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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 16. Juni 2006: I.Internationales / Mexiko / Arbeitskämpfe / Aktionen der Lehrergewerkschaft Massive Repression gegen streikende LehrerInnen in Oaxaca: mehrere Tote Seit Wochen kämpfen die grosse Mehrheit der LehrerInnen des Bundesstaates Oaxaca für verbesserte Einkommen, ein verbessertes Erziehungssystem, für die Freiheit politischer Gefangener und ein Ende der Repression. Und seit mindestens 10 Tagen erwarteten die AktivistInnen der Gewerkschaftsopposition CNTE in der Lehrergewerkschaft SNTE einen Polizeiangriff - die Drohgebärden des Gouverneurs Ortiz (PRI) wurden immer deutlicher. Am 14. Juni fand nun ein massiver Polizeiüberfall statt - rund 3.000 Polizisten marschierten auf, ausgestattet mit allem für einen Bürgerkrieg: scharfe Munition, Tränengas, Panzerwagen und Herkules-Flugzeugen. Der massive Angriff wurde von der riesigen Menschenmenge nach stundenlangen Kämpfen in der gesamten Innenstadt zurückgeschlagen. Die Kommerzmedien berichteten eifrig von Waffenfunden im Gewerkschaftshaus der LehrerInnen, was umgehend dementiert wurde. Die Gewerkschaftsopposition will landesweit 50.000 Schulen bestreiken. a) Repression gegen gewerkschaftliche Proteste in Südmexiko Der aktuelle Solidaritätsaufruf und Lagebericht "Repression gegen gewerkschaftliche Proteste in Südmexiko" von Eberhard Raithelhuber, Vorsitzender von promovio e.V. (Verein zur Förderung der indianischen Menschenrechtsbewegung in Oaxaca/ Mexiko, Mitglied in der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko) vom 15. Juni 2006. b) Lehrer schlagen 3.000 Polizisten im Zentrum Oaxacas zurück Der (englische) Vorortbericht "Teachers Repel 3,000 Police from Oaxaca’s Historic Center" von Geoffrey Harman vom 14. Juni 2006 bei "Narco News" c) Tote in Oaxaca Der (spanische) Solidaritätsaufruf "11 muertos en Oaxaca" der Red Oaxaqueña de Derechos Humanos vom 14. Juni 2006 beim Archiv Chiapas 95. II.Internationales / Frankreich / Arbeit und -kämpfe Arbeitsvermittler im Streik: wegen Arbeitsbedingungen und gegen "Büttelrolle" In Deutschland tun sie ihre Pflicht: die Hartzwarte. In Frankreich wehren sie sich: gegen die Arbeitsbelastung und gegen die Rolle als Büttel, die ihnen die auch in Frankreich neuen Bestimmungen der Arbeitsagentur ANPE aufzwingen. Am 13. Juni streikten etwa jede/r Dritte der Beschäftigten der ANPE gegen diese neuen Bestimmungen - wer das wenig findet, sollte nach irgendwelchen bundesdeutschen Widerständen suchen, oder auch nur nach Versuchen, irgendeine Art von Gewerkschaftspolitik dagegen zu entwickeln. Aufgerufen dazu hatten sechs Gewerkschaften, die in dem Bereich vertreten sind (dies nur als Anmerkung für bedingungslose Fans der Einheitssozialpartnerschaft). a) Der Aufruf "SUD ANPE : Police sociale : sans nous !" Der (französische) Streikaufruf der alternativen SUD-Gewerkschaft "Sozialpolizei ohne uns!" vom 1. Juni 2006 unterstreicht unter anderem: "Wir fordern eine Begleitung der Erwerbslosen, die deren Bedürfnissen, Forderungen und Hoffnungen entspricht was berufliche Qualifikation, Einkommen und gesellschaftliche Anerkennung betrifft". b) "Man hat uns den Beruf gestohlen" So heisst auf deutsch sinngemäß der mit mehreren Kurzinterviews angereicherte (französische) Streikbericht "On a volé le métier des conseillers ANPE" von Sonya Faure für die Tageszeitung "Liberation" vom 14. Juni 2006. c) Arbeitsagentur-Beschäftigte streiken gegen Verpflichtung zur Schnüffeltätigkeit "Gut ein Viertel der 24.000 Angestellten der französischen Arbeitsagentur ANPE (Agence nationale pour l’emploi, « Nationale Agentur für Beschäftigung ») streikten am Dienstag dieser Woche. Die linksliberale Tageszeitung ‘Libération’ spricht von einer Streikbeteiligung von « 29 % laut den Gewerkschaften », die Pariser Abendzeitung ‘Le Monde’ hingegen von « 27 % nach Angaben der Gewerkschaftsführungen, 22 % nach denen der Direktion (der ANPE) ». Die KP-nahe Tageszeitung ‘L’Humanité’ begnügt sich mit der Feststellung : « Rund ein Viertel der Angestellten der ANPE haben die Arbeit im ganzen Land niedergelegt » - so beginnt der aktuelle Streikbericht "Arbeitsagentur-Beschäftigte streiken gegen Verpflichtung zur Schnüffeltätigkeit" von B. Schmid vom 16. Juni 2006. III.Internationales / Frankreich / Arbeit und -kämpfe / Arbeitsbedingungen / CPE a) Amnestie für Verfolgte des CPE - Widerstandes! Die französische Demokratie zeigt sich rachsüchtig nach ihrer Niederlage in der CPE Auseinandersetzung. Wie die am erfolgreichen Widerstand beteiligten Strömungen jetzt versuchen, der juristischen Verfolgung ein Ende zu machen berichtet der Beitrag "Repression gegen Anti-CPE-DemonstrantInnen (und andere) wirkt fort – Amnestieskandal um Chirac wird für neue Initiative genutzt" von B. Schmid vom 15. Juni 2006 b) Eine neue Studie zum CNE widerlegt Regierungsbehauptungen "Der Contrat nouvelle embauche (CNE, « Neueinstellungsvertrag ») ist der Zwillingsbruder des CPE oder « Ersteinstellungsvertrags », dessen Einführung durch massive Proteste im April 2006 verhindert werden konnte. Genau wie der verhinderte CPE setzt er den Kündigungsschutz für zwei Jahre nach der Begründung des Arbeitsverhältnisses aus, und ermöglicht so Kündigungen ohne Angabe von Gründen. Dies schafft angeblich eine grobe Zahl von neuen Arbeitsplätzen, da die Unternehmen bisher « aus Angst, die Leute nicht wieder los zu werden, notwendige Einstellungen » nicht vorgenommen hätten. Im Gegensatz zum verhinderten CPE betrifft der seit August 2005 real existierende CNE nicht spezifisch die Altersgruppe der unter 26jährige. Er kann für alle seit seiner Einführung neu eingestellten Lohnabhängigen in Klein- und Mittelbetrieben bis zu 20 Beschäftigten (das sind 2,5 Millionen Betriebe oder 90 % der französischen Betriebe) abgeschlossen werden. Real sind bis dato rund 450.000 solcher Verträge abgeschlossen worden. Eine Studie der DARES, der Statistik-Abteilung im französischen Arbeitsministerium, die am Mittwoch morgen (14. Juni) durch einen Artikel der Wirtschaftszeitung ‘Les Echos’ – vergleichbar mit dem deutschen ‘Handelsblatt’ - publik wurde, bringt neue Zahlen. Demnach wären 70 bzw. 90 Prozent der durch einen CNE eingestellten Arbeitskräfte ohnehin beschäftigt worden..." - so beginnt der aktuelle Beitrag "Neue Zahlen zum CNE" von B. Schmid vom 15. Juni 2006 IV.Internationales / Irak / Arbeitsbedingungen und Gewerkschaften ILWU: Solidarität mit der Hafenarbeitergewerkschaft Die Hafenarbeitergewerkschaft von Khour Al-Zubeir hatte im letzten Jahr die Privatisierung des Hafens erfolgreich verhindert: der bereits unterzeichnete Vertrag mit der multinationalen See-Transportfirma Maersk (unrühmlich bekannt etwa aus El Salvador) musste aufgegeben werden. Jetzt bekommt die Gewerkschaft die Quittung der "demokratischen" Hafenbehörde: ihre Büros auf dem Werksgelände wurden geschlossen, den Komitees die Arbeit im Betrieb verboten und den freigestellten Funktionären die Gehälter nicht ausbezahlt. Auf dem Gewerkschaftskongress 2006 der ILWU - Hafenarbeitergewerkschaft der US-Westküste - wurde dazu ein Solidaritätsappell verabschiedet, der den Kampf irakischer Gewerkschaften gegen die "Privatisierungspolitik der Besatzungsmacht" unterstützt und die weitere Gültigkeit Saddamscher Gewerkschaftsgesetze kritisiert. Der (englische) Aufruf "IN SOLIDARITY WITH IRAQI LONGSHORE WORKERS" der ILWU vom 12. Juni 2006. V.Internationales / Chile / Soziale Proteste Erfolg der Pinguine ? Die wochenlangen Kämpfe der chilenischen Oberschüler sind (einstweilen) eingestellt. Der Grund: Die Zusage der Präsidentin Bachelet eine Kommission unter Beteiligung der SchülerInnenvertretungen zu bilden, die das Erziehungsgesetz Pinochets, dem die Proteste galten durch ein neues demokratisches Gesetz ersetzen soll. Die "Asamblea Coordinadora de Estudiantes Secundarios" hat daraufhin beschlossen die Aktionen zu beenden, die entstandenen organisatorischen Strukturen des Widerstandes aber aufrecht zu erhalten, für den Fall, dass die Arbeitsergebnisse dieser Kommission (der auch diverse Vertreter des Bildungskommerzes angehören, die natürlich auf Privatisierungen drängen werden und in der die SchülerInnen knapp ein Sechstel - 12 von 73 - der Mitglieder stellen) nicht ihren Erwartungen entsprechen sollten. Ihre erstaunliche Kraft hatte diese Bewegung gezeigt, indem sie über Wochen hinweg bis zu einer Million SchülerInnen mobilisieren konnte (etwa ein Viertel aller chilenischen SchülerInnen waren aktiv dabei) - ein politisches Faktum, das die politische Atmosphäre des Landes verändert hat. Der (spanische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Finaliza histórico paro de estudiantes" von Gustavo González (IPS) vom 12. Juni 2006, gespiegelt bei "Rebelion.org". VI.Internationales / Costa Rica Die Gewerkschaften geben ihren Kampf gegen das Freihandelsabkommen trotz Terror nicht auf Costa Rica ist der letzte mittelamerikanische Freihandelskandidat der USA, der das entsprechende Abkommen noch nicht unterzeichnet hat - das ist der wesentliche politische Hintergrund der Terrorkampagne gegen die Gewerkschaften, die vom Bürgertum als die daran "Schuldigen" bezeichnet werden. So hatte ein Kommentator der grössten Zeitung des Landes die "Schädlinge" der Nation namentlich genannt - so trägt man wissentlich dazu bei, ein Klima des Mordes zu schaffen. a) Solidaritätsaufruf von ANEP Die ANEP - Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes - ist eine der Gewerkschaften, die im Zentrum des Widerstandes gegen Freihandel und die entsprechende Privatisierungspolitik stehen. Das Scheitern von mindestens vier Privatisierungsgesetzentwürfen geht sozusagen vor allem auf ihr Konto. Jetzt hat sie durch ihren Generalsekretär Albino Vargas einen internationalen (englischen) Solidaritätsaufruf verbreitet: "What's going on in Costa Rica?" von Anfang Juni 2006, den wir hiermit dokumentieren. b) Massendemonstration gegen Freihandelsabkommen Am 8. Juni demonstrierten in San José mindestens 25.000 Menschen gegen die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens durch die Regierung Costa Ricas - bei einer Gesamtbevölkerung von ca 4 Millionen Menschen eine echte Massendemonstration. Der redaktionelle (englische) Bericht "Thousands of Costa Rican Workers Demonstrated Against the CAFTA" vom 9. Juni 2006 bei "Radio Mundo Real". VII.Internationales / Brasilien / Arbeitskämpfe und Gewerkschaften Auf den DGB gekommen...der 9.CUT Kongress Schwer haben sich die etwa 2.500 Delegierten des 9. Nationalen Kongresses der CUT getan (der vom 5. bis 9. Juni in São Paulo stattfand): damit, Argumente zu finden, weshalb die brasilianische Gewerkschaftsbewegung für die Wiederwahl Lulas eintreten müsse. Am Ende kam man auf den DGB: das kleinere Übel sei er. Weil Gegenkandidat Alckmin eben...und natürlich wurde der Kandidat des Arbeitsministers Marinho (früherer CUT-Vorsitzender) Artur Santos mit rund 69% der Stimmen (gegenüber etwa 29% des KPB Kandidaten Gomes) zum neuen CUT-Vorsitzenden gewählt. Demgegenüber blieben die AnhängerInnen der PT-Erneuerungspartei PSOL aussen vor, da sie nicht über die 10% Grenze, die das Statut für den Bundesvorstand vorschreibt kamen. Der (portugiesische) Bericht "Corrente majoritária leva presidência; PSOL fica fora" von Verena Glass für die "Agencia Carta Maior" vom 10. Juni 2006. VIII.Internationales / Australien Gewerkschaftsgesetz und Antiterrorgesetz: strukturell verbunden Auch in Australien gibt es jede Menge "Reformen" - so unter anderem ein neues Gesetz gegen den Terror und ein neues Gesetz zu Arbeitsbeziehungen. Nicht nur derselbe Geist regiert diese neuen Bestimmungen, sondern sie sind sich auch strukturell ähnlich: Unterdrückungsgesetze. Rob Stary ist ein landesweit bekannter Strafrechtsanwalt, der verschiedentlich sowohl des Terrorismus "Verdächtige" als auch GewerkschafterInnen verteidigt hat. Er argumentiert, dass beide Gesetze politisch abweichende Meinungen und Handlungen unter Strafe stellen. Dies führt er anhand verschiedener konkreter Fälle - in der Regel spontane Unmutsaktionen von ArbeiterInnen - aus, in einem Gespräch, das Grundlage des (englischen) Beitrags "New law treats unionists like terrorists" von Sue Bolton in der Zeitschrift "Greenleft Weekly" vom 14. Juni 2006 ist. IX.Internationales / Afghanistan Wer die "Unruhen" fürchtet... Die Zusammenstöße afghanischer Bevölkerung mit Besatzertruppen Anfang Juni haben den Krieg im Lande in die internationale Medienwirtschaft zurückgebracht, wo er entweder gar nicht mehr stattfand, oder aber zum militärischen "Entwicklungsprojekt" hochgestylt worden war. Auch in Afghanistan muss mensch kein Taliban-Fan sein, um gegen Bundeswehr und US-Army zu sein. Denn: die sind für jene da, die aus der Lage des Landes Profit schlagen, und das nicht zu wenig. 10 Milliarden Entwicklungshilfe (für die Kassen internationaler Konzerne) sind "wirkungslos verpufft" meinen in- wie ausländische Kritiker. Die Baugesellschaften etwa, die Krankenhäuser bauen, die noch vor Fertigstellung wieder einbrechen oder Strassen, die komplett repariert werden müssen, schon bevor sie ihr Ziel erreichen - diese Gesellschaften bezahlen einem ausländischen Ingenieur durchschnittlich 5.000 Dollar/Monat. Einem afghanischen Arbeiter 50 Dollar/Monat. Und der Berlin-gesponsorte Präsident mit seinem Kabinett der Meistgesuchten verliert täglich an Glaubwürdigkeit. Ergebnis einer ausführlichen Bestandsaufnahme Ende 2005 ist der (englische) Report "Afghanistan Inc." von Fariba Nawa für und bei Corpwatch, publiziert im Frühjahr 2006 X.Internationales / USA / Arbeitskämpfe Erfolg nach monatelangem Kampf Nach 14 Wochen sind die ArbeiterInnen bei Stepan in Fieldsboro wieder an die Arbeit gegangen: in einer Urabstimmung hatten sie beinahe einstimmig den neuen betrieblichen Tarifvertrag gebilligt, den die unabhängige Gewerkschaft UE mit ihnen zusammen erkämpft hatte. Ein Tarif der unter anderem die erste Lohnerhöhung seit 2003 bedeutet, Arbeitsplatzsicherung und Bestandssicherung der Gesundheitsverorgung - sowie die Anerkennung der UE als Betriebsgewerkschaft. Die (englische) Pressemitteilung "VICTORY AT STEPAN!" der United Electrical, Radio and Machine Workers of America bereits vom 2. Mai 2006 XI.Internationales / Indonesien / Arbeitskämpfe Über 150 Beschäftigte besetzen die Landeszentrale von Securicor Seit dem 12. Juni halten über 150 Beschäftigte von Securicor die indonesische Zentrale des "Sicherheits"Multis besetzt - sie fordern die Befolgung eines Urteils des Obersten Gerichtshofs der das Unternehmen aufforderte, 200 entlassene Beschäftigte wieder einzustellen. Der (englische) Bericht "150-plus workers occupy Securicor Indonesia Office" der internationalen Gewerkschaftskampagne Focus on Group4 Securicor vom 14. Juni 2006 bei "Labourstart" ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |