Freizeit als Rendite des Fortschritts. Zum Verhältnis von Arbeitszeit und Produktivität
Artikel von Leon Bauer in Direkte Aktion vom Juli/August 2012
Überfällige Debatte
Nach einem Vierteljahrhundert wird in den Gewerkschaften wieder über Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich diskutiert – mit widersprüchlichen Ergebnissen. Artikel von Johannes Schulten in junge Welt vom 17.04.2012 . Aus dem Text: „… Seit kurzem gibt es in den Gewerkschaften offenbar wieder ernsthafte Bestrebungen, das Thema stärker in den Fokus zu nehmen. Das legt zumindest eine jW vorliegende interne Umfrage in allen 13 Fachbereichen sowie den Landesbezirken der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nahe. Die Tarifpolitische Grundsatzabteilung spreche sich dafür aus, heißt es darin, in den nächsten Monaten »eine breite arbeitszeitpolitische Debatte« zu starten. Auch bei der IG Metall wurde im Vorfeld der laufenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie die Durchsetzbarkeit von Verkürzungen über die 35-Stunden-Woche hinaus diskutiert…“
30 Stunden sind genug
Debatte. Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist längst überfällig – und bei vollem Lohn- und Personalausgleich realisierbar. Artikel von Heinz-J. Bontrup in der jungen Welt vom 04.04.2012
Arbeitszeitverkürzung. Jetzt!
„Arbeitszeitverkürzung gehört wieder auf die Tagesordnung. Anders sind große gesellschaftliche Probleme wie Massenarbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung nicht zu lösen. Wir brauchen einen neuen Arbeitszeitstandard von etwa 30 Stunden pro Woche. Diese „kurze Vollzeit“ ist nicht statisch, sondern nach persönlichen und beruflichen Situationen variierbar (Erziehungszeiten, Projektarbeit, Weiterbildung etc.), muss aber im Durchschnitt erreicht werden. Nach volks-wirtschaftlichen Berechnungen ist mit dieser neuen Normalarbeitszeit Vollbeschäftigung wieder herstellbar. Diese „Vollbeschäftigung neuen Typs“ ist möglich und nötig, weil die Produktivität kontinuierlich steigt. Wir benötigen heute für die Herstellung notwendiger Güter nur noch etwa die Hälfte der Zeit wie im Jahr 1960; das Arbeitsvolumen ist entsprechend gesunken, während die Erwerbsbevölkerung gewachsen ist…“ Aufruf bei attac von Attac (AG ArbeitFairTeilen), die AG Alternative Wirtschaftspolitik (Memo-Gruppe), Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, kirchliche Arbeitnehmerorganisationen, Jugend-, Frauen- und Umweltgruppen sowie soziale Bewegungen. Siehe dazu:
- Zeit und Geld
„Jahrzehntelang war sie durchsetzbar, die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Die Vollbeschäftigung machte es möglich. Von 48 Wochenarbeitsstunden in sechs Tagen im Jahr 1950 bis zur Fünf-Tage-Woche im Jahr 1956 und der 40-Stunden-Woche ab 1965 war es scheinbar nicht so ein weiter Weg, wie dann zur 35-Stunden-Woche bei den Metallern im Jahr 1995. Die Konkurrenz war härter geworden, die Gewerkschaften schwächer. Spätestens seit dem verlorenen Streik um die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland im Jahr 2003 scheint das Thema Arbeitszeitverkürzung vom Tisch…“ Kommentar von Jörg Meyer in Neues Deutschland vom 03.02.2012 . Aus dem Text: „… Der Gewerkschafter Werner Sauerborn nannte es »den großen Irrtum« der späten 80er und 90er Jahre, »zu glauben, man könne - wenn denn kein voller Lohnausgleich mehr möglich ist - das Feld der Arbeitszeitpolitik straflos räumen und sich auf die Lohnpolitik und die Modernisierung der Lohnstrukturen konzentrieren«. Er hatte Recht damit. Der Kampf um den Erhalt der 35-Stunden-Woche, den die Drucker im letzten Jahr gewannen, ist eines der wenigen Beispiele, bei denen der Unternehmerseite nicht preisgegeben wurde, was von Gewerkschaften und Beschäftigten vorher erkämpft worden war…“
- Siehe dazu im LabourNet Germany das Special „Arbeitszeitverkürzung – Debatte im express und LabourNet Germany“ und darin:
- Nie wieder langarbeiten!
Langfassung eines Artikels von Mag Wompel in ak – analyse & kritik 544 vom 20.11.2009
Überfällige Debatte
„Arbeitszeitverkürzung – war da was? Reges Interesse ruft das Thema zumindest hervor. Prall gefüllt war der kleine Konferenzraum, als ver.di, IG Metall, die Gewerkschaft Nahrung – Genuß – Gaststätten (NGG) und Arbeitnehmerkammer am Donnerstag in Bremen ihr »ABC der Arbeitszeitverkürzung« vorstellten. Mit der handlichen Broschüre wollen sie der arbeitenden Bevölkerung Argumente liefern, um Kollegen, Freunde, Nachbarn und Familie zu agitieren. Jeder Buchstabe des Alphabets steht für ein Stichwort: von A wie »Arbeitsproduktivität« über M wie »Muße« und P wie »politisches Engagement« bis hin zu Z wie »Zahl der Arbeitsstunden«. Das Thema soll wieder in aller Munde sein, so die Absicht die Bremer Arbeitszeitinitiative. Im Bündnis sind neben den Gewerkschaften auch konfessionelle Arbeiterorganisationen und die Globalisierungskritiker von ATTAC aktiv…“ Artikel von Mirko Knoche in der jungen Welt vom 16.07.2011 . Siehe dazu:
Arbeitszeitverkürzung und Ausbau der öffentlichen Beschäftigung jetzt!
Manifest zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit von Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Prof. Dr. Mohssen Massarrat vom Mai 2011
- Für das Menifest sammelt die Attac-AG ArbeitFairTeilen Unterschriften
- Produktivitätszuwachs - für wen?
"Fritz Vilmar, Professor für Politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin, warnte die Gewerkschaftsführung schon 1975 auf dem Gipfel der damaligen Weltwirtschaftskrise vor den Folgen unterlassener kollektiver Arbeitszeitverkürzungen. Reine Wachstumsstrategien würden zukünftig eine vollbeschäftigte Wirtschaft nicht mehr garantieren können. Die Produktivitätsraten überstiegen die realen Wachstumsraten, so daß selbst bei einem demographisch konstanten Arbeitsangebot das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen zurückgehen werde. 1983 wiederholte Vilmar noch einmal die Warnung: »Wenn schwerwiegende Gefährdungen unserer Gesellschaft vermieden werden sollen, muß (.) in Zukunft Arbeitszeitverkürzung das wesentliche Mittel sein, um den jetzt und künftig Arbeitslosen die Möglichkeit zu geben, sich wieder in den Arbeitsprozeß eingliedern zu können.« Er sollte mit seinen Warnungen Recht behalten." Artikel von Heinz-J. Bontrup, erschienen in Ossietzky 13/2011
- Notwendige Debatte
"Ohne Kampf um Arbeitszeitverkürzung führt kein Weg aus der gewerkschaftlichen Defensive. Wissenschaftler liefern Argumente für die Rückkehr zu bewährten Forderungen." Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 27.06.2011 . Aus dem Text: ". Sie rechnen vor, daß eine zu Lasten der Gewinne finanzierte, fünfprozentige Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnausgleich lediglich die seit Anfang der 1980er Jahre erfolgte Umverteilung von unten nach oben umkehren würde. Klar sei aber, daß dies »nur durch heftige gesellschaftliche Auseinandersetzungen, sowohl zwischen Arbeit und Kapital als auch im politischen Raum, erreichbar sein wird«. Wie diese entwickelt werden könnten, soll Thema einer vom ver.di-Landesbezirk Niedersachsen, der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik und der ATTAC-AG Arbeit fair teilen sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen organisierten Konferenz am 30. Juni und 1. Juli in Hannover sein."
- Wir verweisen in diesem Zusammenhang an "Arbeitszeitverkürzung - Debatte im express und LabourNet Germany" in dieser Rubrik und dort insbesondere:
- Nie wieder langarbeiten!
Langfassung eines Artikels von Mag Wompel in ak - analyse & kritik 544 vom 20.11.2009, der auf die Kritik von Daniel Behruzi und Mohssen Massarat eingeht
Pour la semaine de 32 heures
"I l y a quelque chose d'insultant pour les millions de chômeurs recensés ou non, de travailleurs précaires ou épuisés, de salariés contraints au temps partiel, de s'entendre dire à nouveau, cette fois-ci par Manuel Valls, député PS de l'Essonne, qu'il leur serait possible de gagner plus en travaillant plus. Cependant, le florilège de déclarations tonitruantes sur les 35 heures a au moins l'avantage de rouvrir le débat sur la durée du travail." Für die 32-Stundenwoche. Aufruf französischer Ökonomen, abgedruckt in Le Monde vom 13.01.11 . Siehe dazu:
- Der Ausweg aus der Krise: Arbeitszeitverkürzung und nützliche Arbeitsplätze!
"Es hat etwas Beleidigendes für Millionen von Arbeitslosen und in prekären oder "bad jobs" Beschäftigten und Frauen, die in Teilzeit abgedrängt werden, wieder einmal - diesmal [durch] Manuel Valls2 - hören zu müssen, dass sie mehr verdienen könnten, wenn sie mehr arbeiten würden. Immerhin eröffnet der Reigen donnernder Erklärungen über die 35-Stundenwoche dadurch wenigstens (wenn auch aus völliger Konfusion heraus!) die Chance, eine neue Debatte über die Dauer der Arbeitszeit zu beginnen. (.) Die Umverteilung der Einkommen auf eine Art, die mehr Beschäftigung und freie Zeit schafft, ist letztlich ein machtvoller Beitrag zur Verringerung sozialer Ungleichheit. Deshalb sprechen wir uns für eine Perspektive der erneuten Belebung des Prozesses der Arbeitszeitverkürzung aus, in Richtung auf 32 Wochenstunden, im Namen eines auf Gleichheit gerichteten Entwicklungsmodells, das allen Bürgerinnen und Bürgern eine angemessene soziale Teilhabe ermöglicht. Es ist Zeit, mit der perversen Logik zu brechen, die Beschäftigung abhängig macht von Rentabilität, und die Richtung umzukehren: Welche nützlichen Arbeitsplätze für welche sozialen Bedürfnisse?..." Zusammenfassende Übersetzung von Steffen Lehndorff , dokumentiert bei den Nachdenkseiten
- Zum Hintergrund in Frankreich: Internationales > Frankreich > 35-Stunden-Woche
Arbeitszeitverkürzung und Umverteilung der Arbeit zum gesellschaftlichen Projekt entwickeln!
Antrag des Fachbereichs 5 Bildung, Wissenschaft und Forschung im ver.di-Bezirk Hannover/Leine-Weser an die Bezirkskonferenz zur Weiterleitung an den Bundeskongress ver.di
Chancen der Arbeitszeitverkürzung
Artikel von Steffen Lehndorff vom 6. September 2010 in Gegenblende des DGB
Arbeitszeitverkürzung gerade jetzt! Die Last der Krise soll auf uns abgewälzt werden: die Antwort muss Kampf sein!
"Die Last der Krise soll auf uns abgewälzt werden. Merkel hält uns vor, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt. So werden wir vorbereitet auf einen riesigen Sozialraub. Dabei leben wir abhängig Beschäftigten, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, seit langem unter unseren Verhältnissen!..." Aufruf vom 17.6.2010 von und bei unofficial world-wide-web avantgarde
Umwege ins Paradies? Fünf Thesen für eine Erneuerung der Arbeitszeit-Debatte
"Die ArbeiterInnenbewegung ist in der Krise. Die Gewerkschaften verlieren weiterhin Mitglieder, ihre Durchsetzungsfähigkeit ist - wie auch die jüngsten Tarifabschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie sowie im Öffentlichen Dienst zeigen - derzeit begrenzt. Ihre gesellschaftspolitische Rolle ist mindestens seit dem Scheitern der Einflussnahme auf die rot-grüne Bundesregierung zunehmend reduziert, ein »neuer Korporatismus«, wie er sich in der aktuellen Tarifpolitik Ausdruck verschafft hat, verspricht nach unserer Auffassung keineswegs eine nachhaltige Verbesserung der Position. Vor diesem Hintergrund und angesichts der politisch-ökonomisch bedingten Prekarisierung der Lebensverhältnisse ist der Zusammenhang zwischen der alltäglichen Arbeits- und Lebenssituation der Beschäftigten und der gewerkschaftlichen Politik sehr häufig nicht mehr gegeben. Wir plädieren deshalb dafür, nach Wegen zu suchen, die die strategische Handlungsfähigkeit der gesellschaftspolitischen Debatte wiederherstellen. Wir halten eine kritische Erneuerung der Forderung nach umfassenden Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich, oder, um es von vornherein in seiner vollen Dimension auszudrücken: der Forderung nach einer Umverteilung der gesellschaftlichen Arbeit, für einen von mehreren möglichen Ansätzen, die zu einer solchen Wiederherstellung beitragen können. Mit den folgenden Thesen möchten wir zu einer Debatte über die Möglichkeiten einer solchen kritischen Erneuerung beitragen." Artikel von Siggi Frieß & Peter Birke, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 5-6/10
Die Zeit ist reif für eine neue Debatte über die Arbeitszeit. Interview mit Helga Schwitzer: Erfahrungen mit der Kurzarbeit nutzen
"Wenn Beschäftigte individuell kürzere Arbeitszeiten wünschen, muss das möglich sein, findet Helga Schwitzer. Sie plädiert für eine "kreative Arbeitszeitpolitik", bei der die Arbeitszeiten zu den Bedürfnissen der Menschen passen müssen. Helga ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und Expertin für Tarifpolitik. Wir wollten von ihr wissen, ob die Zeit reif ist für eine neue Debatte über die Arbeitszeit." Interview vom 26.05.2010 bei der IG Metall
IG Metall für 30-Stunden-Woche
Gewerkschaft will Arbeitszeit verringern, besteht aber nicht mehr auf vollen Lohnausgleich 750 000 Jobs in der Branche in Gefahr / Erste Gespräche mit Arbeitgebern. Artikel von Matthias Loke in Berliner Zeitung vom 22.12.2009
13 Thesen für eine Erfolg versprechende Neuaufnahme des Kampfes um eine generelle Arbeitszeitverkürzung (AZV)
Thesen von Jakob Schäfer vom 29.11.09
Kürzere Arbeitszeiten für alle? Ver.di-Sekretär Werner Sauerborn kämpft für eine klassische Gewerkschaftsforderung
Interview von Peter Nowak im Neues Deutschland vom 21.11.2009 . Aus dem Text: ". Arbeitszeitverkürzung als Forderung ist im Prinzip akzeptiert - aus Gründen der persönlichen Arbeitssituation, angesichts der Vereinbarkeitsprobleme zwischen Arbeit und Leben und auch gesellschaftspolitisch. Doch ob die Kollegen dafür auch kämpfen, hängt davon ab, ob sie die Arbeitszeitverkürzung, vor allem den Lohnausgleich, für durchsetzbar halten und die berechtigte Sorge, dass das alles in mehr Arbeitshetze endet, beantwortet werden kann. Deshalb müssen wir die Forderung mit einer konkreten Durchsetzungsstrategie koppeln. Dazu muss Arbeitszeitverkürzung als Eckpfeiler einer gewerkschaftlichen Gegenstrategie gegen die Krise verankert werden - in einem breiten Gegenkonsens und auch grenzüberschreitend."
Strategien für den Arbeitsmarkt: Die neue Arbeitszeit-Debatte
"Was geschieht, wenn die Kurzarbeit ausläuft? Werden dann Hunderttausende Beschäftigte entlassen? Die IG Metall will das verhindern und hat deshalb eine Debatte über neue Formen von Arbeitszeit-Verkürzung angestoßen." Artikel von Eva Roth in Frankfurter Rundschau vom 24.10.2009
Arbeitszeitverkürzung - Klappt nicht im Kapitalismus
"Bei den Gewerkschaftslinken ist Arbeitszeitverkürzung wieder populär. Der Anlass dafür ist die aktuelle Wirtschaftskrise, in der mit einer deutlich steigenden Arbeitslosigkeit gerechnet werden muss. Dabei erfolgt dieser Anstieg auf der Basis einer bereits hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland. Die offiziell 3,4 Millionen Arbeitslosen markieren eine statistische Konstruktion. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit liegt aktuell bei rund 4,5 Millionen, rechnen wir die Effekte der Kurzarbeit hinzu, bei rund 4,9 Millionen. Insofern klingt die Forderung nach einer radikalen Arbeitszeitverkürzung, in den Worten der Befürworter nach Arbeitsumverteilung, auf den ersten Blick einsichtig und plausibel. Das vorhandene Arbeitsvolumen soll auf mehr Köpfe verteilt werden. In diese bestechend einfache Sichtweise gehen aber Annahmen ein, die aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive unhaltbar sind." Artikel von Michael Wendl - exklusiv im LabourNet Germany - aus der neuen Lunapark21 Nr. 7 vom Herbst 2009
Arbeitszeit: IG Metall will andere Verteilung
"Die IG Metall Baden-Württemberg will mit Blick auf ein langfristig schrumpfendes Beschäftigungsvolumen in der Metall- und Elektroindustrie eine Debatte über die Arbeitszeit anregen. "Wir haben derzeit die massivste Arbeitszeitverkürzung, die die Republik je erlebt hat", sagte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Stuttgart. Nur im günstigsten Fall werde nach der Rezession das frühere Niveau wieder erreicht. "Wir werden Branchen haben, die wieder auf ihr volles Arbeitszeitvolumen kommen, aber auch solche, die weit unter den früheren Werten bleiben." Deshalb seien Instrumente nötig, die den bundesweit 3,3 Millionen Beschäftigten der Branche über die Krise hinaus Beschäftigung sicherten." Artikel von Jörg Hofmann in der FR vom 27.9.09
Verkürzung: Arbeitszeit: Scholz umwirbt Metaller
"Mit der Wirtschaftskrise lebt die alte Gewerkschaftsidee breit angelegter Arbeitszeitverkürzungen wieder auf. Die IG Metall kündigte an, im Schlüsselbezirk Baden-Württemberg ab September eine Strategiedebatte über neue Schritte zu kürzeren Lebens- und Wochenarbeitszeiten zu führen. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), der die staatliche Förderung der Altersteilzeit verlängern will, sucht den Schulterschluss." Artikel von Dietrich Creutzburg im Handelsblatt vom 27.07.2009
"Stunden erlassen, nicht Menschen entlassen"
Interview von Daniel Behruzi mit Klaus Pickshaus , IGM-Metall, in Lunapark 21, Heft 6 vom Sommer 2009
Entschließung für eine Kampagne zur Arbeitszeitverkürzung
"Die Delegiertenversammlung fordert den Vorstand der IGM auf, kurzfristig eine Debatte und ein öffentliche Kampagne zum Thema Arbeitszeitverkürzung zu organisieren. Arbeitszeitverkürzungen sind das Gebot der Stunde. Im Mittelpunkt soll dabei die tarifliche Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf deutlich unter 35 Stunden stehen, bei vollem Lohnausgleich. Weitere wichtige Punkte einer solchen Kampagne müssen Verkürzungen der Lebensarbeitszeit sein, d.h.: weg mit dem Renteneintritt mit 67, gesetzliche Begrenzung der Arbeitszeit, tarifliche Einschränkung der Mehrarbeit. (Ergänzung durch die Antragsberatungskommission:) Darüber hinaus brauchen wir kurzfristig eine vorübergehende deutliche Absenkung des Renteneintrittsalters, z.B. nach 45 Versicherungsjahren (ohne Abschläge), um eine sofortige Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen." Der am 18.6.2009 einstimmig angenommene Beschluss der IGM-Verwaltungsstelle Frankfurt
Tarifverträge: Stunden statt Stellen streichen
"Viele Tarifverträge erlauben es Unternehmen, die reguläre Arbeitszeit befristet zu reduzieren. Das kann Arbeitsplätze retten, bringt den Beschäftigten oft aber auch deutliche Einkommenseinbußen." Böckler Impuls 10/2009 . Siehe dazu:
- Tarifliche Regelungen zur befristeten Arbeitszeitverkürzung? Eine Untersuchung von Tarifverträgen in 26 Wirtschaftszweigen und Tarifbereichen
Artikel von Reinhard Bispinck und WSI-Tarifarchiv in Elemente qualitativer Tarifpolitik Nr. 67 vom Juni 2009
Gewerkschafter, handelt!
"Seit Jahren enden sozialpolitische Ossietzky-Artikel mit dem Refrain: Die Erwerbsarbeitszeit muß kräftig verkürzt werden, und zwar auf nicht mehr als sieben Stunden an nicht mehr als vier Tagen in der Woche, insgesamt also maximal 28 Stunden. (.) Die Krise, die in der viel zu langen Arbeitszeit der einen und der Arbeitslosigkeit der anderen eine ihrer Hauptursachen hat, bewirkt nun, dass der Ruf nach Arbeitszeitverkürzung aufgenommen und mehrstimmig verbreitet wird. (.) Gewerkschafter, wann besinnt Ihr Euch auf das Notwendige? Die Autorität des Kapitals ist geschwächt, zumal es, außer noch brutalerer Ausbeutung, kein Konzept hat. Verschlaft die Situation nicht. Sonst wird sich Euer Mitgliederschwund fortsetzen. Und der Eures Durchsetzungsvermögens. Analysiert die Krise der 1920er, 1930er Jahre. Und handelt." Artikel von Eckart Spoo in Ossietzky vom März 2009 , dokumentiert beim Linksnet
Arbeitszeitverkürzung jetzt! Zeit für eine Offensive
„Arbeiten bis zum Umfallen – diese Marschrichtung geben Arbeitgeber und Regierung vor. Rente mit 67, mehr Arbeitsdruck sowie die Verlängerung der tariflichen und tatsächlichen Arbeitszeiten steht auf ihrer Agenda. Die Folgen: Immer mehr Ältere scheiden frühzeitig – und mit gekürzter Rente – aus dem Arbeitsleben aus. Jugendlichen wird die Beschäftigungsperspektive genommen. Unsere gewerkschaftliche Antwort lautet: Nein zu jeglicher Arbeitszeitverlängerung. Stattdessen: Arbeit umverteilen – durch eine deutliche Reduzierung der Wochen- und Lebensarbeitszeiten. Raus aus der Defensive. Es reicht nicht Arbeitgeber-Forderungen nach unbezahlter Mehrarbeit zurückzuweisen oder einzugrenzen. Die mehrwöchigen Streiks 2006 in den Bundesländern haben gezeigt, dass die Beschäftigten in der Arbeitszeitfrage mobilisierbar sind. Eine kampflose Ausweitung der Arbeitszeiten oder als Verhandlungsmasse bei Tarifrunden dürfen wir nicht mehr akzeptieren. Längere Arbeitszeiten in Ostdeutschland und für Beamte und Beamtinnen werden nur genutzt, um die Beschäftigten unter Druck zu setzen und zu spalten…“ Der Appell als pdf-Datei zum Ausdrucken und unterschreiben . Siehe dazu:
- arbeitszeitappell.de: Arbeitszeitverkürzung jetzt!
Die Homepage mit der Möglichkeit den Appell online einzusehen und zu unterzeichnen. Weiterhin findet man hier die Liste der bisherigen UnterstützerInnen und demnächst auch weiteres Material.
- Alte Forderung neu aufgelegt: Ver.di-Linke wollen neue Debatte über Umverteilung und Arbeitszeitverkürzung
„Jobabbau, längere Arbeitszeiten, gesundheitliche Belastung am Arbeitsplatz. Bisher scheint die Finanzkrise diese Entwicklungen der vergangenen Jahre zu verstärken. Ein Arbeitszeitappell von Gewerkschaftslinken in ver.di ruft jetzt zum radikalen Wandel…“ Artikel von Haidy Damm im Neues Deutschland vom 06.02.2009
- Gegen den Trend
Linke ver.di-Aktivisten wollen neue Debatte über Arbeitszeitverkürzung anstoßen. Öffentlicher Dienst in den vergangenen Jahren Vorreiter bei Verlängerung. Artikel von Herbert Wulff in der jungen Welt vom 31.01.2009
Der Kampf um die Zeit: Stephan Krull plädiert für einen neuen Anlauf zur Arbeitszeitverkürzung und stellt eine Initiative von attac vor
"Zeit ist das mit Abstand am häufigsten gebrauchte Substantiv der deutschen Sprache, Ausdruck der Dynamik, mit der Zeitthemen für uns existenziell wichtig geworden sind. Im Titel dieses Aufsatzes fehlen die Begriffe Arbeit und Arbeitszeit, denn der Kampf wird um alle verfügbare Zeit geführt. Die Menschen, die nicht von ihrem Reichtum, vom angehäuften Kapital leben können, sind gezwungen, immer mehr von ihrer Lebenszeit für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen aufzuwenden. Dafür stehen die Verlängerung täglicher, wöchentlicher, jährlicher Arbeitszeiten ebenso wie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch Verkürzung der Schulzeit und Verschiebung des Renteneintrittsalters auf vorläufig 67 Jahre. Dafür hat die Menschheit Jahrhunderte gekämpft, das Rad erfunden, die Dampfmaschine, elektrische Energie und vieles mehr: Die Arbeit sollte leichter werden. Seit einigen Jahren erleben wir, dass immer mehr Menschen an zuviel Arbeit und bei der Arbeit verzweifeln, immer mehr Menschen werden krank durch die Arbeit; viele andere verzweifeln daran, keine (Erwerbs-)Arbeit zu haben, »nicht gebraucht« zu werden, »überflüssig« zu sein. Nie waren wir in der Lage, mit den Ressourcen der Natur und technisch-wissenschaftlichen Innovationen einerseits und mit so wenigen Menschen andererseits so viele Güter herzustellen. Vor diesem Hintergrund vollzieht sich bei dem Verbrauch von Zeit für Erwerbsarbeit ein Rückschritt in die Anfänge der industriellen Produktion und des Kapitalismus. Es geht den Herrschenden um mehr Verfügung über die Menschen, über unsere Zeit, über unser Leben!.." Artikel von Stephan Krull, erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10/08
30 Stunden sind genug!
"Weniger Stress, weniger gesundheitliche und psychische Belastungen, mehr Zeit für PartnerIn, Kinder und Freundschaften, für gesellschaftliche, politische, kulturelle und sportliche Betätigung sind ohne Arbeitszeitverkürzung unmöglich. In einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW, Juni 2008) wünscht sich die Mehrheit der befragten 30.000 Personen eine deutliche Arbeitszeitverkürzung auf 34,5 Stunden. 2003 hatte eine Befragung ergeben, dass Eltern sich im Schnitt 31,4 Stunden wünschen. Kürzere Arbeitszeiten sind Voraussetzung für menschliche Selbstentfaltung und emanzipative Partnerschaftsverhältnisse." Flugblatt von und bei KLARtext
"Arbeitszeitverkürzung - nur eine Erinnerung aus der Vergangenheit oder brauchen wir eine gesetzliche Höchstarbeitszeit?"
Thesen von Klaus Pickshaus (Gewerkschaftssekretär, IG Metall) zum gleichnamigen Forum auf der 11. gewerkschaftspolitischen Konferenz von Linkspartei und WASG
Der Kampf um die Arbeitszeit
Das Land mit der ersten 35-Stundenwoche ist mittlerweile, zumindest innerhalb Europas, das Land mit den längsten effektiven Arbeitszeiten. Und während die Lebensarbeitszeit gerade bis zum 67. Jahr verlängert wurde, werden schon die ersten Rufe nach einer 50-Stundenwoche laut. Der letzte Versuch, eine Arbeitszeitverkürzung, nämlich die Angleichung der Ost-Arbeitszeiten an die 35-Stundenwoche im Westen der BRD, zu erstreiken, endete für die IG Metall und ihre Mitglieder mit einem Fiasko und ließ die Rede von der »gespaltenen« Organisation zirkulieren. Aktuell gibt es keine Gewerkschaft in der BRD, die sich die Arbeitszeitverkürzung auch nur als Thema vornehmen würde. Und dabei ist, so der Slogan einer relativ erfolgreichen Kampagne der IGM bei IBM »meine Zeit mein Leben«. Umso wichtiger, sich im Rückblick auf die Auseinandersetzung 2006 im Öffentlichen Dienst zu vergegenwärtigen, wie dort in einer vergleichsweise noch defensiveren Situation, mit weit weniger organisierten Mitgliedern der Kampf gegen die Verlängerung von 38,5 auf 40-42 Stunden geführt wurde. Wir dokumentieren aus der sehr empfehlenswerten Broschüre des ver.di-Bezirks Stuttgart ein Fazit von Thomas Böhm, Vorsitzender des ver.di-Bezirks Stuttgart. Der Beitrag lässt sich auch daraufhin lesen, wie unpopuläre Arbeitszeitfragen gegen die Zeitläufe gewendet werden können. Artikel von Thomas Böhm, erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 3-4/2007
30 Stunden-Woche - eine Utopie ?
Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung ist momentan nicht das populärste Anliegen der Gewerkschaft. Warum sie dennoch eine Auseinandersetzung wert ist, erklärt Jörg Wiedemuth. Artikel von Jorg Wiedemuth auf der Sonderseite ver.di Perspektiven
Aktuelles Zitat zum Thema
"Wo Kurt Beck regiert
Jetzt ist es amtlich: Im Osten wird länger gearbeitet als im Westen. Am längsten arbeiten Beschäftigte in Brandenburg. Am kürzesten in Rheinland-Pfalz. Denn die brauchen morgens besonders lange zum Waschen und Rasieren ..."
Zitat von FBK, entnommen aus http://www.eulenspiegel-zeitschrift.de/
Weniger arbeiten!
„In dem folgenden Beitrag werden gesellschaftliche
bzw. arbeits- und sozialpolitische Rahmenbedingungen für eine
wirksame Arbeitszeitverkürzung diskutiert. Er ist von meiner
Überzeugung getragen, dass ohne eine kritische Reflexion des
Arbeitsbegriffes und der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse
keine theoretisch fundierten und gesellschaftstransformatorischen
bzw. individuell emanzipatorischen Strategien der Arbeitszeitverkürzung
möglich sind….“ Artikel
von Ronald Blaschke
Der Beitrag ist erschinenen in: Ronald Blaschke, Jürgen Leibiger:
Arbeitszeitverkürzung. Begründungen, Probleme, Lösungsansätze.
Texte zur politischen Bildung, Heft 32, der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Sachsen. Leipzig 2004 (ISBN 3-89819-189-3) Bestellung (6, 50 €)
über Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, Harkortstr. 10, 04107
Leipzig, Tel. 0341 – 960 85 31 oder
online
Anmerkungen zu den aktuellen Arbeitskämpfen
„… Stellt endlich die Arbeitszeitverkürzung
bei vollem Lohnausgleich in den Mittelpunkt der Arbeitskämpfe!
Zeigt Solidarität mit den Ausgegrenzten! 6 Arbeitsstunden am
Tag und 30 Arbeitsstunden pro Woche sind genug!...“ Anmerkungen
von Udo Paulus vom 31.01.2004
Konzerne wollen Jobabbau bremsen. Weniger
Geld für weniger Arbeit - Verdi spricht von "Zumutung"
"Deutsche Großunternehmen greifen zu ungewöhnlichen
Maßnahmen, um Kosten zu senken und den Stellenabbau zu begrenzen.
Die Deutsche Telekom will für ihre 100 000 Beschäftigten
im Inland eine Arbeitszeitverkürzung von zehn Prozent ohne
Lohnausgleich durchsetzen. Opel plant nach Angaben aus Unternehmenskreisen,
im Stammwerk Rüsselsheim die 30-Stunden-Woche einzuführen.
Die Reaktionen der Arbeitnehmerseite sind gespalten...." Artikel
in Handelsblatt vom 29. Oktober 2003
Arbeitszeitverkürzung statt Hartz!
- Viele der Proteste
gegen Hartz beinhalten erfreulicherweise Forderungen nach
gesetzlicher und tariflicher Verkürzung der (faktischen)
Arbeitszeit
- Antrag zur
Arbeitszeitverkürzung an den Gewerkschaftstag an die Bezirkskonferenz
des FB 8 von ver.di - Westliches Westfalen vom 21.9.2002.
Dieser Antrag wurde von der Bezirkskonferenz ver.di Dortmund am
9.11. bei wenigen Gegenstimmen angenommen
- Zu Arbeitszeitverkürzung und IG Metall siehe Diskussion:
Gewerkschaftsstrategien / Tarifrunde 2003 der IG Metall
40 Stunden als wöchentliche Höchstarbeitszeit
sind genug
"Argument
des Tages" von Harald Werner vom 16.3.01 zum Vorschlag von DGB-Chef
Schulte zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden
Helden der Arbeit wider Willen - In den USA
wollen die Arbeitnehmer mehr Zeit zum Leben
"DIE gespannte Arbeitsmarktlage und die neuen Technologien
haben zur Folge, dass die Arbeit auch in Lebensbereiche vordringt,
die bislang von den Zwängen der abhängigen Erwerbstätigkeit verschont
blieben. In den Vereinigten Staaten ist das Eindringen der Arbeit
in die Privatsphäre bereits so weit fortgeschritten, dass sich große
US-amerikanische Finanzzeitungen mit den medizinischen Folgen des
beruflich bedingten Stresses beschäftigen. Man hätte geglaubt, die
amerikanischen Arbeitnehmer seien derzeit so gefragt, dass sie den
Arbeitgebern ihre Bedingungen diktieren könnten. Doch nicht nur
die in den USA übliche Repression gegenüber gewerkschaftlichen Aktivitäten,
auch die Lebenssituation selber steht einer solchen Entwicklung
im Wege."
Artikel von Mark Hunter, amerikanischer Wirtschaftsjournalist
in der Le Monde Diplomatique vom 17.12.99).
Ein Modell, das keines war? Bilanz
und Perspektiven der Arbeitszeitverkürzung am Beispiel VW
Am 15. Dezember 1993 war zwischen dem Management der
Volkswagen AG und der Bezirksleitung der IG Metall eine Betriebsvereinbarung
abgeschlossen worden, die als VW-Modell" bekannt wurde. Sie hat
hohe Wellen geschlagen. Bekannt wurde über die nationalen Grenzen
hinweg vor allem die Tatsache, daß entgegen der dominierenden Arbeitgeberstrategie
- die Arbeitszeit muß verlängert werden - eine drastische Verkürzung
der Arbeitszeit auf 28,8 Stunden in der Woche vereinbart wurde.
Dieser Vorstoß war Anlaß zu neuer Hoffnung, gerade auf dem linken
Flügel der Gewerkschaften. Artikel von Jochen Gester |