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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 15. Februar 2012: I. Internationales / Griechenland / Schuldenkrise / Widerstand und Streiks gegen die Krise Wochenende in Griechenland: Ende der Proteste, Anfang des Kampfes? Brennende Gebäude in Athen, prügelnde Polizisten in Thessaloniki, fluchtergreifende Politiker - das vergangene Wochenende in Griechenland, nach der Zustimmung des Parlaments zum Austeritätsplan der Troika machte den Anschein einer neuen Situation: In unserer Materialsammlung "Vom Protest zum Widerstand?" vom 15. Februar 2012 versuchen wir, zur Klärung beizutragen. II. Internationales / Tunesien Leoni - Beschäftigte: Solidarität gefragt ! "Liebe Leute, im Januar habe ich in Tunesien bei einem Besuch bei der Gewerkschaft UGTT in Tunis KollegInnen des deutschen Automobilzulieferers Leoni kennengelernt. Leoni hat ca. 9000 Beschäftigte in Tunesien. Sie hatten sich zu einer Krisensitzung in Tunis getroffen, denn sie fürchteten die Schliessung eines der 3 Standorte von Leoni in Tunesien. Zu den deutschen Standorten Leonis haben sie bisher keinen Kontakt, würden sich aber sehr darüber freuen. Im Januar hatte ich einige von Euch hierzu angeschrieben, aber leider keine Antwort erhalten. Heute berichtet der Tagesspiegel über die geplante Werkschliessung von Leoni in Mateur/Tunesien (3500 Arbeitsplätze)" - so eine Mail u. A. an die Redaktion LabourNet Germany vom 12. Februar 2012: "Die Dürre nach der Revolution" von Arne Bensiek am 12. Februar 2012 im Tagesspiegel. Siehe dazu auch: "En Tunisie, une grande usine ferme en raison de "sit-in anarchiques"" - redaktioneller Artikel in Le Monde vom 10. Februar 2012. Die Mail mit diesen beiden Verweisen schliesst mit: "(Man achte auf die zynische Begründung!!!) Könnt Ihr bitte weiterhelfen, wie wir zu KollegInnen an den deutschen Standorten Leonis Kontakt aufnehmen könnten? (Die sind vermutlich gut in der IG Metall organisiert, zumindest taucht auf deren Seiten Leoni immer wieder auf.) Besten Dank!" Auf der Webseite von Leoni sind in Deutschland mehr als 20 Standorte angegeben, die Zentrale ist in Nürnberg. Sowie die neueste Meldung: "Leoni’s Mateur Plant Resumes Operations After Three Days of Closure" von Bernard Yaros am 13. Februar 2012 bei Tunisia Live - worin im wesentlichen ein Statement der Presseabteilung von Leoni verbreitet wird, die sagt es sei niemals eine dauerhafte Schliessung des Werkes erwogen worden - aber die Bedrohung von Beschäftigten und Managern durch Aktivisten der UTT erneut als Begründung für die vorübergehende Werksschliessung angeführt wird - Schliessung wegen Gewerkschaftsaktivitäten also als normal interpretiert werden, was wohl deutlich macht, dass Solidarität nach wie vor nötig ist... III. Internationales / Portugal / Krise / Empörung Die grösste Demonstration der letzten 30 Jahre "In Lissabon demonstrieren Hunderttausende gegen den Sparkurs der Regierung, der größte Gewerkschaftsverband verweigert seine Zustimmung zu Reformen. Wieder ist von einem Schuldenschnitt die Rede. (...) Im Januar hat die Regierung mit Unternehmerverbänden und kleineren Gewerkschaften ein Abkommen über tiefgreifende Arbeitsmarkt-Reformen unterzeichnet. Der größte Gewerkschaftsdachverband des Landes, der rund 800.000 Mitglieder starke CGTP, unterzeichnete das Abkommen allerdings nicht. Die angestrebten Reformen stellten "eine Rückkehr zum Feudalismus" dar, klagte der Verband. Das Abkommen, das unter anderem Entlassungen erleichtert, drei Feiertage abschafft, das Arbeitslosengeld, Zahlungen für Überstunden und Abfindungen kürzt und auch die Höchsturlaubsdauer von 25 auf 22 Tage pro Jahr reduziert, wurde auch von der Opposition als sozial ungerecht zurückgewiesen..." - so beginnt "Portugal begehrt auf" ein Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 13. Februar 2012. Siehe dazu auch: "Auch Lissabon empfängt Troika mit Protesten" redaktioneller Beitrag im Diario de Noticias der am 13. Februar 2012 (zusammen mit dem Leitartikel vom selben Tag) bei presseurope zusammenfassend übersetzt wurde. IV. Internationales / Spanien / Krise Generalstreik. Wenn er angebracht sei... "Die von der spanischen Regierung am Freitag dekretierte Arbeitsmarktreform stößt auf den Widerstand. Ein Treffen der Arbeitsministerin Fátima Báñez mit Führern der großen Gewerkschaften hat am Montag die Gräben vertieft. Nun haben die großen Arbeiterkommissionen (CCOO) und die kleinere Arbeiterunion (UGT) zu Demonstrationen im ganzen Land für den kommenden Sonntag und zu sich steigernden Protesten für die Zukunft aufgerufen. Vor dem Treffen hatten CCOO-Chef Ignacio Fernández Toxo und UGT-Chef Cándido Méndez angekündigt, die Regierung habe es in der Hand, ob es zum Generalstreik kommt. Nach dem Treffen sagten sie, er komme, wenn er "angebracht" sei. Während die Regierung von einer "Reform für Einstellungen" spricht, spricht Toxo von einer "Reform für Entlassungen" - so beginnt der Artikel "Spanien erneut auf dem Weg zum Generalstreik" von Ralf Streck am 14. Februar 2012 bei telepolis. Siehe dazu auch: "Extrem aggressive Arbeitsmarktreform" - Artikel von Ralf Streck auf Heise-news vom 11. Februar 2012, wo es heisst: "Spanien will mit einer weiteren Arbeitsmarktreform die Rekordarbeitslosigkeit bekämpfen Die neue konservative Regierung hatte im Dezember eine Arbeitsmarktreform angekündigt, falls es die Tarifparteien bis Januar nicht schaffen, sich auf eine Reform zu einigen. Nun hat die Regierung unter Mariano Rajoy sie am Freitag als Dekret beschlossen, um die Maßnahmen sofort wirksam werden zu lassen. Nach der Veröffentlichung im Gesetzesblatt sollen sie schnell in Kraft treten." V. Internationales / Italien Nachhaltiges Urteil wegen nachhaltigem Asbest gegen nachhaltigen Unternehmer... Die Reaktionen auf das Urteil gegen Stephan Schmidheiny und seinen belgischen Partnerbaron sind - vor allem in Italien und der Schweiz - heftig: Was die einen als Musterprozeß gegen Asbestprofiteure sehen, und dementsprechend als Durchbruch feiern, sehen andere als Manöver, den italienischen Staat bzw die entsprechenden Regierungen aus der Kritiklinie zu ziehen, während wieder andere die seit langem bekannten Lobpreisungen Schmidheinys wiederholen... "Das Gericht in Turin hat den Schweizer Stephan Schmidheiny und den belgischen Baron Jean-Louis de Cartier im Asbest-Prozess zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Stephan Schmidheiny will das Urteil an die nächsthöhere Instanz weiterziehen" - so beginnt die Meldung "Lange Haftstrafe: Schmidheiny will das Asbest-Urteil weiterziehen" in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens am 13. Februar 2012 Siehe dazu auch: "Die Schmidheiny-Familie und der Asbest – eine 90jährige Geschichte" im Schweizer Fernsehen, ebenfalls am 13. Februar 2012. Sowie: "Das Vermächtnis einer Schweizer Firma" von Maria Roselli bereits in der Ausgabe Nummer 9 aus dem Jahre 2002 der schweizerischen Wochenzeitung - ein Beitrag, der damals so begann: "In Casale Monferrato nimmt sechzehn Jahre nach der Schliessung von Stephan Schmidheinys Faserzementfabrik Eternit Italia die Anzahl der Asbestopfer dramatisch zu. 500 Menschen sind in der kleinen Stadt im Piemont bereits an Asbestkrebs gestorben. Via 20 Settembre, nur wenige Gehminuten von der Piazza Castello entfernt. Die Inschrift auf der Fabrikfassade ist verblasst, aber noch gut lesbar: «Eternit» steht da in geschwungenen roten Lettern. Das ist sie also, die Todesfabrik, wie sie die EinwohnerInnen von Casale Monferrato nennen. Bis Anfang der siebziger Jahre in belgischen Händen, wechselte sie 1973 in Schweizer Besitz und gehörte bis zum Konkurs im Jahre 1986 zum Imperium von Stephan Schmidheiny. Wo in den sechziger Jahren bis zu 3000 ArbeiterInnen geschäftig mit ihren Fahrrädern ein- und ausfuhren, steht heute ein rostiges Metallgitter und alle fünf Meter ein gelbes Warnschild: «Zona pericolosa, vietato l'ingresso» - Gefährlicher Bereich, Zutritt verboten! In Casale Monferrato sind aufgrund der Eternit laut offiziellen Angaben der Behörden bereits 500 Menschen an Asbestkrebs gestorben, und die Anzahl der Opfer nimmt sechzehn Jahre nach der Schliessung der Faserzementfabrik noch immer dramatisch zu. Jährlich sterben in der italienischen 37 000-Seelen-Stadt 25 Menschen allein an Brust- und Bauchfellkrebs (Mesotheliom), und bis zum Jahre 2020 wird sich aufgrund der langen Latenzzeit diese Zahl noch verdoppeln". Und: "Kapitalmacht haftbar gemacht? - Turiner Asbestprozeß stößt Fragen an" dokumentiert am 13. Februar 2012 im Schattenblick, worin es viel um Schmidheinys alternative Rolle geht. Schliesslich: "El Conquistador" von Constantin Seibt schon am 04. September 2003 in der schweizerischen WOZ - worin eben genau das alternative Unternehmertum Schmidheinys am Beispiel Holzproduktion in Chile konkret in Frage gestellt wird, bzw mit der Realität abgeglichen... VI. Internationales / Kolumbien Wochenend-Workshop-Wuppertal Am 31. März und 1. April 2012 gibt es in Wuppertal einen ausgesprochen interessanten und wichtigen Workshop zu Kolumbien - mit dem Schwerpunkt über die kolumbianische Gewerkschaftsbewegung. Vertreter von USO (Ölarbeiter) und SINALTRAINAL (Lebensmittel) werden anwesend sein - zwei der profiliertesten kämpferischen Gewerkschaften Kolumbiens - deren AktivistInnen oft genug Zielscheibe paramilitärischen Terrors sind. Organisiert wird dieser Workshop von Basisinitiative Solidarität (BaSo) Deutschland, Multiwatch Schweiz und Sinaltrainal Kolumbien. Zu den Unterstützern dieses Workshops gehört auch - gerne - LabourNet Germany, hier folgt: Die Einladung zum Workshop. Und: Der Ablauf des Workshops am 31. März und 1. April 2012 in Wuppertal. VII. Internationales / Kasachstan Sollen kasachische Gewerkschafter von Russland ausgeliefert werden? Zumindest gibt es Gespräche einer Delegation kasachischer "Sicherheitsdienstler" mit entsprechenden russichen Behörden, weshalb die beiden in Russland exilierten Vorsitzenden der unabhängigen Ölarbeitergewerkschaft befürchten, die nächsten in der Reihe zentralasiatischer Oppositioneller zu sein, die von Russland an ihre jeweilige Regierung ausgeliefert werden, ohne sich etwas zuschulden kommen zu lassen. Die Dokumentation "Leaders of all-Kazakhstan trade union, Zhanartu, in danger" am 14. Februar 2012 bei Campaign Kazakhstan enthält vor allem den offenen Brief der beiden betroffenen Gewerkschafter, der als Muster für Proteste bei kasachischen und russischen Botschaften benutzt werden kann - und soll. Siehe dazu auch: Versprochen: Geld zum Wiederaufbau. Gebaut: Das Rathaus... VIII. Internationales / Haiti "Unser Spiegel, unsere Schande" Haiti ist für die lateinamerikanischen Regierungen vergleichbar was Jugoslawien und ff für die westeuropäischen, insbesondere die deutsche Regierung ist und war: Grund, einen Menschenrechtskrieg vom Zaun zu brechen. Denn die Soldaten Brasiliens (das gerade den Zuzug haitianischer Flüchtlinge begrenzen will - sozusagen teutonische Vorgehensweise, das erste Mal in der Geschichte des Landes), Argentiniens und Uruguays sollen selbstverständlich nur und ausschliesslich Gutes tun - Frauen vergewaltigen, Slumbewohner erschiessen und Touristenressorts startklar machen, zum Beispiel. Eine Bilanz zwei Jahre nach dem Erdbeben ist der ausgesprochen lesenswerte Artikel "Haití: nuestro espejo, nuestra vergüenza" von Pablo Gentili am 11. Februar 2012 in seinem persönlichen Blog bei El Pais, der sich, vom Tätigkeitsschwerpunkt des Autors begründet, vor allem mit der Entwicklung des Bildungssektors befasst. IX. Internationales / Ägypten Der Protest - Generalstreik zum Jahrestag: Erfolg oder Fiasko? Zum Jahrestag des Abgangs des grossen Neoliberalen und Europafreundes Hosni Mubarak hatten zahlreiche Gruppierungen zum Streik gegen den herrschenden Militärrat - allesamt Mubarakfreunde, Europafreunde, neoliberal und mörderisch - aufgerufen, mit der Parole, sie sollten dahin gehen, wo ihr Oberboss schon ist - vor Gericht. "Bisher wenig Resonanz auf Aufrufe zum „Generalstreik“ in Ägypten" vom 12. Februar 2012 beim recherchejournal zum Aufstand gibt den allgemeinen Trend der Berichterstattung wieder, der von einem Fehlschlag ausgeht. Siehe dazu auch: "Ägypten: Teilerfolg für Generalstreik trotz Gegenkampagne der Moslembrüder" von Mohammad Aburous am 13. Februar 2012 bei Antiimperialista.org. der das differenzierter betrachtet, und darauf verweist, dass an Universitäten und in Betrieben das Echo durchaus teilweise recht stark war. Und: "Communiqué de la confédération des syndicats indépendants (EFITU)" ergänzt von einem Appell des Beratungszentrums CWTUS in einer Übersetzuung ins Französische vom 11. Februar 2012 bei Europe Solidaire X. Internationales / Japan / Erdbeben und Fukushima Längst noch nicht vorbei: Die Aufdeckung der Verhältnisse auch nicht... Während auf der einen Seite nach wie vor kontinuierlich Meldungen (Seite 7, letzte Spalte unten links) über den Zustand und die Entwicklung des Reaktors Besorgnis erregen, kommen auch ebenso kontinuierlich Meldungen und Berichte über die Bedingungen, unter denen die Katastrophe ihren Ursprung hatte zu Tage. So etwa in der Materialsammlung "The head of the Nuclear Safety Commission of Japan and a member of the government panel received donations totaling 7.1 million yen from the atomic power industry" von den Kyodo News am 17. Januar 2012 und jetzt bei Europe Solidaire in englischer Übersetzung: Die Experten, die die Sicherheit attestierten, haben halt ein bisschen Kohle gekriegt - natürlich nicht dafür, sondern eben so... Siehe dazu auch: "Der gute Mann von Fukushima" von Georg Blume am 10. Februar 2012 in der taz, der so beginnt: "Kurze Zeit waren die Atomsamariter von Fukushima in aller Munde. Heute herrscht Schweigen rund um die Reaktorruine. Ausgerechnet ein Arbeiter der Mafia spricht jetzt..." Und: "Yakuza labor structure formed base of nuclear industry" vom 02. Februar 2012 im Asahi Shimbun, ein Beitrag der klar macht, dass es kein Zufall ist, dass jetzt Arbeiter reden, die von der japanischen Mafia für die AKWs rekrutiert wurden - sie waren ohnehin die Mehrheit... XI. Internationales / Brasilien Wie gut, dass es Thyssen (bald nicht mehr?) in Brasilien gibt... Das Thyssenwerk bei Rio stand und steht in der Kritik: Erst von Betroffenen und sozialen Bewegungen, dann von der Justiz. Jetzt eine zusammenfassende Dokumentation des (wenig) segensreichen Wirkens: "Schlacke und Staub" von Christian Russau beim Berliner FCDL im Februar 2012. XII. Internationales / USA / Arbeitskämpfe ILWU: Der gemeinsame Kampf mit occupy war entscheidend... ...für die erkämpfte Bereitschaft des Unternehmens EGT in Longview, dann doch einen Vertrag mit der ILWU, Gewerkschaft der Hafenarbeiter an der Westküste, zu unterzeichnen. Die EGT, Tochterunternehmen von Bunge einem Global Player der Nahrungswirtschaft, hatte zunächst sogar Militärhilfe in Anspruch genommen, um den Streik der ILWU zu zerschlagen - und hat nach Vertragsabschluß die Gewerkschaft aufgefordert, über die Tatsache des Abschlußes auch alle ihre Verbündeten zu informieren, wird in dem Statement "Longshore workers name Occupy Movement as crucial in settlement with EGT" von occupy egt am 11. Februar 2012 unterstrichen. ...bis zum nächsten Mal, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |