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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 27. Mai 2011: I. Internationales / Spanien Was eigentlich ist Demokratie? Das vornehmste demokratische Recht sei es, so die über die Beteiligung an der Bremer Landtagswahl enttäuschten Wahlforscher, sich für eine der für das Parlament kandidierenden Parteien zu entscheiden. Traurig genug - und in Spanien (beispielsweise) wächst die Zahl der Menschen, die eben dies weder glauben, noch praktizieren wollen. Die Wahlschlappe der PSOE beeindruckt sie wenig - zu sehr war das politische Profil dieser Partei dem neoliberalen Mainstream angeglichen. Auch die massive Polizeirepression hält sie nicht von der Fortführung der Proteste ab, auch der Knüppel (technologisch längst überholt) bleut die Wahlpflicht nicht mehr ein. a) "Die Besetzer_innen der Plaza Puerta del Sol, Madrid" ist ein Video bei labournet.tv vom 21. Mai 2011 (mit deutschen Untertiteln) in dem die politischen Vorstellungen der AktivistInnen deutlicher werden. b) Der Beitrag "Impressionen aus der "Spanischen Revolution"" von reisechaot am 23. Mai 2011 bei indymedia gibt dazu subjektive Eindrücke und Positionen wieder. c) Auch im Süden Camps: "Die spanische Protestbewegung unter dem Motto »Wahre Demokratie jetzt!« wird auch im Süden des Landes immer stärker. Bereits am Mittwoch vergangener Woche hatten sich spontan rund 1000 Personen auf dem Platz der Encarnación in Sevilla versammelt. Etwa 200 Demonstranten errichteten im Anschluß ein Protescamp, um auf dem Platz zu übernachten. Inzwischen hat sich die Zahl der Teilnehmer sowohl der Versammlungen als auch des Protestcamps mehr als verdreifacht" - aus dem Artikel "Protestcamp in Sevilla" von Lena Töpler, Emilio Sánchez in der jungen welt vom 25. Mai 2011. d) "Spanische Krankheit" von Raoul Rigault am 26. Mai 2011 in der jungen welt ist ein Hintergrundbericht zur Lage der spanischen Wirtschaft, in dem es zu den sozialen Auswirkungen unter anderem heisst: "Die spontane Bewegung der vor allem jugendlichen »Indignados« (Empörten), die seit dem 15. Mai zu Zehntausenden in diversen Städten zentrale Plätze besetzt halten, teilt diesen künstlichen Optimismus nicht. Fast fünf Millionen Menschen sind erwerbslos. Zwei Millionen Jobs wurden im Zuge der Krise vernichtet. Die Arbeitslosenquote stieg binnen dreier Jahre von 8,3 auf aktuell 21,3 Prozent. Bei den unter 25jährigen ist sie gar doppelt so hoch". e) "El SAT exige respeto a los derechos y libertades y el fin del 'estado policial'" vom 25. Mai 2011 ist eine Erklärung der andalusischen Alternativgewerkschaft SAT aus Anlaß der Festnahme von David Benavides - ein Lehrender an der Universität Sevilla - der wegen der Organisation eines Protestes gegen prekäre Arbeitsbedingungen verfolgt wird. Insgesamt stehen in Andalusien 400 AktivistInnen der SAT vor Gericht, die ersten jetzt auch wegen Beteiligung an 15. Mai Camps...Sie sollen halt wählen gehen, statt selbst aktiv zu werden, dann passiert ihnen auch nichts... II. Internationales / Griechenland / Schuldenkrise "Spanisch sprechen" Auch in Griechenland sind in dieser Woche Platzbesetzungen explodiert. "Griechenland geht ab" ist die Übersetzung einer Meldung (von occupiedlondon, wo laufend aktualisiert wird) am 25. Mai 2011 bei indymedia und gibt einen wirklichen knappen ersten Überblick. Nicht nur die Camps, auch die Losung ist spanisch inspiriert: "Sie sollen alle gehen". Alle sind diejenigen, die jetzt alles ausverkaufen... Siehe dazu auch: "Grecia: Miles de personas indignadas ocupan plaza Sintagma protestando contra los recortes" ein Bericht (mit Video) vom 25. Mai 2011 beim spanischen kaosenlared - naheliegenderweise mit Verweisen darauf, dass sich die Bewegung ausbreite... Sowie: "Greek Petro Workers Take Stand in Crisis 'Blame Game'" - ein Bericht vom 23. Mai 2011 bei der ICEM über einen viertägigen Streik von rund 2.400 Arbeitern der griechischen teilstaatlichen Ölraffinerien - in dem deutlich wird, wie die "griechische Krise" sich in den Betrieben abspielt: Kürzungsorgien... Und: Unsere Lieblingsschlagzeile des Tages (auch wenn der Artikel das Versprechen der Überschrift nicht einhält) "Griechen stürmen Banken!" vom 26. Mai 2011 von P. RONZHEIMER und J. W. SCHÄFER - bei Bild.de... Schliesslich: "Um die Milliarden-Hilfen von EU und IWF auch weiterhin ausgezahlt zu bekommen, verschärft Griechenland den Sparkurs. Privatisierungen und der Verkauf von Staatsimmobilien sollen 50 Milliarden Euro in die Staatskassen bringen" - aus "Sparkurs in Griechenland - Hafen zu verkaufen" am 23. Mai 2011 in der Frankfurter Rundschau. III. Internationales / Portugal Die Troika regiert Der Währungsfonds, die EU und die Europäische Zentralbank bestimmen - seit der Niederlage der Socrates-Regierung in der Abstimmung über ihr viertes Sparprogramm innerhalb eines Jahres am 23. März - direkter denn je die Politik in Portugal. Hintergrund und Entwicklung dieser aktuellen Lage Portugals werden in dem Beitrag "Le Portugal, dernière victime en date du modèle néolibéral" von Virginie de Romanet am 09. Mai 2011 bei der Antischuldenkoalition CADTM analysiert. IV. Internationales / Italien / Arbeitskämpfe Gegen Kahlschlag auf den Werften Die staatliche Werft Fincantieri beschäftigt (noch) rund 2.500 Arbeiter. Die Regierung des Unaussprechlichen hat einen weiteren Sparplan aufgelegt, der für die Werftbeschäftigten unter anderem vorsieht, dass sie gezwungen werden, sich bei Einkommensverlusten frühpensionieren zu lassen. Die Schliessung von Werften ist ebenfalls Bestandteil des Plans. Dagegen gab es heftige und spontane Proteste - und auch hier massiven Polizeieinsatz, die zunehmend europaweit übliche Reaktion auf die Wahrnehmung demokratischer Rechte. Ein kurzer Bericht dazu "Clashes in Italian ports over job cuts" am 25. Mai 2011 bei libcom V. Internationales / Tschechien Massenprotest gegen Sparprogramm Die europaweite Volksabstimmung über neoliberale Sparprogramme findet auch in Tschechien statt: 40.000 Menschen waren auf der Straße, um gegen die Pläne der Regierung Necas zu protestieren, wird in dem kurzen Video "Tschechen demonstrieren gegen Sparpläne" am 24. Mai 2011 bei t-online berichtet. VI. Internationales / Polen Proteste in 16 Städten Aus einer Leserzuschrift: "Wie Attac Polen heute Morgen berichtete, sind gestern auch in 16 polnischen Städten Menschen auf die Straße gegangen. Die Proteste wurden von den beiden größten Gewerkschaften des Landes, der konservativen Solidarnosc und der ehemals kommunistischen Staats-Gewerkschaft OPZZ organisiert. Zu den Forderungen gehörte eine Anhebung des Mindestlohns von gegenwärtig 250 Euro/Monat auf 400 Euro/Monat und mehr soziale Unterstützung. Die Beteiligung reichte von bis zu 500 Menschen in kleineren Städten bis hin zu 4.000 Menschen in größeren Städten" - dazu als Beispiel eine Fotostrecke "Demonstracja "Solidarnosci": Koncert zamiast zadymy" am 24. Mai 2011 bei der Gazeta aus Katowice. VII. Internationales / Frankreich / Politik und Wirtschaft a) Weiter wie gehabt oder Risse im Atomstaat? "Nicht alle sind unglücklich über die Katastrophe. Nicolas Sarkozy zum Beispiel fand, dass der mehrfache Atomunfall im japanischen Fukushima dem nationalen Interesse Frankreichs eher zuträglich sei. Am 13. März 11, keine zwei Tage nach Beginn der Reaktorhavarie am Pazifikufer, posaunte sein Berater und Redenschreiber Henri Guaino es im RTL-Interview hinaus: "Das dürfte unsere Atomindustrie eher begünstigen, gegenüber den Industrien anderer Länder, in denen die Sicherheit eher als ein bisschen zweitrangig behandelt wurde."" - so beginnt "Risse im Atomstaat" von Bernard Schmid vom 26. Mai 2011, ein Beitrag in dem die Haltung der Gewerkschaften - und potenzielle Veränderungen - Thema sind. b) Absturz "Die Wirklichkeit sah natürlich anders aus. Vielfach war "DSK" als ordinärer Lobbyist einschlägiger Wirtschaftskreise tätig gewesen. Etwa 1993, als er den Cercle de l'industrie gegründet, einen Lobbyistenclub der französischen Wirtschaft bei den EU-Institutionen in Brüssel. Damals war er Oppositionspolitiker. Als 1997 die französische Sozialdemokratie an die Regierung zurückkam, wurde er Wirtschafts- und Finanzminister. Doch im November 1999 musste er vom Amt zurücktreten, weil er bis über beide Ohren in eine Affäre verwickelt war, welche die Selbstbedienung sozialdemokratischer Funktionäre bei einer Krankenkasse mit Rüstungsexportlobbyismus vermengte. Zwei Jahre später wurde er jedoch vom Vorwurf strafbaren Verhaltens freigesprochen" - aus "Dominique Strauss-Kahn: Der Retter stürzt ab" von Bernard Schmid vom 27. Mai 2011. VIII. Internationales / Ägypten Neu: Tahrir - Newsletter "Unser Newsletter soll dazu beitragen, möglichst direkte Informationen über die Situation in Ägypten, den Fortgang der Revolution und den Stand der Bewegung zu verbreiten - und damit die Lücken füllen, die in der Berichterstattung der Mainstream-Medien bleiben, die sich auf die "offizielle" Politik konzentrieren" das ist das ebenso kurze wie zutreffende Vorwort des "Tahrir - Newsletters Nummer 1" vom 23. Mai 2011, den wir hiermit dokumentieren. IX. Internationales / Ägypten / Gewerkschaften "The same procedure as every year?" Der Arbeitsminister der ägyptischen Übergangsregierung hat entschieden, dass der Vorstand der Gewerkschaftsföderation ETUF die ägyptischen Gewerkschaften bei internationalen zusammenhängen vertreten sollen - dagegen hat die Föderation unabhängiger Gewerkschaften heftig Protest eingelegt und erneut auf die, gelinde gesagt, unrühliche Rolle des ETUF im Mubarak-Regime hingewiesen. Die Antwort des Ministeriums war der Hinweis auf die Gewerkschaftswahlen im November 2011. Die Situation wird beschrieben in dem Beitrag "Independent labor union rejects minister decision on representation" von Hisham Yas am 20. Mai 2011 in AlMasry AlYoum. X. Internationales / Tunesien Quellen der tunesischen Revolution Sadri Khiari ist ein langjähriger oppositioneller Aktivist (zuerst in Tunesien, später erzwungenermaßen in Frankreich) der in dem Interview "The Tunisian Revolution Did Not Come Out Of Nowhere" am 23. Mai 2011 beim kanadischen The Bullett Hintergründe und entwicklungen in Tunesien aus seiner Sicht ausführlich darstellt. Siehe dazu auch: "Dispatches from Tunisia" von Amanda Sebestyen in der Ausgabe Mai 2011 des Red Pepper Magazins - Erfahrungen und Gespräche einer Rundreise... XI. Internationales / Japan / Erdbeben 2011 Lügen enttarnt - Reaktionen verschwiegen... Die Kernschmelze findet also seit Monaten statt, der Rest war Lüge. Über die Reaktionen der betroffenen Menschen jedoch wird weitgehend zumeist geschwiegen, zumal wenn sie nicht ins Bild des Propagandisten passen. Der Bericht "Iwaki City, Fukushima: Report from the Stricken Area" beim Japan-Fissures Blog vom 21. Mai 2011 ist ein Reisebericht, der sich vor allem um die Haltung der Menschen kümmert. Siehe dazu auch: "Fukushima Farmers have risen up in unity" der Doro-Chiba Quake Report Nummer 21 vom 23. Mai 2011, der sich ausführlich mit dem wachsenden Widerstand der Bauern und Bäuerinnen der Fukushimaregion befasst - wie immer auf der eigens dafür eingerichteten Doro-Chiba-Newsletterseite . Sowie: "Japan: Die Arbeiter von Fukushima" ein Filmbericht im Weltspiegel des WDR am 15. Mai 2011 auf youtube. XII. Internationales / Südkorea / Arbeitskämpfe Polizei zerschlägt Streik bei Hyundai-Zulieferer: Hunderte festgenommen 500 Arbeiter hatten das Werk von Yoosung Enterprise in Asan besetzt. Der Autozulieferer machte die Auseinandersetzung zum "Modellfall" staatlich garantierter unternehmerischer Gewalt: 3.000 Mann der Antiaufruhrpolizei marschierten auf und überfielen die Streikenden, dabei wurden die meisten von ihnen festgenommen, wird in "Hyundai strike hit with police repression in South Korea" am 24. Mai 2011 bei libcom berichtet. XIII. Internationales / China / Arbeitsbedingungen / Foxconn in China Erneut Todesopfer bei Foxconn a) Der Vorfall "Die Explosion in einem Werk des Auftragsproduzenten Foxconn in Südwestchina am Freitag hat ein weiteres Todesopfer gefordert. Wie das Unternehmen in einer Stellungnahme gegenüber US-Medien angab, sei ein dritter Mitarbeiter seinen Verletzungen erlegen. 15 weitere Angestellte sollen verletzt worden sein, sechs davon hätten inzwischen das Krankenhaus verlassen können, so Foxconn. Offenbar war es zu einer Staubexplosion in einer Rohrleitung der Polierwerkstatt gekommen" - aus der Meldung "Drittes Todesopfer nach Explosion bei Foxconn" am 23. Mai 2011 beim heise-newsticker. b) Foxconn reagiert? "Nach einer Explosion in der Riesenfabrik des iPad-Produzenten in Chengdu mit Todesfolge reagiert Foxconn. Kritiker fühlen sich in ihren Vorwürfen bestätigt" - der Vorspann zu "Foxconn reduziert Computerproduktion" von Hannes Koch in der taz am 25. Mai 2011 c) Nachrichtensperre Eine faktische Nachrichtensperre hätten die Behörden von Chengdu verhängt, Journalisten an der Berichterstattung gehindert - das Erfolgsmodell Foxconn-Investitionen im Binnenland soll nicht gefährdet werden - so wird das Vorgehen in dem Beitrag "Chengdu authorities seal off Foxconn factory after explosion kills three" am 23. Mai 2011 beim China Labour Bulletin kommentiert. XIV. Internationales / Honduras Aussöhnung? Zelaya kommt zurück "Knapp zwei Jahre nach dem Putsch in Honduras könnte sich die politische Lage in diesem mittelamerikanischen Land wieder normalisieren, nachdem Staatschef Porfirio Lobo und der Ende Juni 2009 gestürzte Manuel Zelaya am Samstag ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet haben. Beide Politiker firmierten das Dokument im Beisein des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos. Dieser hatte - gemeinsam mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez - die Annäherung zwischen den Konfliktparteien erreicht" - so beginnt "Honduras versöhnt sich" von Harald Neuber am 24. Mai 2011 bei telepolis. Siehe dazu auch: "El regreso de Mel Zelaya es un deber, el retorno de Honduras en la OEA es indigno" von Ida Garberi am 23. Mai 2011 bei kaosenlared. Die Autorin würdigt an dem Abkommen neben Zelayas Rückkehr und den Versprechungen auf eine Verfassungsgebende Versammlung, sowie die Anerkennung der Nationalen Widerstandsfront als legaler politischer Partei auch die Bedeutung, die die Wiederaufnahme Honduras mit dieser Regierung in die OAS hat. XV. Internationales / USA / Arbeits- und Lebensbedingungen Miethai Deutsche Bank Der Artikel "The U.S.: Where Europe comes to slum" von Harold Mayerson am 15. Mai 2011 in der LA Times handelt nicht nur von der Deutschen Bank, sondern von deutschen und europäischen unternehmen insgesamt, die in den Süden der USA kommen, mit denselben Absichten, mit denen sie etwa nach China gehen: gewerkschaftslos und billig. Er behandelt aber am ausführlichsten das aktuelle Geschäftsmodell der Deutschen Bank in der US-Wohnungsbranche nach der Baukrise, der Bauspekulationskrise. zerfallen lassen lohnt sich - und die Staatsanwaltschaft von Los Angeles weigert sich, die Erklärung hinzunehmen, es seien wieder einmal Subunternehmen die Schuldigen... Siehe dazu auch: "Die Stadt Milwaukee führt die Deutsche Bank als Treuhänder von 151 Immobilien im Januar 2011 auf. Von 2005 bis Januar 2010 hat die Bank 3.046 städtische Verfügungen für 1.230 Immobilien mit 14.970 individuellen Vorschriftsverletzungen erhalten. Zwischen Juni 2010 und Mai 2011 hat die Stadt 364 zusätzliche Verfügungen für 172 Deutsche-Bank-Immobilien mit 2071 individuellen Verletzungen ausgestellt. Die durchschnittlichen Abrisskosten für verlassene Immobilien, deren Reparatur sich nicht mehr lohnt, belaufen sich für die Stadt auf 12.000 Dollar" die Presseerklärung 13/2011 "Deutsche Bank verantwortlich für Zerstörung von Sozialkapital - ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |