Kaum ist Demokratie, schon verschwinden Gewerkschafter...
Die Elfenbeinküste - die Menschen dort - hatten gewählt. Die Frage beiseite, wer gezählt hat, war die Darstellung in westeuropäischen Medien uniform: Outtara hat gewonnen, Demokratie ist, wenn er Präsident wird. Gbagbo, einst ein großer Held der Neoliberalen wurde in einem dieser heute schon üblichen Schmutzstücke im Unterhemd verhaftet. Jetzt kann es also losgehen, mit der Demokratie. Und schon verschwinden Gewerkschafter...Basile Mahan Gahé, Generalsekretär der Gewerkschaft Dignité wird seit dem 27. April vermisst - unter unklaren Umständen festgenommen, Verbleib unbekannt, bisher keine Antwort auf Nachfragen. Am 04. Mai 2011 hat der IGB einen offenen Brief an den neuen Präsidenten verfasst und Aufklärung gefordert, sowie seine Freilassung, falls keine konkreten Anklagepunkte vorgebracht würden.
Siehe dazu auch: Die Erklärung der Antischuldenkoordination CAD Mali zu den Vorgängen in der Elfenbeinküste und in Libyen "Déclaration de la CAD-Mali" vom 18. April 2011, in der unterstrichen wird, dass alle Interventionen für Demokratie und Menschenrechte bisher stets in Tod, Vernichtung und Fortsetzung der Asugangslage geendet hätten...
"Wir hatten keine Wahl..."
"Wenn die Elefanten kämpfen, leidet das Gras" - so, oder ähnlich - soll ein altes Sprichwort lauten. Nun sind weder Gagbo noch Outtara Elefanten, aber sie haben einiges Gewicht und den beiderseitigen Anspruch auf die Präsidentschaft der Elfenbeinküste. Der Eindruck, der in der bürgerlichen Berichterstattung erweckt wird ist "Demokratie versus Willkür". Der Eindruck, der bei genauerem Hinsehen entsteht ist ein anderer: Eher ein Clankampf mit wechselnden Partnerschaften. Und: "Französisch" heisst in der Afrikapolitik in der Regel Fallschirmjäger. Eine knappe Materialsammlung "Wir hatten keine Wahl" vom 15. April 2011, worin das Schwergewicht darauf zu legen versucht wird, die soziale und politische Bedeutung dieser Auseinandersetzungen für die Menschen der Elfenbeinküste hervorzuheben.
Krise in der Elfenbeinküste: Neues Massaker in Abidjan
Dutzende Menschen sterben bei Artilleriebeschuss eines belebten Marktes in Abobo. Die UN sprach von einem möglichen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Artikel von Dominic Johnson in der TAZ vom 18.03.2011
Drei ungleiche Brüder
In der Elfenbeinküste streiten die Erben des Staatsgründers schon lange um die Macht. Artikel von Vladimir Cagnolari (aus dem Französischen von Nicolai Röschert und Niels Kadritzke) in der Le Monde diplomatique vom 14.1.2011
Ein Präsident zuviel "Côte d'Ivoires bisheriger Präsident Laurent Gbagbo ist vor allem für nationalistische Agitation und antikoloniale Posen bekannt. Obwohl er die Wahlen offenbar verloren hat, weigert er sich abzutreten. Doch auch Alassane Ouattara, der international als sein legitimer Nachfolger gilt, macht mit Ethnonationalisten gemeinsame Sache..." Artikel von Bernhard Schmid in der Jungle-World vom 13.01.11
Wenn die "Internationale Gemeinschaft" zum Problemlösen kommt...
Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern zweier Präsidentschaftskandidaten, von denen jeder behauptet, gewonnen zu haben. Gibt es des öfteren, aber in der Elfenbeinküste sind sie besonders heftig und blutig - mindestens 50 Menschen sind seit Mitte Dezember gestorben. Deswegen handelt die "internationale Gemeinschaft", als Mediator sozusagen. Dass etwa die Europäer gefälligst endlich ihre Finger von Afrika weglassen sollen wird in dem offenen Brief "Lettre Ouverte à Laurent GBAGBO, Alassane OUATTARA, Jerry Rawlings, Alpha Konaré" von VIKA RHOMADA, Vorsitzender der panafrikanischen Bewegung Panafmoov vom 04. Januar 2011 bei iciLome deutlich gesagt. Siehe dazu auch:
- "The Empire Strikes Back" von Gary Bush am 16. Dezember 2010 beim Nigerian Villagesquare - wo insbesondere die Rolle Frankreichs ("als UNO getarnt") herausgestellt wird.
Die Trader in Amsterdam, die Toten in Abidjan - Frankreich / Niederlande / Côte d'Ivoire : Internationaler Giftmüllskandal in Westafrika
"Acht Menschen sind tot, darunter vier Kinder, 66 liegen im Krankenhaus und über 60.000 haben sich in ärztliche Behandlung oder Untersuchung begeben. So lautet die vorläufige Bilanz der ökologischen und sanitären Katastrophe, die der westafrikanische Staat Côte d'Ivoire in den vergangenen Wochen erlebte. Auch das politische Gleichgewicht des Bürgerkriegsstaats wurde im Laufe des September durch die Giftmüllaffäre durcheinander gerüttelt. Allmählich beginnen die Gefahren nun aber abzuklingen, und in den letzten Tagen fing man auch an, einer Aufklärung der Verantwortlichkeiten näher zu rücken.." Artikel von Bernard Schmid vom 03.10.2006
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Aufsehen erregender Prozess gegen Verantwortliche für Giftmüllskandal - Aber die europäischen Schuldigen fehlen!
"Ein Prozess sorgt für hohes Aufsehen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent: Seit vergangener Woche, genauer seit dem 29. September, stehen in Abidjan (Wirtschaftsmetropole und größte Stadt der Côte d'Ivoire/Elfenbeinküste) die Verantwortlichen für den gigantischen Giftmüllskandal von August 2006 vor Gericht. Oder zumindest einige der Verantwortlichen. Anfang dieser Woche ging es weiter: Am Montag wurden damalige einheimische Verantwortliche etwa der Hafenbehörden zur Sache einvernommen, am Dienstag wurde der Prozess mit einer Anhörung von Experten fortgesetzt. Seit gestern ist das Verfahren nun ausgesetzt, nachdem mehrere Anwälte der Verteidigung ihr Mandat niedergelegt haben, weil eine von ihnen beantragte Verschiebung des Prozesses - der bis zur Anhörung bestimmter Zeugen in Gänze aufgeschoben werden solle - abgelehnt worden war. Am 13. Oktober wird es wieder aufgenommen." Artikel von Bernard Schmid vom 09.10.2008
- Giftmüll in Abidjan: Tote, Blockaden, Rücktritte
Am 19. August diesen Jahres betrieb ein Schiff namens Probo Koala (das am 2. Juli aus dem Amsterdamer Hafen ausgelaufen war) das, was im Baseler Abkommen von 1989 "illegal waste dumping" genannt wird. In Abidjan wurden 400 Tonnen offensichtlich giftiger Müll abgekippt, Brennstoffe. Das griechische Schiff war von der niederländisch-schweizerischen Gesellschaft Trafigura angemietet, fuhr unter panamesischer Flagge, mit russischer Besatzung und woher der Müll kommt weiss angeblich niemand. Neben den aktuellen Dämpfen, die dazu führten dass - laut Gesundheitsministerium - sechs Menschen starben und über 9.000 mit unterschiedlichen Graden von Symptomen die damit völlig überforderten Krankenhäuser aufsuchen mussten, besteht auch die Befürchtung, dass diverse Wasserläufe in Mitleidenschaft gezogen wurde, inklusive der berühmten Lagune von Abidjan. Die Bevökerung reagierte mit zahlreichen Blockaden der unterschiedlichen Zugänge zu Müllkippen - der Sitz der Hafenbehörde ging in Flammen auf, die Regierung des durch Bürgerkrieg gespaltenen Landes trat zurück, 7 Beamte wurden festgenommen. Der aktuellste (englische) Beitrag der UN-Nachrichtenagentur IRIN ist "Clean-up of toxic waste begins" vom 18. September 2006.
Ein bisschen Frieden - Fünf Jahre nach dem Putsch ist die Lage in der Côte d'Ivoire immer noch instabil
Artikel von Bettina Engels über den Konflikt und Friedensprozess in der Côte d'Ivoire
Hafenarbeiter protestieren gegen Umweltverbrechen
Eine überbetriebliche Versammlung aller Beschäftigten in den Unternehmen der Hafenzone Vridi hat Kampfmaßnahmen beschlossen, die bis zur Sperrung des gesamten Hafen gehen sollen. Hintergrund: der abgeladene Giftmüll sei insbesondere in der Hafenzone wirksam gewesen - diese sei auch von der Komission des Präsidenten zur besonders gefährdeten roten Zone erklärt worden - schon am ersten Tag der Arbeit dieser Sonderkomission. Dennoch haben bisher erst 4 der 3.000 Beschäftigten, die einen Arzt bzw ein Krankenhaus aufsuchen mussten, eine Entschädigung erhalten. Deswegen haben sie jetzt ein eigenes Kollektiv gebildet, dass von den zuständigen Organe die Rechte der in der Hafenzone arbeitenden Menschen einfordert, berichtet in "Les travailleurs menacent de paralyser la zone portuaire" KB in der Tageszeitung "Nord-Sud" am 17. Dezember 2007.
Ärztestreik
- ohne "service minimum" - und jetzt auch das Lehrpersonal
Bei der ersten "Streikrunde" im August 2007
gab es in den Krankenhäusern noch einen Notdienst - nun nicht
mehr. Seit dem 5. September streiken die Ärzte und das "höhere
Personal" der Krankenhäuser komplett - mit Ausnahme der
Militärhospitale, die Staatspräsident Gagbo dann auch
gleich besuchte und zur "Front" erklärte. In vielen
Krankenhäusern hat nun auch die Gewerkschaft des Pflegepersonals
den Streik ausgerufen, erste Technikergewerkschaften sind gefolgt.
Bei einem Blick durch die Medien des Landes ist der Tenor unisono:
Das Leiden der Kranken. Ausser natürlich jener gar nicht so
wenigen, die sich eine private Klinik leisten können. Die Regierung
hat eine Notsitzung durchgeführt, nach der an die pensionierten
Ärzte appelliert wurde, beim Notdienst zu helfen. (Das generelle
Pensionsalter beträgt 55 Jahre). Zugleich haben auch die Lehrergewerkschaften
bekannt gemacht, sie bereiteten einen Streik vor - die allgemeine
Lebensmittelverteuerung ist der Hintergrund für eine solche
Streikbewegung bisher im öffentlichen Dienst.
- Als Beispiel für viele mögliche, die
(französische) Meldung "Grève
des médecins - les retraités appelés en renfort"
von E. Kodjo in der Abidjaner Tageszeitung "Fraternité
Matin" vom 14. September 2007, die mit zur Stimmungsmache beiträgt.
- Der Bericht (mit wesentlich mehr Informationen) "Medical
strike enters ninth day" aus linker Sicht, von Jeff Costello am 15. September 2007 bei "libcom"
publiziert.
- Siehe auch zum Hintergrund: Die wirtschaftliche
Lage der Elfenbeinküste, Beschäftigung und Gewerkschaften
"Employment
and the union movement in Ivory Coast: a portrait of the situation"
ist bereits ein älteres Dokument. Für CIRES (Centre Ivoirien
de Recherches Economiques et Sociales) hat den Report Joachim Nyemeck
Binam am 23. Januar 2002 beim Global Policy Network veröffentlicht.
Es bietet aber bis heute nützliche Hintergrundinformationen
zur wirtschaftlichen Lage der Elfenbeinküste samt wichtiger
Aspekte der Gewerkschaftspolitik.
Krieg, Gold, Gewerkschaften
François Yao (Generalsekretär der "National Union of Energy Sector Workers") berichtet darüber, warum seine Gewerkschaft aus der Föderation ausgetreten ist, und wie das Leben - und die Goldförderung - in einem vom Bürgerkrieg geprägten Land "aussieht". Seine (englische) Rede am 12. Juni 2005 auf der Genfer Konferenz "Defense of the ILO Conventions and the Independence of Trade Unions" des ILC, berichtet im ILC-Newsletter 140.
Schluss mit der Unterdrückung und den Ermordungen von Aktivisten der Revolutionären Kommunistischen Partei der Elfenbeinküste und ihrer Jugendorganisation
Eine Erklärung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs vom 25. Juni 2004 zu den neuesten politischen Morden des Gagbo-Regimes |