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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 30. November 2007: I.Internationales / Bolivien Erklärung der ländlichen und städtischen sozialen Organisationen des Departements Santa Cruz gegen die Verfassungsfeinde Wenn über die vor allem seit den tödlichen Auseinandersetzungen des letzten Wochenendes extrem zugespitzte Lage in Bolivien berichtet wird, ist es meist um eine ganz wesentliche Dimension verkürzt: Die separatistische Opposition gegen die neue Verfassung wird zumeist "der Provinz" Santa Cruz (und einigen weiteren Regionen) zugeschrieben, als wäre es eine politisch Einheit. Aber Zivilkomitees, die von Unternehmern und ihren bekannten politischen Repräsentanten geleitet werden, Präfektur und sonstige regionale Verwaltungseinheiten sind eben nicht die einzigen Akteure im wirtschaftlichen Herzland Boliviens - und auch nicht die zumeist jugendlichen DemonstrantInnen, die sie mobilisieren. Zahlreiche soziale Organisationen, darunter auch die Gewerkschaften der Landarbeiter und die regionale Gewerkschaftsföderation haben eine gemeinsame 5-Punkte Erklärung verabschiedet, mit der sie zum Kampf gegen die Feinde der Verfassung aufrufen und sich selbst im permanenten Ausnahmezustand erklären. Die (spanische, mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Deklaration "RESOLUCIÓN DE LAS ORGANIZACIONES SOCIALES RURALES Y URBANAS DEL DEPARTAMENTO DE SANTA CRUZ" vom 27. November 2007. II.Internationales / Tschechien Über die Entwicklung der Autoindustrie in Tschechien Die Autoindustrie in Tschechien ist vor allem die Zulieferindustrie - so haben beispielsweise 85 deutsche und 34 japanische Firmen dieser Branche im Land Werke, Tendenz: Veränderung, meist nach oben. Und damit kommen - vor allem seit 1998 - eben nicht nur ausländische Investoren ins Land, sondern auch "Arbeitskräfte" - Menschen aus der Ukraine beispielsweise. Über die Entwicklung und Bedeutung dieser Branche für Tschechien und die wachsenden Auseinandersetzungen aus anarchosyndikalistischer Sicht gibt es eine kleine Sammlung von Artikeln bei "libcom", beginnend mit dem neusten "Class struggle in the automotive industry: Will it step on the gas? - The preface" vom 18. November 2007, wie der Titel bereits sagt, Vorwort zu einer ausführlicheren Broschüre zum Thema. III.Internationales / Slowenien Volk befragt. Antwort eindeutig - und jetzt Großdemonstration Erst gab es - in Verbindung mit der Wahl - eine Volksbefragung über die Privatisierung der Sozialversicherung. 75% lehnten sie ab, die Regierung denkt - vor Übernahme der EU-Präsidentschaft - an Rücktritt. Dann demonstrieren auch noch sage und schreibe 70.000 Menschen in Ljubljana für höhere Löhne (angesichts einer Inflationsrate von über 10% werden mehr als bescheidene 3,5% gefordert...) - was die größte Demonstration des Landes seit 1945 bedeutet. Ein kurzer (englischer) Bericht "Ljubljana saw the largest gathering of people" im Pengovsky-Blog vom 20. November 2007, inklusive Videobericht. IV.Internationales / Großbritannien / Arbeitskämpfe Urabstimmung bestätigt Royal Mail Vertrag - vorher Kampfabstimmung im CWU Vorstand 64 Prozent der TeilnehmerInnen an der Urabstimmung über den neuen Tarifvertrag mit Royal Mail haben dem Abkommen zugestimmt, womit die Auseinandersetzung - gekennzeichnet durch Streikinitiativen der Gewerkschaftsbasis, die dem Vorstand mehrfach Kopfzerbrechen machten - fürs erste beendet sein dürfte. Zuvor hatte es auch im Vorstand eine Kampfabstimmung gegeben. Wobei im Vergleich zur deutschen Gewerkschaftslandschaft - wo ja nicht einmal Empfehlungen von Antragskomissionen aufgeschlüsselt werden - immerhin festzuhalten ist, dass über eben diese Abstimmung im Vorstand offen berichtet worden ist. a) Zum Ergebnis der Urabstimmung: Die Meldung "64% of postal workers voted to accept a settlement offer from Royal Mail bosses, which failed to meet many of the demands of strikers" vom 27. November 2007 bei libcom, inklusive genauerer Abstimmungsergebnisse b) Zur Abstimmung im CWU-Vorstand: Mit 9 zu 5 Stimmen hatte vor der Urabstimmung der Vorstand das Abkommen angenommen - in dem Beitrag "There needs to be a broad based campaign to reject the Deal" - ein Interview mit Dave Warren, einem der fünf, die dagegen gestimmt hatten - vom 1. November 2007 bei CWU Rankandfile werden noch einmal die Gründe für die Ablehnung dargestellt. c) Zu Inhalten des Vertrags: "Die Annahme des eine Lohnerhöhung unterhalb der Inflationsrate und Klauseln über einen Einstieg in weitere Flexiblisierungen beinhaltenden Tarifvertrages beendet einen sich über Monate erstreckenden Tarifkonflikt, welcher auch so erfreuliche Erscheinungen wie eine Reihe von wilden Streiks (vor allem in Liverpool) und Ansätze zur Organisierung einer klassenkämpferischen innergewerkschaftlichen Opposition unter PostlerInnen beinhaltete" so in der Meldung "Urabstimmung der CWU-Mitglieder nimmt Angebot an" bei entdinglichung vom 28.11.2007 mit Links zu weiteren gewerkschaftsoppositionellen Strömungen. V.Internationales / Polen / Arbeitskämpfe Der Streik im polnischen Gesundheitswesen auf dem deutschen Sozialforum diskutiert Das Sozialforum in Cottbus zu bewerten ist die eine Sache - die andere ist die Tatsache, dass es wie in jedem Sozialforum auch hier interessante und informative Veranstaltungen gab. "Der Arbeitskampf der Krankenschwestern aus dem Sommer dürfte noch in guter Erinnerung sein: tausende von Krankenschwestern belagerten den Platz vor dem Regierungssitz des polnischen Premiers in Warschau. Eine Delegation von vier Gewerkschafterinnen harrte acht Tage in der Regierungskanzlei aus, um mit Regierungschef Jaroslaw Kaczynski zu sprechen. Die sich kämpferisch gebende Gewerkschaft Sierpien 80, in Cottbus repräsentiert durch Ewa Groszewska, berichtete vom Widerstand gegen die Zeitarbeitsfirma IMPEL und deren Dumpinglohn- und ArbeitnehmerInnenentrechtungs-Praxis. Im April 2007 hatten in Wroclaw 1.500 Menschen vor der Zentrale von IMPEL demonstriert" - aus dem Bericht über die Forumsveranstaltung "Grenzüberschreitende Bewegung für soziale Rechte" von luna vom 11. November 2007 beim lavka info. VI.Internationales / Finnland Tarifstreit in finnischen Krankenhäusern beendet - Abschluss mit Haken ? Am 20. November sollten die Eigenkündigungen der gut 13.000 Beschäftigten der finnischen Krankenhäuser in Kraft treten. Doch einen Tag vor Ablauf des Ultimatums lenkten die die Bevollmächtigten von Tehy, der Gewerkschaft des ausgebildeten Personals im Sozial- und Gesundheitswesen ein und sprachen sich für die Annahme des Vergleichsvorschlags des Schlichters im Konflikt mit den kommunalen Arbeitgebern aus. Der Abschluss sieht eine Laufzeit von vier Jahren vor und ein Lohnvolumen von insgesamt 22 - 28 Prozent. Der Artikel "Abschluss mit Haken" von Richard Waldkemper (in einem Nachdruck aus arpo 4/07 der Gruppe Arbeiterpolitik) bei der Neuen Rheinische Zeitung vom 23. November 2007 VII.Internationales / Sambia Was soll eigentlich "Entwicklung" sein? Entwicklungshilfe für Sambia bis 1999: Das war einfach zu verstehen. Ihr bekommt Geld, sagten diverse EU-Staaten, unter einer Voraussetzung: Privatisiert endlich euere Kupferminen. Dann können sich die Profite der englischen Mutterunternehmen entwickeln, sagten sie natürlich nicht. Kupfer - immer noch das eigentlich reiche Rückgrat der Wirtschaft im neunärmsten Land der Welt - wird seitdem mehr gefördert, und das Land bekommt ungefähr einen Anteil von 6 Prozent der Gewinne. "Undermining Development" heisst deswegen eine Studie, die neben europäischen Organisationen auch von beiden Gewerkschaftsföderationen Sambias und der Bergarbeitergewerkschaft im Oktober 2007 mit herausgegeben worden ist. Das wirken des britischen Unternehmens Vedanta erweits sich den konkreten Zahlen zufolge als ein Hemniss für jede Art von Entwicklung. VIII.Internationales / Simbabwe Sleep-In als Protestform 70 ArbeiterInnen des staatseigenen Betriebes "Kingstons Limited" in der simbabwischen Hauptstadt Harare erproben gerade eine neue Protestform. Da sich die Firma bzw. die Regierung weigert, die Hungerlöhne zu erhöhen und die miserablen Arbeitsbedingungen zu verbessern, haben sie die vierte Etage des Firmensitzes besetzt und in einen Schlafsaal umgewandelt. Seit nunmehr über einer Woche schlafen und beten sie nach der Arbeit dort. Warum ist schnell erklärt: Die Arbeits- und Lebenssituation unter der Regierung Mugabe ist desaströs. Das Land leidet u.a. unter einer Hyperinflation und die Situation der protestierenden ArbeiterInnen ist typisch für die simbabwischen Verhältnisse. Nach Berechnungen des Gewerkschaftsverbandes können 80% der simbabwischen ArbeiterInnen nicht mehr von ihrem Gehalt leben. So auch die ArbeiterInnen bei "Kingstons Limited". Der Verdienst reicht nicht einmal mehr um die Fahrt zur Arbeit zu bezahlen, von Miete oder gar Lebensmitteln gar nicht erst zu sprechen und so bezeichnen sich die Protestler sicherlich nicht zu Unrecht als Sklaven und ebensolche schlafen traditionsgemäß neben der Arbeitsstelle. Siehe dazu zwei Berichte, die sich inhaltlich ergänzen: a) "Workers 'Sleep In' Over Low Salaries" von Caiphas Chimhete und Vusumuzi Sifile im Zimbabwe Standard (Harare) vom 26. November 2007 und b)"Kingstons workers sleep-in at work as government fails to meet pay demands" - eine Radiosendung von Henry Makiwa bei Radio Africa Zimbabwe vom 26. November 2007 IX.Internationales / USA / Arbeitskämpfe Bühnenarbeiter beenden nach Einigung Streik am Broadway Nach ihrem mehr als zweiwöchigen Streik haben die Bühnenarbeiter am New Yorker Broadway ihren Streit mit den Theaterproduzenten beigelegt. Beide Seiten hätten in der Nacht eine Regelung gefunden, teilte die Vorsitzende der Vereinigung der Theaterbesitzer und Produzenten, Charlotte St. Martin, mit. Einzelheiten nannte sie nicht. Sie betonte lediglich, es handle sich um einen "guten Kompromiss". Schon im Laufe des Tages sollen nach ihren Angaben die Lichter in den 27 betroffenen Häusern an New Yorks berühmter Theatermeile wieder angehen?Die AFP-Meldung "Bühnenarbeiter beenden nach Einigung Streik am Broadway" vom 29. November 2007 bei Yahoo-Nachrichten. X.Internationales / USA / Arbeitskämpfe / Streik der Drehbuchautoren a) We Support! - Team Germany Erste Bilder und ein Video von der gestrigen Kundgebung vor dem Brandenburger Tor. Siehe die Sonderseite des Verbandes Deutscher Drehbuchautoren b) Writers in Nine Countries Rally in Solidarity with the WGA Von den weltweiten Aktionen berichtet die amerikanische Seite der WGS West in Los Angeles XI.Internationales / Südkorea / MigrantInnen und prekär Beschäftigte Funktionäre der Migrantengewerkschaft verhaftet Am 27. November wurden MTU Präsident Kajiman, Vize-Präsident Raju und Generalsekretär Masum verhaftet. Von der Gewerkschaft selbst und vom Gewerkschaftsbund KCTU wird dies als eine weitere direkte Repressionsmaßnahme gegen die MTU bewertet. Deswegen gilt der Solidaritätsaufruf (inklusive Musterprotestbrief und Kontakten für weitere Informationen) "Urgent Call for International Solidarity - Migrants' Trade Union Leadership Arrested on November 27th" auch der landesweiten wie internationalen Öffentlichkeit. ... bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |