"Sagt Nein!"
Kein Boykott, sondern Teilnahme am Referendum - beschloss eine Koordination zumindest des Großteils der Opposition gegen die neue Verfassung, die weitgehend von der Muslim-Brüderschaft ausgearbeitet worden ist: "Das Oppositionsbündnis, dem auch Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei angehört, hatte in den vergangenen Tagen heftig darüber diskutiert, ob es besser sei, mit «Nein» zu stimmen oder den Urnengang zu boykottieren. Nachdem Mursi trotz einer Welle von Protestaktionen eine Verschiebung des Referendums um zwei Monate abgelehnt hatte, setzte sich nun aber die Ansicht durch, dass es doch besser sei, an der Abstimmung teilzunehmen. Die Jugend-Revolutionsbewegung 6. April veröffentlichte am Mittwoch ein Lied mit dem Titel «Sag Nein zur Verfassung». Ein Großteil der Richter weigert sich aus Protest gegen Mursis Machtpolitik, das Referendum zu überwachen. Deshalb sollen nun auch Staatsanwälte als Wahlleiter herangezogen werden. Außerdem ordnete Mursi am Mittwoch an, dass die Abstimmung in zwei Etappen stattfinden soll. In Kairo und neun weiteren Provinzen wird am kommenden Samstag abgestimmt, in den anderen Provinzen erst eine Woche später" - aus der dpa-Meldung "Verfassung - Präsident: Ägyptens Opposition zum Referendum: «Sagt Nein!»" hier am 12. Dezember 2012 beim newsticker der Süddeutschen Zeitung.
Siehe dazu auch: "Islamic forces, opposition parties announce rival demos Friday" am 13. Dezember 2012 im Egypt Independent - am heutigen Freitagmorgen wird es mindestens drei Demonstrationen in Kairo geben, zwei gegen den Verfassungsentwurf, eine dafür...
Und: "Die Chance auf ein „Ja“ am 15. Dezember ist groß, nicht nur wegen der eindrucksvollen Mobilisierungskünste der Moslembrüder. In vielen Moscheen des Landes werden, so fürchten liberale Kreise – die Geistlichen den Verfassungskonflikt zu einer Frage von „Für“ oder „Gegen Gott“ simplifizieren. Anderseits hat Ägyptens höchste islamische Autorität, „Al-Azhar“, den Verfassungsentwurf kritisiert, da er vor allem den Nicht-Muslimen – insbesondere den acht Millionen Kopten – keinerlei Sicherheit im neuen Ägypten bietet. Die Angst, dieser Entwurf ebne den Moslembrüder den Weg zur Theokratie treibt die Gegner zu neuen Protesten, die möglicherweise in einen Generalstreik münden und noch größeren Turbulenzen" - aus "Mursis Schachzug beschwichtigt Opposition nicht" von Birgit Cerha am 09. Dezember 2012 im Ifamo-Blog
Nach seinem Milizenaufmarsch fühlt sich Morsy wieder stark: Hinter Panzern
Zuerst blies Morsy zum Rückzug, als die Demonstranten sich auf seinen Palast zubewegten - dann wurden die Milizen der Bruderschaft mobilisiert und nun bietet er vollmundig einen Dialog ohne Inhalt an, begleitet durch Drohungen und von der Armee abgesichert. Die Proteste gingen aber am Donnerstag unvermindert weiter. "Am nächsten Morgen, die Muslimbrüder feiern noch immer ihren Sieg vor dem Palast, verkündete das Gesundheitsministerium die letzten Zahlen: 5 Tote und 697 Verletzte auf beiden Seiten hat die Nacht gefordert. Am Morgen fuhren Panzer der Präsidentengarde „zum Schutz des Palastes“ auf, wie es in einer offiziellen Erklärung hieß. Die Armee selbst blieb weiterhin in den Kasernen" - heisst es in dem Bericht "Der gelenkte Krawall" von Karim El-Gawhary am 06. Dezember 2012 in der taz, der sich auch Sorgen macht, warum die Armee das alles nicht früher beendet habe...
Siehe dazu auch: "The Muslim Brotherhood's Militias in Action: A Firsthand Account" von Wael Eskander am 05. Dezember 2012 bei Jadaliyya, ein ausführlicher und konkreter Bericht über die Auseinandersetzungen aus der Sicht eines Anti-morsy-Demonstranten.
Und: "12 newspapers and 5 TV channels strike for freedom of expression" - ein Vorbericht bei Al Ahram am 03. Dezember 2012 über den am dienstag durchgeführten Medienstreik gegen das Ermächtigungsgesetz.
Schliesslich: "Egypt: Mubarak Mark II?" - Pressemitteilung des Internationalen Gewerkschaftsbundes vom 04. Dezember 2012, in der der -verfassungsentwurf kritisiert wird - konkret auch anhand der Beschränkungen für die Gewerkschaftsfreiheit, die er enthält.
Schwierigkeiten, Bruder ?
Eigentlich wollte Mohammad Morsy gar kein Politiker werden. Aber dann wollte der Militärrat keinen profilierten Muslimbruder als Kandidat und nun ist er da. Und muss feststellen, dass es erstens nicht gut kommt, wenn man an einem Tag das eine sagt und am anderen das andere tut - wie im Falle der IWF-Kredite. Ein neues Gewerkschaftsgesetz bringt dann nicht nur die neuen unabhängigen Gewerkschaften, sondern auch Teile des immer noch bestehenden alten Verbandes gegen die Bruderschaft auf. Ärzte streiken, die Metro auch, sogar auf dem Land wollen sie kein AKW haben. Da muss dann ein Selbstermächtigungsgesetz her, wie bestellt zur Verabschiedung durch eine eigene parlamentarische Mehrheit in einem zunehmend leerer werdenden "hohen Haus". Seit einer Woche wird immer heftiger protestiert - Polizeirepression wirkt bisher eher weiter mobilisierend, am Samstag den 1.12 sollen die Brüder jetzt für Morsy demonstrieren. Unsere ausführliche Materialsammlung "Schwierigkeiten, Bruder?" vom 30. November 2012.
Wie weiter?
Die Auseinandersetzungen zwischen gewähltem Präsidenten und selbsternanntem Militärrat - etwa um die Legalität des Parlaments - gehen weiter und überschatten zumindest in den Medien Europas die sozialen Entwicklungen in Ägypten nach Mubarak. Der umfangreiche Artikel "The rise of egypt’s workers" von Joel Beinin im Juni 2012 bei Carnegie Endowment erschienen, befasst sich genau mit einer der wichtigsten solcher überschatteter Entwicklungen: Der wachsende Stärke der ägyptischen Arbeiterbewegung vor während und nach Mubaraks Fall. Als einer der besten ausländischen Kenner dieser Entwicklungen kann er auch einiges dazu beitragen, Differenzierungen- etwa innerhalb der Bewegung für Unabhängige Gewerkschaften - zu erhellen. Siehe dazu auch:
- "Marxism Festival 2012: The Egyptian Revolution" vom 11. Juli 2012 - der Beitrag von Hossam el-Hamalawy, einer der bekannteren linken Aktivisten auf dem britischen Kongress über die aktuelle Situation in Ägypten.
- "Streiks und soziale Kämpfe im wirtschaftlich krisendeln Ägypten" von der recherchegruppe aufstand für linksunten am 16. Juli 2012 im recherchejournal zum aufstand - ein Überblick über die aktuelle soziale Entwicklung - und einige der Proteste, die sie hervorruft.
Präsident. Oder wer?
Wieviel Macht und Einfluss hat der gewählte Präsident, wieviel gesteht ihm der Militärrat zu, und was bedeutet seine Wahl für die kommende Zeit? Diese Fragen behandelt in "Morsi, SCAF and the Revolutionary Left" am 01. Juli 2012 bei Jaddaliyya der Autor Hossam El-Hamalawy, einer der bekanntesten linken Aktivisten Ägyptens.
Militärputsch qua Gerichtsurteil ermöglicht?
Das Urteil des ägyptischen Verfassungsgerichts, nachdem die Parlamentswahlen nicht dem Gesetz entsprochen hätten - und gleichzeitig Mubaraks Hiwi bei der Präsidentschaftswahl kandidieren darf - hat sofort zahlreiche Proteste ausgelöst, auch wenn es für AktivistInnen keineswegs überraschend kam. In dem aktuellen Beitrag "Legal experts, activists react in anger to Egypt Constitutional Court verdicts" in Ahram Online am 14. Juni 2012 kommen Aktivisten verschiedener Richtung kurz zu Wort, die alle die Gefahr eines Salto rückwärts sehen...
Kandidaten-Showdown. Und die Revolution?
MB gegen MG - das ist die Wahl im zweiten Durchgang: Moslembrüder gegen Mubarak-Gang. Keine einfache Konstellation für die Bewegung, die das auch Dank der EU ewige Mubarak-Regime gestürzt hat. Von der die Bruderschaft eine zögerlicher Teil war. Wie wird die Entwicklung weitergehen? Das "Ende der Revolution" wie es Shafiq bereits angekündigt hat? Die Revolution im religiösen Fahrwasser - wie es maßgeblich Kräfte in der Welt durchaus erhoffen? Was bedeutet diese Lage für die sich weiterhin entwickelnde Gewerkschaftsbewegung?
- Eine relativ umfassende Einschätzung aus antiimeprialistischer Sicht unternimmt in dem Beitrag "Moslembrüder gewinnen mit "Ersatzreifen"" der Autor Mohammaed Aburous am 27. Mai 2012 beim AIK. Wie auch immer man die Beurteilung der gesellschaftlichen Stärke diverser Strömungen durch den Autor finden mag, gibt er deutlich vor allem die Gespaltenheit der Linken in der Wahlfrage wieder.
- Noch etwas genauer zeigt dies der allerdings extrem skeptische Beitrag "En Egypte, le camp révolutionnaire en plein désarroi" von Christophe Ayad und Claire Talon am 25. Mai 2012 in "Le Monde" anhand des einzigen explizit linken Kandidaten Khaled Ali, der bei wohl rund 2 Prozent der Stimmen lag - wobei naheliegenderweise diese Stimmen, sowie der verbreitete Boykott dem nasseristischen Kandidaten am Ende fehlten, den Mubarakmann von Platz zwei und aus der Stichwahl zu verdrängen.
- In dem Beitrag "Egypt's Labor Movement Finds its own Strength" von Mai Shams El-Din am 24. Mai 2012 in der Global Post wird die Debatte innerhalb der Föderation Unabhängiger Gewerkschaften widergegeben, mit der versucht werden sollte, die insgesamt 4 Kandidaten, die auf die eine oder andere Weise zur Linken gerechnet wurden, zu einer gemeinsamen Frontkandidatur zu bewegen - was nicht nur an den Kandidaten, sondern auch an den inneren Gegensätzen der Gewerkschaftsbewegung scheiterte.
- In dem kurzen Telefoninterview mit LabourNet Germany "Wir müssen unsere Stärken konsolidieren" gibt Alaa Shukrallah am 27. Mai 2012 eine Einschätzung der Lage aus den Erfahrungen und Diskussionen der People's Socialist Alliance heraus ab.
Bundeskongress Internationalismus fordert sofortige Freilassung von Yasser Mohamed Adel Riad Ibrahim aus der Haft in Kairo. Solidarität mit den Verhafteten vom 4. Mai 2012!
„Die 300 Teilnehmenden des Bundeskongress Internationalismus, der vom 17.-20. Mai 2012 in Erfurt stattfand, sind sehr besorgt um den politischen Aktivisten Yasser Mohamed Adel Riad Ibrahim aus Kairo. Yasser Adel ist am 4. Mai 2012 in der Nähe des ägyptischen Verteidigungsministeriums im Kairoer Stadtteil Abbasiya vom ägyptischen Militär verhaftet worden. Berichten von Augenzeugen zufolge ist er von den Sicherheitskräften verletzt und zunächst in ein Krankenhaus gebracht worden; später wurde er in ein Gefängnis verlegt, wo er seither inhaftiert ist…" Resolution vom 18.05.2012 beim BUKO , dort auch Hintergründe und Protestbriefe
Der Protest - Generalstreik zum Jahrestag: Erfolg oder Fiasko?
Zum Jahrestag des Abgangs des grossen Neoliberalen und Europafreundes Hosni Mubarak hatten zahlreiche Gruppierungen zum Streik gegen den herrschenden Militärrat - allesamt Mubarakfreunde, Europafreunde, neoliberal und mörderisch - aufgerufen, mit der Parole, sie sollten dahin gehen, wo ihr Oberboss schon ist - vor Gericht. "Bisher wenig Resonanz auf Aufrufe zum „Generalstreik“ in Ägypten" vom 12. Februar 2012 beim recherchejournal zum Aufstand gibt den allgemeinen Trend der Berichterstattung wieder, der von einem Fehlschlag ausgeht. Siehe dazu auch:
- "Ägypten: Teilerfolg für Generalstreik trotz Gegenkampagne der Moslembrüder" von Mohammad Aburous am 13. Februar 2012 bei Antiimperialista.org. der das differenzierter betrachtet, und darauf verweist, dass an Universitäten und in Betrieben das Echo durchaus teilweise recht stark war.
- "Communiqué de la confédération des syndicats indépendants (EFITU)" ergänzt von einem Appell des Beratungszentrums CWTUS in einer Übersetzuung ins Französische vom 11. Februar 2012 bei Europe Solidaire
"Nur das erste Hindernis überwunden"
Mit den Daten 9. März und 9. Oktober werden zwei der großen Repressionsversuche des Militärrates Ägyptens gegen die revolutionäre Bewegung bezeichnet: In dem sehenswerten Interview "Ägyptens unvollendete Revolution" mit dem Journalisten Sharif Abdel Kouddous am 02. Februar 2012 in Kontext TV wird eine Standortbestimmung versucht.
Die Fußball-Katastrophe: Fanstreit oder Attacke der Reaktion?
"Die Fans von Al-Masry hatten doch eigentlich keinen Grund zu randalieren. Ihre Mannschaft hatte ja gewonnen. Außerdem sind sie nicht viel gewalttätiger als andere. Die Fans sind hier nicht verantwortlich. Das war alles geplant und wäre in jedem Fall passiert, ganz unabhängig vom Spielverlauf. Innerhalb von zwei Minuten waren Tausende Fans mit Messern bewaffnet auf dem Platz. Sie wurden vor dem Spiel nicht kontrolliert und die Polizei hat nicht eingegriffen. Die Gewalt ist Politik, hundertprozentig" - so sagt es der ehemalige Bundesligaprofi Hany Ramzy, der heute ägyptischer Jugendtrainer ist, in dem Interview "Das alles hat nichts mit Fußball zu tun" mit Frieder Pfeiffer am 02. Februar 2012 in der Süddeutschen Zeitung.
- Im ganzen Land ist die Kritik am Militärrat regelrecht explodiert und die Polizei schiesst auf protestierende Mengen, die über das Massaker in Suez empört sind, wie der Agenturbericht "Polizei erschießt zwei Demonstranten" am 03. Februar 2012 in der taz deutlich macht.
- "Es ist auch kein Zufall, dass der Terror sich in erster Linie gegen die Anhänger des Kairoer Fußballclubs richtete. Sie haben landesweit den Ruf als "radikale Linke", waren bei den Massenprotesten gegen das Mubarak-Regime und seine faschistischen Handlanger immer mit an vorderster Front und trieben diese oft in die Flucht" - heisst es in der Meldung "Ägypten: Landesweite Proteste gegen faschistisches Massaker an Kairoer Fußballfans" bei den Rote Fahne News am 02. Februar 2012
- "Thursday's papers: The Camel Battle anniversary and the Port Said massacre" von Sarah ElMeshad am 02. Februar 2012 im Egypt Independent, worin neben vielen anderen Menschen im Rahmen eines Presseüberblicks auch der Präsident der ägyptischen Fußballföderation zu Wort kommt, der wie alle erst gar nicht versucht, die Untätigkeit der Polizei anders zu interpretieren als gewollt.
- "Egypt parliament holds minister of interior accountable for Port Said disaster" von Zeinab El Gundy am 02. Februar 2012 in Al Ahram Online - die offizielle Schuldzuweisung des Parlaments an den Innenminister.
- "Port-Saïd : Tahrir et le Parlement accusent l’armée" am 02. Februar 2012 bei Al Oufouk wo insbesondere auch Fußballfans zu Wort kommen - die "den Tahrir" mit prägen: ihre Anklage der Armee und Tantawis ist eindeutig.
Ein Jahr danach...
Ein Jahr nach dem Sturz Mubaraks wird allgemein Bilanz gezogen - unterschiedlich, wie zu erwarten war. Mit der Materialsammlung "Jahrestag" vom 27. Januar 2012 versuchen wir einen Überblick.
Ägypten im Bann der Gerüchte
„Razzien bei Nichtregierungsorganisationen (NGO) und ausländischen Institutionen in Ägypten haben große Empörung ausgelöst. Menschenrechtskämpfer sehen darin einen von der herrschenden Militärjunta gesteuerten Versuch der Einschüchterung. Erneut gibt es Gerüchte über fremde Einflüsse. Die Zeitung "Al-Ahram" zitierte General Hassan al-Ruwaini, Mitglied des Militärrats, mit den Worten: "Wenn ich auf dem Tahrir-Platz für Ruhe sorgen will, lasse ich das Gerücht verbreiten, dass der frühere Innenminister verhaftet wurde". Innenminister sind in Ägypten in der Regel so verhasst wie der Polizeiapparat, dem sie vorstehen…“ Artikel von Mey Dudin/dpa vom 01.01.2012 im österreichischen Wirtschaftsblatt
Ägyptens Protestbewegung: So bitter schmeckt die Hoffnung
„Die Revolution in Ägypten verblasst immer mehr zur Erinnerung. Doch der Kampf um Demokratie hat bei den Menschen einen Wandel im Denken bewirkt, der nicht zu unterschätzen ist…“ Artikel von Karen Krüger in der FAZ online vom 29.12.2011
Architektur der Besatzung
„Die Militärregierung baut um den Tahrir Mauern, wie man sie sonst nur aus besetzten Kriegsgebieten kennt und errichtet sich damit ein Symbol des eigenen Versagens..“ Artikel von Mohamed Eishaled in Der Freitag online vom 31.12.2011
Weg mit Mubaraks Söhnen...
Einer der bekanntesten Aktivisten der ägyptischen Linken ist Hossam el-Hamalawy, der als Blogger landesweit bekannt wurde und unter anderem in der Demokratischen Arbeiterpartei aktiv ist. in "The Egyptian Revolution Continues: An Interview" wird er von Mustafa Ali befragt, der Text ist vom 10. Dezember 2011 (also vor der jüngsten Repressionswelle) und ist jetzt bei Europe Solidaire in englischer Fassung publiziert. Siehe dazu auch:
- "The "Cabinet Office" Massacre: A New Crime by the Sons of Mubarak in Power" eine Erklärung der Revolutionären Sozialisten Ägyptens zu den Morden der Militärregierung vom 17. Dezember 2011 bei Jadaliyya.
- "Egypt's Democracy: A Question of Legitimacy" ein 7.30 Minuten-Video von wbjourdan am 18. Dezember 2011 bei youtube eingestellt - der Film ist im November 2011 gedreht, also vor den jüngsten Schiesserein - zeigt aber dadurch umso deutlicher, dass die letzten Ereignisse weder Zufall noch neu waren - aber eben besonders heftig.
- "Wer hat das Mandat der Bevölkerung?" - ein Beitrag zur Auseinandersetzung um Neuwahlen von Thomas Pany am 20. Dezember 2011 bei telepolis.
- "10.000 Egyptian Women March Against Military Violence And Rule" ein Bericht von Salma Shukrallah am 20. Dezember 2011 bei Jadaliyya - die Reaktion der Frauen vom Tahrir auf die besonders aggressiven Übergriffe der Soldateska gegen weibliche Demonstrantinnen in den letzten Tagen.
Kairo in Flammen - Militär und Polizei gehen mit äußerster Brutalität gegen Proteste in Ägypten vor
Artikel von Juliane Schumacher im Neues Deutschland vom19.12.2011 . Aus dem Text: "(...) Willkommen im neuen Ägypten. Ein Ägypten, in dem gerade die angeblich ersten freien Wahlen stattfinden - am Sonntagabend sollten die Ergebnisse der zweiten Runde bekannt gegeben werden. Es spielt wohl für den Fortgang der Revolution keine Rolle mehr. Selbst jene Aktivisten, die bis zuletzt das Militär immer wieder verteidigt haben, in der naiven Hoffnung, es möge auch in der Armee revolutionsnahe Kräfte geben, sprechen offen von einem Militärputsch. Am Freitag hatten gegen vier Uhr morgens Straßenkämpfe vor dem Regierungssitz begonnen, eine Straße vom Tahrir-Platz in Kairo entfernt. Dort hatten Demonstranten seit der letzten Protestwelle Ende November ein Protestcamp errichtet, um gegen die Ernennung von Al Gansuri zum neuen Ministerpräsidenten zu demonstrieren. Gansuri gilt als Vertrauter des Militärs und des alten Regimes, er war bereits in den 90er Jahren Premier, unter Mubarak. Soldaten versuchten das Camp zu räumen, sie schossen scharf, schlugen zahlreiche Protestierende zusammen, diese antworteten mit Steinwürfen. Zahlreiche Protestierende erlitten schwere Verletzungen, als Soldaten vom Dach des Regierungssitzes massenhaft Steine, Glas- und Porzellanscherben auf die Protestierenden warfen. Am frühen Samstagmorgen stand, neben anderen Gebäuden, das historische Wissenschaftliche Nationalinstitut in Flammen..."
Was erwartet die Gewerkschaftsbewegung von einer neuen Regierung?
Nach den Januarerhebung gibt es zwei Gewerkschaftsföderationen in Ägypten - die alte staatstragende Föderation EFTU und die aus der Bewegung neu gebildete unabhängige EFITU. Und: Eigentlich gab es, wegen erwiesener Korruption, einen Beschluss, die Mubarakgewerkschaft aufzulösen. Aber, als sich im Herbst der Militärrat stark genug fühlte, setzte er erst einmal ein Prüfungskomitee ein, das von unterschiedlichen Parteien gebildet wurde - und in dem es genug Kräfte gab und gibt (auch nachdem das Komitee mehrfach umgebildet wurde) denen an der Weiterexistenz der EFTU liegt. Etwa ein Teil der Muslimbrüderschaft, die schon lange um Führungspositionen in einzelgewerkschaften gekämpft hatte - und denen die EFITU zu radikal ist. Was dann auch einigermaßen umreisst, was die Gewerkschaftsbewegung von einer neuen Regierung zu erwarten hat, meint in dem Beitrag "Egypt's labour movement takes a tumble" Yassin Gaber am 08. Dezember 2011 in der englischen Ausgabe von Al Ahram.
And the winner is...working class?
Während in dieser Woche die ersten Wahlen nach Mubaraks Sturz stattfanden, geht die Auseinandersetzung um die provisorische Regierungsbildung weiter. Während bei den Wahlen wie erwartet, die ehemaligen Größen der Mubarakpartei, die in neuen Gewändern auftraten, in der Regel (es gab einige Ausnahmen) Schlappen kassierten, während - wie allgemein erwartet - die konservativ ausgerichtete Partei der Muslimbrüder Wahlsieger wurde, war die Stimmenzahl der rechtsextremen Salafisten die eigentliche Überraschung dieser Wahl - im ersten Wahlgang. Da dieses Parlament im wesentlichen eine neue Verfassung ausarbeiten soll, bleibt die Auseinandersetzung um die Übergangsregierung weiterhin eine zentrale Frage künftiger Entwicklung. Was bei diesen Wahlen eine wesentliche Rolle spielte - und von vielen Berichterstattern ignoriert wurde - ist eine Quotenregelung aus der Zeit Nassers: Die Hälfte aller Mandate müssen von Arbeitern und Bauern eingenommen werden. Was bisher immer ein Ritual war, da die Arbeiter von dem staatstragenden Gewerkschaftsverband ETUF so nominiert wurden, wie es von den Regierenden jeweils gewünscht wurde, war nun, da es einen zweiten, unabhängigen Gewerkschaftsverband gibt, komplizierter - obwohl das immer noch gültige Wahlgesetz nur den ETUF als Kandidatenlieferanten vorsieht...Der Artikel "Eye on elections: Does the workers and farmers quota help workers and farmers?" von Jano Charbel, am 27. November 2011 im Egypt Independent berichtet über die Auseinandersetzungen um die Nominierung von Arbeitern und Bauern - mit einer enormen Bandbreite von Erfahrungen und Bedeutungen.
Siehe dazu auch: Die Stellungnahme der Egyptian Federation of Independent Trade Unions zur Bildung der neuen Übergangsregierung und ihr alternativer Ansatz eine Regierung der nationalen Rettung zu bilden: "The workers and peasants are the voice of the Egyptian Revolution" vom 27. November 2011.
Die zweite Revolution ?
Es wird scharf geschossen – in Kairo, aber auch in anderen Städten Ägyptens. Der Rücktritt der Übergangsregierung hat die Lage keineswegs beruhigt, die Berufung eines früheren Mubarak-Ministers zum Chef einer neuen Übergangsregierung ebenfalls nicht, die Repression wirkt einmal mehr nicht, wird in dem Augenzeugenbericht "Targeting the eyes of the activists" von Muna am 23. November 2011 bei antiimperialista.org deutlich.
Siehe dazu auch: Viele Videodokumente über diese Novembertage in Kairo beim Blog Egyptian Spring , auch weitere Links
Und: Der Solidaritätsaufruf "Join Our Struggle for the Survival of the Revolution" von den Mosireen zur Verteidigung der Revolution gegen die Armee vom 22. November 2011, auf unendlich vielen Seiten im Netz, hier beim MRZine.
Sowie: "Bloggerin berichtet von Martyrium nach Festnahme" ein Beitrag von Matthias Gebauer am 24. November 2011 in Spiegel-Online über die Erfahrungen mit Polizeiterror heute
Schliesslich: "Proteste in Kairo: Wahl und Kampf in Ägypten" von Sarah Wessel am 23. November 2011 bei alsharq über die Zusammenhänge von Wahlen und Protesten
Amnesty-Bericht zu Menschenrechten in Ägypten: "In Tradition der Unterdrückung der Mubarak-Ära"
"Folter und unfaire Prozesse: Menschenrechtler werfen den Militärs in Ägypten vor, die Tradition der Unterdrückung aus der Mubarak-Ära fortzusetzen. Doch die Aktivisten lassen sich nicht unterkriegen: Sie versammeln sich zum "Marsch der Millionen" auf dem Tahrir-Platz. Bereits am Morgen kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen..." Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 22.11.2011 .Siehe dazu den Report "Broken Promises: Egypt's Military Rulers Erode Human Rights" bei Amnesty International (Englisch)
Proteste im Vorfeld der Wahlen
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"Weg mit dem Feldmarschall"
"Die Macht des Volkes ist in Ägypten keine hohle Phrase. Der Druck der Straße hat die Regierung gestern zum Rücktritt bewogen. Der Militärrat hat dem Rücktritt allerdings noch nicht zugestimmt. Wie es im Machtkampf zwischen den Demonstranten und dem Machtapparat weiter geht, ist nicht vorhersehbar..." Artikel von Thomas Pany auf Telepolis vom 22.11.2011
- Widerstand gegen Militärrat: Ministerium spricht von mehr als 20 Toten bei Revolte in Kairo
"Die Lage in Kairo bleibt explosiv: Am dritten Tag in Folge lieferten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte am Montag rund um den Tahrir-Platz heftige Auseinandersetzungen. Bei den Unruhen kamen nach Behördenangaben mehr als 20 Menschen ums Leben..." Meldung bei Spiegel-Online vom 21.11.2011
- Setzt der Militärrat auf Chaos?
"In einer Woche wird in Ägypten ein Parlament gewählt. Die Wahlen seien schlecht organisiert, das Prozedere kompliziert, laut Experten für durchschnittliche Ägypter kaum zu verstehen und handzuhaben. So wie die Wahlvorbereitungen aussehen, hätten die Wähler nur sehr wenig Zeit, sich mit den Vorgaben auseinanderzusetzen. Auch die Übersicht über die Parteien, die zur Wahl stehen, sieht nicht weniger komplex aus. Manche argwöhnen, dass es der Oberste Militärrat darauf anlegt, dass die Wahlen im Chaos münden..." Artikel von Thomas Pany auf Telepolis pnews vom 20.11.2011
- Proteste gegen Militärregierung Ägypter führen den überfälligen Kampf
"Vor wenigen Monaten noch bejubelten die ägyptischen Aufständischen den Militärrat als Retter. Doch das ist verblasst. Inzwischen verbinden sie die Generäle nur noch mit neuem Machtmissbrauch. Die jetzt aufflammenden Kämpfe auf dem Tahrir-Platz sind die Konfrontation zwischen Armee und Revolutionären, die damals ausgeblieben ist..." Ein Kommentar von Sonja Zekri in der Süddeutschen Zeitung vom 20.11.2011
„Wir zahlen die Schulden der Diktatur nicht!“
Eine zunehmend breiter werdende Bewegung in Ägypten fordert von der Militärregierung, sich zu weigern, die Schulden des Mubarak-Regimes zu bezahlen – die sich auf rund 35 Milliarden US Dollar belaufen. Die Regierung hatte nach wenigen Wochen diesen Kurs aufgegeben und weitere Kredite annehmen wollen, wofür auch weiter bezahlt werden musste. Ausführlich in dem Beitrag „We will not pay the debts of Tyranny“ von Wael Gamal am 28. Oktober 2011 bei Al Jadaliyya
Unternehmer in Uniform
In Ägypten streiken Fabrikarbeiter und Staatsangestellte zahlreicher Betriebe - zum Unwillen der Generäle, deren Notstandsgesetze Arbeitskämpfe verbieten. Artikel von Juliane Schumacher in der Jungle-World vom 6. Oktober 2011 . Aus dem Text: "Nun also die Fahrer von Kleinbussen und der Metro sowie die Angestellten des öffentlichen Transportsystems - seit Mitte September sind sie im Streik, manche haben aus Protest aufgehört zu essen, am Samstag ist der erste Mitarbeiter an den Folgen des Hungerstreiks gestorben. Seine Mitstreiter setzten ihren Protest heftiger als zuvor fort: Während das Militär am Samstag noch gewaltsam gegen Protestierende vorging, die nach der Demonstration am Vortag auf dem Tahrir-Platz geblieben waren, besetzten sie wenige hundert Meter weiter die Qasr-al-Nil-Straße, eine der wichtigsten Verkehrsstraßen der Kairoer Innenstadt, und begannen eine Sitzblockade vor dem dortigen Sitz des Premierministers."
Streikwelle rollt weiter...
Wer auch immer was gegen Streiks in Ägypten sagt, hat gegenwärtig schlechte Karten: Es wird weiter gestreikt, ob diese oder jene Militärregierung das will oder nicht, und auch einzelne Skandalurteile gegen Arbeiter, die ihr Recht wahrnehmen, schrecken nicht ab. Einen gewissen Überblick über jünsgte Streiks gibt der Bericht "Post-Ramadan strike wave hits Egypt" vom 30. September 2011 bei libcom.org
Siehe dazu auch: Eine ganze Reihe der jüngsten Streiks richteten sich auch gegen einst diktatorisch durchgesetzte Privatisierungen. Auch gab es zahlreiche Belegschaften, die Klage einreichten. Jetzt hat das Verwaltungsgericht in Kairo innerhalb kurzer Zeit die Privatisierung von vier Unternehmen als illegal bezeichnet und jeweils angeordnet, sie wieder in den öffentlichen Sektor einzugliedern - die Entscheidung in 90 weiteren Fällen steht noch aus. Dazu der Bericht "Privatisation in reverse" von Mona El Fiqi, in der Ausgabe bis 5. Oktober 2011 von Al Ahram englisch.
Internationale Kampagne für ein neues Arbeitsgesetz
Labourstart organisiert die Kampagne "Egypt: Pass a labour law now" wobei durch internationale Protestmails an die Regierung Druck für ein neues Arbeitsgesetz gemacht werden soll, das den internationalen Minimalstandards entspricht - vor allem eben das Recht auf freien Zusammenschluss und Eintreten für die Arbeitsbedingungen. Mitmachen!
Der Aufruf lautet: "Die ägyptische Revolution Anfang diesen Jahres war eine Inspiration für die ganze Welt. Arbeiter/innen waren Teil dieser Revolution. Ihre Streiks haben das Mubarak Regime zu Fall gebracht. Heute allerdings werden Streiks von der ägyptischen Militärregierung kriminalisiert. Dies hat die Arbeiter/innen nicht daran gehindert, weiterhin zu hunderttausenden die Arbeit niederzulegen. Eine Streikwelle hat das Land erfasst, Schulen, Krankenhäuser und öffentliche Verkehrsmittel liegen lahm. Diese Arbeiter/innen erwarten brutale Repression, falls die Regierung ihr Recht auf Gründung einer Gewerkschaft und auf Streik nicht anerkennt. Die neuen unabhängigen Gewerkschaften in Ägypten sowie die International Trade Union Confederation haben eine Kampagne gestartet, um die Regierung dazu zu bewegen, ein Arbeitsschutzgesetz zu erlassen. Es ist sehr wichtig, dass Sie und Ihre Kolleg/innen heute diese Nachricht abschicken. Es wird sie kaum eine Minute kosten!"
Nach der Revolution in Ägypten: Frust statt Freiheit auf dem Tahrir
In Kairo geht die Demokratiebewegung wieder auf die Straße – jetzt gegen das herrschende Militär. Denn dieses kehrt zunehmend zurück zu den Methoden Mubaraks. Artikel von Juliane Schumacher in der TAZ vom 30.09.2011
Drohungen und Demonstrationen
Von den Massenprotesten am letzten Freitag kam in der Regel hierzulande nur die Attacke auf die israelische Botschaft in die Medien - es waren aber Zehntausende von Menschen, die an diesem Tag protestierten, gegen die Politik der Militärregierung sollte dies ein Protesttag zur Sicherung der Revolution sein, berichtet in "Egypt: Fresh protests to demand real change" Ted Walker am 13. September 2011 im australischen Greenleft. Die Bauerngewerkschaft war dabei ebenso beteiligt wie die Lehrergewerkschaft - während die Textilarbeiter von Mahallah ihren Streik absagten, da die Regierung ihre Forderungen erfüllte.
Gestohlene Revolution? Über Bewegung von unten gegen die Restauration des Regimes in Ägypten
"Es sind nicht viele ausländische Gäste, die dieser Tage in Kairo zu finden sind. Die Restaurants und Hotels sind gähnend leer. Der arabische Frühling kann offensichtlich die verschreckten Strand- und Pyramidentouristen nicht einfach so kompensieren. Aber auch der Prozess der Revolte ist ins Stocken geraten. Jeden Tag sind die Zeitungen voll mit Nachrichten über den Amtsmissbrauch von Polizisten, über Korruption, über Verhaftungen von AktivistInnen und Folter oder Repression gegenüber streikenden ArbeiterInnen. All das, was zur Sprache kommt, was vorher nur im Stillen, verdeckt, undokumentiert passiert ist, ist jetzt für alle Augen sichtbar und wird in kleinen YouTube-Videos festgehalten und der Weltöffentlichkeit präsentiert. Das ist Ausdruck genau dessen, was sich verändert hat: die Öffentlichkeit, die tausendfache Gegenwehr gegen diese Zurichtungen - und hinterlässt doch gleichzeitig für viele das Gefühl, dass sich durch die Revolte nichts an den alltäglichen Problemen verändert hat. Und auch wenn jeder, den ich auf der Straße treffe, stolz von den Ereignissen im Januar spricht und seine Geschichte der 18 Tage auf dem Tahrir berichten kann, wirkt die Stimmung fatalistisch. »Die Revolution ist uns gestohlen worden«, so der vorherrschende Eindruck." Artikel von Karin Zennig, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 07/11
Proteste in Ägypten: Tag der Zwietracht auf dem Tahrir
Bei den Demonstrationen am Freitag haben radikalislamische Gruppen das Zentrums Kairo fest im Griff. Junge Aktivisten fürchten die gewaltsame Räumung ihres Camps. Artikel von Juliane Schumacher in der TAZ vom 29.07.2011
Neue Auseinandersetzungen - um dieselben Fragen Immer neue Berichte kommen aus Ägypten über Auseinandersetzungen - im Kern immer über die Frage, ob die Revolution weitergehen soll und muß oder lediglich "verteidigt" werden soll - bei denen auch die Konfrontationen mit protestierenden Arbeitern eine zentrale Rolle spielen. Die wesentlichen Punkte um die es dabei geht, versucht in "What have workers gained from Egypt's revolution?" Joel Beinin am 20. Juli 2011 im Middle East Channel der Foreign Policy zusammenzufassen. Siehe dazu auch:
- "Egypt: Clashes in Abbasseya" am 24. Juli 2011, eine Blogübersicht von Tarek Amr bei Global Voices Online über die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Blöcken von DemonstrantInnen in Kairo, mit sehr unterschiedlichen Bewertungen der Aktion und der Militärregierung.
- "Workers, Military Police Clash in Egypt's Ismailiya" am 27. Juli 2011 beim Naharnet.
Zuspitzung in Kairo
Tausende ziehen vom Tahrirplatz zum Sitz des Militärrates. Gemeinsamer Angriff von Militärpolizei, Riotpolice und bewaffneten Schlägern gegen die Demonstration. Aktualisierung von recherchegruppe auf Indymedia vom 24.07.2011
Proteste gegen Militär und Bullen in Ägypten
Ein kurzer Überblick zum "Freitag der letzten Warnung", wie es in den Aufrufen zu den Protesten hiess, gestern in Ägypten. Adressat dieser "letzten Warnung" sind der Militärrat und die "Sicherheitskräfte". Beitrag von recherchegruppe auf Indymedia vom 16.07.2011
Ein Schritt vorwärts... wieviele zurück?
Die Situation in Ägypten ist nach wie vor davon gekennzeichnet, dass niemand so recht weiss, wie diese oder jene Auseinandersetzung, und damit auch der generelle Entwicklungskurs enden wird - der "Druck der Straße" ist erneut enorm und die demokratischen und sozialen Forderungen sind mobilisierungsfähig. Am vergangenen Freitag versammelten sich Tausende erneut auf dem Tahrirplatz, sie blieben in einer neuen Zeltstadt übers Wochenende - und sie blieben auch nach Versprechungen des amtierenden Premiers, Polizisten würden vor Gericht gestellt und soziale Reformen in Angriff genommen, berichtet Al Oufuk in dem Beitrag "Egypte : des milliers de personnes se rassemblent place Tahrir pour plus de réformes" vom 08. Juli 2011
Siehe dazu auch: Protest auch in Suez
"Nach Tagen der Ruhe hat am Sonntag Nachmittag die Armee die Demonstranten in Suez angegriffen(dort wurde, ebenso wie in Kairo, ein grosses Zeltlager auf einem zentralen Platz errichtet), nachdem diese damit gedroht hatten, den Suez Kanal zu blockieren" - aus "Strassenschlachten und Tote in Suez" am 11. Juli 2011 beim recherchejournal aufstand
Und: "Revolution and Repression on the Banks of the Suez Canal" von Joel Beinin am 12. Juli 2011 bei Jaddaliyya
Zur Revolution in Ägypten: Interview mit einem ägyptischen Anarchosyndikalisten
„In dem folgenden Gespräch äußert sich Jano Charbel, der als Journalist über Arbeitskämpfe berichtet und sich als Anarchosyndikalist versteht, über den Charakter der Revolution in Ägypten, die jüngere Geschichte der Arbeiterkämpfe, die Rolle der Islamisten und der Gewerkschaften, über Geschlechterbeziehungen und die Perspektiven der Kämpfe. Das Interview wurde von zwei Freunden der klassenlosen Gesellschaft im Frühjahr 2011 in Kairo geführt.“ Zum Interview in deutscher Übersetzung bei den Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft . Siehe dazu: Aktuelle Berichte über die Lage in Ägypten finden sich auf Jano Charbels Blog .
Massenproteste, Prozesse, fortgesetzte Streiks...
Während die Kanalarbeiter von Suez ihren Kampf unbeirrt fortführen, andrerseits die ersten Prozesse wegen "illegaler Streiks" beginnen und Konfrontationen mit der Polizei wieder zunehmen, wachsen auch die Proteste gegen die von vielen als zu gering erachtete Erhöhung des Mindestlohns - während der Prozeß der Bildung von Parteien und Allianzen zum Teil seltsame Ergebnisse produziert. Dazu die kleine Materialsammlung "In Bewegung" vom 07. Juli 2011, die bei der Orientierung Hilfe leisten soll.
Kredite? Nein, danke!
Modell Griechenland? Nein. Die ägyptische Übergangsregierung hat den internationalen Institutionen, der EU und den USA mitgeteilt, man werde die angebotenen Kredite und andere Finanzhilfen nicht in Anspruch nehmen...Für diese Ablehnung hatten Ende Mai Millionen von Menschen im ganzen Land demonstriert, wohl wissend, was die großzügige Hilfe der Mubarak-Freunde bedeutet. Der Bericht "Ägypten verzichtet auf Kredite von IWF und Weltbank" vom 25. Juni 2011 bei spiegel-online
»Wir leben in einer Militärdiktatur«
"Eigentlich sieht der Tahrir-Platz am 27. Mai aus wie immer, wenn in den letzten Monaten freitags zu großen Demonstrationen gerufen wurde: Da sind die Barrikaden aus Litfasssäulen, Stacheldraht und Absperrgittern, an denen junge Männer und Frauen jeden, der auf den Platz will, freundlich kontrollieren. Da sind die Bühnen mit ihren scheppernden Boxen, die alle zugleich den Platz mit Musik oder Reden beschallen. Und die fliegenden Händler, die zwischen den Protestierenden stehen, Kaffee auf Gaskochern zubereiten, Maiskolben braten oder süßen Couscous ausgeben." Artikel von Juliane Schumacher in iz3w - informationszentrum 3. welt vom 20.06.2011
Debatten um Gelder vom IWF usw...
Viel Geld wollen G8, Weltbank und IWF für Ägypten (und Tunesien) bereit stellen. Viele Menschen im Lande erkennen aber die Bedeutung dieser "Hilfe" wird in dem knappen Überblick "Egypt: IMF Deal Sparks Controversy" vom 06. Juni 2011 bei Global Voices Online deutlich.
"Solidarität mit der arabischen Revolution"
Vom 03. bis 05. Juni 2011 fand in Kairo die Konferenz "Solidarität mit der arabischen Revolution!" statt. "Zwischen Freiheitsplatz und Handelskammer" heisst der politische Reisebericht von Helmut Weiss vom 16. Juni 2011.
Diktatur - Revolution - Militärdiktatur?
Wer sich als scharfer Analyst beweisen will, beurteilt die Lage im Land als längst entschieden - so scheint es jedenfalls aktuell bezüglich Ägypten zu sein. Dabei gibt es auch andere Entwicklungen: Ein langjähriger Gewerkschaftsboss muss ins Gefängnis, die Gewerkschaftsopposition setzt ihren Kandidaten für das Arbeitsministerium durch, und trotz ersten Prozessen kümmert sich niemand um ein Streikverbot. Eine kleine Materialsammlung soll dazu beitragen, die These "ausser Spesen nichts gewesen" mit der komplexeren Realität zu vergleichen: "Scheideweg" vom 10. Juni 2011.
Neu: Tahrir - Newsletter
"Unser Newsletter soll dazu beitragen, möglichst direkte Informationen über die Situation in Ägypten, den Fortgang der Revolution und den Stand der Bewegung zu verbreiten - und damit die Lücken füllen, die in der Berichterstattung der Mainstream-Medien bleiben, die sich auf die "offizielle" Politik konzentrieren" das ist das ebenso kurze wie zutreffende Vorwort des "Tahrir - Newsletters Nummer 1" vom 23. Mai 2011, den wir hiermit dokumentieren.
Konferenz: Es lebe die arabische Revolution
Am ersten Juniwochenende in Kairo: Eine ganze Reihe von linken und gewerkschaftlichen Gruppierungen laden zu einer internationalen Konferenz zur Unterstützung der arabischen Revolution. Dazu der (englische und arabische) Teilnahmeaufruf "Long live the arab revolution" vom 1. Mai 2011, inklusive Kontaktadresse, zu den Aufrufern gehört auch die Föderation der unabhängigen Gewerkschaften Ägyptens.
- Siehe dazu auch: "Egypt's workers: Between party politics and unionization" von Noha El-Hennawy am 03. Mai 2011 in Al Masry Al Youm, eine Art Zwischenbilanz der Gewerkschaftsbewegung aus Anlaß der Maikundgebungen.
- Sowie: "After Mubarak, the Military Fist" von Cam McGrath am 05. Mai 2011bei ips - eine Bilanz der Repressionsmaßnahmen der Militärregierung seit Mubaraks Sturz: 7.000 Prozesse vor Militärgerichten...
Gewerkschaftsbewegung gegen Militärregierung
Die Konfrontationen streikender ArbeiterInnen mit den Ordnungskräften der amtierenden Militärregierung sind in Ägypten längst quer durchs Land alltäglich geworden. In dem Bericht "Empowering Egypt's workers revolution" von Kieron Monks am 25. April 2011 bei Al Jazeera wird nicht nur festgehalten, dass die Arbeiterschaft Ägyptens immerhin runde 25 Millionen Menschen umfasst, sondern auch, anhand eines indonesischen Unternehmens hervorgehoben, wie positiv die Wirkung der neuen unabhängigen Gewerkschaftsföderation ist - und wie wichtig die Gründung der Demokratischen Arbeiterpartei werden könnte...
Unentschieden trotz Repression
"Nun stehen die Zelte wieder. Es sind wenige, aber sie stehen: grüne und weiße Planen, über Eisenstangen und Stöcke gespannt. Im spärlichen Schatten einiger Sträucher dösen den Tag über diejenigen, die die Nacht durch auf dem Platz gewacht haben, Gruppen von Männern und Frauen hocken auf dem staubigen Boden in der Morgensonne, drängen sich um die ausgebrannten Wracks zweier Busse, entlang der Barrikaden aus Stacheldraht und Schrottautos, die die Zufahrtsstraßen zum Platz versperren. Der Tahrir-Platz im Zentrum Kairos, Symbol und Zentrum der ägyptischen Revolution, ist erneut besetzt" - so beginnt die Reportage "Schüsse auf dem Tahrir-Platz" von Juliane Schumacher in der jungle world vom 14. April 2011. Siehe dazu auch: "Demokratie ist der einzige Weg" ein Interview mit Sadiq al-Azm in der taz vom 16. April 2011 vor allem über die Rolle der Intellektuellen in Ägypten.
Mubarak ist weg - das System soll bleiben?
Erneut Konfrontationen zwischen Demonstranten und Militär in Kairo, weiterhin Repressionsversuche gegen die zahlreichen Streiks: Dass Mubarak gehen musste, ist der amtierenden Regierung des Militärrats offenbar Änderung genug - obwohl die Verhaftungen im Laufe der Woche, sowie die Festnahme einiger "naher Bekannter" auch als Konzession an die Stimmung zu werten sind. Die sich als etbliert betrachtenden Oppositionsparteien wollen keine weiteren Proteste, die immer noch existierende NDP Mubaraks soll Schläger rekrutieren...Der Artikel "Tahrir protesters disagree about the way forward" von Mohamed Elmeshad und Heba Afify am 11. April 2011 bei Al Masry al Youm gibt eine aktuelle Bestandsaufnahme auf dem Tahrir.
- Siehe dazu auch: "Former Army officer protests against Tantawi, Enan" ein Video bei Vimeo über die Proteste gegen den Militärrat am 08. April 2011.
- Sowie: "Workers' struggles continue in 'post-revolution' Egypt" am 14. April 2011 bei libcom - ein (unvollständiger) Überblick über die aktuelle Streikbewegung.
Eine junge Frau als Stimme Ägyptens
"Frauen waren entscheidend in den sozialen Bewegungen Nordafrikas beteiligt. Jetzt besteht die Gefahr, dass sie wieder zurückgedrängt werden." Artikel von Sigrid Lehmann-Wacker in der Graswurzelrevolution vom April 2011
Zehntausende auf dem Tahrir
Am vergangenen Freitag demonstrierten Zehntausende in Kairo gegen den Stillstand, den die Übergangsregierung erzwingen will und ihre reaktionären Maßnahmen. Ein ausführlicher Bericht dazu in "Remaking Egypt Beyond Tahrir Square" von Carl Finamore am 06. April 2011 bei In these times, der unterstreicht, dass diese Auseinandersetzung auch nach der Verfassungsabstimmung keineswegs zu Ende ist. Siehe dazu auch: "Untold Story of the Egyptian Revolution" ein Videobeitrag vom 23. März 2011 bei you tube ebenfalls von Carl Finamore (der Aktivist des San Francisco Labour Council ist) über eine Debatte über die Rolle der Gewerkschaftsbewegung im ägyptischen Veränderungsprozeß.
Demokratie. Streikverbot. Alles wie in USA...
Die ägyptische Übergangs-Militärregierung macht offensichtlich ernst mit der Demokratie: Wie in verschiedenen Bundestaaten der USA soll es ein Streikverbot geben... Diese Paralelle zieht in einem ersten Bericht zu der Gesetzesinitiative "Egyptian military outlaws worker actions for justice" auf der Seite des Left Labour Reporters William Rogers am 24. März 2011. Siehe dazu auch: "Draft Law Criminalizes the Right to Strike" die Stellungnahme des Unabhängigen Gewerkschaftsverbandes Ägyptens und des gewerkschaftlichen Beratungszentrums CWTUS vom 23. März 2011: Naheliegenderweise lehnen die oppositionellen Gewerkschafter das Dekret völlig ab und kündigen masiven Widerstand an.
Sowie: "Egypt: public transport workers establish independent union" am 28. März 2011 bei libcom, worin berichtet wird, dass die GewerkschafterInnen des Kairoer Nahverkehrs dafür gestimmt haben, sich aus dem alten Verband zu lösen und der unabhängigen Föderation anzuschliessen - mit über 10.000 Mitgliedern, sicher einer der Gründe, weswegen die Regierung sich bemüssigt fühlt, Rechte einzuschränken...
Und:"Labor protests continue in Cairo and other governorates" - ein knapper Überblick über neue Streikaktionen am 30. März 2011 bei Al Masry al Youm.
Ägypten nach der umstrittenen Abstimmung
Das Verfassungsreferendum in Ägypten ist gelaufen und das Ergebnis mindestens zwiespältig. Von einem Sieg der Demokratie ist die Rede - oder eben von einem "Scheitern der Revolution". Telepolis fragt hierzu Atef Botros. Artikel von Sarah Meggle auf Telepolis vom 27.03.2011
Twitter und Facebook
Ein Leser macht uns auf eine Facebook bzw. Twitter-Seite aufmerksam. Wer also gerne liked bzw. followed hier die Links
Ägyptische Armee foltert Tahrir Aktivistin
"Zeugenaussage einer Gefangenen, die von der ägyptischen Armee gefoltert wurde. Sie wurde am 9. März 2011 verhaftet, als die Armee den Tahrir Platz gewaltsam räumte. Am 12. März wurde sie freigelassen. Der Blogger Leil-Zahra schreibt: "Aktivist_innen werden verfolgt. (...) Sie werden gekidnapt und gefoltert. Nicht nur die Aktivist_innen sondern auch alle, die so aussehen, als könnten sie beteiligt gewesen sein. Die Welt reagiert nicht, weil sie denkt, die Ägypter_innen hätten ihre Revolution gemacht, indem die Mubarak los geworden sind." (http://www.leilzahra.net) Siehe dazu das Video mit deutschen Untertiteln bei labournet.tv (arabisch | 3 min | 2011)
Und nun, wohin?
Die Abstimmung über eine neue Verfassung ist terminiert, der Sicherheitsdienst aufgelöst, die Bildung neuer Gewerkschaften schreitet voran. Und obwohl alles, was bisher über den Verfassungsentwurf bekannt ist, darauf hinweist, dass es sich lediglich um eine "Überwindung des Systems Mubarak" handelt und nicht um eine weitergehende gesellschaftliche Veränderung, ändert sich das Leben in Ägypten. Und, auch wenn völlig zurecht alle aktuelle Kritik eben diesem Verfassungsentwurf gilt, gibt es eben doch auch Veränderungen. Was beispielsweise in dem Beitrag "A new era for trade unions" von Jano Charbel am 15. März 2011 bei Al Masry al Youm deutlich wird: Das neue Gewerkschaftsgesetz solle, so der neue Arbeitsminister auf dem Entwurf des (einst: oppositionellen) Gewerkschaftsberatungszentrum CWTUS basieren.
Siehe dazu auch: "Viel Aufruhr - für nichts als einen Antrag auf bessere Herrschaft, den das Militär erhört" in Gegenstandpunkt 1/11, worin, wie der Titel besagt, eine gänzlich andere Stellung bezogen wird.
Sowie: "Plebiszite und Parasiten" vom 16. März 2011 bei indymedia BRD, eine Übersetzung aus occupiedlondon.
Rebellion der ägyptischen Bevölkerung gegen das Regime unter Präsident Mubarak 2011
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Ägyptens Revolution als Gender-Revolution. Die Jugend von Kairo erhob sich gegen ihre Unterdrücker - eine Revolution im Geist des Feminimus
"Seite an Seite haben Frauen und Männer in Kairo gegen Mubaraks Regime gekämpft, für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und vor allem für Demokratie. Aus den Tiefen der Revolution kündigt sich ein Feminismus an, der sich in frische Worte und Sätze kleidet. Wird die Jugend, die den autoritären Staates gestürzt hat, jetzt noch das autoritäre Familiengesetz akzeptieren?..." Artikel von Margot Badran aus Der INKOTA-Brief, die Nord-Süd-Zeitschrift aus Berlin, Nr. 155 mit dem Schwerpunkt "Feminismus im Plural - Frauen weltweit in Bewegung" . Wir danken der INKOTA-Redaktion und verweisen auf die Inkota-Seite zum aktuellen Heft
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Die Revolution der Frauen in Ägypten. Die ägyptische Filmemacherin Nadia Kamel beschreibt ihre Eindrücke
Artikel von Nadia Kamel aus Graswurzelrevolution vom März 2011, dokumentiert bei Linksnet
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Revolution in jedem Haus
"Demokratie und Menschenrechte fordern Protestierende in Ägypten und anderen arabischen Ländern. Viele Frauen kämpfen auch für ihre Rechte. Im Internet und in sozialen Netzwerken sind sie aktiver als je zuvor, und sie wollen ihren Einsatz anerkannt sehen." Artikel von Helga Hansen in der Jungle World vom 3. März 2011
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»Von Gender-Fragen sind wir noch entfernt«
Aida Saif al-Dawla gründete 1984 das New Woman Research Center, die einzige ägyptische Institution, die sich in den vergangenen Jahrzehnten für Frauenrechte eingesetzt hat. Sie ist Mitgründerin des Nadim-Zentrums für psychologische Betreuung von Opfern von Gewalt, das sich um Opfer von Folter und häuslicher Gewalt kümmert. 2003 wurde al-Dawla von Human Rights Watch geehrt für ihren Einsatz gegen Folter und für Frauenrechte. Interview von Hannah Wettig in der Jungle World vom 3. März 2011
- Die Armee droht Gewerkschaften
Die Appelle der militärisch geführten Übergangsregierung werden nahezu täglich intensiver: Geht nach Hause, nehmt die Arbeit wieder auf - am besten mehr denn je, denn jetzt geht es ja um unseren neuen Staat. Auf der anderen Seite: Ausreiseverbot für Mubarak, Beschlagnahmeversuche seiner Besitztümer, Kampf gegen Korruption. Aber: Ist das wirklich "die andere Seite"? Handelt es sich um ein System der Korruption oder sind die von den Herrschenden angehäuften Reichtümer nicht Ergebnis simpler neoliberaler Politik, die die Übergangsregierung fortsetzen will? Siehe dazu:
- Streikbewegung
Einer von vielen möglichen Berichten als Beispiel: Der Beitrag "Labor protests escalate throughout Egypt" vom 25. Februar 2011 bei Al Masry al Youm gibt einen Überblick über Streiks und Proteste in mindestens 10 Orten quer durchs Land und quer durch alle Wirtschaftszweige
. Siehe dazu auch: "Egyptian Workers Strike for Minimum Wage and Independent Unions" von Jasmina Metwaly und Philip Rizk vom 28. Februar 2011 beim MR Zine
- Neue Gewerkschaften
Die Orientierung der aktiven Gewerkschafter, die die Gründung und den Aufbau neuer Gewerkschaften vorantreiben, wird in der "Independent Trade Unionists' Declaration" deutlich, die am 19. Februar 2011 im MRZine in englischer Übersetzung veröffentlicht wurde. In dieser 8 Punkte Deklaration sind wesentliche Punkte vertreten, die in direkter Opposition zur Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht nur des alten Regimes stehen, sondern auch zur Kontinuität, wie sie die Übergangsregierung verkörpert. Erhöhung des Mindestlohns und die Einführung einer Obergrenze der Einkommensdifferenzierung sind ebenso Bestandteil, wie das Verbot von Zeitarbeit und die Verstaatlichung der privatisierten Betriebe, das Streikrecht und die Auflösung des alten Gewerkschaftsbundes. Der Kreis der Unterzeichner dieser Deklaration geht weit über die bereits existierenden neuen unabhängigen Gewerkschaften hinaus. Siehe dazu auch: Video von der ersten öffentlichen Konferenz der Föderation unabhängiger Gewerkschaften "Was die Arbeiter von der Revolution wollen" vom 02. März 2011 in Kairo (naheliegenderweise in arabisch, aber auch die Bilder sind interessant)
- Szenarien der nahen Zukunft
Das ist der Gegenstand des Beitrags "A Glorified Military Coup in Egypt: An Aborted Revolution or the Genesis of a Genuine Revolution?" von Behzad Majdian am 14. Februar 2011 im MRZine . Dabei geht der Autor von der Einschätzung aus, es habe de facto ein Militärputsch stattgefunden, was drei mögliche Szenarien bedeute: So schnell als möglich zur "Normalität" zurückzukehren - und dadurch die ökonomischen Interessen der Armee verteidigen, die mit jenen der herrschenden Kreise identisch sind; über ausländische "Hilfsgelder" aller Art die bürgerlichen Kräfte der Opposition zu kooptieren; schließlich eine Kombination beider Möglichkeiten.
Siehe dazu auch: "Labor and the future of the Egyptian revolution" ein Beitrag der aus bürgerlicher Sicht das Verhältnis zwischen Arbeitern und Revolution analysiert, von Mohammad Fadel am 28. Februar 2011 bei Foreign Policy.
- Rückkehr zum Schlagstock-Dialog mit der Jugend: Ist die neue ägyptische Führung doch nur eine gewöhnliche Militärjunta?
"Die Proteste auf dem Tahrirplatz in Kairo setzten sich am vergangenen Freitag fort. Wieder zeigten mehrere Tausend Demonstranten Präsenz, gefordert wurde die Aussetzung der Notstandsgesetze und der Rücktritt der Regierung unter Premier Ahmad Shafiq, da selbst nach einer Kabinettsumbildung wichtige Posten in den Händen des alten Regimes verbleiben. Auch heute wurden die Demonstrationen fortgesetzt - trotz der Drohungen der Armee. Während der ägyptische Aufstand, in dessen Folge Mubarak von seiner Alleinherrschaft lassen musste, in unzähligen internationalen Berichten als Schritt zur "Demokratisierung" bejubelt wird, zeigte sich, dass die Armee die Geduld mit den Demonstranten verliert..." Artikel von Thomas Pany auf Telepolis vom 28.02.2011
- »Jetzt wird Ägypten aufgebaut«
Auf einen gemeinsamen Soundtrack zur Revolte kann man sich in Kairo noch nicht einigen. Die große Feier ist zwar vorerst vorbei, dennoch gilt nach wie vor: »Freiheit ist ein Segen, für den es sich zu kämpfen lohnt.« Eine Reportage vom Tahrir-Platz von Gabriele Del Grande
vom 24.02.2011
- Egypt Worker Solidarity
Eine neugeründete und aktuelle Webseite von gewerkschaftlichen Aktivisten
- Ägypten von einer Streikwelle erfasst
Die Militärs planen offenbar ein Referendum über Verfassungsänderungen. Der in Ägypten herrschende Militärrat hat angesichts einer Streikwelle die Bevölkerung aufgerufen, wieder an die Arbeit zu gehen. Die Justiz will die Rechtmässigkeit von Mubaraks Vermögen überprüfen. Artikel von Jürg Bischoff in der Neue Zürcher Zeitung vom 15.02.2011 . Aus dem Text: „Die Absichten des Hohen Rats der Streitkräfte, der nach dem Rücktritt von Präsident Mubarak die Macht in Ägypten übernommen hat, werden nur langsam und häppchenweise geklärt. Derweil breiten sich Demonstrationen und Streiks verschiedener Berufsgruppen aus, welche die von der Regierung angestrebte Normalisierung zu unterspülen drohen. Der Sprecher des Militärrats hat am Fernsehen auf die Gefahren der sozialen Unrast hingewiesen und alle Ägypter aufgerufen, an die Arbeit zurückzukehren. (…) Unterdessen mehren sich Streiks, die vor allem staatliche Betriebe und die Verwaltung treffen. Nach einem Streikaufruf der Bankangestellten verfügte das Militär die Schliessung der Banken am Montag und schob die Wiedereröffnung der Börse weiter hinaus. Auch Ambulanzfahrer, Mitarbeiter der Tourismusindustrie und des öffentlichen Verkehrs haben für ihre Forderungen demonstriert. Es ist vor allem die Wut über das eklatante Missverhältnis zwischen den Riesengewinnen der mit dem Regime liierten Geschäftsleute und ihren eigenen mageren Löhnen, die Arbeiter und Beamte auf die Strasse treibt. Ein besonderer Fall sind die Polizisten, die auch am Montag wieder zu Hunderten auf die Strasse gegangen sind. Auf dem Tahrir-Platz von Kairo wollte eine Schar von Sicherheitsbeamten ihr Image rehabilitieren, indem sie ihre Unterstützung für die Forderungen der Pro-Demokratie-Bewegung bekundeten; sie wurden von den Demonstranten aber mit wenig Gegenliebe empfangen. Die Polizisten sind vor allem darüber erbost, dass sie für einen Hungerlohn die Drecksarbeit für das Regime machen mussten und dafür heute von allen verachtet werden..."
- Die ägyptische Armee als "zweiter Pharao"
„Die ägyptische Armee, die seit Freitag offiziell für die Amtsgeschäfte des Landes verantwortlich zeichnet, hat Hosni Mubarak einfach zur Seite geschoben. Indem sie einen der ihren von der Bühne entfernte, sorgte sie für Feierstimmung bei Millionen von Demonstranten, die die Regierungsgebäude umzingelt hatten…“ Artikel von Max Böhnel auf Telepolis vom 12.02.2011
- Das Exempel von Kairo
„Bis zum frühen Morgen des Sonnabends feierten die Ägypter den Sturz ihres Präsidenten. Die unbändige Freude, mit der die Menschen in Kairo, in Alexandria und anderen Städten auf die Straßen strömten, läßt nur erahnen, welcher Druck jahrzehntelang auf ihnen gelastet haben muß. Um 18 Uhr am Freitag abend war Vizepräsident Omar Suleiman mit versteinertem Gesicht im staatlichen Fernsehen vor die Kameras getreten und hatte in kurzen Worten den Rücktritt von Hosni Mubarak bekanntgegeben. Der Jubel, der daraufhin auf dem Tahrir-Platz ausbrach, war weit über das Zentrum Kairos hinaus zu hören. Nur wenige Minuten später waren die Straßen mit Autos, Kleinbussen, Mopeds und Fußgängern verstopft, ganz Kairo schien zum »Platz der Befreiung« zu eilen. Wer nicht in die Innenstadt kam, feierte mit den Nachbarn im Haus oder dem Stadtteil, die Menschen fielen sich in die Arme, verteilten Tee und Süßigkeiten…“ Artikel von Karin Leukefeld in der jungen Welt vom 14.02.2011
- Die Drohungen des Geheimdienstchefs
Der Herr Suleiman ist auch kein unbekannter Mensch. Auch den oppositionellen AktivistInnen nicht unbekannt, weswegen sie keinen Grund sehen, öffentliche Plätze zu räumen, auch wenn er es faktisch verlangt: Am 08. Februar fand erneut eine riesige Massenkundgebung in Kairo statt, auch in anderen Städten waren die Proteste größer denn je. Und während quer durch Basismedien über den Reichtum der Familie Mubarak spekuliert wird, der in jedem Fall größer ist, als es durch ein Offiziersgehalt zustande gekommen wäre, wird ein stellvertretender Gewerkschaftsvorsitzender von seinen eigenen Angestellten davon abgehalten, sich per Flucht einer Untersuchung wegen Korruption zu entziehen. 6000 Arbeiter der Suez Company treten in den Streik. "Übergang wohin?" ist eine aktuelle Materialsammlung vom 09. Februar 2011.
- World Trade Unions Mobilising for Democracy in Egypt : 8 February Action Day
"February 2011: Trade unions around the world will join a Day of Action for Democracy in Egypt on 8 February, following a decision by the ITUC General Council meeting in Brussels today. Unions will organise demonstrations at Egyptian embassies, and continue to press their governments to demand democratic transition in Egypt and to ensure that those responsible for the violent repression of peaceful demonstrations are brought to justice..."
Aufruf bei IGB vom 04.02.1011
- "Alle Ägypter fühlen sich alleine gelassen" - Ägyptischer Autor zeigt sich tief enttäuscht von der internationalen Staatengemeinschaft
"Ein Regime nimmt sein Volk als Geisel und die Welt schaut Fernsehen und amüsiert sich", wirft Autor Hamed Abdel-Samad der internationalen Gemeinschaft vor. Man habe das Regime seit Jahren mit Waffen unterstützt, jetzt müsse der Westen endlich eine klare Linie gegenüber Mubarak verfolgen." Hamed Abdel-Samad im Gespräch mit Gerwald Herter auf Deutschlandfunk vom 03.02.2011
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Die Massen halten es nicht aus in Eurafrika: Erst Tunesien, jetzt Ägypten
"Die Aufstände in Tunesien und Ägypten haben die Presse und die europäische Öffentlichkeit in Aufregung versetzt. In Tunis hat die Wut über die Unmöglichkeit, mit ihrem kargen Verdienst bei steigenden Preisen fürs Lebensnotwendigste noch über die Runden kommen zu können, die Massen auf die Straße getrieben. Damit haben sie einen Regierungswechsel hingekriegt und den Präsidenten mit seiner Clique in die Flucht getrieben und nun stellt auch in Ägypten der Protest die Weiterexistenz der dortigen Herrschaft in Frage. Warum die Menschen auf die Straße gehen, was das für Verhältnissen sind, unter denen sie ihr Auskommen fristen, und die sie zum Protest treibt, scheint nebensächlich zu sein. Denn für die hiesigen Beobachter der Szene steht eins fest: Den Massen dort unten fehlt nichts mehr, als eine neue demokratisch gewählte Herrschaft und dafür finden sie auch genügend Belege in den Demonstrationen vor Ort..." Artikel auf vonmarxlernen vom 06.02.2011
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Der Rais reist nicht und seine Freunde sind besorgt...
Jetzt ist er also noch nicht weg, der Freund der Merkels und Westerwelles (und Schröders und Fischers). Und wie sie alle um einen Übergang besorgt sind, der das Chaos vermeidet und, dass auch ja nur keiner eine Gewalt anwenden tut ist ihre allergrößte Sorge, was in den letzten 30 Jahren nicht so war. Dieweil tut Mubarak, wofür man ihn schätzt: Reaktionäre mobilisieren, wofür es bei einem riesigen Spitzelheer einige Reserven gibt und schiessen gelernt haben sie auch - mit Tausenden deutscher Maschinenpistolen etwa. Ja, und dann sind da noch die Plünderer in Kairo. Eine Erscheinung, die in den letzten Tagen sogar der fundamentalistischen Gefahr den Rang abgelaufen hatte, die sonst so gerne beschworen wird. Die umfangreiche, kommentierte und teilweise mit zusammenfassenden Übersetzungen versehene Materialsammlung "Morgendämmerung" vom 04. Februar 2011.
- Nutznießer der Repression
"Die Rebellion der ägyptischen Bevölkerung gegen das Regime unter Präsident Mubarak hält an. Gemeinsam mit den westlichen Finanziers der jahrzehntelangen Diktatur sucht Berlin seine Zuarbeit für die autoritären Eliten von Ägypten über Libyen bis nach Mauretanien vergessen zu machen und mahnt demokratische Rechte an. Zahlreiche der technischen Repressionsmittel, wie sie bereits in Tunesien eingesetzt worden waren, stammen aus der Bundesrepublik. Der deutsche Rüstungsexport nach Ägypten und in andere nordafrikanische Staaten hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und erreichte 2009 einen Gesamtbetrag von 175 Millionen Euro, darunter eine Lieferung von Maschinenpistolen an Ägypten. Der ägyptische Geheimdienst, dessen zügellose Brutalität berüchtigt ist, erfreut sich enger Zusammenarbeit mit deutschen Partnerdiensten. In mindestens einem Fall wurde ein Gefangener der CIA von einem deutschen Flughafen nach Kairo geflogen, um Geständnisse zu erpressen, die unter rechtsstaatlichen Verhältnissen nicht zu erreichen waren. Die deutsche Finanzierung der Repression gilt auch den anschwellenden Armutsbewegungen, deren Zugang zu den EU-Staaten verstellt werden soll, während sich deutsche Unternehmen in Ägypten, Tunesien oder Marokko billiger Arbeitskräfte bedienen..." Artikel auf Informationen zur Deutschen Außenpolitik - german-foreign-policy.com vom 31.01.2011
- Ägypten: Scharmützel, Aufstand, Revolution?
Ein Dossier auf Indymedia mit sehr vielen Links und Hintergrundinformationen
- Polizei tötet für Mubarak - Demonstranten fordern seinen Abgang ...
Die Angst ist groß: Ansteckungsgefahr und die Krankheit heisst Tyrannensturz. Wenn - erstmals seit 1977 - alleine in Kairo rund 15.000 Menschen demonstrieren, und dies mit der Hauptparole, die Regierung solle zurücktreten, dann ist das in der bleiernen Niedergangszeit Mubarak ein Novum. Nicht einmal 30.000 Polizisten konnten dies zurückhalten. Der Vizepräsident der USA sekundiert: Mubarak sei doch kein Diktator... Prediger und Staatsgewerkschaft sehen Ruhe alsdie erste Bürgerpflicht. Hat bisher nichts genutzt. Und das war nur der Anfang...Eine aktuelle Materialsammlung "Mubaraks Abgang?" vom 28. Januar 2011.
- Gewerkschaftsbund stellt Forderungen
Das dürfte dem Herrn Mubarak neu sein: Der Gewerkschaftsbund ETUF hat auf einer Sondersitzung einen Forderungskatalog mit 11 Punkten aufgestellt, die dazu dienen sollen, die aktuelle Notlage vieler Menschen im Lande zu verbessern - unter anderem durch Preisstops und Lebensmittel-Subventionen. Im Angesicht zahlreicher Proteste und kleinerer Streiks, mehreren (versuchten) Selbstverbrennungen und allgemeiner wachsender Unruhe wurde das "ETUF Statement" am 20. Januar 2011 veröffentlicht.
Eine Bilanz von vier Jahren "neuer Arbeiterbewegung"
Seit 2006 gibt es eine nahezu ununterbrochene Serie von Streiks, mal mehr, mal weniger, aber permanent. Diese Bewegung fordert durch ihre bloße Existenz sowohl das Regime mubarak insgesamt heraus, als auch insbesondere seinen Pfeiler Gewerkschaftsbewegung. Es sind unabhängige Gewerkschaften entstanden, autonome Betriebskomitees, Arbeiterinnen haben sich massiv und führend an den Auseinandersetzungen beteiligt, und in der Tat wurden auch zahlreiche Erfolge errungen, die insgesamt dazu beigetragen haben, die schlimmsten Krisenfolgen zu mildern. Zeit also durchaus, eine Zwischenbilanz zu ziehen.
- Der Artikel "Egypt's labor movement: 4 years in review" von Philip Rizk erschien bereits am 02. Mai 2010 in der englischsprachigen Tageszeitung Al Masry Al Youm. Darin wird ausführlich die gesamte Geschichte der letzten vier Jahre nachgezeichnet und auch deutlich gemacht, wo denn die Neuerungen dieser Bewegung liegen - insbesondere in der praktischen Kritik an der Gewerkschaftsbürokratie und in neuen Kampfformen, wie etwa Betriebsbesetzungen.
- Der Tagungsbericht "Labor Protest Politics and Worker Rights in Egypt" von der Carnegiestiftung ist vom 25. Februar 2010 und wurde von Joel Beinin, Kamal Abbas, Sarah Whitson und Michele Dunne zusammengestellt bzw verfasst. Hier wurden vor allem die Perspektiven der Demokratisierung des Landes diskutiert und dabei darauf verwiesen, dass es die Gewerkschaftsbewegung ist, die neue demokratische Verhältnisse einführt: über 40.000 TeilnehmerInnen hatten die selbstorganisierten Wahlen zu eigenen Gewerkschaftsvertretungen bereits bis Ende 2008.
Viele Kampfaktionen. Mildern Krisenauswirkungen
Ob die Beschäftigten lokaler Steuer- und anderer Behörden oder Fahrer aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Die Reihe meist erfolgreicher Widerstandsaktionen und Kämpfe in Ägypten geht trotz Krise ungebrochen weiter. Der Zusammenhang solcher Aktionen mit der weltweiten kapitalistischen Krise wird in der Dokumentation "Impacts of the Global Financial Crisis on Egyptian Workers" des autonomen gewerkschaftlichen Zentrums CTWUS vom Mai 2009 deutlich, das im August auf englisch erschien.
"Stell Dir vor, der Kanal ist da, und keiner will durch..."
22 Prozent weniger Verkehrsaufkommen als im Januar des Vorjahres wurden im ersten Monat 2009 auf dem Suezkanal registriert. Und die Gebühren für die Kanalbenutzung sind ein beträchtlicher Anteil der Einnahmen des ägyptischen Staates. Jetzt wird Sorge über Einnahmeverluste ebenso geäußert wie Mutmaßungen über Einsparungen nicht nur bei der Kanalbehörde angestellt, so etwa in dem Beitrag "Egyptian Economists Worry About Falling Suez Canal Revenues" von Edward Yeranian bei "Voice of America" vom 23. Februar 2009.
Prozeßfarce endet mit Terrorurteil
Was der Herr Ali nebenan kann, kann der sehr ehrenwerte Herr Mubarak auch: In seinem Prozeß (nicht gegen ihn, sondern von seinen Richtern) gegen die Mahalla 49 gab es ganz ähnliche Urteile, wie wenige Tage zuvor in Tunesien. 22 der 49 Angeklagten wegen der Aprilproteste wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 3 und 5 Jahren verurteilt. Eine aktuelle Übersicht zur Prozeßfarce "Mahalla 49 verdict" von Hossam el-Hamalawy bei delicious.com täglich fortgeführt, aktuell bis zum 18. Dezember 2008.
Ein Jahr nach dem Streik der kommunalen Finanzangestellten...
...erweist sich die erfolgreiche Streikbewegung vom Dezember 2007 als ein regelrechtes Laboratorium für die immer stärkere Bewegung für unabhängige Gewerkschaften, schreibt in "The Fight for Trade Union Independence in Egypt" Ahmad Shokr im MR Zine (gespiegelt bei der progressive list) am 4. Dezember 2008.
Vorstoß für ein neues Gewerkschaftsgesetz
Daß die Gewerkschaftsgesetze in Ägypten neutral gesprochen sehr seltsam sind ist spätestens seit der diesjährigen Tagung der internationalen Arbeitsagentur ILO sozusagen offiziell bestätigt. Im Angesicht ungebremster Aktivitäten der ArbeiterInnenbewegung erweisen sich die staatstragenden Gewerkschaften als immer mehr verrottet. Die gewerkschaftsoppositionelle CWTUS hat sich nun mit einem eigenen Vorschlag, der "Declaration of principles" von Anfang November 2008 in die real existierende gesellschaftliche Debatte eingebracht. In dem Papier wird kurz die Entwicklung der Gewerkschaftsgesetzgebung seit dem Gesetz Nummer 35 von 1976 skizziert ( das solch tolle Bestimmungen enthält wie, Aufgabe der Gewerkschaften sei es, die Produktivität der Arbeiter zu erhöhen... - bekannt?) und eine Reihe grundlegender Forderungen aufgestellt, deren Verwirklichung nicht nur die Gewerkschaftsbewegung sondern jede demokratische Bewegung im Lande anginge.
"Es war die Arbeiterbewegung der letzten 20 Monate, die den Stein in das ewig stehende Wasser warf"
Die Jahrestagung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO im Juni 2008 war eine politische Katastrophe für das Regime des Herrn Mubarak: eben gerade noch konnten sie eine offizielle Verurteilung wegen Verstoßes gegen Grundprinzipien der Vereinigungsfreiheit verhindern. Das zu der Zeit kurz vor der Verabschiedung stehende neue Arbeitsgesetz wurde sofort in die Aktenvernichter gespeist. Zahlreiche Ergänzungen und Novellierungen machen seitdem die Runde und natürlich muß sich auch die Staatsgewerkschaft bewegen. In einigen der nunmehr diskutierten Passagen sieht das gewerkschaftsoppositionelle CTUWS Fortschritte, ohne daß der Kern der Sache - die Gewerkschaftsfreiheit - erreicht würde. In seiner ersten Stellungnahme "It is high time to claim the right of association" vom 14. September 2008 begründet das CTUWS diese Position.
Zeugen gelten nichts vor Mubaraks Sondergerichten
Bei der Fortsetzung des Prozeßes gegen die Mahalla 49 wurde die Willkür des Sondergerichtes mehr als deutlich: Keine einzige Zeugenaussage beeinflusste den Gang der Dinge - auch nicht, wenn beispielsweise Unternehmer aussagten, ihre Angestellten seien nicht bei den April-Aktionen beteiligt gewesen, da sie zu jener Zeit auf der Arbeit gewesen seien... So wird in dem Kurzbericht "Entlastende Aussagen ignoriert" vom 8. September 2008 beim Soliblog Solidarität mit den Mahalla 49 berichtet, eine deutsche Zusammenfassung eines Berichts in den "Daily News Egypt" (inklusive Link zum Originalartikel).
Prozeßfarce gegen die Mahalla 49 wird fortgesetzt
Der erste Prozeßtag - am 11. August - gegen die Mahalla 49, also Aktivisten der Aprilbewegung, die sich massiv gegen die Regierung wandte, vor Herrn Mubaraks Sondergericht in Tana (Sondergericht bedeutet zum Beispiel: keine weitere Instanz, das Urteil muß anschliessend vom "Präsidenten" unterschrieben werden) machte schon deutlich, um was für eine Farce es sich bei der Arbeit der ägyptischen Justiz handelt. Sämtliche Aussagen der Angeklagten über Mißhandlungen auf den Polizeistationen wurden schlichtweg nicht beachtet. Die aktuelle Materialsammlung "Mahalla-Prozeßfarce" vom 14. August 2008.
Solidarität mit den Mahalla 49
"Ägyptische Blogger werben um internationale Unterstützung für 49 Demonstranten, die vor einem Notstands-Staatssicherheitsgericht angeklagt sind. Am 9. August wird gegen 48 Männer und eine Frau ein Schauprozess vor einem ägyptischen Notstands-Staatssicherheitsgericht eröffnet. Die Menschen werden angeklagt, im April an einem zweitägigen Aufstand in Ghazl El-Mahalla im Nildelta beteiligt gewesen zu sein. Ägyptische Blogger rufen Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen zur Solidarität auf, um das Mubarak-Regime unter Druck zu setzen. Die Ägypter wurden verhaftet, nachdem Sicherheitskräfte des Mubarak-Regimes am 6. April einen Streik bei "Misr Spinning and Weaving" - mit 27.000 Arbeitern die größte Textilfabrik im Nahen Osten - aufgelöst hatten. Die Textilarbeiter hatten angesichts der rasant angestiegenen Lebensmittelpreise eine Erhöhung des Mindestlohns verlangt, der seit 1984 stagniert. Nachdem die versprochene Steigerung ausblieb, organisierte der "Textilarbeiterbund" den Streik. Diese unabhängige Gewerkschaft wurde im letzten Jahr nach einer Reihe erfolgreicher Fabrikbesetzungen in der ägyptischen Textilindustrie gegründet..." so beginnt der Bericht und Solidaritätsaufruf "Solidarität gegen Schauprozess in Ägypten" im Soliblog Mahalla 49 vom 6. August 2008: Aktiv werden! Dazu auch: Die Unterschriftenliste zur Solidaritätsbekundung "Stoppt den Schauprozess gegen ägyptische Demonstranten" samt Mailadresse für weitere UnterzeichnerInnen.
Facebook-Revolution in Ägypten?
"Aktivisten rufen in Facebook erneut zu Generalstreik auf, die ägyptische Regierung versucht, mit einer Lohnerhöhung von 30 Prozent dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen. Schon am 6. April wurde unter anderem auf Facebook zum 6. April zu einem Streik in Ägypten aufgerufen, um damit gegen Korruption, für höhere Löhne und die Kontrolle der Preise vor allem für Nahrungsmittel einzutreten. Dem Aufruf, schwarze Fahnen an die Balkone zu hängen und schwarze Abteichen zu tragen, folgten landesweit nur wenige, allerdings kam es in Al Mahla Al Kubra zu Unruhen, bei denen Menschen getötet und über hundert Protestierende von der Polizei verletzt wurden. Anschließend nahm die Polizei zahlreiche Blogger und Aktivisten fest, die sie für die Unruhen verantwortlich machte. Die Regierung steht unter Druck." Artikel von Florian Rötzer auf telepolis vom 02.05.2008
Streik gegen Mubarak
Mit Massendemonstrationen, Streiks und Betriebsbesetzungen wehren sich die Menschen in Ägypten gegen steigende Nahrungsmittelpreise und gegen die Unterdrückung durch das Mubarak-Regime. Ein Bericht von Yaak Pabst mit Fotos und Videos bei marx21 vom 15.04.2008
Brotpreis, Streiks und Staatsgewalt: Ein Regime zittert - und schlägt um sich...
Die ungebrochene Streikwelle in Verbindung mit zahlreichen Protesten wegen des Brotpreises: Eine Gemengelage, die schon manches autoritäre Regime ins Wanken brachte bedroht auch den ehrenwerten Herrn Mubarak. Bargeld für all jene, die nicht streiken und uniformierte Terroristen für jene, die es doch tun, die Taktiken sind so alt wie das Regime. Nur eben nicht so besonders erfolgreich, das kommt in unserer aktuellen Materialsammlung "4.Mai" vom 11. April 2008 zutage.
Eskalation: Tote werden gemeldet, viele Verletzte, Massenverhaftungen
Die angekündigten Proteste gegen die explodierenden Preiserhöhungen bei Lebensmitteln und gegen die allgemein rasant anwachsende Inflation, sind nach aktuellen Meldungen völlig eskaliert. Unterschiedliche Quellen sprechen von 2-7 Toten, hunderten von Verletzten und Massenverhaftungen von 500 bis 700 Demonstranten. Die Lage ist zur Zeit sehr unübersichtlich. Wir haben dazu einen aktuellen Bericht von Natalie, die gestern um 7:00 Uhr Ortzeit mit dem Zug nach Mahalla gefahren ist. Ihr Bericht endet mit der Bemerkung, dass sie um 18:30 eine SMS erhält mit dem Inhalt, dass Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten abgefeuert werden. Siehe dazu
Warum sich niemand um die Drohungen der Regierung kümmert...
Bei jedem neuen Streik der inzwischen schon über ein Jahr andauernden Welle wird der Ton der Regierung hysterischer - stets mit Verweis auf angebliche Illegalität. Es ist die reale Entwicklung im Lande selbst, die die Menschen dazu führt, sich nicht um diese Drohungen zu kümmern. "In der vergangenen Woche wurden laut Medienberichte bei Zusammenstössen in einem Armenviertel von Kairo zwei wartende Kunden getötet. 100 Gramm subventioniertes Brot kosten in Ägypten in der Regel fünf Piaster (gut einen Rappen). Ohne staatliche Unterstützung liegt der Preis bei mindestens dem Zehnfachen" - über die Teuerung beim Brot und die Notmaßnahmen der Regierung berichtet der ap-Artikel "Mubarak schaltet sich in Brot-Krise in Ägypten ein" vom 16. März 2008 in der "NZZ Online". Die Rolle der Frauen in der Streikbewegung
Über die ägyptische Streikbewegung ist seit über einem Jahr viel berichtet worden - selbst in die Kommerzmedien haben es diverse Kämpfe gebracht, aber das war es denn auch. Nun konnten beispielsweise jene Berichte, die mit Fotos versehen waren, nicht darüber hinwegsehen, dass viele Arbeiterinnen sich beteiligten, mit und ohne Kopftücher. Aber jetzt gibt es erstmals einen Versuch, die Rolle der Frauen in dieser Streikbewegung zu untersuchen, in dem (englischen) Beitrag "Women were braver than a hundred men" von Anne Alexander und Farah Koubaissy, in der Ausgab Januar 2008 der britischen Socialist Review.
Der Kampf zur Verteidigung der Landreform als Lebensaufgabe
Shahinda Maqlad ist 70 Jahre alt und hat gerade ihre Autobiographie in mehreren Medien dskutiert: ein Verteidigerin jener Landreform aus Nassers Zeiten, die von den Regierungen Sadat und Mubarak nach und nach ausgehöhlt wurde und - wenn es nach den Wünschen der Reichen des Landes geht - bald endgültig ad acta gelegt werden soll. War sie 1958 als einzige Frau ihrer Region zum Kongreß der Landunion delegiert worden und wurde dort zu einer landesweiten Berühmtheit durch ihre Rede, in der sie die Obstruktionskampagne reicher Landbesitzer und lokaler Behörden gegen die Landreform zum Thema machte, so wurde sie im Zuge von Sadats "Korrekturkampagne" 1971 aus ihrem Geburtsbezirk verbannt. Breiteste Solidarität brachte die Verbannung einige Jahre später zu Fall. In Zeiten der Regierung Mubarak gehen solcherart Angriffe anders: Zivilklagen einer Familie von Landlords (die in enger Verbindung mit der Regierungspartei stehen) sollen sie an weiterer Aktivität hindern,was bisher nicht gelang - aber weiterhin versucht wird. Der (französische) Bericht "Portrait d'une militante paysanne égyptienne" von Beshir Sakr vom 3. Oktober 2007 im Alafouk-Net.
1 Jahr Gefängnis für Gewerkschaftsoppositionellen?
Das Urteil eines Kairoer Bezirksgericht kam überraschend: in einem Verleumdungsverfahren das seit Mai diesen Jahres immer wieder verschoben worden war, wurde Kamal Abbas, Generalkoordinator der gewerkschaftsoppositionellen Initiative CTUWS zusammen mit seinem Rechtsanwalt Mohamed Helmy zu je einem Jahr Gefängnis verurteilt. Kläger gegen sie war Mohamed Ibrahim, Parlamentskandidat der Regierungspartei NDP und Vorsitzender des Jugendzentrums 15. Mai, dessen Vorstand auch Anwalt Helmy angehört. Die beiden hatten in einem Beitrag für das Magazin der CTUWS Korruptionsvorwürde gegen Ibrahim aufgenommen und verbreitet - Vorwürfe, deren Grundlage die Ergebnisse einer offiziellen Untersuchungskomission waren, die ihrerseits empfohlen hatte, Ibrahim von seiner Funktion abzusetzen. Sowohl die demokratische Presse in Ägypten, als auch der Internationale Gewerkschaftsbund ITUC in Schreiben an die Regierung bringen dieses überraschende Urteil in Zusammenhang mit der Entwicklung in zahlreichen Betrieben Ägyptens, bei denen die Arbeit der CTUWS eine wichtige Rolle gespielt hatte, wenn es darum ging, ohne und gegen den bürokratischen Gewerkschaftsapparat des ETUF zu mobilisieren - und mit der offenkundigen Schwäche der Regierung, die in einer ganzen Reihe von Streiks in staatlichen Betrieben große Zugeständnisse machen mußte. Die (englische) Pressemitteilung "One Year Imprisonment for Kamal Abbas" des CTUWS vom 30. September 2007.
Eine neue Strömung
in der Arbeiterbewegung...
Die Streikwelle, die Ägypten seit Ende 2006 prägt,
geht weiter - erst in diesen Tagen beendeten die Belegschaften zweier
Düngemittelfabriken ihre Streikaktionen einigermassen erfolgreich.
Wenn eine solche Bewegung ein Land monatelang prägt, kann es
kaum wundern, wenn sich dabei auch politische Strömungen neu
formieren oder neu entstehen. Das Manifest der Arbeiter des 7. Dezember
- "Workers
for Change" (mit dieser Namensgebung reihen sie sich in
die Seiten der allgemein-gesellschaftlichen "Veränderungsbewegung"
ein) wurde im Juni 2007 publiziert und hat bereits eine Reihe positiver
Antworten aus anderen Belegschaften erhalten - im August 2007 wurde
diese englisch übersetzte Fassung verbreitet.
Sarando-Prozess wegen Landbesetzung: Solidarität
gefragt
Der Prozess gegen die Bauern von Sarando und ihren
Anwalt wird in diesen Tagen in der neuen Instanz - dem Hohen Sicherheitsgerichtshof
- fortgesetzt. Sie hatten sich 2005 gegen die Zwangsräumung
gewehrt, und in den Auseinandersetzungen kam auch einer der anspruchstellenden
Landeigentümer zu Tode. Weswegen sie jetzt neben illegaler
Zusammenrottung auch des Totschlags angeklagt sind. Der (französische)
Solidaritätsaufruf "Procès
des paysans de Sarando" vom 18. Januar 2007.
Es herrscht Ruhe an der "Flüchtlingsfront"
Eines der grössten Massaker im Nahen Osten fand
zur Jahreswende 2005 in Kairo statt, als die ägyptischen Ordnungskräfte
das Feuer auf ein Protestcamp sudanesischer Flüchtlinge eröffneten
- unter Beifall eines guten Teils der "Öffentlichkeit"
starben rund 100 Menschen. Organisierter Widerstand und Protest
regte sich nur relativ langsam. Das Protestcamp bestand drei Monate
von September bis Ende Dezember - und das Flüchtlingswerk der
UNO (UNHCR) übte ständigen Druck auf die ägyptische
Regierung aus, es aufzulösen. Die offen reaktionäre Haltung
des UNHCR wird auch in der Vereinbarung deutlich, die es am 17.
Dezember 2005 mit einer Delegation des Camps abschloss - keine der
wesentlichen Forderungen (etwa Arbeitserlaubnisse zu vereinfachen)
der Flüchtlinge wurde darin erfüllt, weswegen die "Lagerkonferenz"
es auch ablehnte. Abgerundet wird das ganze durch beständige
Klagen sudanesischer Flüchtlinge über die rassistische
Grundhaltung der Beschäftigten der privaten Sicherheitsdienste,
mit denen das UNHCR die Flüchtlinge kontrolliert. Mitte 2006
hat sich die Lage der Millionen Sudanesen in Ägypten keineswegs
gebessert - eher im Gegenteil, da viele von ihnen (oft aus Angst
vor weiteren "Unruhen") in ihrer (oft inoffiziellen) Beschäftigung
gekündigt wurden, aber keine weiteren Proteste wurden organisiert
- die Unzufriedenheit macht sich in wachsender Gewaltausübung
innerhalb der Flüchtlingscommunities Luft. Das "Forced
Migration" Programm der Amerikanischen Universität von
Kairo hat im Juni 2006 eine Studie zu den Vorfällen und ihren
Hintergründen publiziert. Dem institutionellen Charakter gemäss,
wird die "Schuld" schön gleichmässig aufgeteilt:
So hätten laut den Autoren der Studie auch die Camporganisatoren
eine Verantwortung, weil sie ja nach der brutalen Auflösung
einer Flüchtlingsdemonstration im Jahr 2004 hätten wissen
müssen, dass es gefährlich sei...Dennoch ist die umfangreiche
(englische) Studie "A
TRAGEDY OF FAILURES AND FALSE EXPECTATIONS"
bei der "American University" lesenswert, weil informativ.
Via Campesina Solidarität gegen Bauernvertreibungen
Via Campesina - der internationale Zusammenschluss
der Organisationen von Kleinbauern und Landlosen - hat in einer
Pressemitteilung seine Solidarität mit den ägyptischen
Bauern die von Vertreibung bedroht sind erklärt und zu weiterer
Solidarität aufgerufen. Beim jüngsten Polizeiüberfall
im Nildelta wurden nicht nur ganze Familien, sondern auch anwesende
Journalisten verprügelt und festgenommen. Die (französische)
Erklärung von VC "Lettre
de Solidarité de Via Campesina avec les paysans d’Egypte"
vom 25. Mai 2006.
Der Kampf ums Land
Seit 1997 wird in Ägypten schrittweise die Landreform
der 60er Jahre rückgängig gemacht. Längst kann beispielsweise
wieder unbegrenzt Pacht erhoben werden. Und in den letzten Jahren
werden es immer mehr ehemalige Grossgrundbesitzer, die "ihr"
Land wiederhaben wollen. Was oft genug vor Ort in einer Koalition
mit Poliziekräften gegen die "Neufarmer" durchgesetzt
wird, denen die Behörden immer öfter die Dokumentation
faktisch verweigern. Am 18. Juni 2006 wird es zu einem Prozess gegen
die Farmer von Sarando kommen, die Anfang 2005 der Polizei und ihren
Bulldozern erfolgreich Widerstand geleistet haben. Der aktuelle
Solidaritätsaufruf (aus Anlass des Athener Sozialforums) "Urgent
action to stop expulsion of Egyptian Farmers" des Egyptian
Popular Committee with Land Reform Peasants von Anfang Mai 2006.
Solidarität mit verfolgten sudanesischen
Flüchtlingen - Bestrafung der Mörder
Das Massaker an sudanesischen Flüchtlingen am
30. Dezember in Kairo hat, nach einer ersten "Schockreaktion"
jetzt zahlreiche Protestreaktionen hervorgerufen - während
die Regierung Anfang Januar die Abschiebung von 650 SudanesInnen
bekannt gab. Einem Aufruf des "Nationalen Rats der Menschenrechte"
Ägyptens folgend haben mehr als 20 Organisationen (gewerkschaftliche
Gruppierungen sind darunter nicht zu finden, vielleicht, weil es
sich ja "nur" um ausländische Lastenträger,
Strassenhändler und Putzfrauen handelt) eine Kampagne zu organisieren
begonnen. "Jugez
les criminels!" (Bestraft die Täter), der (französische,
mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Aufruf vom 13. Januar 2006
Mubaraks Schlächter finden rassistischen
Beifall
Tausende Flüchtlinge aus dem Sudan organisierten
ein wochenlanges Protestcamp vor dem Gebäude der UN Flüchtlingsorganisation
in Kairo. Die Menschen protestierten gegen ihre generelle Behandlung
und den permanenten Rassismus, dem sie ausgesetzt sind, sowie die
Bedingungen ihrer verbreiteten ("illegalen") Beschäftigung
als Lastenträger oder Putzfrau. Sie fordern, in ein anderes
Land gebracht zu werden. Dem muss, so beschliesst Mubaraks Camarilla,
mit aller Härte begegnet werden. Und was Spanien, Italien oder
die USA an westlich-demokratischer Brutalität gegenüber
MigrantInnen aufzubieten haben, das hat das Mubarak-Regime auch:
"Feuer frei" - und es sterben Männer, Frauen und
Kinder. Verhältnisse wie in Deutschland? - Umstehende AnwohnerInnen
klatschen den uniformierten Schlächtern (die ja nur ihre Pflicht
getan haben, werden sie später sagen) Beifall und feuern sie
an. Die Materialsammlung "Unsere
Schande" (nach dem Titel aus dem Weblog einer ägyptischen
Journalistin) vom 11. Januar 2006.
Festnahmen auf der Kairoer Buchmesse
Am 28.Januar 2005 nahm die ägyptische Polizei
drei Menschen während der Kairoer Buchmesse fest - unter der
"Anklage" sie seien im Besitz von Flugblättern, die
zum "Haß gegen die Regierung" aufriefen. Dieser
"Haß" bestand darin, dass in den Flugblättern
zu einer Demonstration am 4.Februar gegen die Farce der kommenden
Präsidentschaftswahl aufgerufen wurde, bei der sich Mubarak
zum fünften Mal wiederwählen lassen will. Einer der Verhafteten
ist in den Hungerstreik getreten. Die Festgenommenen gehören
dem "Center for Socialist Studies" an. Ihre jüngste
Buchveröffentlichung "Socialists Route to Change: A Militant
Vision for Egypt" wurde beschlagnahmt. Eine kurze Dokumentation
samt Aufruf zur Solidarität vom 10.Februar 2005
"The full story of the Aura-Egypt workers"
Ein (englischer) Bericht in der Juni Ausgabe 2004 der Zeitschrift des unabhängigen Center for Trade Union and Workers Services über die Lage und das Leben der Arbeiter in der Asbest-Fabrik "Aura", in dem vor allem die Betroffenen selbst zu Wort kommen
"Is the working class moving forward?"
Ein Beitrag von Fatemah Farag in der (englischen) Wochenausgabe der Zeitung "Al Ahram" vom 6.Mai 2004 mit vielen Informationen über die Lage der arbeitenden und erwerbslosen Menschen in Ägypten.
Mindestens 13 Antikriegsdemonstranten in Kairo festgenommen und misshandelt
Ein kurzer Bericht des "Center for socialist studies" samt der mail-adresse des ägyptischen Präsidenten zum Protest von 2003
Die Wirklichkeit der ägyptischen Arbeiterklasse / Reality of the Egyptian Proletariat
Lesenswerte und informative (englische) Zusammenfassung von Sameh Saeed Abbood der Geschichte und Entwicklung der Arbeiterbewegung im grössten arabischen Land von einem anarchistischen Standpunkt aus. |