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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 15. September 2006: I.Internationales / Bolivien COB gegen den "Streik der Oligarchie" Heftige Auseinandersetzungen kennzeichneten die Sondersitzung der neugewählten COB-Zentrale in den Tagen vor dem Beginn des "Streiks" in der Provinz Santa Cruz (gegen die verfassungsgebende Versammlung, die von der Regierung Morales einberufen wurde - und entsprechend den Parlamentswahlergebnissen besetzt). Einige COB-Funktionäre der Region Santa Cruz, seit langem als von Unternehmerinteressen beeinflusst bekannt, wollten einen offiziellen Aufruf der COB zur Streikbeteiligung. Die Vertreter der Regierungspartei MAS wollten eine Erklärung der COB für die verfassungsgebende Versammlung: Beides fand keine Mehrheit. Per Beschluss mit grosser Mehrheit wurde der COB Region Santa Cruz untersagt, zum "Streik der Oligarchie" aufzurufen. Dennoch behält die COB die Kritik an der verfassungsgebenden Versammlung bei - sie sei nur ein Repräsentant von Wahlergebnissen, nicht aber der sozialen Situation im Lande, die von den sozialen Bewegungen repräsentiert werde. Der (spanische, hiermit kurz zusammengfeaste) Bericht "La COB repudia a la oligarquía, pero no cree en la Constituyente de Evo" vom 7. September 2006 bei Econoticias Bolivia. II.Internationales / Palästina / Arbeitsbedingungen und Proteste Streik im öffentlichen Dienst geht weiter Versucht wurde vieles: Der Präsident versprach die Gehaltszahlungen bis zum Ramadan (gegen Ende September), der Premierminister betonte, jetzt mit der neuen Koalitionsregierung gäbe es keinen Streikgrund mehr, und es wurden sogar weltweit Meldungen lanciert (am 8. September) der Streik der LehrerInnen und des (zunehmend) gesamten öffentlichen Dienstes sei mit einem Abkommen beendet worden - aber der Streik geht weiter, weil es "nicht um irgendeine Regierung geht, sondern um unsere Mitglieder" wie ein Vertreter des Bundes der Lehrergewerkschaften in dem (englischen) AFP-Bericht "Palestinian unions vow to keep striking" vom 12. September 2006 bei der Khaleej Times zitiert wird. III.Internationales / Philippinen Schon wieder Mord an Gewerkschafter Am Nachmittag des 12. September wurde Nemesio Aquino, Gewerkschaftsaktivist der örtlichen Transportarbeiter beim Verlassen des Büros für Arbeitsbeziehungen in der Region Laguna (Südtagalog) von einem unbekannten Mann erschossen. In der Region gab es bereits im Mai einen Mord an einem Sozialarbeiter der Kirche, sowie in der Zwischenzeit einen Mordversuch am Gewerkschaftsvorsitzenden der Honda-Werke der Region. Dass dieser Mord am Aktivisten einer als sozialpartnerschaftlich geltenden Gewerkschaften auf die ganze Gewerkschaftsbewegung zielt unterstreicht die (englische) Pressemitteilung "Another unionist murdered, surveillance and killings continue" vom 12. September 2006 der Solidarity of Workers in Southern Tagalog (KMU). IV.Internationales / Zimbabwe Streikversuch gescheitert? Massenhafte Festnahmen Der Aufruf zum zweitägigen landesweiten Streik in dieser Woche scheint, nach allen Berichten, erfolglos gewesen zu sein. Was zum einen sicher an der massiven landesweiten Polizeipräsenz (verstärkt um die Milizen der Regierungspartei ZANU-PF) lag inklusive Massenfestnahmen in allen grösseren Städten, zum anderen sicherlich nicht an der Situation der arbeitenden und erwerbslosen Menschen Zimbabwes. Vielleicht aber daran, dass viele in dem Aufruf einen Bestandteil der Auseinandersetzungen politischer Parteien sahen - und auch daran, dass die Mugabe-Regierung nicht so isoliert ist, wie es manche gerne sehen würden. Einen (englischen) Überblick über Berichte vom Stand 14. September 2006 leistet die Nachrichtenzusammenstellung "Zimbabwe Strike" bei Google News. V.Internationales / USA / Arbeitskämpfe Die Niederlage von Detroit Was 1999 nicht gelang - diesmal ging es, wenn auch knapp. Die Detroiter LehrerInnen haben nach rund zweiwöchigem Streik das vorläufige Abkommen, dass die DFT unterzeichnet hatte mit knapper Mehrheit gebilligt - und leisten damit "Verzicht" in einem Gesamtumfang von etwa 60 Millionen Dollar. Wie die Gewerkschaftsbürokratie die Opposition abzubügeln versucht und diesen weiteren (auch ihren) Selbstmordversuch der Gewerkschaften als Erfolg verkaufen möchte, welchem Terror streikende LehrerInnen ausgesetzt waren und wie sie keine Solidarität bekamen, wird in dem (englischen) Bericht "Detroit teachers vote narrowly to end strike" vom 14. September 2006 von Joe Kay und Lawrence Porter auf der "World Socialist Website" berichtet. VI.Internationales / Südafrika Mit Gummigeschossen gegen SlumbewohnerInnen - jetzt auch in Johannesburg Nach Kapstadt und Durban sind die sozialen Auseinandersetzungen um die (Privatisierung der) Grundversorgung jetzt erneut auch in Johannesburg aufgeflammt. Anwohner des bereits 1997 als "Township" anerkannten Slumbezirks ORANGE FARM haben aus Protest gegen die seit bald 10 Jahren nicht eingehaltenen Versprechungen den Golden Highway - eine Hauptverkehrsader in der Provinz Gauteng, in der Johannesburg liegt - besetzt. Sie forderten ein direktes Gespräch mit dem Bürgermeister von Johannesburg bzw eine Erklärung seinerseits, warum die Versprechungen, speziell nach Verbesserung des Sanitärbereichs (bisher immer noch offene Kloaken) nicht eingehalten wurden, ja sich nach den Privatisierungsschritten sogar weiter entfernt denn je zeigen. Es kam aber nur eine Stadträtin - erstmals, nachdem alle Räte jahrelang zu keiner Versammlung kamen, und sie wurden zu vielen eingeladen - und die Polizei, die mit Gummigeschossen die mehreren Hundert StrassenbesetzerInnen terrorisierte. Auch am folgenden Tag kam es - während eines Treffens einer gewählten Delegation mit Stadträten und Unternehmen zu erneuten Aktionen, Polizeieinsatz und Festnahmen. Das Orange Farm Water Crisis Committee, das den Protest organisiert, hat eine (englische, hiermit sehr kurz zusammengefasste) Chronologie der letzten Tage erstellt, die unter der Überschrift "ORANGE FARM RESIDENTS CONTINUE PROTEST ACTIONS TO DEMAND BASIC SERVICES" am 12. September 2006 als Pressemitteilung des südafrikanischen ANTI-PRIVATISATION FORUMs veröffentlicht wurde. VII.Internationales / Pakistan LehrerInnen setzen Widerstand fort Trotz massiver Unterdrückung geht der Widerstand im Sindh gegen das Verbot der Lehrergewerkschaften weiter. Eine ganze Reihe führender Gewerkschafter sind festgenommen worden, waren aufgrund des Drucks der Bewegung gegen Kaution freigelassen worden und danach teilweise wieder inhaftiert. Der aktuelle Stand und die nächsten Ereignisse werden in dem (englischen) Artikel "Sindh teachers defy state repression" vom 13. September 2006 von Janat Hussain auf der Seite der Pakistan Trade Union Defence Campaign berichtet. VIII.Internationales / Panama Bauarbeitergewerkschaft gegen Kanalprojekt Hauptsache bauen, egal was - das ist oft die Logik der (in diesem Falle: Bau-)Gewerkschaften. Nicht so die panamesische Baugewerkschaft SUNTRACS, die grösste Gewerkschaft des Landes - sie hat sich der wachsenden Volksbewegung gegen das gigantische Kanalmodernisierungsprojekt angeschlossen und ruft für die Kanal-Volksabstimmung dazu auf, mit "Nein" zu stimmen. Im Gegensatz zu gewerkschaftlichen Positionen in vielen anderen Ländern (etwa in der Auseinandersetzung um Zellstoff-Riesenanlagen in Uruguay) ist SUNTRACS zu einem regelrechten Pol innerhalb der "Nein"-Bewegung bzw des Bündnisses FRENADESO geworden - weswegen auch die Regierung eine massive Kampagne gegen die Gewerkschaft organisiert - natürlich unter ständigem verweis auf die ach so reichlich zu erwartenden Arbeitsplätze. Die (spanische, mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Pressemitteilung "Los Obreros de la Construcción en el Referéndum sobre el Canal" von Mitte August 2006. IX.Internationales / Ägypten / Gewerkschaften Protest gegen Verhinderung freier Gewerkschaftswahlen Noch im Jahre 2006 finden in Ägypten die Gewerkschaftswahlen statt, die die Funktionen bis zum Jahre 2011 bestimmen sollen. Aus diesem Anlass hat der Generalsekretär des Ägyptischen Gewerkschaftsbundes Mohammed Mursi ein Schreiben an alle Gewerkschaften und ihre Komitees verschickt, in dessen zweitem Absatz gefordert wird, dass jeglicher Antrag auf eine Kandidatur sozusagen über seinen Schreibtisch gehen müsse. Gegen diesen Willkürakt protestiert das CENTER FOR TRADE UNION & WORKERS SERVICES in dem (englischen) offenen Brief "Preliminary Arrangements for Interfering in the Upcoming Syndicate Elections" vom 14. September 2006. X.Internationales / Uruguay 45 Jahre UTAA - eine Gewerkschaft, die zum Pol der sozialen Bewegung wurde... Die UNION DE TRABAJADORES AZUCAREROS DE ARTIGAS wurde im September 1961 gegründet und war und ist seitdem ein Pol im Kampf um die Agrarreform, was sie erst kürzlich mit der Besetzung in Bella Union erneut unterstrich - die Gewerkschaft hatte sich zwar auch am Wahlkampf des Frente Amplio usw beteiligt, sich aber die Unabhängigkeit gegenüber der Tabaré Vazquez-Regierung bewahrt. Mitbegründet wurde sie von Raul Sendic - einer der Gründe, weshalb diese Gewerkschaft auch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Entwicklung des heutigen Regierungsbestandteils, einst aber revolutionären Movimiento de Liberación Nacional – Tupamaros war. Eine (spanische) Würdigung der Geschichte und Bedeutung der 45 Jahre UTAA wird in dem Beitrag "45° ANIVERSARIO DE LA CREACION DE LA UNION DE TRABAJADORES AZUCAREROS DE ARTIGAS" von Mario Rossi Garretano (Movimiento Revolucionario Oriental) vorgenommen. XI.Internationales / Chile / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Jetzt Streik in den Krankenhäusern Nach dem Ende des Kupferstreiks, den die Gewerkschaft als Erfolg betrachtet, nun nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der Regierung um Gehaltserhöhungen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen - die von der Regierung faktisch abgebrochen wurden - Streik im Gesundheitswesen. Die Confederación Nacional de Trabajadores de la Salud (Confenats) hat ab dem 9. September einen landesweiten Streik ausgerufen - um die Fortsetzung der Verhandlungen mit verbessertem Angebot zu erreichen. Der (spanische) Bericht "Trabajadores de la salud inician paro indefinido en Chile" vom 9. September 2006 von der Redaktion Telesur, gespiegelt bei "Kaosenlared". XII.Internationales / Argentinien "Kinderfähnchen" - die herrlichen Jobs der Marktwirtschaft Pestizide müssen sein: Zumindest in einer Landwirtschaft, die auf Grossversorgung und Export zielt. Und sie sichern ja auch Arbeitsplätze - nicht nur bei den Chemiemultis, sondern auch solche: Die der "Kinderfähnchen". Chicos Bandera werden (keineswegs nur in Argentinien) eingesetzt, damit die Kleinflugzeuge, die zur Bestäubung eingesetzt werden, die Grenzen ihrer letzten "Wolke" sehen können - eben dort, wo sich die Kinder hingestellt haben. Da hat man mit 14 schon mal ein Magengeschwür oder chronische Kopfschmerzen. Mehr dazu - speziell die Aussagen zweier "Fähnchen" in dem redaktionellen (spanischen) Beitrag "Las Petacas: usan "chicos bandera" para la aplicación de agroquímicos" vom 11. September 2006 beim Diario La Capital, gespiegelt bei La Fogata. XIII.Internationales / Thailand Schon wieder ein Land, das dem Kapital "zu teuer" wird... Keineswegs nur Westeuropa oder die USA sind dem Kapital zwar nicht lieb, aber teuer: Was in einem Land wie Brasilien schon lange Thema ist, oder auch in mexikanischen Sweatshops, das passiert jetzt auch Thailand - ab nach Kambodscha. die in Hongkong-Besitz befindliche Textilfirma Ginaform Bra (beliefert ua Calvin Klein) will ihre Produktion nach Kambodscha und China verlegen, bzw hat bereits angefangen, Maschinen dorthin zu verlagern - 1.600 ArbeiterInnen sollen ihre Arbeitsplätze verlieren. Denn ihr (thailändischer) Mindestlohn beträgt 250 Bat (und mehr als vorgeschriebene Mindestlöhne zahlen die feinen Herrschaften sowieso nicht), während der kambodschanische gerade einmal bei umgerechnet 70 Bat liegt. 500 Belegschaftsmitglieder nahmen an einer gewerkschaftlichen Protestaktion teil, über die in dem (englischen) Beitrag "1,600 staff set to lose their jobs" vom 7. September 2006 von Achara Pongvutitham bei der Zeitung "The Nation" berichtet wird. XIV.Internationales / Finnland Polizeigewalt gegen Proteste aus Anlass des europäisch-asiatischen Gipfels Am 9. September sollte in Helsinki gegen den ASEM Gipfel demonstriert werden - aufgerufen dazu hatten linke und linksradikale Gruppierungen diverser Strömungen. Nachdem vor einiger Zeit eine Demonstration in der finnischen Hauptstadt von der Polizei nicht verhindert werden konnte, war sie diesmal hochgerüstet erschienen und auch unbeteiligte Zuschauer, neben den mehreren Hundert DemonstrantInnen, bekamen das zu spüren. Es soll rund einhundert Festnahmen gegeben haben, die am nächsten Tag wieder entlassen wurden. Ein kurzer (englischer) Bericht "Smash ASEM demo in Helsinki" vom 12. September 2006, wie er auf der Mailingliste Alter-EE verbreitet wurde. XV.Internationales / Kolumbien / Gewerkschaften CUT-Kongress - internationale Delegationen billigen Alleingang Allgemeine Absicherung liess sich die CUT Führung auf ihrem V.Kongress Ende August erteilen - nach heftigen innergewerkschaftlichen Kritiken am vorher gewerkschaftsintern unabgesprochenen dreiseitigen Abkommen mit Uribe-Regierung und Unternehmerverbänden, das die CUT-Delegation während der ILO-Konferenz diesen Jahres am 1. Juni unterzeichnet hatten. Die internationalen Delegationen der IBFG-Gewerkschaften gaben ihr unterstützendes Plazet ab: Rückendeckung nannte man so etwas früher, im heutigen Neusprech wahrscheinlich eher praktizierte Demokratie. Das (spanische) Dokument "DECLARACION DE LAS DELEGACIONES INTERNACIONALES PRESENTES" vom 25. August 2006, wie es über diverse Mailinglisten publiziert wurde. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |