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Updated: 18.12.2012 15:51 |
"Neuwahlen in Bolivien angekündigt - Brennstoffgesetz verabschiedet" Von Dario Azzellini, La Paz Die mächtigen Indigena- und Bauernbewegungen Boliviens haben am Mittwoch Morgen die Blockaden der Straßen im Land vorläufig aufgehoben. Sie sollen zwei Wochen lang ausgesetzt werden. So lange wollen die Bewegungen auf die Entscheidung des Senats zu dem am Mittwoch um 3:00 Uhr morgens vom Kongress verabschiedeten neuen Gesetz zu fossilen Brennstoffen warten. Präsident Carlos Mesa hingegen verkündete bereits am Dienstagabend um 20 Uhr in einer Ansprache, er werde dem Kongress einen Vorschlag für Neuwahlen am 28. August 2005 unterbreiten. Mesa verknüpfte seinen Vorschlag für Neuwahlen des Kongresses und des Parlaments mit dem einer Verfassungsgebenden Versammlung. Ihr sollen allen gewählten Abgeordneten angehören und innerhalb von sechs Monaten eine neue Verfassung entwerfen und verabschieden. Der aktuellen Verfassung nach kann der Präsident keine Neuwahlen ausrufen, die Entscheidung obliegt dem Parlament. Mesa nahestehende Abgeordnete deuteten jedoch an, der Präsident würde endgültig und sofort das Handtuch hinwerfen, sollte das Parlament sich nicht für Neuwahlen in der von Mesa vorgeschlagenen Form entscheiden. Mesa begründete seinen Schritt damit, der aktuelle Kongress sei nicht arbeitsfähig. Dies obwohl er seine Rede rund sieben Stunden bevor das Gesetz verabschiedet wurde hielt. Während sich alle anderen Parteien nicht zum Vorschlag der Neuwahlen äußerten, bezeichneten die größte Oppositionspartei MAS und diverse Abgeordneten bürgerlicher Parteien das Vorhaben als verfassungswidrig, Mesa wolle damit nur die weitere Debatte über das Gesetz zu fossilen Brennstoffen verhindern. Zunächst die Rücktrittsdrohung Mesas und nun sein Vorstoß für Neuwahlen trafen die meisten bürgerlichen Parteien, aber auch die MAS, wie eine kalte Dusche. Während die bürgerlichen Oppositionsparteien noch keine Präsidentschaftskandidaten aufgebaut haben, befindet sich die MAS in den Mittelschichten der urbanen Regionen, vor allem in La Paz, gerade in einem Stimmungstief. Die Sympathien, die Evo Morales in den vergangenen 14 Monaten gewinnen konnte, litten unter den aktuellen Blockaden. Doch auch Mesa, zuvor politisch ein Niemand, verlor scheinbar durch seine verworrenen Manöver der letzten zwei Wochen die wenige Unterstützung in Teilen der Mittelschichten, die er zuvor hatte gewinnen können. Demonstrierten am 6. März nach seiner Rücktrittsdrohung zumindest noch einige Tausend auf den Straßen La Paz’ für ihn, kam es in der vergangenen Woche zu keinerlei Sympathiekundgebung. Einen weiteren Rückschlag für Mesa stellte auch die am Dienstag vom Verfassungsgericht getroffene Entscheidung, Straßenblockaden als Protestform seien nicht verfassungswidrig. Damit kann die Regierung auch nicht die Polizei gegen die Protestierer einsetzen. Die Blockaden, die vor allem die wichtigste Agrarregion Boliviens um die zweitgrößte Stadt des Landes Cochabamba, und damit auch die Obst- und Gemüseexporte, lahm gelegt hatte, dauerten bereits fast zwei Wochen an. Grund der Proteste war der Konflikt um den Artikel 5 des von Präsident Mesa vorgeschlagenen neuen Gesetzes zu fossilen Brennstoffen. Mesas Entwurf kam den transnationalen Erdölkonzernen entgegen, demnach sollten auf geförderte fossile Brennstoffe 18 Prozent Abgaben und auf die Unternehmensgewinne 32 Prozent Steuern bezahlt werden. Die letztlich von den bürgerlichen und rechten Parteien verabschiedete Fassung jedoch entspricht weder den Vorstellungen von Präsident Mesa noch denen der linken Opposition. Die ersten vier Artikel wurden von der oppositionellen MAS mit abgestimmt, der umstrittene Artikel 53 zu den zu zahlenden Abgaben und Steuern allerdings nicht. Die vom Kongress verabschiedete Fassung legt 18 Prozent Abgaben und 32 Prozent Steuern auf die Produktion fest. Die Oppositionsbewegungen hingegen hatten 50 Prozent Abgaben gefordert. Allerdings muss das Gesetz noch im Senat diskutiert und verabschiedet sowie anschließend vom Präsidenten ratifiziert werden. Letzterer hat jedoch bereits angekündigt , er werde das Gesetz nicht ratifizieren. So ist eine erneute Protestwelle in spätestens 14 Tagen bereits vorprogrammiert. Und dann, so die Bauern- und Indigenaorganisationen, werde das gesamte Land zeitlich unbefristet lahm gelegt. |