Home / News / Freitag, 13. Mai 2011
Updated: 18.12.2012 16:22
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Liebe KollegInnen,

Neu im LabourNet Germany am Freitag, 13. Mai 2011:

I. Internationales / Griechenland

Immer neue Kürzungen, immer neue Drohungen: Neuer Generalstreik

Wie immer, wenn in Griechenland gegen Kürzungen und europäisch diktierten Haushalt protestiert wird, ist insbesondere in der BRD das Echo mißbilligend: anderswo in Europa aber auch. Verständlich: Schliesslich sind deutsche Banken vor allem in die entsprechenden Geschäfte verwickelt...Die griechische Regierung unterdessen gerät in wachsende Schwierigkeiten - immer mehr Parlamentarier und Parteigliederungen scheren aus - der Druck der Proteste ist enorm.

Die NZZ vermeldet: "Aus Protest gegen die drastischen Sparpläne der Regierung sind in Griechenland viele Arbeitnehmer in den Streik getreten. Betroffen ist vor allem der staatliche Sektor" in "Neuer Generalstreik lähmt Griechenland" externer Link am 11. Mai 2011

Anders der Ton hier: "Die beiden Gewerkschaftsdachverbände Griechenlands haben für heute zum zweiten Generalstreik des Jahres aufgerufen. Den gebetsmühlenartig vorgetragenen Dementis aus Athen und Brüssel, das Land würde seine Schulden sehr wohl wie geplant begleichen, glaubt im Lande wohl niemand mehr" aus "Die Griechen wehren sich" externer Link von Anke Stefan in Neues Deutschland am 11. Mai 2011

Dass auch im Sinne der Gläubiger nichts besser wird, mag mensch nur insofern kümmern, als es hinweis darauf ist, wie tief der Krisenprozße reicht. Gemerkt hat es sogar der Spiegel, einige Eingangssätze könnten gar als Selbstkritik verstanden werden: In "Griechenland droht das doppelte Desaster" externer Link von Christian Teevs am 10. Mai 2011 wird immerhin von einer Spar-Schulden-Spirale gesprochen...

In "Why Greece Should Reject the Euro" externer Link darf Mark Weisbrot als Gastautor sogar in der New York Times darüber nachdenken, welche Vorteile Griechenland vom Verlassen der Eurozone hätte...

Auf vielen Netzseiten diskutiert wird der Beitrag "Paying for Europe's banking mess" externer Link den der britische marxistische Wirtschaftswissenschaftler Michael Roberts am 16. März 2011 in seinem Blog veröffentlicht hatte...

Derweil die europäisch-demokratische realpolitische Reaktion auf die Proteste: "Brutale Polizeigewalt gegen Demonstrierende in Griechenland" externer Link - ein Bericht in der jungen welt vom 13. Mai 2011...

II. Internationales / Portugal

Lena? Lieber "Menschen des Kampfes" !

"Als die portugiesische TV-Comedy-Truppe »Homens da Luta« ihren Song »A luta é alegria« veröffentlichte, wollte sie eigentlich die Nelkenrevolution parodieren. Doch was als Spaßguerilla begann, wurde die Hymne der Protestbewegung gegen die Regierung. Jetzt vertritt die Rebellencombo Portugal beim Eurovision Song Contest in Düsseldorf" - das ist aus "Rebellencombo beim Eurovision Song Contest" externer Link ein Artikel von Yaak Pabst auf Marx21 vom 28. April 2011, worin es weiter heisst:
"Dass die Protestbewegung noch an einem ganz anderen Ort Aufsehen erregt, hätte niemand erwartet. Schauplatz ist die Fernsehshow, in der der portugiesische Beitrag für den Eurovision Song Contest (ESC) gekürt werden soll. Unter den zwölf Finalisten befindet sich auch die TV-Comedy-Truppe »Homens da Luta«. Das bedeutet übersetzt »Menschen des Kampfes«. Als sie die Bühne betritt, um ihr Lied »A luta é alegria« (»Kampf ist Freude«) zu spielen, werden Millionen Fernsehzuschauer Zeuge, wie sich die Demonstrationen gegen die Regierung auf der Bühne fortsetzen. Im Rampenlicht der Kameras stehen ein Bauarbeiter, eine Lehrerin, ein Soldat, eine Bäuerin, ein Liedermacher und ein Aktivist mit Megaphon. Alle haben eine rote Nelke deutlich sichtbar an ihrer Berufskleidung stecken - eine Anspielung auf die widerständige Geschichte Portugals: In die Gewehrläufe aufständischer Militärs gesteckte Nelken waren das Zeichen der Bewegung, die im Jahr 1974 die autoritäre rechte Diktatur stürzte. Daher wird sie als »Revolução dos Cravos« (Nelkenrevolution) bezeichnet. Die Bandmitglieder halten Plakate hoch, auf denen »Kampf« und »Freude« steht. Sie recken die Fäuste in die Luft, der Sänger agitiert die Zuschauer über ein Megaphon. (…)Auch in den Folgejahren setzte sich Portugal in seinen Grand-Prix-Beiträgen musikalisch mit der Diktatur und ihrer Überwindung auseinander. Doch noch nie forderte ein Song im ESC so explizit zur Gegenwehr auf. Die letzte Zeile singen die sechs Musiker a capella: »Lasst uns in dieser Situation feiern und gegen die Reaktion singen - Der Kampf geht weiter!« - weltweit, in Portugal und definitiv am 14. Mai in Düsseldorf beim Finale des Eurovision Song Contest. Kämpfen wie in Portugal - Televoten!" Und, auch wenn welche berichtet haben, die Gruppe sei ausgeschieden: Portugal ist Sieger der Herzen!

III. Internationales / Ungarn

Jagd auf Roma geht weiter

"Eine idyllische Frühlingslandschaft breitet sich im nördlichen Zentralungarn aus. Von Weitem ist schon der schlanke, holzverkleidete Turm der gotischen Pfarrkirche von Gyöngyöspata zu erkennen. Aber am Ortseingang steht die Polizei und kontrolliert die Papiere. Es soll verhindert werden, dass Mitglieder einer Wehrsportmiliz mit dem Namen Vedero (Schutzmacht) ins Dorf kommen. Die kleine Ortschaft im Komitat Heves ist über Nacht bekannt geworden durch Auseinandersetzungen zwischen der ansässigen Romabevölkerung und rechten Milizen. Jetzt herrscht Belagerungszustand…" so beginnt der Artikel "Rechte belagern Roma in Ungarn - Das Terrorregime der Miliz" externer Link von Ralf Leonhard in der TAZ vom 09. Mai 2011

IV. Internationales / Frankreich / Politik und Wirtschaft

Flüchtlinge aus Tunesien? Pas "bien venu". Solidarität mit ihnen auch nicht...

Jene etwa 20.000 Menschen, die aus Libyen über die Grenze nach Tunesien geflüchtet sind, werden verpflegt und untergebracht, so gut es geht. Da fallen sogar Worte wie Gastfreundschaft und helfen. Ganz anders jene - viel, viel weniger TunesierInnen, die ins reiche europa flüchten. Berlusconifans werden hysterisch, und in Sarkozyland marschiert die Republikanergarde, dazu da, die republik en garde zu halten. Der Erfahrungsbericht "Tunesia power" pdf-Datei von Bernard Schmid vom 12. Mai 2011.

V.Internationales / Tunesien

Der weitere Kurs: Polizeistaat?

"Erneut wurde am Wochenende in Tunis ein Ausgangsverbot verhängt. Grund waren Gewaltausschreitungen bei Demonstrationen, die weiter die Absetzung der Übergangsregierung fordern, an der bekanntlich aus viele Politikern des früheren Regimes beteiligt sind. Die Unterschiedung zwischen dem friedlichen Teil der Demonstrationen, die in der Hauptstraße Avenue Habib Bourguiba marschierten, und dem gewalttätigen, ist offenbar zu schwierig für die Polizei - oder liegt gar nicht in derem Interesse. Ihr hartes Vorgehen und die 70 Verhaftungen begründete sie mit Banden, die Geschäfte demoliert und geplündert haben" - so beginnt "Aufgeheizte Übergangsphase in Tunesien" externer Link von Thomas Pany am 10. Mai 2011 bei telepolis.

Siehe dazu auch: "MPs and trade union General Secretaries denounce repression in Tunisia" externer Link eine Protesterklärung von britischen Gewerkschaften und Abgeordneten gegen die Repressionsversuche in Tunesien, am 10. Mai 2011 bei Middle East Workers solidarity

VI. Internationales / Ägypten

Erster landesweiter Ärztestreik - nicht aufzuhalten...

Versucht hatten sie es schon oft, denn ihre Arbeitsbedingungen schreien zum Himmel: Einen landesweiten Streik der Ärzte an öffentlichen Krankenhäusern. Diesmal konnte die alte Gewerkschaftsführung den Streik nicht verhindern, wie sie es beim letzten Versuch 2008 getan hatten. Stattdessen ermittelt jetzt ein Satzungskomitee gegen den Gewerkschaftsvorsitzenden wegen Streikbruchs, laut Statuten ein Ausschlussgrund. Der Bericht "Egyptian doctors hold first nationwide strike" externer Link von Yasmine Fathi am 10. Mai 2011 bei Al Ahram Online, worin auch deutlich wird, dass es wieder einmal Drohungen von Seiten der Übergangsregierung gab, die nichts nutzten...

Und: "Mahalla at forefront of workers' struggle" externer Link ein Video vom 1. Mai 2011 bei Al Jazeera aus dem Ort, der von vielen als "Wiege der ägyptischen Revolution" betrachtet wird...

VII. Internationales / Elfenbeinküste

Kaum ist Demokratie, schon verschwinden Gewerkschafter...

Die Elfenbeinküste - die Menschen dort - hatten gewählt. Die Frage beiseite, wer gezählt hat, war die Darstellung in westeuropäischen Medien uniform: Outtara hat gewonnen, Demokratie ist, wenn er Präsident wird. Gbagbo, einst ein großer Held der Neoliberalen wurde in einem dieser heute schon üblichen Schmutzstücke im Unterhemd verhaftet. Jetzt kann es also losgehen, mit der Demokratie. Und schon verschwinden Gewerkschafter...Basile Mahan Gahé, Generalsekretär der Gewerkschaft Dignité wird seit dem 27. April vermisst - unter unklaren Umständen festgenommen, Verbleib unbekannt, bisher keine Antwort auf Nachfragen. Am 04. Mai 2011 hat der IGB einen offenen Brief an den neuen Präsidenten externer Link pdf-Datei verfasst und Aufklärung gefordert, sowie seine Freilassung, falls keine konkreten Anklagepunkte vorgebracht würden.

Siehe dazu auch: Die Erklärung der Antischuldenkoordination CAD Mali zu den Vorgängen in der Elfenbeinküste und in Libyen "Déclaration de la CAD-Mali" pdf-Datei vom 18. April 2011, in der unterstrichen wird, dass alle Interventionen für Demokratie und Menschenrechte bisher stets in Tod, Vernichtung und Fortsetzung der Asugangslage geendet hätten...

VIII.Internationales / Burkina Faso

Campaore lässt schiessen. Wieder mal.

Im Schatten der Ereignisse in den arabischen Staaten gab und gibt es auch in einer wachsenden Zahl anderer Staaten in Afrika massive Protestbewegungen - unter anderem in Burkina Faso. Seitdem am 20. Februar der Schüler Justin Zongo auf dem Gelände seiner Schule festgenommen wurde, weil er sich an einer Protestdemonstration beteiligt hatte, ist aus dem Protest ein Strum geworden, der weit über die Reihen von Schülern und Studenten hinausgeht: Zongo starb am selben Tag. Ursache: Meningitis. Sagt die Polizei. Da dies aber so gut wie niemand glauben wollte, gibt es nicht nur weiter wachsende Proteste, sondern auch Schusswaffeneinsatz - fünf weitere Todesopfer bis Ende März. Dazu bereits vom 01. März die Erklärung der Gewerkschaftskoordination "Déclaration du collectif syndical CGT-B sur les événements survenus à Koudougou" externer Link bei Liberation Afrique.

IX.Internationales / Kap Verde

Lebenslanges lernen auch hier. Und keine Arbeitsplätze...

Dass man lebenslang lernen soll - immer das, was Unternehmen gerade wollen, sonst nix, siehe Bachelor usw - ist auf der ganzen Welt zu einer Forderung an die Menschen geworden. Was dabei herauskommt, kann man nicht nur an vorherrschend prekären akademischen Jobs in Europa sehen, oder an protestierenden arabischen Jugendlichen mit viel Ausbildung, sondern auch auf Kap Verde. Auch dort nimmt die Zahl der ausgebildeten erwerbslosen Jugendlichen zu - vor dem Hintergrund einer Politik die parteiübergreifend die Privatisierung des Erzeihungswesens betreibt, schreibt in "A (des)adequação formação/emprego em Cabo Verde" externer Link der kapverdianische Sozialforscher Redy Wilson am 07. April 2011 bei Pambazuka.

X. Internationales / Philippinen

So tun, als ob: Familien und Migration

"Model Family Award ist ein Mitschnitt aus der philippinischen Fernsehsendung “Model OFW (Overseas Filipino Workers) Family of the Year Award”. In der Sendung werden philippinische Familien, deren Mitglieder in Übersee arbeiten, ausgezeichnet. Der Wettbewerb wird jährlich von der philippinischen Organisation OWWA (Overseas Workers Welfare Administration) ausgeschrieben und von globalen Unternehmen gesponsert. "Seit der Marcos-Regierung besteht das so genannte (und eigentlich als temporär gedachte) Overseas Employment Programm, welches die Philippinen als postkoloniales Entwicklungsland in Zeiten der globalen Marktliberalisierung konkurrenzfähig machen sollte. Heute leben und arbeiten mehr als 8 Mio. Filipinos im Ausland und erhalten durch ihre Geldsendungen zurück in die Heimat die Stabilität der dortigen Wirtschaft und des Peso. Diese Kommodifizierung der Menschen durch das Exportieren von Arbeitskraft hat zur Folge, dass Familien auseinander fallen und nur noch in der Imagination bestehen: "Like the nation, which the scholar Benedict Anderson defined as an 'imagined community', the family too, I believe, survives mainly in the imagination of its members." (Randolf S. David, Nation, Self and Citizenship) Hier ist es, wo der Model Family Award ansetzt: da diese Arbeitsmigration und die globalen Machtverhältnisse aus wirtschaftlichen Gründen erhalten werden sollen, muss dieser sozio-politische Misstand offiziell als etwas Positives deklariert werden. Der in den Medien allgegenwärtige Wettbewerb ist sowohl als Anerkennung der zu Opfern bereiten und hart arbeitenden Overseas Filipino Workers und deren Familien als auch als wirkungsvolle und profitorientierte Werbekampagne zu verstehen. Erfolgreiche
Familienbeziehungen mit einer Rückbesinnung auf so genannte traditionelle Werte and unternehmerisches Engagement werden geehrt." (Katharina Garrelt)." Das Video "Model family award" externer Link bei labournet.tv (englisch | 12 min | 2008).

XI. Internationales / Japan / Erdbeben 2011

Und sie sterben dahin, die Alten...

Die neueste Ausgabe (Nr 19 vom 12. Mai 2011) externer Link des Quake-Newsletter der autonomen Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba lässt einen Krankenhausbeschäftigten zu Wort kommen, der vom stiellen sterben vor allem alter Menschen in kaputtgesparten öffentlichen Krankenhäusern berichtet - und dies vor dem Hintergrund einer Entlassungswelle in ganz Japan.

...bis bald, Helmut

LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi


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