Home > News > Freitag, 18. März 2005 | |
Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, neu im LabourNet Germany am Freitag, 18. März 2005: I.Internationales / Südafrika / Gewerkschaften COSATU macht Kehrtwende im Verhältnis zu sozialen Bewegungen Auf dem 8.Gewerkschaftstag 2003 lautete der COSATU Beschluss, die Gewerkschaften Südafrikas würden mit jenen sozialen Bewegungen zusammenarbeiten, mit denen "gemeinsame politische Zielsetzungen" bestünden. Was praktisch hiess, Front gegen die sozialen Bewegungen zu machen, die ja zumeist eben gerade aus Ablehnung von Regierungspolitik der ANC/COSATU/KPSA-Koalition entstanden sind - wie etwa Strompreiserhöhungen, Wasser-Privatisierung - und vom ANC in schlechtester Tradition als "Ultralinke" bekämpft werden. Auf der Konferenz "10 Jahre Demokratie" wurde nun eine Resolution verabschiedet, die prinzipiell die Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen festlegt, um die Arbeiterbewegung zu stärken. Nichts wird in der Resolution darüber gesagt, was diese Kehrtwende a) mit der Schwächung der Gewerkschaftsbewegung durch Privatisierung, Flexibilisierung und Regierungsbeteiligung und b) mit dem eindeutigen Anwachsen dieser meist autonomen sozialen Bewegungen zu tun hat. Da selbstkritisches Herangehen auch in Südafrika nicht zu den Stärken der Gewerkschaftsbewegung gehört, bilanzierte COSATU-Generalsekretär Vavi gleich 230 Initiativen, die der Gewerkschaftsbund in den 10 Jahren für "die Armen" ergriffen habe - dass kaum eine davon aufgegriffen wurde, mag ein Hinweis auf die Stärke der Gewerkschaften in Südafrika sein. Konferenzdokumente wiesen daraufhin, dass von der jährlich halben Million neuer Menschen auf dem Arbeitsmarkt etwa 20 Prozent im formellen Sektor Beschäftigung finden - der grosse "Rest" im informellen, zu dem die sozialen Bewegungen wesentlich besseren "Zugang" hätten, als die Gewerkschaften. Der (englische) Bericht "Union smooches social movements" von Vicki Robinson in der Tageszeitung "Mail and Guardian" vom 11.März 2005, den wir hiermit kurz zusammengefasst haben. II.Internationales / Griechenland / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe ...und brachten das Land weitgehend zum Stillstand So ist der Tenor der ersten Berichte über den landesweiten 24 Stundenstreik zweier Gewerkschaftsföderationen am 17.März 2005 gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung Karamanlis - der ersten grossen Widerstandsaktion seit dem Wahlsieg der Konservativen vor einem Jahr: a) "Hunderttausende streiken in Griechenland gegen Politik der Regierung" Ein redaktioneller Bericht bei dem Schweizerischen Nachrichtenportal "20 Minuten" vom 17.März 2005 b) "National strike grounds flights and halts government services" Ein (englischer) Bericht von Helena Smith in der Zeitung "The Guardian" vom 18.März 2005, der unterstreicht, dass insbesondere im öffentlichen Dienst und darin dem Transportwesen der Streikaufruf massiv befolgt wurde. c) "Greek economic woes spark strike" Ein (englischer) Bericht von Richard Galpin bei "BBC-News" vom 17.März 2005 , in dem der Brüsseler Druck auf die Regierung Karamanlis hervorgehoben wird III.Internationales / Bolivien Neuwahlen in Bolivien angekündigt - Brennstoffgesetz verabschiedet Nach dem Rücktritt vom Rücktritt hat Boliviens Präsident Mesa versucht, seine Offensive weiterzuführen: Neuwahlen im August, weil das Parlament so nicht arbeitsfähig sei (weil es das Brennstoffgesetz nicht so verabschiedet hat, wie er es wollte). Dieweil stärken seine Manöver eher die im letzten Jahr gefährdete Einheit der sozialen Oppositionsbewegungen und Gewerkschaften. Aus La Paz berichtet Dario Azzellini am 17.März 2005. IV.Internationales / Marokko Solidaritäts-Karawane mit den Bergarbeitern von Imini Von 5. bis 7.März 2005 fand die Solidaritätskarawane mit den im Januar 2005 verurteilten 6 Bergarbeitern der Imini-Mine statt, die auch an Werkswohnungen und der (Tagebau) Zeche vorbei führte. Ein kurzer (französischer, mit deutscher Zusammenfassung) Bericht von Thierry Lafraude vom 17.März 2005 für die Emailliste Menschenrechte im Maghreb. V.Internationales / Angola Viele Diamanten. Kein Wasser Der Bürgerkrieg in Angola ist zuende, die katastrophalen Zustände gehen weiter - und damit sind nicht nur die deutschen Wertarbeit-Minen gemeint, die immer noch Menschen zerfetzen. (Wenn wir nicht, machen es halt andere, ist bei so etwas immer die Ausrede). Es gibt jede Menge Diamanten - und viele Erwerbslose (aus Angola und anderswo) versuchen, trotz Militäreinsatz, sie "privat" abzubauen. Dafür ist eine öffentliche Wasserpumpe in der Hauptstadt Luanda bereits ein Fortschritt. Ein Gespräch mit João Passos Leite (Mitglied einer Anwohner-Wasserkomission in Luanda), geführt Ende Januar 2005 in Porto Alegre, unter anderem über die Fragen, warum viel Geld für den Krieg da war, aber keines für Wasser - und was AngolanerInnen von deutscher Wertarbeit halten. VI.Internationales / Mauritius Protestierende chinesische Arbeiter leisten Widerstand gegen Polizeieinsatz Die Textilbranche in Mauritius kämpft mit Schwierigkeiten auf dem Weltmarkt - ausser der CMT, dem profitträchtigsten Textilunternehmen. Weil dort Hunderte (billiger arbeitende) Vertragsarbeiter aus China beschäftigt werden. Am 8.März 2005 starb Hu Xiao Bing, ein 30 Jahre alter Vertragsarbeiter. Daraufhin kam es zu Protesten, bei denen Transparente zu sehen waren mit Aufschriften wie "Zuviel Arbeit tötet". Proteste, die - ausser heftigen Anfeindungen druch Einheimische - sich sofort mit der Polizei konfrontiert sahen, eine Konfrontation, die eskalierte, als die Polizei (offensichtlich zudem noch in Verletzung chinesischer Trauerregeln) den Körper zur Autopsie beschlagnahmen wollte. 11 verletzte Arbeiter und 6 verletzte Polizisten waren das Ergebnis - und Beiträge in den lokalen Medien, in denen die Frage aufgeworfen wurde, was es denn für Arbeitsverhältnisse sein müssten, wenn selbst die "arbeitswilligen" Chinesen sie zu hart fänden. Der (französische) Bericht "Compagnie mauricienne de textile : les ouvriers chinois défient la police" von Jean-Denis Permal in der Zeitung "L'Etoile" vom 9.März 2005 im Portal "Allafrica". VII.Internationales / Ägypten Seit über einem Monat: Textilarbeiterstreik ohne Gewerkschaft Seit dem 13.Februar 2005 streiken rund 400 Arbeiter des (staatlichen) Textilunternehmens ESCO-Awadem Betriebs in Qalyoub. Seit letzter Woche erhalten sie keine vollen Löhne mehr, ab nächsten Monat überhaupt nichts mehr. Die - ohne viel Hoffnung gestellten - Anfragen an die General Federation of Trade Unions (GFTU), die staatstragende (und regierungsnahe) Föderation blieben ohne Antwort, leisten die Arbeiter doch Widerstand gegen die Regierungspoltiik, gegen die Privatisierung der staatlichen Textilindustrie nämlich. Das seit Juli 2004 gültige neue Arbeitsgesetz aber legalisiert ausschliesslich Streiks der GFTU - und ermöglicht ausserdem Entlassungen, wenn Beschäftigte "die Erwartungen nicht erfüllen" ohne dass dies näher ausgeführt werden muss. Wer von Demokratisierung des Mubarak-Regimes spricht, kann von den Arbeits- und Gewerkschaftsgesetzen nicht schweigen. Der (englische) Bericht "Survival at stake" von Faiza Rady in der englischen Wochenausgabe der Zeitung "Al Ahram" vom 10.März 2005. VIII.Internationales /Argentinien / Ansätze zur Selbstverwaltung / Zanon Pressemitteilung der Zanon-Arbeiter Die systematischen Angriffe gegen die Arbeiter (und ihre Familien) der selbstverwalteten Zanon-Keramikfabrik gehen weiter: Die Belegschaft von Zanon und die Gewerkschaft der KeramikarbeiterInnen haben in einer (spanischen) Pressemitteilung vom 10.März 2005 nicht nur ihre Entschlossenheit weiterzumachen bekundet, sondern vor allem unterstrichen, sie würden eine eigene, unabhängige Untersuchungskomission der Vorfälle organisieren, da sie der Polizei und Justiz des Bundesstaates ebensowenig vertrauten wie der Regierung - und dies erst recht nach den ersten "Ergebnissen" der polizeilichen Untersuchung... IX.Internationales / Nepal Gemeinsame Erklärung der zwei grossen Gewerkschaftszentralen Seitdem der König von Nepal am 1.Februar 2005 per Dekret Teile der Verfassung aufhob, gibt es in dem Bergland täglich politische Demonstrationen und Kundgebungen, nicht zuletzt getragen von der Gewerkschaftsbewegung. Erstmals seit langem haben aus diesem Anlass die beiden grossen Gewerkschaftszentralen GEFONT und NTUC am 13.Februar 2005 eine gemeinsame Presseerklärung veröffentlicht, in der sie die Auswirkungen des Erlasses kritisieren, die umfassende Behinderung gewerkschaftlicher Arbeit bedeuteten - und gleichzeitig ihre Mitglieder und Funktionäre auffordern, in der Gewerkschaftsarbeit "normal" fortzufahren. Die gemeinsame (englische) Presseerklärung beider Verbände "Two National Centre of trade unions react collectively" , wie sie am 8.März 2005 im "GEFONT E-Newsletter" veröffentlicht wurde. X.Internationales / Iran Arbeiteraktivist "verschwunden" - Solidarität gefragt Seit Anfang März wurde Bahaedin Hosseini bedroht - seit einigen Tagen ist er "verschwunden". Im neuen API-Eilrundbrief wird die Vermutung untermauert, er sei vom Geheimdienst entführt worden. Der Bericht und Aufruf im API-Brief vom 13.März 2005. XI.Internationales / Türkei "Illegale" Siedler in Istanbul wehrten sich erfolgreich Schon im November 2004 gab es im Bezirk Pendik im (asiatischen) Großraum Istanbul tagelange Auseinandersetzungen zwischen (illegalen) Bewohnern eines "Gecekondu" im Stadtteil Ertugrulgazi und den "Ordnungskräften", bei denen es auf beiden Seiten mehrere (leicht) Verletzte gab. Anlaß war der Abriß von 14 Häusern, der auf staatseigenem Land gebauten Siedlung. Solche Auseinandersetzungen gibt es in der Türkei oft - aber die heutigen politischen Bedingungen sind andere. Während es bisher - in der Regel - so war (wie in vielen anderen Ländern auch), dass diese illegalen Hüttensiedlungen nach und nach legalisiert wurden und verbessert (meist mit einer Amnestie durch die jeweilige Regierung vor Wahlen) hat die Regierung Erdogan ein Gesetz verabschiedet, das Strafen bis zu 5 Jahren Gefängnis für illegalen Hüttenbau vorsieht und der Premierminister hat öffentlich eine weitere Amnestie ausgeschlossen. Dennoch kam es nach dem militanten Auseinandersetzungen - von Seiten der BewohnerInnen vor allem von rund 1.000 jugendlichen mit Stöcken und Steinen geführt - zu einem Kompromiß, der diese Siedlung legalisierte. Eines der Grundprobleme für die Erdogan-Regierung ist dabei, dass rund 38 Prozent aller Wohnbauten in der Türkei ohne Erlaubnis gebaut wurden. Der Überblick "Squatter riots, then a solution" aus AFP-Meldungen zwischen 28.Oktober und 1.November 2004 wurde von Robert Neuwirth am 15.März 2005 in seinen Blog "Squattercity" gestellt. ...das müssen ja jetzt alle auf dem Handy lesen, wg unterwegs nach Brüssel, München oder sonstwohin? Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |