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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 18. März 2011: I.Internationales / Japan Der Schutzmantel der Atom-Mafia Nicht nur Reaktoren haben Schutzmäntel, die betreibende Atommafia auch: Die Regierung beispielsweise ist ein wesentlicher Bestandteil deselben. Die Verlautbarungen der Regierung und der TEPCO (Tokyo Electric Power Company) sind kontinuierlich identisch und mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass die japanischen Städte unter anderem deswegen so große Probleme haben, Mindestüberlebensbedingungen zu garantieren, weil sie durch die neoliberale Finanzpolitik ausgeblutet sind. Dass die Armee nun die Kontrolle über den ganzen Osten Japans übernommen hat, hat bisher eindeutig keine Verbesserung gebracht. Die Erklärung der autonomen Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba nimmt diese Tatsachen ins Visier und ruft dazu auf, selbstorganisiert den Folgen der Katastrophe zu widerstehen. In "Let's Organize Relief Activities for the Affected Area by Workers' Unity and Solidarity! Stop all nuclear plants immediately!" vom 14. März 2011 unterstreichen die Eisenbahner, dass die Menschen Japans keine Notstandsübungen brauchen, sondern Versorgung mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und Wärme. Siehe dazu auch: Zusammen mit dem National Coordinating Center of Labor Unions (NCCLU) hat Doro Chiba das People's Earthquake Relief Center gebildet, wie aus der Mitteilung vom 16. März 2011 hervorgeht. Darin sind auch alle Kontakte für Solidaritätsaktionen. II.Internationales / Bahrein Des Königs Blutbad Es wird geschossen in Manama - und anderswo. Der Dialog, den die diversen "königlichen" herrschenden Familien am Golf anbieten, sein Charakter wird in Bahrein deutlich: Die einen reden und haben Waffen, die anderen reden. Schiessen statt reden "In Bahrain spitzt sich die politische Krise nach dem Einmarsch von rund 1500 Soldaten und Polizisten aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter zu. Bei Zusammenstößen zwischen oppositionellen Demonstranten und Sicherheitskräften wurde in der Hauptstadt Manama ein Soldat erschossen. Der iranische Fernsehsender Press TV zeigte Aufnahmen saudischer Militärs, die offenbar bei ihrem Vormarsch ins Landesinnere die Ortschaft Boori stürmten und dabei mehrere Menschen töteten. König Hamad bin Issa Al-Chalifa verhängte für drei Monate das Kriegsrecht. »Die Atmosphäre in der Innenstadt von Manama ist gespenstisch«, sagte ein Augenzeuge. Die meisten Menschen gingen nicht zur Arbeit und schickten ihre Kinder nicht zur Schule" - so beginnt die Meldung "Kriegsrecht und Tote in Bahrain" vom 16. März 2011 in der jungen welt. Saudische Truppen schiessen auch in Bahrein "Der Einmarsch von Soldaten des Golf-Kooperationsrates in Bahrain fand weitgehend unter Ausschluß der internationalen Öffentlichkeit statt. Zum einen hat die japanische Katastrophe die mediale Aufmerksamkeit so sehr auf sich gezogen, daß selbst die aktuellen Geschehnisse in der arabischen Welt als Randerscheinungen wahrgenommen werden. Zum anderen hat das westliche Medienkartell ohnedies kein großes Interesse daran, die ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Königreichs groß zu thematisieren" - aus "Golf-Reaktionäre: Die fast übersehene Militärintervention" von Werner Pirker am 16. März 2011 in der jungen welt. Und finden Opfer "Einen Tag nach Ausrufung des Ausnahmezustands in Bahrain sind Soldaten und Sicherheitskräfte am Mittwoch gewaltsam gegen Hunderte Regierungsgegner vorgegangen. Nach Angaben von Oppositionellen kamen bei der Aktion mehrere Menschen ums Leben" - aus der Meldung "Tote bei Vorgehen gegen Demonstranten in Bahrain - Polizisten und Militäreinheiten rücken auf den besetzten Perlenplatz vor" in der NZZ vom 16. März 2011. ...wie auch die Truppen anderer reaktionärer Vereine "König Hamed hat den Ausnahmezustand erklärt. Bei Auseinandersetzungen mit Demonstranten soll angeblich ein saudi-arabischer Soldat getötet worden sein Im Schatten der Katastrophe in Japan zeigt das bahrainische Königshaus im Verbund mit saudisch-arabischen Truppen und Soldaten aus den Vereinigten Emiraten wie man mit Oppositionellen nach alter patriachal-autoritärer Manier umgeht und ihnen die "Blütenträume" austreibt" schreibt in "Die Befreiung Bahrains durch saudi-arabische Soldaten" Thomas Pany am 15. März 2011 in telepolis. Und keineswegs nur in Manama Dass die Repression quer durchs Land geht wird in dem Beitrag "Bahrain: Bloody Crackdowns on Villages" am 16. März 2011 bei globalvoices deutlich, der die Menschenjagd in der Provinz zum Thema hat. Der Anlaß für die Kehrtwende vom "Dialog" zum Kommando Die Erklärung der "Coalition for a Republic" vom 07. März 2011 war es, die dem Regime zu weit ging - schliesslich forderten darin die vielfältigen vertretenen Kräfte (und keineswegs nur "Schiiten" wie insbesondere deutsche Medienpropaganda nahelegen will) das Ende der Monarchie: "For the Establishment of a Democratic Republic in Bahrain" ist der Titel dieser Erklärung. Gewerkschaften werden verfolgt Aber es sind nun keineswegs nur die Republikaner, auf die geschossen wird: Auch die Gewerkschaften im GFBTU, die sich für eine parlamentarische Monarchie ausgesprochen haben, befinden sich im Visier der Reaktion. Zur Position der Gewerkschaften "We want real democracy that will benefit the whole population" ein Interview beim ITUC vom 08. März 2011 mit Salman Jaffar Al Mahfoodh von der General Federation of Bahraini Trade Unions. III.Internationales / Saudi-Arabien Flugverbotszone für die Saudsippe? Wären die Saudriegen nicht im Zentrum der Ölwirtschaft angesiedelt, hätten sich schon längst offizielle Stimmen gemeldet, die deren Terror verurteilt hätten - und auch Maßnahmen der "internationalen Gemeinschaft" würden lautstark angefordert. Die Dinge liegen aber anders und deswegen kann die Sippe, die sich Könige nennen, mit blanker Repression gegen wachsende Proteste vorgehen - für das diktatorische Regime eine regelrechte Vielzahl von Protesten. In dem Bericht "Qatif, Saudia Arabia: Saudi Police Open Fire on Peaceful Protestors, wound 3" vom 10. März 2011 bei revolutionary frontlines wird auch darauf eingegangen, dass die erste Reaktion Zugeständnisse waren... IV.Internationales / Jemen Kein Gaddafi... ...sei Jemens Präsident Saleh sagte ein "Experte" jüngst im Fernsehen. Obwohl die Zahl seiner Todesopfer täglich steigt. In dem gestrigen Bericht "Dozens injured in renewed Yemen protests" vom 17. März 2011 bei Al Jazeera wird zwar nur, wie der Titel sagt, von fünf Verletzten an diesem Donnerstag berichtet, am Tage zuvor waren es 120 Verletzte, aber davor gab es mehrere tage mit Todesopfern des ach so beliebten Kämpfers gegen Al Qaida... V.Internationales / Syrien Kein weisser Fleck Kein weisser Fleck mehr auf der nunmehr totalen arabischen Protestlandkarte ist Syrien. Nur wenige DemonstrantInnen nahmen am Protest teil, der am 15. März 2011 in Damaskus stattfand - aber es war der erste öffentliche Protest seit langem, und das Regime antwortete mit Polizei, wird in dem kurzen Bericht "Protesters stage rare demo in Syria" am selben Tag bei Al Jazeera festgehalten. VI.Internationales / Algerien Proteste ohne Ende... ...gibt es in Algerien seit Monaten - viele, sehr viele, aber eben an verschiedensten Orten von unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Und: Wenig Tendenz zum Zusammenkommen. Die Gründe sind zahlreich - und sie haben keineswegs damit zu tun, dass es nicht genügend Gründe für heftigen Wunsch nach Veränderung gäbe. Einen Versuch, diese Gründe zu analysieren - die ja auch dazu führen, dass kaum jemand ausserhalb des Landes die massive Repression wahrnimmt - wird in dem Beitrag "Algeria's Rebellion by Installments" von Azzedine Layachi am 12. März 2011 bei merip unternommen. VII.Internationales / Jordanien Reformkönig? Schon etwas älter, aber als Hintergrundinformation zu den jüngsten Entwicklungen in Jordanien brauchbar ist der Beitrag "Jordan's Balancing Act" von Nicolas Pelham vom 22. Februar 2011 bei merip. Er weist daraufhin, dass es zwar bisher eine ganze Reihe Versprechungen und Diskussionsbereitschaft gegeben habe - aber eben alles Versprechung geblieben sei. Allerdings: Beim letzten generellen Aufstand gegen arabische Könige gab es einen, der genau mit dieser Taktik Erfolg gehabt habe: Der Vater des heutigen jordanischen Königs... XIII.Internationales / Mauretanien Jugendprotest. Polizeigewalt. Wie auch in anderen afrikanischen Ländern, die nicht am Mittelmeer liegen, gibt es auch in Mauretanien soziale Proteste, die gewisse Paralellen zeigen: Etwa relativ gut ausgebildete Jugenliche, die einst glaubten, sie würden dadurch einen vernünftigen Arbeitsplatz bekommen. Hunderte Jugendliche protestierten in einer Kundgebung in der Hauptstadt Nouakchott gegen "soziale Exklusion": Die Regierung handelte so, wie man es nicht nur von sämtlichen Seiten des Mittelmeers kennt - mit Polizeibrutalität auflösen, wird in dem Bericht "Mauritanie : affrontements entre forces de l'ordre et jeunes manifestants" vom 09. März 2011 bei afriscoop ausgeführt. IX.Internationales / Libyen Gaddafi, die USA und Europa Während Gaddafis Truppen marschieren, um den Osten des Landes niederzuschlagen, fordern USA und EU seinen Abgang (was sie bei besseren, genau so blutigen Freunden wie der berüchtigten Familie Saud, nicht tun) und es mehren sich auf der Linken Stimmen, die an Gaddafi irgendetwas antiimperialistisches sehen...Was schon in anderen Fällen die einstige Voraussetzung liquidierte, Antiimperialismus müsse einen sozialen Inhalt jenseits von Deklarationen haben, wird im Falle des Frontex-Vollziehers vollends "seltsam". So wird in dem Beitrag "Libya and the World Left" von Immanuel Wallerstein vom 17. März 2011 bei commondreams argumentiert. Siehe dazu auch: "Libya and the London School of Economics: When civil-societyism fronts for barbarism" von Patrick Bond am 15. März 2011 bei der australischen Links, worin die Beziehungen libyscher Eliten zum europäischen Bürgertum behandelt werden... Sowie: "Quand Kadhafi était un ami : Cet or noir dans le viseur de Hillary" von Manlio Dinucci beim frankokanadischen Mondialisation, eine Übersetzung aus il manifesto vom 13. März 2011, worin die Veränderungen der Beziehungen zu Libyen in den letzten 10 Jahren Schwerpunkt sind. X.Internationales / Ägypten Und nun, wohin? Die Abstimmung über eine neue Verfassung ist terminiert, der Sicherheitsdienst aufgelöst, die Bildung neuer Gewerkschaften schreitet voran. Und obwohl alles, was bisher über den Verfassungsentwurf bekannt ist, darauf hinweist, dass es sich lediglich um eine "Überwindung des Systems Mubarak" handelt und nicht um eine weitergehende gesellschaftliche Veränderung, ändert sich das Leben in Ägypten. Und, auch wenn völlig zurecht alle aktuelle Kritik eben diesem Verfassungsentwurf gilt, gibt es eben doch auch Veränderungen. Was beispielsweise in dem Beitrag "A new era for trade unions" von Jano Charbel am 15. März 2011 bei Al Masry al Youm deutlich wird: Das neue Gewerkschaftsgesetz solle, so der neue Arbeitsminister auf dem Entwurf des (einst: oppositionellen) Gewerkschaftsberatungszentrum CWTUS basieren. Siehe dazu auch: "Viel Aufruhr - für nichts als einen Antrag auf bessere Herrschaft, den das Militär erhört" in Gegenstandpunkt 1/11, worin, wie der Titel besagt, eine gänzlich andere Stellung bezogen wird. Sowie: "Plebiszite und Parasiten" vom 16. März 2011 bei indymedia BRD, eine Übersetzung aus occupiedlondon. XI.Internationales / USA / Arbeitskämpfe Wisconsin: Die Schlacht ist noch nicht geschlagen Nach diversen parlamentarischen Manövern hatte der republikanische Gouverneur von Wisconsin endlich die Mehrheit für sein antigewerkschaftliches Pilotprojekt im öffentlichen Dienst, aber keineswegs die Probleme gelöst, vor denen er dadurch steht: Die grösste Demonstration der Geschichte Wisconsins war die Antwort - und deren Inhalt war klar: Das verabschiedete Gesetz soll ebenso zu Fall gebracht werden, wie die undemokratische Regierung. Dasist der Kern des Berichts "Undaunted! More Than 100,000 Wisconsinites Rally 'To Take Our State Back!'" von John Nichols am 12. März 2011 in The Nation. Siehe dazu auch: "What's Next for Wisconsin?" von Mark Brenner und Jane Slaughter in den Labornotes am 11. März 2011, als Beispiel für eine Einschätzung dieser Entwicklungen und ihrer Perspektiven durch eine wichtige Strömung der Gewerkschaftslinken. XII.Internationales / Portugal Jugendprotest. Ohne Gewerkschaft? Über Facebook wurde organisiert - und sehr, sehr viele kamen, selbst die Polizei zählte über 300.000: Zu einem Protest der Jugend gegen die Regierungspolitik, denn vor allem die jungen Menschen sind es, die unter der Rekordprekarisierung des Landes leiden - nicht umsonst nennen sie sich selbst Generation 500, weil das in etwa ihr Monatsverdienst ist, als "Autonome", wie der besonders zynische Begriff für moderne Arbeitssklaverei in Portugal lautet. Der Bericht "Portugal: Proteste der "prekären Generation" von IK am 15. März 2011 bei indymedia macht dies deutlich. Auch diese zweite große Protestaktion der prekären Jugend verlief, wie schon im Vorjahr, ohne wesentliche Beteiligung der Gewerkschaften, die anscheinend nach wie vor kein Mittel haben oder haben wollen, in den mehrheitlich prekären Strukturen zu organisieren... Siehe dazu auch: "Spontaneous demonstration called on Facebook attracts half a million in Lisbon" von Irish Rambler ebenfalls am 15. März 2011 bei libcom.org. XIII.Internationales / Vietnam Neue Streikwelle? Bereits im Januar und Februar hatte es abermals mehrere, teilweise sehr erfolgreiche Streikaktionen in Vietnam gegeben - nun haben Anfang März die 3.000 Beschäftigten von Yamaha ebenfalls einen Streik für Lohnerhöhung durchgeführt - angesichts einer Teuerungsrate von über 12% sicher kein Luxus. Deswegen und wegen der hohen Beteiligungszahl blieb bisher auch die erwartete Repression aus. Allerdings ist der neueste Bericht "Thousands strike at Vietnam Yamaha plant" der AFP auch bereits vom 08. März 2011. XIV.Internationales / Burma Massenstreik Über 1500 Arbeiterinnen und Arbeiter der Schuhfabrik Taiyi sind in den Streik getreten, um eine lohnerhöhung zu erkämpfen. Was anderswo eventuell alltäglich wäre, ist es in Burma keineswegs: Der Aufmarsch der Repressionskräfte war beeidruckend. Nicht allerdings für die Belegschaft, die die Werkstore belagerte - so entschlossen, dass die Geschäftsleitung ihnen ein Angebot machte, das sie allerdings für viel zu gering erachteten und ihren Streik fortsetzten. Der Bericht "Rangoon workers stage mass strike" vom 11. März 2011 bei der Democratic Voice of Burma schildert genaueres und verweist darauf, dass auch hier gute Beispiele Schule machen: Im Vormonat hatten 700 ArbeiterInnen zweier Textilbetriebe ihre Forderungen erfolgreich per Streik durchgesetzt. XV.Internationales / Chile Nach der Show, der Alltag Drei Monate, so hatte der chilenische Präsident im Fernsehen gesprochen, werde es dauern, bis Chile die Generalinspektion aller Bergwerke vorgenommen und verbessert habe, dann werde das Land auch die entsprechende ILO-Konvention unterzeichnen. Das war damals - als weltweit Medien mit "Wunder"Schlagzeilen Geld verdienten. Am 12. März 2011 veröffentlichte nun Hazards, Fachmagazin für Arbeitsgesundheit und Arbeitssicherheit die Meldung "Chile: Unions demand mine safety action" in der darauf verwiesen wird, dass nach nunmehr fünf Monaten nichts passiert sei. Denn ehrenwerten Herrn Pinera mag sein Geschwätz von gestern nicht mehr kümmern, die internationalen Gewerkschaftsverbände pochen auf die Versprechungen - die entsprechenden Stellungnahmen bzw Aufrufe werden bei Hazards dokumentiert. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |