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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, der letzte internationale Freitagsnewsletter 2010 von LabourNet Germany: Nach mehreren Wochen, während derer es vor allem um das Ende europäischer Sozialstaatlichkeit durch die Eurokrise ging und die daraus enstandene Veränderung europäischer Demokratie zur Kenntlichkeit des Gewaltmonopols, haben wir einiges nachzuholen für diejenigen unserer LeserInnen, die sich aus guten Gründen für andere Gegenden dieser Welt interessieren. Neu im LabourNet Germany am Freitag, 17. Dezember 2010: I.Internationales / USA / Arbeits- und Lebensbedingungen Gefangenenprotest ist Bürgerprotest... Seit mehreren Tagen organisieren die Gefangenen in mehreren Gefängnissen des Bundesstaates Georgia einen Proteststreik. Eine Aktion, die aus verschiedenen Gründen von Bedeutung ist. Generell, weil der US Strafvollzug eben alles andere ist, als der Alltag von Bürgern in (Gefängnis)Uniform, und insbesondere aus drei Gründen: Einmal ist es eine Widerstandsaktion, die Gefangene aus verschiedenen Communities zusammenbringt, Latinos, Afroamerikaner und Weisse, Christen und Moslems; zweitens, weil die Verhältnisse in Georgia besonders herbe sind, nicht zuletzt aufgrund der fortgeschrittenen Privatsierung. Jeder weiss, dass Familienkontakte für Gefangene ausgesprochen wichtig sind: In Georgia werden beispielsweise Telefonate über eine private Telefongesellschaft gemacht, die für 15 Minuten im Monat 55 Dollar kassiert. Drittens schliesslich haben die Gefangenen ein Forderungsprogramm aufgestellt, dass neben solchen Dingen wie normale Bezahlung für Knastarbeit auch eine Art Katalog von Bürgerrechten ist. Weswegen sie auch die Unterstützung einer Koalition zahlreicher Organisationen erhalten. Der kurze Bericht "USA: Gefangenenstreik für Menschenrechte" Siehe dazu auch: a) Der aktuelle Bericht "GA Prison Inmate Strike Enters New Phase, Prisoners Demand Human Rights, Education, Wages For Work" b) Das Interview "Georgia Prison Strike" c) "Inmates in Six Georgia Prisons on Strike for Third Work Day" II.Internationales / USA / Gewerkschaften Frauen gegen Walmart 2001 beschloss Betty Dukes gegen Walmart zu klagen: Wegen diskriminierung von Frauen, sowohl bei der Bezahlung als auch bei beruflichen Aufstiegschancen. Das Unternehmen mit den meisten Beschäftigten der Welt handelt offensichtlich konsequent diskriminierend: Denn während Dukes dachte, sie müsste alleine gegen die Macht des Unternehmens vorgehen, haben sich seitdem bereits 9.500 Frauen quer durch die USA ihrer Klage angeschlossen. Jetzt hat der Oberste Gerichtshof der USA die offizielle Anhörung begonnen - im Juni 2011 wird ein Urteil erwartet, berichtet in "WOMEN v. WALMART" III.Internationales / Honduras Wenn eine Botschaft einen Putsch analysiert... Illegal war der Vorgang schon, meint die US Botschaft in Tegucigalpa im Juli 2009, knapp einen Monat nach dem Putsch der Armee gegen Präsident Zelaya. Was die weitere Politik der USA nicht nur nicht weiter gestört hat, sondern Antrieb war für die Suche nach Schritten, der neuen Regierung zumindest einen Anschein von Legalität zu geben. "Honduras: Documento revela participación de los EEUU en el golpe de estado contra Zelaya y su gobierno legitimo y ratifica la ilegalidad del mismo" Siehe dazu auch: "US-Botschaft wollte Zelaya isolieren" Sowie: "Protest in der hondurenische Botschaft" Und: "Konflikt und Widerstand in Honduras" IV.Internationales / Haiti Wahlen in Zeiten der Cholera Nach dem Erdbeben der Hurrikan, dann die Cholera. Das Leben auf Haiti ist sehr hart. Und die internationale Hilfe hat es noch härter gemacht. Die Wahlen sollten es bessern, einen neuen Anfang setzen - haben sie nicht. Wie auch, wenn die wichtigste Partei des Landes nicht teilnehmen darf und deswegen viele sich zu recht verweigern. Wie auch, wenn sie von jenen organisiert werden, die schon die sogenannte Hilfe per Armee organisiert hatten, die die Slums - Hauptkatastrophengebiet des Erdbebens und deswegen sind die Todesopfer Ergebnis sozialer Ausgrenzung - rigide unter Patrouille stellen und oft genug schiessen. Der Artikel "Haiti's Sham Elections: Solidifying Imperial Control" Siehe dazu auch: "Burning Tires in the Time of Cholera" Sowie: "Auf Wahlen in Haiti folgen Proteste" V.Internationales / Argentinien Ende eines Modells? Die Einbeziehung und beabsichtigte Neutralisierung sozialer Bewegungen ist einer der Grundpfeiler des "Kirchnerismus". Der wird jetzt durch die Ereignisse um die tödliche Beendigung von Hausbesetzungen in Frage gestellt - nicht durch die Regierung selbst, sondern die konservative Opposition, aber auch durch die (Nicht) Reaktion der Regierung darauf. a) Der Artikel "Reacomodamientos políticos e interrogantes" b) In dem Beitrag "Buenos Aires es Indoamerica" VI.Internationales / Chile / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Keine Angst mehr, zu kämpfen Ein ausführliches Interview mit Cristian Arancibia, Vorsitzender der Federación Minera de Chile über die Vereinigung der Betriebsgewerkschaften im privaten Kupferbergbau und insbesondere über den Streik der Belegschaft der drittgrößten privaten Zeche Collahuasi. Dass die Arbeiter die Angst zu kämpfen verloren hätten, sei die Voraussetzung für eine Einheit auch mit den Beschäftigten der staatlichen Kupferminen. Und zur Frage der Gemeinsamkeiten geht es um zwei Bereiche: Konkret um die Organisierung der Subunternehmen in beiden Zweigen - und strategisch um die Wiederverstaatlichung der privatisierten Minen. Arancibia begründet dies knapp: Die staatliche Codelco stehe für 28% der Kupferförderung Chiles - aber für über 80% der Steuereinnahmen aus dem Sektor, sagt er in "La pérdida del miedo, la unidad de los trabajadores y la renacionalización del cobre" VII.Internationales / Brasilien Olympiade und WM: Krieg in Rio, Vertreibung im ganzen Land Seit dem Bulldozerkrieg gegen Slums in Mexico Stadt 1968 ist es ein Grundmuster der Vorbereitung sportlicher (kommerzieller) Großereignisse zumindestens in Ländern ausserhalb Europas geworden: Wegräumen, saubermachen, Störenfriede vertreiben. Die militärpolizeiliche Großoffensive in Rio machte in Vorbereitung der Olypiade 2016 weltweit Schlagzeilen. Dass in verschiedensten brasilianischen Städten, in denen die Fußball-WM 2014 stattfinden wird, ebenfalls "stadtplanerische" Schritte unternommen werden, damit der Real rollen kann, ist weniger bekannt. a) Das "Manifesto Guerreiro Urbano" b) Da mit Bildern versehen, auch für nicht der Sprache mächtige Menschen zu verstehen: Der Bericht über die martialische Räumung eines besetzten Hauses in der Innenstadt von Rio de Janeiro - ein Haus, das seit 20 Jahren leer stand "Truculência policial em desocupação no Rio de Janeiro" c) In Belo Horizonte (wo die WM bis zum Halbfinale stattfindet) haben sich angesichts eines Säuberungsprogramms, das bisher rund 10.000 Menschen betrifft eine Reihe Gruppierungen und Verbände zusammengetan um ein Widerstandskomitee zu bilden. Sie haben einen Aufruf zur Bildung eines "Comitê popular dos atingidos pela Copa" VIII.Internationales / Australien Demonstrationen für Wikileaks Ist es landsmannschaftlich begründet, dass gerade in Australien mehrere Demonstrationen gegen die Vefolgung von Wikileaks organisiert wurden - oder ist dort der Graben zwischen politischer Linker, sozialen Bewegungen und Netzaktivisten nicht so tief wie hierzulande? Oder: Weil in Deutschland wie üblich, generell und nicht konkret diskutiert wird? Oder haben Positionen, die die Allmacht der USA predigen, und in Wikileaks ein weiteres Konstrukt des CIA oder sonstwem sehen hier mehr Einfluss? Dahingestellt: Der Bericht von
Gary McLennan von der Socialist Alliance über die erste von mehreren Solidaritätsdemonstrationen in Brisbane IX.Internationales / Nigeria Shell, Pfizer und die Generäle: Wikileaks Mal eben ein neues Medikament ausprobieren, das Risiko trugen Kinder. Oder: Mehr Öl im Ozean als vor den Küsten der USA? Einfach weitermachen. Was Shell und Pfizer (und andere) stets abstritten (und sich das manches Mal auch viel Geld kosten liessen) - die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente sprechen nicht nur eine klare Sprache, sie machen auch deutlich, dass die "Politik" diverser Staaten darüber genau Bescheid weiss. So wird es auch in der Zusammenstellung "Was Shell und Pfizer in Nigeria trieben" X.Internationales / DR Kongo Wer bewaffnet welche Gruppen? Einer der mörderischsten Konflikte der Gegenwart sind die transnationalen Auseinandersetzungen im Osten des Kongo, mitten in einem der Bergbaugebiete des Riesenlandes. Was weniger mit irgendwelchen einzelnen Personen zu tun hat und mehr mit politischen und wirtschaftlichen Interessen verschiedener Staaten und Unternehmen - dass dieser nichterklärte Krieg mit all seinen Opfern beispielsweise Mobiltelefone billiger macht, wurde schon mehrfach dokumentiert. Von einem spanischen Standpunkt aus wird diese Gemengelage in dem Beitrag "Qué hay detrás de los grupos armados en la R. D. del Congo" XI.Internationales / Indien / Gurgaon Workers News Hightech und Sweatshops... ...sind zwei zusammengehörige Bestandteile der Suzuki-Produktion. Wie das funktioniert und was das für die jeweils Beschäftigten bedeutet ist eines der Themen in der Ausgabe "Gurgaon Workers News - Newsletter 33" XII.Internationales / Südkorea Gerichte: Nach zwei Jahren im Unternehmen muss Hyundai Beschäftigte von Subunternehmen einstellen Bereits das zweite südkoreanische Gericht hat Hyundai - das sich bisher weigert, der Rechtssprechung zu folgen - dazu verurteilt, Beschäftigte von Subunternehmen, die zwei Jahre im Werk sind, fest anzustellen. Es geht dabei um eine Klage der Metallgewerkschaft KMU im Namen von 1.900 Beschäftigten von Subunternehmen, die zwei Jahre oder länger bei Hyundai arbeiten. Dazu der kurze Bericht "Seoul Court Rules Subcontract Workers Full-time after Two Years" XIII.Internationales / Syrien Eine soziale Bewegung entsteht... Mehrere Hundert Nichtregierungsorganisationen solles inzwischen in Syrien geben - die meisten davon allerdings vom regierungsnahen "Syria Trust" gesponsort und zumeist karitativ, etwa zwei Drittel von allen. Dennoch: Es bewegt sich einiges in einem Land, in dem Bewegung nicht eben das erste Kennzeichen war, schreibt in "L'État syrien à l'épreuve des ONG depuis l'arrivée au pouvoir de Bachar al- Assad" XIV.Internationales / Türkei Kein Freispruch - aber frei! Am 08. Dezember fand in Istanbul der Prozess gegen Dogan Akhanli statt - der bisher mit seiner vorläufigen Freilassung endete, was für Freunde und Weggefährten in der Türkei wie in der BRD Freude und Erleichterung bedeutete. Der "Bericht von einer Solidaritätsreise" XV.Internationales / Polen Mieterstreik in Warschau? Langer Atem... Ungefähr zehntausend Gebäude sollen in Polens Hauptstadt privatisiert werden, etwa 1.000 wurden es schon. Die Proteste vieler Mietparteien aus Anlaß massiver Mieterhöhungen zu Jahresbeginn führten zu einigen Organisationsversuchen. Auf längere Dauer angelegt ist die entsprechende Aktivität der Warschauer anarchosyndikalistischen ZSP über die in dem Beitrag "Warsaw Rent Strike: Community Organizing and Activization in the Context of Social Atomization" XVI.Internationales / Kroatien Ein besonderer Streik Anfang Dezember streikten die etwa 200 Beschäftigten des Möbelunternehmens Mundus Varazdin. Ein Streik, der einige Besonderheiten aufwies: Erstens waren die Gründe für den Streik ein regelrechter Gesamtkatalog betrieblicher Erscheinungen, die in anderen Unternehmen nur je teilweise Wirklichkeit sind wie etwa nicht ausbezahlte Löhne, Kürzungen von Fahrtkostenzuschüssen etc pp. Zweitens war der Streik nach zwei Tagen einigermassen erfolgreich, was Ausbezahlung der Löhne und zuschüsse betraf, drittens wurde nach dem Streik versucht mit offener Repression gegen Streikende vorzugehen und viertens gibt es, eine kroatische Seltenheit, ein Video über den Streik. a) "Struggle in Mundus Varazdin" b) "Mundus Varaždin - the strike is over, but the struggle continues" c) Das Streikvideo "Radnicki bunt u Mundusu" XVII.Internationales / Griechenland / Schuldenkrise Auch an diesem Streiktag: Europas Bankenregierungen reagieren auf Protest mit Polizei Es ist die alte Leier: Protestiert werden darf, selbstverfreilich (wir sind ja nicht in Stuttgart), aber es muss friedlich sein. Sagen mit Vorliebe Regierungen, die beispielsweise Prozente von Mindestlöhnen einkassieren, um (wie sie heute ebenfalls selbst sagen) Investoren und Kreditgebern zu gefallen - als ob dieser Sozialraub gewaltfrei wäre. Beim - je nach Zählweise - siebten oder achten Generalstreiktag dieses Jahres jedenfalls gab es erneut heftigste Auseinandersetzungen, und - englische Verhältnisse machen sich breit - ein Exminister bekam auch etwas ab. a) "Anlaß des neuen Generalstreiks sowie der Anfang der Woche in mehreren Branchen begonnenen längerfristigen Streiks ist ein am Dienstag im Parlament mit den Stimmen der regierenden PASOK verabschiedetes Bündel von Maßnahmen, mit denen erneut die Lohnabhängigen des Landes zur Kasse gebeten werden. Während die Kapitaleigner darin mit einer Senkung des Steuersatzes auf im Unternehmen verbleibende Gewinne von 24 auf 20 Prozent bedacht werden, wird die ermäßigte Mehrwertsteuer bereits zum dritten Mal auf nunmehr 13 Prozent angehoben. Alle Angestellten mit mehr als 1800 Euro Bruttoverdienst im Monat bei den teilstaatlichen Unternehmen öffentlichen Interesses (DEKO), zu deren wichtigsten die Strom- und Wasserwerke, der öffentliche Nah- und Fernverkehr sowie die Telekommunikationsunternehmen zählen, sollen auf weitere zehn Prozent ihrer Gehälter verzichten. »Herzstück« der Gesetze ist eine Aushebelung des Tarifrechts. In Zukunft haben Unternehmer die Möglichkeit, Unternehmenstarife unterhalb der gültigen Branchentarife abzuschließen" - das ist aus "Wieder im Generalstreik" b) "Photos and videos from the General Strike, Athens" c) In "The fire this time." d)
"Ehe das grundlegende Dilemma der griechischen Staatseinnahmen beschrieben wird, soll hier die neueste Etappe in der Diskussion um die "Streckung" der Tilgungsfristen für die von Athen beanspruchten Kredite aus dem Stützungsprogramm von IWF und EFSF (dem Hilfsfonds der Euro-Partner) nachgezeichnet werden. Das ist schon deshalb geboten, weil alle denkbaren Strategien für eine mittelfristige Sanierung der öffentlichen Finanzen zum Scheitern verurteilt sind, wenn Griechenland seine Schulden ab Anfang 2013 zu den Bedingungen abzahlen muss, die im "Memorandum" vom Mai 2010 von der Troika festgelegt wurden" - aus "Griechenland: Alternative zum Totsparen: Die Reichen müssen bluten. (IV)" e) "Molotow-Cocktails, Randale und die Hatz auf Parlamentarier" f) Einen Überblick über die Aktionen im ganzen Land wird in dem Bericht "We've got the rage! Nationwide report from the general strike in Greece, December 15th 2010" XVIII.Internationales / Italien Generation Protest: "Heute die Kapitale. Morgen das Kapital!" An einer der besetzten Universitäten war der Spruch von der protestierenderweise belagerten Hauptstadt hin zum Kern der Sache zu lesen. Und während der sehr ehrenwerte Signore Berlusconi gut eingekauft hat, protestiert eine ganze Generation gegen die Bildungspolitik (die andere auch machen würden). Ach ja: Die besetzte Uni von dem Titel war die in Bologna - ein Bologna, das wesentlich sympathischer erscheint als das der diversen Bildungsminister..."The battle of Rome" XIX.Internationales / Spanien So toll ist Europa 2010... "Die Wirtschafts- und Finanzkrise ist längst in der Lebenswirklichkeit der spanischen Bevölkerung angekommen" - so beginnt die Reportage "Leben auf Sparflamme" Und: Dass die Haltung der beiden grössten Gewerkschaftsverbände gegenüber dem Bankenrettungsprogramm Zapateros auch in den eigenen Reihen nicht unumstritten ist, zeigt der Bericht über das Kommuniqué der Föderation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in der UGT Valencia, ein Dokument, in dem Zapateros Rücktritt gefordert wird: "UGT-Valencia en el sector público pide la dimisión de Zapatero" ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |