Der x-te Brand war zu erwarten - Netzpetition
"Der Brand einer Fabrik in Bangladesch mit 112 Toten zeigt die Missstände in der Textilbranche auf: Kontrolleure deckten Mängel beim Brandschutz auf, doch niemand reagierte. Auch der Handelsgigant Wal-Mart ließ dort produzieren - und wälzt jegliche Verantwortung auf Zulieferer ab" - aus dem Beitrag "Warnung vor Sicherheitsmängeln wurde ignoriert" von Syed Zain al-Mahmood, Tripti Lahiri und Dana Mattioli in Spiegel Online am 11. Dezember 2012.
Siehe dazu auch: "H&M, Kik, Gap, C&A: Beim Brandschutzprogramm der Gewerkschaften mitmachen und Leben retten!" - Netzpetition bei change.org.
Und: "Dokumente widerlegen Walmart Bericht über das tödliche Feuer in Bangladesch" von Josh Eidelson (Aus "The Nation", übersetzt von Eckart Fooken) am 06. Dezember 2012 bei der ag friedensforschung, wo es heisst: "Zwei Berichte in den Nachrichten von gestern (5. Dez.) warfen ein neues Licht auf die Beziehungen von Walmart mit der Fabrik in Bangladesch, in der mindestens 112 Beschäftigte bei einem Feuer am 24. November ums Leben kamen. Einer davon zeigte die Rolle von Walmart beim Blockieren eines Vorschlags, der Einzelhandelsketten dazu verpflichten sollte, für Verbesserungen bei Sicherheitseinrichtungen in den Fabriken zu zahlen; der andere zeigte auf, dass viele Lieferanten für Walmart während dieses Jahres in dieser Fabrik produzieren ließen".
Textilarbeiter in Aufruhr: Schwere Zusammenstöße mit der Polizei bei Protesten in Bangladesch
Seit Tagen protestieren tausende Mitarbeiter der Bekleidungsindustrie in Bangladesch gegen die unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen in den Textilfabriken. Artikel von Hilmar König, Delhi, im Neues Deutschland vom 04.12.2012 . Aus dem Text: "Die Proteste von Arbeitern aus Textilfabriken rund um die bangladeschische Hauptstadt Dhaka sind auch am Montag nicht abgeebbt. Kommandos der Industrie- und der regulären Polizei gingen gegen mindestens 10 000 Demonstranten mit Tränengas, Gummigeschossen und Schlagstöcken vor. Zentrum des Protestes ist seit Ende vorigen Monats Ashulia, ein Industrievorort Dhakas mit nahezu 350 Betrieben. (.) Am Wochenende bekundeten die Protestierenden ihre Forderungen mit Nachdruck. Sie warfen auch Steine auf Fabrikfenster, fackelten alte Autoreifen ab, demolierten Busse und blockierten zeitweilig den Highway Dhaka-Tangail. Es kam zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, die Tränengas und Gummigeschosse in die Menge feuerten und mit Schlagstöcken gegen sie vorging. Laut der Zeitung »New Age« wurden dabei 150 Menschen verletzt. Die Proteste waren aufgeflammt, nachdem am Sonntag das Bekleidungsunternehmen Hyun Apparel Ltd. 100 unzufriedene Arbeiter entlassen hatte. Die Mehrzahl der Industriebetriebe in Ashulia hat seit Samstag aus Angst vor Unruhen dicht gemacht."
Hundertfacher Feuertod: Die Ausnahme? Die Regel!
Der neuerliche Brand in einer Fabrik, die für C&A, Karstadt/Quelle, Walmart, HundM und andere bekannte Handelsketten produziert, der neuerliche Tod von Arbeiterinnen fürs Billigprodukt hat, mehr als oft bisher, Krokodile weinen lassen. Die Presseerklärung "Factory owners, Government, Buyers and BGMEA should take effective step so that not a single Garment worker in future has to die in factory-fire like that of the 125 workers of Tazreen Garments of Nischintopur in Ashulia" der National Garments Workers Federation (NGWF) vom 27. November 2012 macht die Regelhaftigkeit des Feuertods unter anderem dadurch deutlich, dass eine der Forderungen in dem 7 Punkte Katalog es ist, dem Gesetz in der Bekleidungsindustrie Geltung zu verschaffen...Hauptinhalt des Katalogs: Es soll niemand mehr sterben.
Dazu: "Wir wollen nicht mehr erleben müssen, dass Fabrikarbeiterinnen morgens zur Arbeit gehen und abends in Leichensäcken zurückkommen. Fabrikbesitzer, Regierung, Abnehmer und Gewerkschaften müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Bekleidungsfabriken zu sicheren Arbeitsplätzen umgestaltet werden“, sagten NGWF-Gewerkschafterinnen am 27. November bei einer von der Gewerkschaft organisierten Kundgebung mit über 1.000 Bekleidungsbeschäftigten, bevor sich ein Trauermarsch mit roten und schwarzen Fahnen durch die Straßen Dhakas in Gang setzte" - aus der Schwerpunktsausgabe von exchains, mit Bericht und Übersetzung der NGWF Aktion und Erklärung "Trauer um 125 Brandopfer" vom November 2012.
Siehe dazu auch: "Vorwürfe nach Brand in Bangladesch: Textilketten "dürfen nicht weiter über Leichen gehen"" am 26. November 2012 bei stern.de, worin es heisst: "Nach dem verheerenden Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Handelskette C&A aufgefordert, einem internationalen Brandschutzabkommen beizutreten. C&A müsse das Abkommen unterzeichnen, "um endlich das Sterben in den Textilfabriken zu stoppen", forderte der Verdi-Experte für den Textileinzelhandel, Johann Rösch, am Montag in Berlin".
Und: Die Presseerklärung von ver.di "ver.di fordert: Sterben in Bangladeschs Fabriken endlich stoppen – Brandschutzabkommen jetzt unterzeichnen!" vom 26. November 2012 beim Themenportal.
Sowie: "Death-trapped in a burning cage - the Ashulia inferno" von Red Marriott am 27. November 2012 bei libcom, worin sowohl die Katastrophe genauer berichtet wird, als auch die folgenden Proteste, die über 200 Firmen lahm legten - als auch die Versuche der ostbengalischen Regierung, alles auf politisch motivierte Brandleger zu schieben...
Der "Dank des Vaterlandes": "50 hurt as RMG workers go berserk in Ashulia" Meldung bei UNB connect - über den Polizeiüberfall auf die Großdemonstration der Beschäftigten, 50 Verletzte waren das Ergebnis...
Weiter: "H&M und C&A müssen sich bewegen" - Nach der Brandkatastrophe von Bangladesch spricht Branchenexpertin Sandra Dusch Silva von der Christlichen Initiative Romero über schwarze Schafe und Siegel-Chaos. Interview von Mira Gajevic in der Frankfurter Rundschau vom 26. November 2012.
Schliesslich: "Nach Feuer in Bangladesch: Protest gegen „Textildiktatur“" - ein Artikel von Willi Germund in der Frankfurter Rundschau vom 26. November 2012, der die Branche überblickt, und so beginnt: "Nach dem Feuer in einer Fabrik fürchtet Bangladeschs Textilbranche um ihre Aufträge. Sie versucht die Opfer mit Entschädigungen zu besänftigen. Derweil werden mehr Details über die unsagbaren Bedingungen in den Nähhallen bekannt".
Brand in Textilfabrik: Neues Feuer und Wut in Bangladesch
„Bangladesch ist geschockt und trauert um die Opfer der Brandkatastrophe. Viele Arbeiter machen ihrem Wut Luft und errichten Barrikaden. Und schon wieder rückt die Feuerwehr aus, um einen Brand zu bekämpfen.
Nach dem Großbrand in einer Textilfabrik trauert Bangladesch um die mehr als 100 Toten. Das Kabinett erklärte den Dienstag zum Trauertag, nachdem Premierministerin Sheikh Hasina ursprünglich schon am Montag offiziell trauern wollte. Die Nationalflagge soll auf halbmast gehängt werden und alle Textilfabriken sollen geschlossen bleiben. Bei dem Feuer vom Samstag waren auch rund 200 Menschen verletzt worden. Am Montagvormittag brach erneut ein Brand in einem Hochhaus am Rande der Hauptstadt Dhaka aus…“ Agenturmeldung in der FR online vom 26. November 2012 . Siehe dazu:
- Wieder ein entsetzlicher Brand in Textilfabrik in Bangladesch mit über 100 Toten
„Seit 2006 starben über 470 Menschen, vor allem Frauen, aufgrund von Bränden in den Textilfabriken Bangladeschs. Wann endlich unternehmen deutsche Einkäufer etwas für einen wirksamen Brandschutz? Während Tchibo und PVH ein bahnbrechendes Brandschutzabkommen mit Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen unterschrieben haben, weigern sich H&M und Gap beharrlich. Damit aber das Abkommen in Kraft tritt, müssen sich mindestens zwei weitere große Einkäufer dazu bereit erklären…“ Meldung der Kampagne Sauebere Kleidung vom 25.11.2012
- Aktuellere Zahlen finden sich im Artikel “Factory fire, flyover collapse kill 137 in Bangladesh” in “The Hindu” vom 25.11.2012 . Dort auch am Ende des Textes: „…According to media reports, Tazrin Fashion made clothes for the Dutch chain C&A and the Hong Kong supplier Li & Fung.”
- und ein kurzer Blick in Wikipedia liefert zum Stichpunkt „Li & Fung“ folgende Informationen: „Li & Fung Ltd. ist eines der größten Handelshäuser der Welt. (…) Li & Fung ist mit 66 Niederlassungen in über 40 Produktionsländern vertreten. Zu 47 % kauft das Unternehmen seine Handelswaren in der Volksrepublik China ein. Die Produktionsstandorte sind aus Kostengründen in Asien konzentriert, wobei Li & Fung selbst keine Produktionskapazitäten besitzt, sondern Aufträge mit Lieferfristen an Lohnfertiger vergibt. (…) 2006 wurden Li & Fung im Zuge der Konsolidierung des KarstadtQuelle-Konzerns wichtige Importdienstleistungen der zum Konzern gehörenden Marken Karstadt, Quelle, neckermann.de und weiterer zur Gruppe gehörender Spezialversender übertragen, anstatt der bisherigen in Deutschland ansässigen Importhäuser. Eine Einkaufspreisreduktion um 10 % und ein Importvolumen von über 2 Milliarden Euro pro Jahr wird angestrebt. Künftig sollen durch Li & Fung bei KarstadtQuelle bis zu zwölf Kollektionen im Jahr möglich werden. Zudem werde sich nach Angaben von KarstadtQuelle das benötigte Betriebskapital für KarstadtQuelle um eine halbe Milliarde Euro verringern, da Li & Fung gegenüber den Lieferanten ein längeres Zahlungsziel besitze als es KarstadtQuelle bisher hatte…“
Teure Billigklamotten
Mies bezahlt, entrechtet und ausgesperrt: Textilarbeiterinnen in Bangladesch kämpfen verzweifelt um höhere Entlohnung Artikel von Thomas Berger , erschienen in der jungen Welt vom 20. Juni 2012, gespiegelt bei der AG Friedensforschung. Aus dem Text: „In Bangladesch sind die seit Wochen andauernden Arbeitskämpfe eskaliert. Im Mittelpunkt steht dabei die Textilbranche, deren Beschäftigte fast verzweifelt für höhere Mindestlöhne streiten. Seit einer Woche organisieren Gewerkschaften verstärkt Protestaktionen, um ihre eher bescheidenen Forderungen durchzusetzen. Im Gegenzug haben die Firmenbesitzer seit Sonnabend ihre Arbeiterinnen und Arbeiter einfach ausgesperrt – die Produktionsstätten wurden für unbestimmte Zeit geschlossen. Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen ist Ashulia. Das in den zurückliegenden fünf Jahren neu aus dem Boden gewucherte Industriegebiet am Rande der Elf-Millionen-Metropole Dhaka, ist eine Art Zentrum der globalen Textilindustrie…“ Siehe dazu auch:
- Resistance is high; garment workers force shutdown in 350 factories
Ein sehr umfangreicher Beitrag von Red Marriott auf Libcom.org vom 18.06.2012 , der die Chronologie der Ereignisse wiedergibt.
Mord an einem Arbeitsrechtsaktivisten !
"Aminul Islam, ein Arbeitsrechtsaktivist und früherer Textilarbeiter aus Bangladesch wurde letzte Woche in Dhaka gefoltert und ermordet. Sein Körper wurde außerhalb Dhakas abgeworfen und von der lokalen Polizei am vergangenen Donnerstag aufgefunden worden. Nach dem Polizeibericht war sein Körper von schweren Folterspuren gezeichnet. Sehr wahrscheinlich wurde Aminul aufgrund seines Engagements für ArbeiterInnenrechte ermordet" - der Beginn der Meldung "Arbeitsrechtsaktivist in Bangladesch gefoltert und ermordet" der Kampagne für saubere Kleidung vom 12. April 2012.
Wie Mann reich wird: Aldi mit 13 Cent.
"Der Lohn für diese quasi ununterbrochene Schufterei beläuft sich seinen Recherchen zufolge auf maximal 8.500 Taka, was etwa 78 Euro im Monat entspricht. Stundenlohn: umgerechnet 20 Eurocent. Davon könne eine vierköpfige Familie auch in Bangladesch nicht leben, sagen Gisela Burckhardt und Sandra Dusch Silva von der Kampagne für Saubere Kleidung. Wie könnte man das ändern? Aldi müsste seine Zulieferer verpflichten, den Arbeiterinnen höhere Löhne zu zahlen. Weil der Lohnanteil am Preis eines 4,95-Euro-T-Shirts vielleicht 13 Cent beträgt, würde selbst die Verdoppelung der Bezahlung den Verbraucherpreis kaum erhöhen" - aus dem Artikel "Aldi zahlt Hungerlöhne in Bangladesh" von Hannes Koch am 23. März 2012 in der taz.
Des Polizisten neue Kleider...
Die Beschäftigten des Textilsektors in Bangladesch (etwa 3,5 Millionen Menschen, davon fast 3 Millionen Frauen - die rund 80% des ostbengalischen Exports erarbeiten) haben durch ihre Proteste und Kämpfe verschiedentlich weltweit Schlagzeilen gemacht. Jetzt haben sie dafür eine weltweite Neuerung: Die Industriepolizei, die neben der üblichen Repression auch psychologisch begründete Vorgehensweisen in ihrem Arsenal hat, berichtet in "The policeman's new clothes - new styles of repression in the Bangladeshi garment industry" Red Marriott am 12. Januar 2012 bei libcom.
Deutsche Discounter-Versprechen: Leer...
"Es sollte doch alles besser werden: Die Discounter Aldi, Lidl und Kik hatten versprochen, die katastrophalen Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben zu verbessern. Aber in den Textilfabriken in Bangladesch hat sich bis heute wenig getan" - so beginnt der Beitrag "Hungerlöhne, sexuelle Belästigung, Drohungen" von Karin Steinberger am 11. Januar 2012 in der Süddeutschen Zeitung. Siehe dazu auch: "Tote bei Zara-Zulieferer - Familien entschädigen !" - exchains- Ausgabe Nummer 1 des Jahres 2012.
Und wieder Todesopfer...
"Gleichzeitig versuchten Management und Sicherheitskräfte scheinbar, die Beschäftigten am Verlassen des Gebäudes zu hindern. Die Folge: zwei Arbeiterinnen wurden getötet und 62 verletzt. Einige von ihnen erlitten schwere Schädelverletzungen. Das Fabrikmanagement spielt die Zahl der Verletzten derweil herunter. Die betroffene Fabrik Eurotex Ltd. und ihr Mutterunternehmen Continental Garments Ind. Pvt. Ltd. produzieren regelmäßig für internationale Abnehmer wie Tommy Hilfiger, Gap, Zara und Tchibo" - aus der Ausgabe Dezember 2011 der exchains-Nachrichten in denen die abermaligen Todesopfer angeprangert und die Forderungen der Gewerkschaft NGWF dokumentiert.
Soziale Bewegungen in einer peripheren Ökonomie
Die Massenproteste der TextilarbeiterInnen in Bangladesh waren und sind (und werden sein) immer wieder Thema von Berichten und Analysen, auch im LabourNet Germany. hin und wieder dringen auch Nachrichten über andere Proteste über die Grenzen, und meist handelt es sich um Bewegungen, die sehr sehr viele Menschen mobilisieren. An Versuchen, diese Erscheinungen in gesellschaftliche Entwicklungen einzuordnen und so erst verständlich zu machen herrscht eher Mangel. Dem hat die indische Webseite Radical Notes versucht abzuhelfen, indem sie ein ausführliches Interview zur bengalischen Gesellschaft und den sozialen Bewegungen unter diesen Bedingungen führte. Der landesweit bekannte marxistische Professor aus Dhaka ist ausserdem Generalsektretär des "National Committee to Protect Oil, Gas, Mineral Resources Power and Ports". Das Interview "Peripheral Economy, Global Capital and Movements in Bangladesh" von Manoranjan Pegu ist am 28. Dezember 2010 publiziert worden.
Verhaftung der Gewerkschaftsführerin Mushrefa Mishu
„Wie ihr sicherlich wisst, ist in den vergangenen Tagen die Polizei in Bangladesh gewaltsam gegen Proteste von Textilarbeiterinnen vorgegangen, die die Umsetzung des erhöhten Mindestlohns fordern. Dabei wurden drei Menschen getötet und Hunderte verletzt. Die Gewerkschaftsführerin Mushrefa Mishu wurde vorgestern von zivilen Polizisten von zu Hause abgeführt, obwohl kein Haftbefehl gegen sie vorlag. Gegen Mushrefa Mishu, Präsidentin der Textilarbeiterinnengewerkschaft GWUF (Garment Workers' Unity Forum), wurden bereits im letzten Jahr zahlreiche missbräuchliche Klagen eingereicht, im Juli 2010 musste sie zeitweise untertauchen, als sie während der Arbeiterinnenproteste von Polizei und Geheimdienst gesucht wurde und Morddrohungen erhielt. Es ist dringend, dass wir uns für die Freilassung von Mushrefa Mishu einsetzen. Ich schicke euch anbei einen Musterprotestbrief an die Botschaft von Bangladesh auf deutsch und englisch. Könntet ihr die Info zur Verhaftung und einen Aufruf für Protestbriefe über euer Netzwerk zirkulieren lassen?...“ Mail an die Redaktion des LabourNet Germany vom 15.12.2010. Siehe dazu:
- Der Protestbrief gegen die Verhaftung der Gewerkschaftsführerin Mushrefa Mishu
„Sehr geehrte Damen und Herren: Mit Erschrecken haben wir vernommen, dass die Polizei in Bangladesh gestern die Gewerkschaftsführerin Mushrefa Mishu verhaftet hat. Kurz nach Mitternacht sind rund ein Dutzend Polizisten mehrheitlich in ziviler Kleidung bei ihr aufgetaucht und haben sie festgenommen, ohne dass ein Haftbefehl vorlag. Während die Polizei die Festnahme der Präsidentin der Textilarbeiterinnengewerkschaft GWUF zuerst abgestritten hat, liegt jetzt eine konstruierte Anklage vor. Bereits im vergangenen Jahr wurde Mushrefa Mishu wiederholt mit falschen Anklagen konfrontiert, die sie zum Schweigen bringen sollten…“ Der Protestbrief englisch/deutsch
Wieder Tote bei Brand in einer Textilfabrik – Türen wieder verschlossen?
Wie der Onlinedienst bdnews24.com aus Bangladesch gerade meldet, sind mindestens 31 Menschen bei einem Brand in einer Textilfabrik nahe Dhaka ums Leben gekommen. Hunderte wurden verletzt. Die ArbeiterInnen, die wie Vieh an ihren Arbeitsplätzen gehalten werden, konnten mal wieder nicht schnell genug fliehen, und erneut sprechen Augenzeugen davon, dass in der Todesfabrik Ausgänge und Rettungswege verschlossen waren. Die Fabrik gehört übrigens der Ha-meem-Group, die laut Clean Clothes Campaign Produkte für Gap und Wrangler produziert. Die Abnehmer sind u.a. Walmart, H&M, Next, JC Penney, Kohl's, Squeeze, Sears, Target Store, Charming Shoppes, Carrefour, Inditex, ETAM, Migros and Celio. Siehe dazu die Meldung
- At least 28 more garment workers die in Bangladeshi factory fire
“At least 28 more Bangladeshi garment workers have died and dozens more have been injured after a fire broke out today on the 9th and 10th floors of the "That's It Sportswear Ltd" factory located 16 miles from the capital Dhaka. Several workers appeared to have suffocated, while others jumped to their deaths trying to escape the burning building or were trampled by their colleagues as they rushed towards the exits. (…) First eyewitness reports indicate that at least 2 of the 6 exits were locked, and that this was a common occurrence in the building. The Bangladeshi garment industry is notorious for its chronic safety problems, including locked or inaccessible fire escapes and malfunctioning fire equipment, which often lead to fatal accidents…” Meldung bei der Clean Clothes Campaign vom 14.12.2010
Tote bei Arbeiterprotesten in Bangladesh: Viele Verletzte bei gewaltsamen Ausschreitungen
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Textilarbeitern und Sicherheitskräften wegen ausstehender Lohnerhöhungen sind im Südosten von Bangladesh mindestens drei Personen ums Leben gekommen. Artikel in der Neue Zürcher Zeitung vom 12. Dezember 2010 . Aus dem Text: "(...) Die Proteste in Chittagong hatten am Samstag begonnen, nachdem einige Unternehmen vereinbarte Lohnerhöhungen nicht ausgezahlt hatten. Nach einer früheren Protestwelle hatte die Regierung im Juli einen Mindestlohn in Höhe von 3000 Taka (knapp 41 Franken) für die Branche festgesetzt, der seit November gilt. Die Arbeiter protestierten nun aber dagegen, dass dieser Mindestlohn nicht umgesetzt werde."
Überleben - oder mehr? BekleidungsarbeiterInnen in Bangladesch gehen auf die Straße, aber am Ende hilft nur gewerkschaftliche Organisierung
"Arbeiterunruhen haben Bangladesch in diesem Sommer so stark geschüttelt, dass sogar die hiesigen Mainstream-Medien nicht umhin konnten, davon Notiz zu nehmen. Die Geschichte der Bekleidungsindustrie - 75 Prozent der Deviseneinnahmen stammen aus den Exporten dieser Branche, von der hierzulande vor allem Billig-Modekonzerne wie H&M und KiK profitieren - ist geprägt von miserablen Lebens- und Arbeitsbedingungen der FabrikarbeiterInnen sowie einer Aneinanderreihung katastrophaler Ereignisse, die bereits vielen Beschäftigten Gesundheit oder Leben gekostet haben. Das ExChains-Projekt, ein internationales Netzwerk von ArbeiterInnen entlang der globalen Zulieferkette der Bekleidungsproduktion, schildert in seinem aktuellen Rundbrief exemplarisch zwei Ursachen für die Misere der Menschen, die in Bangladeschs Fabriken Kleidung für den Export herstellen. Amirul Haque Amin und Sultana Begum von der National Garment Workers Federation sollten im September auf Einladung des TIE-Bildungswerks e.V. in Deutschland über die Situation der ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie und die Aktivitäten ihrer Gewerkschaft berichten. Leider bekamen sie die benötigten Visa für die Einreise nach Deutschland nicht. Das wird das Netzwerk nicht daran hindern, die multinationalen Abnehmerkonzerne weiter in die Verantwortung zu nehmen." Artikel von Anne Scheidhauer, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 9/2010
Die Hoffnung. Die Arbeit. Der Tod
Menschen aus Bangladesh arbeiten in vielen Ländern dieser Welt - nicht zuletzt im arabischen Raum. Warum sie dorthin gehen ist einfach zu begreifen, die Gründe sind global dieselben. In etwas mehr als 5 Jahren, von 2004 bis 2009, starben über 8.100 Bangladeshis in diesen anderen Ländern. Dabei sind Herzinfarkte die häufigste Todesursache - und die Opfer im durchschnitt in den 30ern ihres Lebens, was die Todesursache ungewöhnlich macht. Der Artikel "The Death of Migrant Workers" von Rubayat Ahsan vom 09. September 2010 bei e-bangladesh macht dafür vor allem extrem harte Arbeitsbedingungen verantwortlich.
Massenverhaftungen von Streikenden und Gewerkschaftern
Der Kampf der TextilarbeiterInnen um mehr (Mindest)Lohn und bessere Arbeitsbedingungen geht trotz massiver Polizeirepression seit dem 30. Juli ungebrochen weiter - neben etwa 5.000 Entlassungen durch verschiedene Unternehmen wurden bereits über 100 Streikende festgenommen und es soll bereits 1.200 Haftbefehle gegen Aktivisten geben, rund ein Dutzend Funktionäre der Textilarbeitergewerkschaft sind "abgetaucht", weil sie polizeilich gesucht werden.
- Einschüchterungen gegen das Zentrum für Arbeitersolidarität, Bangladesch
Im Kontext des Streiks der TextilarbeiterInnen in Bangladesch im Sommer 2010 geht die Regierung massiv gegen das Bangladesh Centre for Worker Solidarity (BCWS) vor. Die Nichtregierungsorganisation hatte ihre Registrierung verloren. Ihre MitarbeiterInnen wurden bedroht. Die Direktorin und ihr Stellvertreter sind Mitte August verhaftet worden. Die Arbeiterorganisation unterstützt ArbeiterInnen und führt fundierte Recherchen zur Bekleidungsindustrie durch. Das INKOTA-Netzwerk teilt mit: „Bitte schreiben Sie an die bangladeschische Regierung und fordern Sie die sofortige Freilassung von Kalpona Akter und Babul Akhter, die Rücknahme der Strafanzeigen und eine Garantie für die Sicherheit der ArbeitsrechtlerInnen. Weil sich die Anzeichen der Verwicklung einer bestimmten Fabrik, der Nassa Global Wear Company, in die Attacken gegen BCWS häufen, bitten wir auch um entsprechende Protest-Mails an den Besitzer der Nassa Group.“ Siehe die Protest-Mail-Seite von INKOTA
- In "Bangladesh garment union leaders flee police crackdown" berichtet Shafiq Alam am 19. August 2010 für afp bei googlenews über die Polizeimaßnahmen gegen den Streik.
- Hintergrund und Vorgeschichte der Auseinandersetzung werden in "Bangladeshi Women Garment Workers Strike for $72 per month" von Enku Ide am 16. August 2010 bei den Labornotes dargestellt.
- In "Great advert for workers' unity" von Tony Burke im britischen Tribune Magazin vom 17. August 2010 wird über eine ganze Reihe echter Solidaritätsaktionen britischer und US-GewerkschafterInnen mit dem Kampf der TextilarbeiterInnen Bangladeschs berichtet.
Von einer Todesfalle in die andere...
Erneut zahlreiche Todesopfer durch einen Brand in einer Textilfabrik - die Marktwirtschaft hat auch im Februar 2010 ihre Opfer verlangt, Konkurrenz erzeugt Spardruck. Der ausführliche Beitrag "Death traps - work, home, fire and the poor in Bangladesh" von Ret Marut am 10. März 2010 bei libcom.org zeichnet das Leben (nicht nur) der TextilarbeiterInnen zwischen Brandgefahr im Exportbetrieb und Brandgefahr in den Slums auf. Waren beim neuerlichen Fabrikbrand wieder einmal die Türen verschlossen - um Diebstahl zu verhindern, sagen die Verantwortlichen für die Todesopfer - so ist es in den Slums speziell der Hauptstadt (in denen etwa 2 Millionen Menschen wohnen) die ganze Struktur der Anlagen, die die Lebensgefahr erzeugt.
Unterstützung Bangladesch
"Liebe KollegInnen und FreundInnen, traurige Neuigkeiten aus Bangladesch: Am Montag, 8. Januar, ist in einer Wohngegend im Industriebezirk Tejgaon in der Hauptstadt Dhaka ein Feuer ausgebrochen. Tausende Beschäftigte der Bekleidungsfabriken leben in diesem Viertel. Über 100 Häuser wurden von dem Feuer zerstört. Über 1.000 Beschäftigte lebten direkt dort, wo das Feuer wütete; die meisten von ihnen haben ihr Zuhause und all ihre Habseligkeiten verloren. Die NGWF [Die National Garments Workers Federation (NGWF) ist eine Gewerkschaft von Arbeitern der Bekleidungsindustrie in Bangladesh; Anm. Red. LabourNet] ist in der Gegend stark verankert. Etwa 200 der Betroffenen sind NGWF-Mitglieder. Den Menschen fehlt es nun an allem, auch an Essen, Schutz vor der winterlichen Kälte, Kleidung etc. Die NGWF tut ihr Bestes, um Nothilfe zu leisten und braucht dabei Unterstützung von allen FreundInnen, Verbündeten und UnterstützerInnen, dringend! Mehr Info gibt es leider aufgrund der Dringlichkeit nur auf Englisch. Spenden bitte an: TIE Bildungswerk; Frankfurter Sparkasse; BLZ: 500 502 01; Konto: 861 685; Stichwort: Feuer Bangladesh" Mail an die Redaktion des LabourNet Germany vom 15.01.2010. Siehe dazu den (englischen) Artikel "Slum Fire Victims Face Winter Under Open Skies" in Bangladesh News vom 09.01.2010
Fabriken brennen: "Das waren zu Viele und sie waren wild entschlossen..."
Mit diesen Worten begründete ein Polizeisprecher in Dhaka, warum es den Ordnungskräften trotz des Einsatzes von insgesamt beinahe 1.000 Polizisten nicht gelang, die - unangemeldeten - Proteste von über 50.000 TextilarbeiterInnen aus der wirtschaftlichen Sonderzone zu unterbinden. Die Empörung hatte solch massenhafte Formen angenommen, nachdem zunächst normale betriebliche Proteste wegen der bekannten unmenschlichen Arbeitsbedingungen einmal mehr mit Polizeigewalt unterdrückt worden waren, wobei auch zwei Arbeiter ermordet wurden. Jetzt war das Faß übergelaufen - es ging nicht mehr um die Verteidigung von Arbeitsplätzen und Arbeitssicherheit, sondern um die Verteidigung des Lebens gegen die Knochenmühlenbetreiber und ihre uniformierten Helfer. In rund 50 Fabriken der Sonderzone wurde Feuer gelegt. Einen ersten Überblick über die Kämpfe gibt der Bericht "Short fuse: 50,000 workers on the streets and 50 factories burning in Bangladesh" von Ret Marut am 30. Juni 2009 bei libcom.
"Kann man Kohle essen?"
Asia Energy heisst das Unternehmen, das seit Jahren das Projekt eines Kohleabbaus im Tagebau bei Phulbari verfolgt - mit Geldern der Asiatischen Entwicklungsbank unter anderem. Der Name aber täuscht: Es ist ein britisches Unternehmen. Das dann auch seine wichtiugste Investition tätigte, indem es 300 Berater im In- und Ausland anheuerte, deren Aufgabe es war, in der entstehenden Auseinandersetzung zu vertreten, dass es weder Sozial- noch Umweltschäden geben werde. Ausser der Kleinigkeit, dass offiziell etwa 40.000 Menschen umgesiedelt werden müssen - lokale Gruppierungen machen da eine wesentlich größere Rechnung auf. Seit 2006 bei einer Protestdemonstration geschossen wurde - die berüchtigten Bangla Rifles waren einmal mehr im Einsatz für die Marktwirtschaft - und drei junge Männer sterben mussten, hat sich der -widerstand weiter verbreitet. Der Artikel "You cannot eat coal: Resistance in Phulbari" von Rahnuma Ahmed ist am 19. August 2008 in der ostbengalischen Zeitung New Age erschienen und beim Blog Banglapraxis gespiegelt.
Erneut Streiks und Unruhen von Textilarbeiterinnen in Dhaka
Am letzten Wochenende traten Tausende von Textilarbeitern in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, in den Streik. Sie fordern mehr Lohn und wehren sich gegen die staatliche Unterdrückung. Dutzende von Fabriken wurden geschlossen. Die Arbeiter, hauptsächlich Frauen, griffen ein Lager der Ansar genannten Hilfspolizei an, die für ihre Übergriffe gegen die Arbeiter berüchtigt ist, und verlangten, dass es vom Werksgelände verschwindet. Siehe dazu
- Bangladesh : Garment workers attack factories as thousands wildcat and riot
The ongoing unrest in the garment factories continues... Ein (englischer) Artikel von Ret Marut auf Libcom vom 11.08.2008
Hungeraufstand von 20000 TextilarbeiterInnen in Bangladesh: Armee greift ein
"Am Samstag protestierten in Dhaka mehr als 20000 TextilarbeiterInnen gegen den unaufhaltsamen Anstieg der Lebensmittelpreise und für Lohnerhöhungen.
Die Arbeiter aus mehr als einem Dutzend Textilfabriken setzten sich gegen die Spezialeinheiten der Polizei zur Wehr, die mit Tränengas, Schlagstockeinsätzen und Warnschüssen versuchten den Protest zu unterdrücken. Die Arbeiter wehrten sich mit Steinwürfen, errichteten Barrikaden.Es wurden über 100 Arbeiter verletzt. Schließlich wurde der Aufstand durch den Einsatz der Armee niedergeschlagen. Die hungernden Arbeiter hatten sich teilweise die Nahrungsmittel aus den Geschäften geholt, in denen diese in ausreichender Menge aber zu unbezahlbar hohen Preisen vorhanden waren." Beitrag in LinkeZeitung vom 13.04.2008
"Ausländische Agenten"
Was Indien kann, kann Bangladesch auch: die fiesen ausländischen Agenten aufspüren, die die nationale Wirtschaft bankrottieren sollen und den Arbeiterinnen der Weltmarkt-Lieferanten für Textilien ins Ohr flüstern, dass sie etwas zu essen bräuchten...Und was es keineswegs nur in Deutschland gibt, gibt es in Bangladesch ebenfalls: Journalisten, denen zwischen schamlos und saudumm alles recht zu schreiben ist, wenns Kohle bringt. Ach ja, dann wären da noch die Unternehmer: zwar kennen Textilunternehmer in Bangladesch vermutlich Hartz IV nicht, den Geist der Sache aber durchaus: Die ArbeiterInnen wollten ja gar nicht mehr Lohn, sondern genug zu essen, also solle der Staat gefälligst einen Warenkorb dazugeben, die bengalische Variante der working poor also.
- Das Meisterstück des Enthüllungsjournalismus:
"Provocation of foreign body, labour leaders found in probe" gezeichnet mit Unb im Daily Star vom 31. Januar 2008 und
- Die Meldung über die Verhaftung und erzwungene Wiederfreilassung von Mehedi Hasan: "Factory investigator in Bangladesh arrested" bei Labour behind the label am 28. Januar 2008.
Wieder: Polizeiangriff auf streikende TextilarbeiterInnen
Besetzte Fabriken, blockierte Strassen, brennende Reifenmauern: die Belegschaften der Textilbetriebe im Großraum Dhaka wollen sich einfach nicht damit abfinden, dass sie sich zum "Wohle des Landes" in der wichtigsten Branche für Armutslöhne krank schuften sollen - nur drei Monate nach der letzten grösseren Streikbewegung gab es erneut heftige Auseinandersetzungen. die erste Antwort war die übliche: massiver Polizeieinsatz. Der Bericht "Police fire tear gas to quell hundreds of rioting textile workers in Bangladesh" der AP vom 15. Januar 2008 bei der "International Herald Tribune".
Neue Streikwelle der TextilarbeiterInnen
In mehreren Gebieten Bangladeschs kam es Mitte September zu erneuten Streiks, die noch nicht Umfang und Militanz des Vorjahres haben, aber die Debatten im Land wesentlich beeinflussen. So wurde am letzten Wochenende die gesamte (Textil-)Sonderzone bei Dhaka bestreikt (71 von 88 Unternehmen waren "geschlossen"), nachdem ein erster Streik bei Featherlite zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei geführt hatten - über 100 Verletzte gab es im Laufe des Samstags. In Khalispur, im Südwesten des Landes streikten bereits seit dem 3. September 5.000 ZeitarbeiterInen gegen ihre Vertragsbedingungen und forderten Festanstellung, die viele von ihnen schon einmal hatten...Dabei kam es auch zu Attacken auf Gewerkschaftsfunktionäre, denen vorgeworfen wird, mit den Unternehmen zu paktieren. Siehe dazu:
- Der (englische) Beitrag "100 hurt as garment workers clash with police" von Ed vom 16. September 2007 bei libcom, der sich speziell den brutalen Polizeieinsätzen widmet
- Der (englische) Beitrag "Jute workers attack union leaders in Bangladesh amid wider unrest" von Ret Marut vom 17. September 2007 bei libcom, der die neuen Auseinandersetzungen in die Entwicklungen der letzten Zeit einordnet - die Studentenproteste letzten Monat, die Verfolgungsjagden gegen SlumbewohnerInnen usw
Konflikt um
Mindestlohn in Textilfabriken in Bangladesch eskaliert
Wie unser Kollege Helmut bereits am 20. September meldete (siehe unten), stand das Mindestlohn-Abkommen der Textilarbeiter im Kreuzfeuer der Kritik. Und zwar von allen Seiten. Für die Arbeiter ist es viel zu wenig und für die Unternehmen ist die Steigerung unerträglich hoch. Zwar meldete eine Zeitung am 05.10.2006, es hätte eine Einigung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber gegeben, doch hatte man wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Betroffenen ArbeiterInnen waren nämlich überhaupt nicht mit dem "Abschluß" einverstanden und riefen erneut zu einem Streik auf. Spontane Arbeitsniederlegungen kamen dann auch schneller als ursprünglich geplant, die Situation eskalierte völlig. Jetzt sind mehrere Textilfabriken zerstört, es gibt Unmengen an Verletzten, viele Festnahmen, Straßenblokaden überall. Eine sehr kurze Materialsammlung der letzten Tage aus Bangladesch.
Mindestlohn-Abkommen
im Kreuzfeuer
Die TextilarbeiterInnen sind mit den neuen Mindestlöhnen
nicht zufrieden: neue betriebliche Streiks haben stattgefunden,
demnächst soll es einen Branchenstreik geben. Die Unternehmen
sind mit den neuen Mindestlöhnen nicht zufrieden: zu hoch seien
sie, und die Verbände hätten das Abkommen nur unterzeichnet
unter dem Druck brennender Fabriken. Die Regierung sucht ausländische
Agitatoren. Eine knappe Materialsammlung zur Lage in Bangladeshs
wichtigstem Industriezweig "Mindestlohn
im Kreuzfeuer" vom 20. September 2006.
Land unter - Klimaveränderungen und Klassengesellschaft
"Für die meisten Menschen im Westen stellt
die Klimaveränderung eine Bedrohung ihres Lebensstils dar.
Für die Menschen in Bangladesh eine Bedrohung des Lebens selbst"
- so beginnt der (englische) Artikel "For
My People, Climate Change is a Matter of Life and Death"
von Sabihuddin Ahmed, der am 15. September 2006 im britischen "Independent"
erschienen ist, und bei "commondreams" gespiegelt wird.
Tagebauzeche durch massive Proteste einstweilen
verhindert - Zahl der Todesopfer steigt
In Phulbari sollte - von diversen europäischen,
vor allem britischen Quellen finanziert - die grösste Kohlezeche
des Landes installiert werden. Der Tagebau hätte die Zwangsumsiedlung
von mindestens 40.000 Menschen bedeutet, weswegen der Widerstand
von Beginn an heftig war. Ende August eröffnete die Polizei
das Feuer auf eine Massendemonstration, was zu einer abermaligen
Eskalation führte mit insgesamt sechs Todesopfern, darunter
ein Polizist. Danach hat die Regierung das Projekt gestoppt, was
als Sieg einer Bewegung gefeiert wurde, die auch Teile der Bevölkerung,
die üblicherweise wenig an politischen Auseinandersetzungen
teilnehmen, mobilisieren konnte, wie etwa Hausfrauen oder "Ureinwohner".
Die (englische) Materialsammlung "Bangladesh
coal mine cancelled - but for how long?"
vom 3. September 2006 bei "Mines and communities" fragt
nicht nur nach Perspektiven, sondern berichtet auch über unterschiedlichste
Mutmaßungen britischer Einflussnahme.
Der Kampf der TextilarbeiterInnen - eine andere
Bilanz
Dass am Ende der "Unruhen" im Mai und Juni
- in Wirklichkeit eine Streikbewegung, die Tausende von Textilfabriken
betraf - dieses Jahres eine Reihe von tarifvertragsähnlichen
Abkommen geschlossen wurden, wurde und wird von den meisten als
Fortschritt für die besonders ausgebeuteten TextilarbeiterInnen
von Bangladesh betrachtet. Eine etwas andere Sichtweise auf die
Entwicklung bringt der Beitrag "Der
Streik der Beschäftigten der Textil- und Konfektionsindustrie
in Bangladesh"
von der Gruppe Communist Internationalist, der am 1. August 2006
bei "Trend-Onlinezeitung" veröffentlicht wurde.
Restrukturierung der Telefongesellschaft klappt
nicht - Widerstand zu gross...
Der Bangladesh Telegraph and Telephone Board soll
auf Marktwirtschaft getrimmt werden. Dafür wurde im September
2005 die Detecon International Beraterfirma aus Deutschland engagiert
- mit Geldern der Weltbank. Das Team hat auch, welch Wunder, bereits
ein Konzept, nur: Seit Februar versuchen diese Berater vergeblich,
die Betriebsstätten zu betreten - die Belegschaft hindert sie
jedes Mal daran. Und die gewerkschaftliche Vertretung - die ursprünglich
prinzipiell Einverständnis signalisiert hatte - hat unter diesem
Durck die Position gewechselt und ist nun auch dagegen. Der (englische)
Bericht "BTTB
restructuring having a bumpy ride - Consultants not allowed into
BTTB headquarters by angry employees"
von Zahedul Islam vom 19. Juli 2006 bei ICT News.
Zahlreiche Abkommen in der Textilindustrie unterzeichnet
Die heftige und militante Bewegung der TextilarbeiterInnen
der letzten Wochen hat Erfolge erreicht: in den letzten Tagen wurden
eine ganze Reihe von Branchen- und betrieblichen Abkommen unterzeichnet,
die unter anderem die Verbesserung des Mindestlohns und die Einführung
von Ferientagen umfassen - für die vielen Beschäftigten
dieses wichtigen Wirtschaftszweiges echte Fortschritte. die ersten
Abkommen treten am 1. Juli in Kraft. Den (englischen) Überblick
über Inhalte dieser Verträge "Details
of Settlement in Nation-wide Struggle with Garment Employers"
von Amirul Haque Amin, Generalsekretär der National Garment
Workers Federation Bangladesh vom 29. Juni 2006 gibt es bei Labourstart.
Nähstube der Welt - Zur Situation der TextilarbeiterInnen
in Bangladesch
".Größter industrieller Sektor des stark landwirtschaftlich ausgerichteten Landes ist die Bekleidungsindustrie. Dabei handelt es sich um eine relativ junge Branche: 1977 gab es ganze acht Bekleidungsfabriken. Der Boom setzte erst in den 80er Jahren ein. Heute existieren in so genannten Exportproduktionszonen (EPZ) ca. 3.300 dieser Fabriken. 1,6 Millionen Menschen sind dort beschäftigt, 80 Prozent davon Frauen, meist im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Sie kommen aus den ländlichen Gebieten in die Städte, um hier Arbeit zu finden und ihre Familien zu unterstützen. Das Bildungsniveau der ArbeiterInnen ist aufgrund des weit verbreiteten Analphabetismus gering. Das macht sie manipulierbar und als billige, flexible und fügsame Arbeitskräfte attraktiv. Die ArbeiterInnen wissen kaum etwas über die ihnen zustehende Rechte. 76 Prozent des gesamten Exports werden von den TextilarbeiterInnen produziert; Hauptabnehmer sind die USA, Kanada und die EU.Die Zulieferer in Bangladesch arbeiten für Lee, Wrangler, Umbro, Karstadt/Quelle, New Yorker, Wal-Mart, H&M und Tchibo (eigenes Label: TCM)." Artikel in graswurzelrevolution 310 vom Juni 2006
Textilarbeiter zünden aus Verzweiflung Fabrik an
"Kampagne kritisiert Vorgehen der Polizei in Bangladesch und sieht europäische Unternehmen in der Verantwortung für schlechte Arbeitsbedingungen. Zehntausende Arbeiter forderten in den vergangenen Tagen bei Demonstrationen höhere Löhne, einen freien Tag in der Woche, die Einhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsstandards und die Vergütung von Überstunden. Nachdem in Auseinandersetzungen mit der Polizei ein Arbeiter ums Leben kam, eskalierten die Proteste. Die Demonstranten griffen in ihrer Verzweifelung Textilfabriken an." Pressemitteilung des INKOTA-netzwerk e.V. vom 24.05.2006 (Das Bild zeigt die
Little Star (Diamond) Spinning Mill bei Savar.
Für die Großansicht des Bildes bitte direkt draufklicken)
- Unruhen in Bekleidungsindustrie von Bangladesch: Untersuchung nach Ursachen gefordert
"So ITBLAV-Generalsekretär Neil Kearney: "Angesichts der in der Industrie herrschenden Arbeitsbedingungen sind die Ereignisse der letzten Tage, so tragisch sie sind, wohl kaum überraschend. Die ITBLAV hat wiederholt gewarnt vor der wachsenden Frustration über die Hungerlöhne die man bezahlt, die überlange Arbeitszeit, den Betrug bei der Akkordarbeit und die Fälschung von Überstundenzuschlägen, die missbräuchliche Behandlung und die entsetzliche Bedingungen in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz"." Pressemitteilung der Internationalen Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter-Vereinigung (ITBLAV) vom 24.05.2006
- Black Tuesday for industry
"labour violence spreads to Dhaka ; 1 killed; over 250 factories vandalised, scores torched; 200 vehicles ransacked; 100 injured." Ausführlicher (englischer) Artikel in der Daily Star aus Bangladesch vom 24.05.2006
Erneut Todesopfer
in Textilfirma - direkt vor dem internationalen Frauentag, der als
Protesttag der Textilarbeiterinnen begangen wird
Während in der Sonderzone von Chittagong Proteststreiks
und Blockadeaktionen stattfinden und über die Zahl der Todesopfer
bei KTS in der letzten Woche gestritten wird (die Regierung bleibt
bei über fünfzig Toten, andere sprechen von über
einhundert Opfern) sind direkt vor dem internationalen Frauentag
- der von der Gewerkschaftsbewegung in Bangladesh zum Protesttag
der Frauen in den Textil-Weltmarkt-"Klitschen" ausgerufen
wurde - erneut drei Frauen in den Flammen eines Betriebs gestorben
und über 50 verletzt worden. Die (englische) Pressemitteilung
"Second
factory fire in a week kills women one day before IWD" der National Garment Workers Federation of Bangladesh vom 7. März
2006.
Erneut 55 Todesopfer bei Feuer in Textilfabrik
Bei KTS in Chittagong arbeiteten am vergangenen Freitag etwa 550 der insgesamt rund 1200 Beschäftigten in der Nachtschicht, als - vermutlich an einer Gasleitung - ein Feuer ausbrach, das auch Wasserkessel zur Explosion brachte und alle vier Stockwerke des Gebäudes Feuer fingen. Von Sicherheitskräften verschlossene Ausgänge und nicht vorhandene Notausgänge in den oberen Stockwerken waren die Ursachen für die meisten der bisher gefundenen 55 Todesopfer - meist Frauen. Unter den verletzten - etwa 100 Menschen - sind auch viele dabei, die aus den Fenster sprangen, um sich zu retten. Siehe dazu:
- Der (englische) Bericht "55 killed, 100 injured in worst garment factory fire in Chittagong" von Nazimmudin Shyamol im "Independent" vom 25. Februar 2006
- Proteststreik gegen Industrieminister und Unternehmer
Einen eintägigen Proteststreik am 2. März hat die Gewerkschaft Bangladesh Garment Workers Trade Union Centre (BGWTUC) ausgerufen, mit dem der Forderung nach Rücktritt des Industrieministers Nizami Nachdruck verliehen werden soll, der keine Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit getroffen habe (einen Tag zuvor waren in Dhaka bei einem Einsturz mindestens 12 Bauarbeiter gestorben). Der redaktionelle (englische) Bericht über die Protestaktion der Gewerkschaft am Sonntag "RMG workers call strike for March 2" im "Daily Star" vom 27. Februar 2006:
ArbeiterInnen
wegen Protesten zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt!
16 Arbeiterinnen und Arbeiter aus Savar (nördlich
der Hauptstadt Dhaka), die im April aus Protest das Verwaltungsbüro
der Freihandelszone (BEPZA, gegründet 1993, EPZ gibt es seit
1978) besetzt hatten und "die Möbel zurecht gerückt"
wurden am 12. September von einem ostbengalischen Richter zu jeweils
3 Jahren Gefängnis verurteilt, plus Geldstrafe, die im Falle
der Nichtbezahlung die Haft um weitere sechs Monate verlängern
würde. Die jeweils 8 Arbeiterinnen und Arbeiter waren - im
Vertrauen auf "Gerechtigkeit" bis auf 2 alle vor Gericht
erschienen, die beiden letzten werden per Haftbefehl gesucht. Dass
ihre Familien damit in blanke Not stürzen, interessierte den
feinen Richter ebensowenig wie die Zustände, die den Protest
hervorgebracht hatten, an dem sich damals mehr als 1500 Beschäftigte
mehrere Firmen der Freihandelszone beteiligt hatten. Die Zonenverwaltung
hatte Anzeige erstattet aufgrund eines Gesetzes, das da lautet "Verstöße
gegen Recht und Ordnung". Der (englische) Bericht "16
garment workers get 3 years' RI"
vom Gerichtsreporter der Zeitung "The Daily Star" vom
13. September 2005
Polizeiterror gegen TextilarbeiterInnen in
Sonderzone
In der wirtschaftlichen Sonderzone von Dhaka waren
Anfang der Woche 69 TextilarbeiterInnen festgenommen worden, weil
sie Vorgesetzte im Betrieb bedroht haben sollen. Als daraufhin am
Dienstag über 1.000 ArbeiterInnen in einer Kundgebung die Freilassung
der Inhaftierten forderten, erhileten sie als Antwort - einen massiven
Schlagstockeinsatz der mit Hundertschaften angerückten Polizei.
Über 100 DemonstrantInnen wurden krankenhausreif geprügelt.
Der Textilexport ist dem bengalischen Bürgertum zu wichtig,
um solche "Nebensächlichkeiten" wie demokratische
oder gewerkschaftliche Rechte zu beachten... Der redaktionelle (englische)
Bericht "100
garment workers hurt in police action: 69 held"
vom 20. Juli 2005 beim Nachrichtenportal "News from Bangladesh".
8.000 Menschen aus Slum vertrieben
Am Mittwoch morgen wurde unter massivem Polizeischutz in Bhasantek, Dhaka eine Vertreibungsaktion gegen Slumbewohner organisiert - geleitet von einem lokalen Stadtrat. Die Behörden erklärten, sie hätten Vorwarnung gegeben und eine Frist gesetzt. Die Tagelöhnerin Rahida Begum sagte der Presse gegenüber, die Warnung sei Dienstagbend 21 Uhr zu ihr "durchgekommen", als sie von der Arbeit nach Hause kam. Mehrere Tausend Hütten, Scuppen und Ställe wurden "gesäubert". Der redaktionelle (englische) Bericht "5,000 shanties razed in Kafrul slum eviction drive" vom 21. Juli 2005 beim Nachrichtenportal "News from Bangladesh"
Landesweiter Streik der Beschäftigten der Bekleidungsindustrie am 1. September 02
6 Gewerkschaften der Bekleidungsindustrie von Bangladesh haben über ihre Dachorganisation (Einheitsrat der Beschäftigten der Bekleidungsindustrie - BGWUC) für den 1.September zum landesweiten Streik aufgerufen. Ein Aufruf zur Solidarität vom Generalsekretär der grössten Gewerkschaft (englisch, mit deutscher Zusammenfassung) im wichtigsten Industriezweig Bangladeshs
Brutal Murder of Bangladesh Trade Union Activist
Meldung von TIE-Asia (Transnationals Information Exchange) vom 8.8. über den Mord an Iqbal Majumder, dem wohl wichtigsten Gewerkschafter in Bangladesh. Iqbal war ein guter Freund von TIE und eng mit der Gewrkschaftsbewegung in Bangladesch verbunden. Wir bitten Euch, einen Protestbrief and die Botschaft Bangladeschs zu versenden. Ein Modellbrief liegt bei.
Die Textilarbeiter in Bangladesch rufen zum landesweiten Streik am 1. Juli 02 auf
Der Nationale Textilarbeiterbund ( National Garment Workers Federation, NGWF ) und sechs weitere Gewerkschaftsvereinigungen, die sich im Einheitsrat der Textilarbeiter Bangladeschs ( Bangladesh Garment Workers Unity Council, BGWUC) zusammengeschlossen haben, rufen am 1. Juli zum Streik in der gesamten Textilindustrie des Landes auf. Ziel des Streiks ist die Durchsetzung von sechs Forderungen, die dem Verband der Textilhersteller und Exporteure Bangladeschs ( Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association, BGMEA) am 24. März übergeben wurde. Am 13. Juni schreib uns der Generalsekretär der NGWF folgendes: "Beachtet bitte, dass sich der Streikaufruf nicht nur auf eine einzelne Fabrik bezieht, sondern dass es sich um einen landesweiten Streik handelt. In den 3.200 Betrieben der Textilindustrie Bangladeschs arbeiten 1,6 Millionen Arbeiter.Wir stehen daher vor grossen Problemen und einer schwierigen Herausforderung. Unsere finanzielle Lage ist sehr schlecht, da zur Zeit der Mindestlohn in unserer Industrie bei nur 800 Taka monatlich (ca. DM 31,90 ) liegt. Die wenigsten Mitglieder können daher Gewerkschaftsbeiträge zahlen."
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Schickt bitte Solidaritätsadressen und Unterstützungsbotschaften an folgende Adresse: GPO Box 864 Dhaka, Bangladesh Tel: 88019340268 Fax: 88029562562 Email: unity@bdmail.net
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Links zu englischen Hintergrundinfos und Soli-Erklärungen:
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