 bei Al Jazeera wird nicht nur festgehalten, dass die Arbeiterschaft Ägyptens immerhin runde 25 Millionen Menschen umfasst, sondern auch, anhand eines indonesischen Unternehmens hervorgehoben, wie positiv die Wirkung der neuen unabhängigen Gewerkschaftsföderation ist - und wie wichtig die Gründung der Demokratischen Arbeiterpartei werden könnte... XIII.Internationales / Mauretanien Proteste wachsen, trotz Polizeirepression Am 25. April fanden die bisher grössten Demonstrationen in Nouakchott statt - im wesentlichen getragen von jungen Menschen, denen auch eine bessere Ausbildung nicht dabei geholfen hat, eine Erwerbstätigkeit zu finden. Die soziale Unruhe mobilisierte viele - die Forderung nach Freiheit für die bei vorherigen Protesten, die seit Januar 2011 kontinuierlich stattfinden, ebenfalls. Aber auch in der Eisenerz - Stadt Zouerate im Norden des Landes gab es massive Proteste der im Tagebau beschäftigten Tagelöhner - Proteste, denen noch viel härter begegnet wurde, unter dem Vorwand, es hätten Plünderungen stattgefunden. Dazu die Meldung "Manifestations à Zouerate, tirs et blessés" am 26. April 2011 bei Points Chauds Online, worin auch vermeldet wird, dass die lokalen Behörden den Gebrauch scharfer Munition in Abrede stellen. Und: "Mauritanian police quell youth protest" von Mohamed Yahya Ould Abdel Wedoud und Jemal Oumar ebenfalls am 26. April 2011 bei Magharebia, worin auch Regierungsvertreter zitiert werden mit Aussagen über die viel demokratischeren Strukturen in Mauretanien im Vergelich zu "anderen arabischen Ländern"... XIV.Internationales / Honduras Terrorkampagne gegen Lehrergewerkschaft Die LehrerInnen von Honduras sind nach der Meinung vieler, die das Land kennen, der am besten organisierte gesellschaftliche Sektor und nahezu geschlossen gegen die Putschisten von 2009 eingestellt. Gehaltskürzungen, Entlassungen und - die USA sind nicht nur geographisch nahe - Abschaffung gewerkschaftlicher Rechte, das war die Antwort der Regierung Lobo auf diese Haltung. Der Widerstand geht trotzdem weiter, wird in dem Video-Interview "Honduran Teachers Get Shock Treatment" am 18. April 2011 beim Real News Network publiziert, das Jesse Freeston mit AktivistInnen aus Honduras und Naomi klein führte. XV.Internationales / Mexico Antigewerkschaftsgesetz gescheitert: Zeitarbeit weiter illegal Auf Initiative der einst ewigen Staatspartei PRI sollte ein neues Arbeitsgesetz im Parlament abgestimmt werden: Denn noch sind in Mexico Zeitarbeitsverträge verboten, und diese Möglichkeit einzuführen war einer der Kernpunkte der geplanten Gesetzgebung und stand auch im Zentrum der gesellschaftlichen Debatte darum. Unterstützt wurde diese Initiative nicht nur von der rivalisierenden PAN, der rechten Partei der nationalen Aktion also, sondern auch vom Transmissionsriemen der PRI, dem grössten Gewerkschaftsbund CTM. Die in den letzten Jahren wieder stärker gewordenen unabhängigen Gewerkschaften mobilisierten massiv dagegen - Schätzungen sprachen von bis zu 100.000 DemonstrantInnen bei der abschlusskundgebung vor dem Parlament. Die Gesetzesinitiative wurde deshalb (einstweilen?) auf Eis gelegt, berichtet in "Union-Busting Bill Stopped by Union Action-in Mexico" Dan LaBotz am 25. April 2011 in den Labornotes. XVI.Internationales / Bolivien a) Mindestlohn erhöht "Endlich können die Paceños wieder in Frieden und Ruhe leben", freute sich am Montag nicht nur Roberto Tórrez, Polizei-Chef von La Paz. Mehr als zehn Tage Verkehrschaos, Protestmärsche und Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten liegen hinter den genervten Hauptstädtern. Nach einem Verhandlungsmarathon von 36 Stunden zwischen Linksregierung und Gewerkschaftsdachverband "Arbeiterzentrale Boliviens" (COB) ist die Normalität zu Wochenbeginn gewohnt schnell in die protesterprobte Andenstadt zurückgekehrt. Weil die mächtige COB mit ihren zwei Millionen Mitgliedern das Regierungsangebot der "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) von zehn Prozent Lohnerhöhung als zu niedrig eingestuft hatte, war das Gewerkschaftsurgestein der Revolution von 1952 in den Ausstand gegangen. Zwar legte der einwöchige Streik für eine Erhöhung von 15 Prozent die Innenstad in La Paz zeitweise total lahm, doch lief die Arbeit in Fabriken, Industrie, Handel, Bankwesen und Reiseverkehr normal weiter. "Die Lohnerhöhung reicht für elf Mittagessen, zwölf Busfahrten und 260 Brote", rechnet die Tageszeitung "El Mundo" vor. Für einen Lehrer mit einem Lohn von 1.000 Bolivianos (etwa 97 Euro) sind das im Monat 120 Bs. mehr, wovon 12 Prozent für die Krankenkasse abgehen. Elf Prozent mehr Lohn mit der Möglichkeit auf zwölf Prozent sind das wichtigste Ergebnis des Abkommens, das die COB-Führung mit den MAS-Spitzen am Sonntag ausgehandelt und am Montag von der Basis "einstimmig" hatte absegnen lassen…" aus dem Artikel "Zwölf Prozent mehr Lohn für Boliviens Arbeiter: Linksregierung und Gewerkschaften einigen sich auf neuen Tarifvertrag" von Benjamin Beutler im Portal amerika21.de vom 20. April 2011 b) Was macht Bolivien anders? "Der von Tanja Ernst und Stefan Schmalz herausgegebene Band bietet einen detaillierten und vielschichtigen Zugang zu einem Land, dem außerhalb interessierter Kreise zu Unrecht wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. Es ist der erste deutschsprachige Sammelband zu diesem Thema. Hilfreich wäre gewesen, ihn um Interviews oder Zeugnisse der am Wandel Beteiligten zu ergänzen. Eine Reportage aus El Alto, aus einer andinen Landgemeinde oder dem oppositionellen Tiefland hätte den Eindruck vertieft. Auch wären die Autoren auf diese Weise dem Ideal einer an der Basis orientierten Erzeugung von Wissen noch besser gerecht geworden. Trotz dieser Einwände trägt das Buch ganz sicher zum besseren Verständnis der vielfältigen Prozesse eines Landes bei, das sich in einer fundamentalen Umbruchsituation befindet. Bolivien steht somit paradigmatisch für andere Länder der Region, in denen ähnliche Prozesse angestoßen wurden. Dem Land in dieser Weise die nötige Aufmerksamkeit zu widmen ist das Hauptverdienst des Sammelbandes" schreibt Zeljko Crncic in der Ausgabe April 2011 in einer Besprechung des Buches von Tanja Ernst und Stefan Schmalz: Die Neugründung Boliviens? Die Regierung Morales (Baden-Baden, Nomos Verlagsgesellschaft 2009). XVII.Internationales / Brasilien / Gewerkschaften Als Wahlhelfer unterwegs... Im Februar und März war LabourNet in Brasilien: Einige Diskussionsveranstaltungen im Vorfeld der Gewerkschaftswahlen sollten auch dem von manchem als Vorbild ausgesuchten deutschen Gewerkschaftswesen gelten. Dabei standen neben Betriebsräten und Mitbestimmung vor allem Themen wie "Arm trotz Arbeit", prekäre Beschäftigung insgesamt und Organizing-Erfahrungen im Mittelpunkt. Der "Bericht über eine Rundreise", noch im März vor Ort verfasst. XVIII.Internationales / Paraguay Knauseriger Präsident - beim Mindestlohn. Generalstreik angekündigt Er wäre gerne großzügiger gewesen, sagte Präsident Lugo, als er die Erhöhung des Mindestlohns um 10% ankündigte. Nachdem die Erhöhungen der beiden ersten Amtsjahre Lugos unterhalb der Inflationsrate blieben, hatten die fünf Gewerkschaftsföderationen dieses Jahr zuerst 32% gefordert, dann waren sie aber ohne weitere Aktivitäten auf 18% runtergegangen - die 10% aber waren nicht nur zu "knauserig", sondern auch genau das Angebot der Unternehmerverbände. Die Meldung "Generalstreik trotz Erhöhung des Mindestlohns" am 21. April 2011 bei amerika21.de macht in aller Kürze deutlich, dass den Gewerkschaften im Angesicht dieser Entwicklung nicht viel übrig blieb, als zu handeln. XIX.Internationales / USA / Arbeitskämpfe: Massenproteste gegen Sparpläne im Öffentlichen Dienst Krieg gegen Gewerkschaften "Während die ganze Welt gebannt nach Lybien, Syrien, Tunesien, Ägypten und andere Länder schaut, wo sich das Volk seine demokratischen Rechte zurückzuholen versucht, erleben wir in den USA den umgekehrten Vorgang. Ein gut orchestriertes Netz ultrakonservativer Machtgieriger versucht, Gewerkschaften und andere Institutionen, mit denen Bürger ihre Rechte verteidigen, per Gesetz zu beschneiden oder ganz zu eliminieren (siehe unten). In einigen Bundesstaaten ist das schon weitgehend gelungen. In mehreren Bundesstaaten tobt derweil ein heftiger Kampf, der nicht mit klassischen Waffen, sondern mit politischen Kampagnen und aggressiver Gesetzgebungen ausgeführt wird. Da viele einfache Bürger in den USA schon jetzt durch ein merkwürdiges Wahlrecht weitgehend von der politischen Willensbildung ausgeschlossen sind und die Medien immer mehr unter der Kontrolle großer Konzerne stehen, haben die antidemokratischen Kräfte oft leichtes Spiel. Sie treffen damit gleichzeitig den politischen Gegner, die Demokratische Partei der USA, die auf die Wahlkampfgelder der Gewerkschaften angewiesen ist. Derweil läuft sich der Milliardär Donald Trump ("Trump-Tower") als Kandidat der Republikaner für den Präsidentschaftswahlkampf in zwei Jahren warm. Trump, der ungefähr so häufig bankrott wie verheiratet war, hat nur ein politisches Thema: Obama sei nicht in den USA geboren. In seiner eigenen Fernsehshow preist er den Kapitalismus und verhöhnt Arbeitslose. [P.S. Wer es kann, sollte Mother Jones abonnieren oder mit Spenden unterstützen. Sie ist einige der wenigen unabhängigen, investigativen Medien in den USA.]" Eine Mail an die Redaktion des LabourNet Germany vom 26. April 2011 Siehe dazu: "The Right-Wing Network Behind the War on Unions" von Andy Kroll bei Mother Jones vom 25. April 2011 XX.Internationales / Neuseeland Ein Klassenbeben Das Erdbeben vom 22. Februar in Neuseeland ist hinter der japanischen Ultrakatastrophe vom 11. März aus der Berichterstattung weitgehend verschwunden. Aber auch hier verloren wohl 200 Menschen ihr Leben und rund 10.000 Häuser wurden entweder zerstört oder müssen wegen allzu großer Schäden vollends abgerissen werden. Der Artikel "Christchurch: A Class Quake" am 20. April 2011 bei libcom von Asher publiziert, nennt zwei Gründe für die Bezeichnung "Klassenbeben": 1. Sind sowohl die meisten Todesopfer aus den Reihen der Werktätigen, wie auch die am meisten zerstörten Wohngebiete; beides Ergebnis des Billigbauens für Massenbehausungen (und Arbeitsorte); zweitens die Politik der Regierung, deren Hauptanliegen nicht die Lösung der humanitären Probleme ist, sondern die "Wiederankurbelung der Wirtschaft". ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |