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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 08. März 2006: I.Internationales / Bangladesch Erneut Todesopfer in Textilfirma - direkt vor dem internationalen Frauentag, der als Protesttag der Textilarbeiterinnen begangen wird Während in der Sonderzone von Chittagong Proteststreiks und Blockadeaktionen stattfinden und über die Zahl der Todesopfer bei KTS in der letzten Woche gestritten wird (die Regierung bleibt bei über fünfzig Toten, andere sprechen von über einhundert Opfern) sind direkt vor dem internationalen Frauentag - der von der Gewerkschaftsbewegung in Bangladesh zum Protesttag der Frauen in den Textil-Weltmarkt-"Klitschen" ausgerufen wurde - erneut drei Frauen in den Flammen eines Betriebs gestorben und über 50 verletzt worden. Die (englische) Pressemitteilung "Second factory fire in a week kills women one day before IWD" der National Garment Workers Federation of Bangladesh vom 7. März 2006. II.Internationales / Vietnam Die Streikwelle 2006 - eine Dokumentation Zunächst waren es vor allem taiwanesische Unternehmen, dann auch japanische - die seit der Jahreswende bis zur Gegenwart andauernde Streikwelle in vietnamesischen Weltmarktfirmen ist eine Erscheinung, die zeigt, dass die Begeisterung über kapitalistische Öffnungen sich auch in diesem Land in engen Grenzen hält. Unter dem Titel "Die Party ist vorbei - jetzt auch in Vietnam" hat die Spezialseite "Asien aktuell" am 3. März 2006 eine ausführliche Dokumentation über die Streiks und einige Hintergründe erstellt. III.Internationales / Philippinen Der Widerstand gegen Arroyo geht weiter Am 3. März hob Präsidentin Arroyo den Ende Februar verkündeten Notstand wieder auf - vor allem ein Ergebnis des Widerstandes in Manila (nicht zuletzt des Gewerkschaftsbundes KMU und der Journalistengewerkschaft) und (auch deswegen) der Haltung des Senats, der die Ausrufung ablehnte. Dennoch sind nach wie vor viele in Haft. Und Kommentaristen heben hervor, dass Teile der Proklamation 1017 (eben des Notstandes) wörtlich identisch sind, mit der Proklamation des Kriegsrechts, wie es einst Diktator Marcos verhängte. Eine aktuelle Bestandsaufnahme "Der Widerstand geht weiter" vom 7. März 2006 IV.Internationales / Thailand Streik für Rücktritt von Thaksin? Die Gewerkschaften aller 42 thailändischen Staatsbetriebe (meist Strom- und Wasserversorger) haben ihre Mitgliedschaft aufgerufen, an den täglichen Demonstrationen für den Rücktritt des Premierministers Thaksin Shinawatra teilzunehmen - und unterstrichen, sie würden spätestens im Falle von Unterdrückungsversuchen gegen diese Demonstrationen ihre Mitglieder zum Streik aufrufen. Ausserdem würden die GewerkschafterInnen der thailändischen Staatsbetriebe das Ausstellen und Kassieren von Rechnungen einstellen. Am vergangenen Sonntag hatten sich über 100.000 Menschen an der Demonstration in Bangkok beteiligt, die von der PAD (People's Alliance for Democracy) organisiert wurde, einem Bündnis in dem die Gewerkschaften eine wesentliche Rolle spielen (neben diversen Konkurrenten Thaksins). Der (englische) Bericht "Alliance plots labour strike" von Damrongpan Jaihao und Supalak Ganjanakhundee in der Zeitung "The Nation" vom 7. März 2006 V.Internationales / Iran / Arbeitskämpfe Erfolgreicher Werftenstreik 1700 Arbeiter der Iran-Sadra Werft (in Bushehr, Provinz Mazandaran) führten Anfang Februar einen 3wöchigen erfolgreichen Streik durch, unter anderem für die Einführung von Tarifgruppen und die Auszahlung rückständiger Sonderzahlungen. Der Kurzbericht "Siegreicher Streik der Iran-Sadra Werftarbeiter" des API-Briefs vom 7. März 2006 VI.Internationales / Südkorea / Streiks und Arbeitskämpfe Erneut Streik zerschlagen: die Eisenbahnen fahren wieder Aus unerfindlichen Gründen gilt Südkorea als demokratisches Land. An sich gibt es dort sogar ein Streikrecht. Wenn aber jede einzelne Streik als "illegal" deklariert wird und von der Polizei angegriffen, kann mensch sich dieses "Recht" sonstwohin stecken. So, wie vor einiger Zeit der Streik im öffentlichen Dienst, wurde jetzt auch der Streik der 17.000 Eisenbahner gebrochen: mit dem Einsatz massiver Polizeigewalt (über 400 Festnahmen, 10 Anklagen, Prügeleinsätze), mit einer medialen Haßkampagne und einem ganzen Einschüchterungskatalog der Regierung und der Eisenbahngesellschaft KORAIL. Am dritten Streiktag gingen viele wieder zur Arbeit, am vierten - Sonntag, den 5. März wurde der Streik beendet. Der (englische) Bericht "Union Calls Halt to 4-Day Rail Strike" von Tae-Hun Hwang in der Zeitung "The Dong-A ilbo" vom 6. März 2006 VII.Internationales / El Salvador Gemeinsame Grossdemonstration von Gewerkschaften, Strassenhändlern und Bauern In der Regel werden Strassenhändler von Gewerkschaften wenn überhaupt, eher "scheel" angesehen - DVD verkaufen etwa, die ganz offensichtlich nicht den Kassen der Medienkonzerne zugute kommen, stösst sich mit dem Arbeitsethos. Die grosse Demonstration gegen das Freihandelsabkommen USA - El Salvador vom 1. März zeigt, dass es auch anders geht. Dazu der (spanische, mit deutscher Zusammenfassung) Bericht "MARCHA CONTRA LA IMPLEMENTACIÓN DEL TRATADO DE LIBRE COMERCIO EN SAN SALVADOR" des CEAL vom 2. März 2006 VIII.Internationales / USA / Arbeitskämpfe Seit sechs Wochen ausgesperrt - weil sie eine Gewerkschaft wollen Seit dem 24. Januar sind die 36 Beschäftigten des Werkes Fieldsboro (New Jersey) der Stepan-Chemicals von der Firmenleitung ausgesperrt, Leiharbeiter und Arbeiter aus anderen US-Werken, sowie aus einem Stepanwerk in Brasilien sind als Streikbrecher "eingeflogen". Im Januar 2005 hatten sich die Beschäftigten mit riesiger Mehrheit für die Organisierung in der unabhängigen Basisgewerkschaft "United Electrical Workers" (UE) entschieden - und wollten damit unter anderem einen dreijährigen "Lohnstopp" beenden. Für diese Aussperrung gibt es keinerlei legale Grundlage, sie ist reiner Willkürakt. a) Das (englische) "Factsheed" der UE zur Aussperrung bei Stepan, inklusive Solidaritätsaufruf b) Das (englische) "Update" der UE zur Lage bei Stepan vom 3. März 2006 IX.Internationales / Russland Mindestens fünf Millionen Menschen aus Zentralasien ohne Papiere Zwischen fünf und zehn Millionen Menschen arbeiten als MigrantInnen in Russland - nach diversen Schätzungen rund 90 Prozent von ihnen ohne Papiere. Tadschiken und Uzbeken sind jene, die die übelsten Jobs machen müssen - und dafür in jeder Umfrage als kriminell gesehen werden. (Wie die "Russenmafia" Lieblingsthema deutscher Kommerzmedien, so wird etwa die "Tadschikenmafia" am russischen Nachrichtenmarkt hoch gehandelt). Manche bezahlen über die Jahre hinweg etwa 10 Prozent ihres Lohns - wenn sie ihn denn bekommen, wegen fehlender Auszahlung gab es schon einige kleinere Streiks - an Bestechungsgeldern, um nicht abgeschoben zu werden. Wer sich beklagt, wird gefeuert, die wahre kapitalistische Flexibilität. 16 Stundentag und mit 700 Mann in Kellern ohne sanitäre Anlagen leben müssen sind zwar extreme Beispiele - aber eben nur extrem, nicht erfunden. Der (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Moscow's illegal workers have it tough" von Michael Mainville im "San Francisco Chronicle" vom 15. Dezember 2005. X.Internationales / Bulgarien Die seltsamen Auffassungen des IWF über Tariffreiheit Dass die sehr ehrenwerte Gesellschaft IWF und Weltbank sich für Tariffreiheit einsetzt, mag manche(n) überraschen. Schon weniger, wenn es darum geht, die Freiheit zu schaffen, Bezüge von Belegschaften zu kürzen. Nun gibt es im bulgarischen Arbeitsleben gesetzlich einen traditionellen Bonus, entsprechend der Betriebszugehörigkeit, der auf Bewertung beruflicher Erfahrung beruht. Und eben diesen Bonus möchten IWF/Weltbank - wenig überraschend: im Einklang mit in Bulgarien tätigen Unternehmen - abgeschafft sehen, weil so eine Vorschrift eben die Tariffreiheit behindere. Alle Unternehmerverbände sind dafür, und die Regierung hat bereits in letzter Zeit, wo sie es konnte, einige traditionelle Lohnbestandteile gekürzt, so etwa die Gefahrenzulage. Die beiden grossen bulgarischen Gewerkschaftsverbände CITUB und CL Podkrepa haben Widerstand angekündigt. Der (englische) Bericht "Controversy over length-of-service allowances" von Ivan Neykov, Balkan Institute for Labour and Social Policy vom 24. Februar 2006 bei "Eiro-Online". ...wenn das Update heute jemand reichlich asiatisch vorkommt: so ist es, aber keineswegs nur dort tut der 8.März "dringend not" - bis Freitag, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |