Billige Löhne in Bulgarien – Chinesen eröffnen erste Autofabrik in Europa
Es ist eine kleine Revolution in der Autowelt: Bisher montierten europäische Hersteller ihre Fahrzeuge gerne in China - nun drehen die Chinesen den Spieß um und eröffnen ihre erste Fabrik in einem EU-Land, in Bulgarien. Der Schritt soll nur ein Anfang sein. Artikel auf Spiegel-Online vom 21.02.2012 . Aus dem Text: „(...) Bulgarien, das Armenhaus Europas, bietet niedrige Löhne und niedrige Steuern, die Arbeiter gelten aber als gut ausgebildet - die ideale Startbasis für Unternehmen wie Great Wall. In China selbst sind die Löhne für Fabrikarbeiter zuletzt deutlich gestiegen. Die chinesischen Autobauer wollen wie einst japanische und koreanische Hersteller auf lange Sicht die Märkte in Westeuropa und den USA erobern. Great Wall ist der größte Geländewagenhersteller in der Volksrepublik und betreibt bereits Werke in rund einem Dutzend Länder, darunter in Russland, Indonesien, Ägypten und der Ukraine...“
Solidaritätserklärung: Bulgarische Gewerkschaften protestieren gegen Sozialabbau
"Bulgarische Gewerkschaftsverbände haben zum Warnstreik und zur Demonstration am 30. November vor dem Parlament in Sofia aufgerufen. Die Kundgebung richtet sich gegen massive Einschnitte bei der Sozialversicherung und der Rente. Der DGB hat den Gewerkschaften seine Solidarität erklärt." Presseerklärung vom 29.11.2011
Eisenbahnerstreik stoppt fast alles...
150 Züge weniger täglich ab Januar 2012 - so können rund 2.000 Beschäftigte entlassen werden, das ist der geniale Geschäftsplan des Managements der bulgarischen Eisenbahn BDZ. Ach ja: Die Preise sollen um rund 10% steigen...Weswegen auch der seit dem 24. November laufende "Wiederaufnahmestreik" (zuerst eben ein Tag, aber jederzeit wieder) auch in der Öffentlichkeit durchaus auf Zustimmung stößt. Das Management droht, der Streik sei illegal und jeder Beteiligte werde entlassen - was aber zumindest am ersten Streiktag nichts nutzte, wie in dem redaktionellen Bericht "Mass Strike Stops Trains in Bulgaria, Passengers Stranded" am 24. November 2011 bei novinite deutlich wird.
Atakas spiel mit dem Feuer: Die anhaltenden antimuslimischen Übergriffe in Bulgarien drohen zu einem Flächenbrand zu eskalieren
"Am 13. Juni veröffentlichte das Büro des bulgarischen Obermufti in Sofia eine Erklärung, in der die muslimische Minderheit des Balkanlandes aufgefordert wurde, künftig Maßnahmen zur Selbstverteidigung zu ergreifen. Der bulgarische "Staat ist entweder nicht in der Lage, uns zu beschützen, oder er will es nicht," hieß es in der Erklärung. Die Muslime Bulgariens sehen sich aber einer Islamophobie ausgesetzt, die sich in "Drohungen, Beleidigungen, der Einschränkung religiöser Rechte und physischer Gewalt äußert und als ein Versuch betrachten werden sollte, interreligiöse Konflikte und einen Bürgerkrieg anzustiften." Der Obermufti stellt die höchste religiöse Autorität der größtenteils türkischstämmigen bulgarischen Muslime dar, die rund 12 Prozent der 7,9 Millionen Einwohner Bulgariens umfassen..." Artikel von Tomasz Konicz - Nachrichten aus Osteuropa, auf der Webseite des Autors vom 20. Juni 2011
Proteste gehen weiter
Auch nach den grossen Demonstrationen im November gehen die Proteste weiter - hier insbesondere gegen die faktische Beseitigung des Gesundheitssystems. Der kurze Bericht "Hundreds Join Anti-Government Protest in Bulgaria" von Boryana Dzhambazova am 01. Dezember 2010 bei Balkan insight macht deutlich, dass es längst nicht nur Beschäftigte des Gesundheitswesens sind, die da protestieren.
Europäische Gemeinsamkeiten: Roma verfolgen
"Fast 800.000 Roma leben in Bulgarien. Die meisten sind arm und ohne Schulbildung. Viele Bulgaren sehen sie nur als Schmarotzer. Und die Regierung will sie nicht integrieren" - so beginnt "Ein echtes Hundeleben" ein Artikel von Barbara Oertel in der TAZ vom 20. Oktober 2010
Streik bei e.on?
Anfang Oktober könnte es im Norden Bulgariens dunkel werden - wenn die Belegschaft des regionalen e.on Werkes in den Streik treten sollte - eine Aktion die vom Streikkomitee der Gewerkschaft Podkrepa vorbereitet wird. Das arme Unternehmen will erneut 173 Beschäftigte entlassen, weil sie zu teuer sind - viele Verbleibende sollen einseitig neu eingruppiert werden. Letzte Woche hat das Streikkomitee begonnen, unterschriften der Belegschaft unter eine Forderungsliste zu sammeln, die im wesentlichen drei Forderungen enthält: Keine Entlassungen, keine einseitigen Neueinstufungen nur durch die Geschäftsleitung und eine Lohnerhöhung von 25% ab 1. Oktober. Wenn 851 der exakt 1700 Beschäftigten dies unterzeichnen - eben 50% plus 1 - wird es einen Streik geben. Die Stimmung scheint dafür - schliesslich hat das Unternehmen vor drei Jahren schon einmal insgesamt 1400 Menschen auf die Straße geworfen. so jedenfalls schildert es der redaktionelle Bericht "Strike in E.ON Might Leave Northeast Bulgaria Without Electricity" vom 26. August 2008 bei "news.bg".
Noch eine kriminelle Privatisierungsgeschichte
"Von der Treuhand lernen, heisst..." - das größte Wirtschaftsverbrechen Bulgariens in den letzten 50 Jahren nennt es Georgi Bochev, Vorsitzender der Telekommunikationsgewerkschaft im bulgarischen Gewerkschaftsverband SITUB: Das Vorgehen beim Verschleudern der staatlichen Kommunikationsbetriebe an das US-Unternehmen Advent. Zwei Drittel der einst 25.000 Beschäftigten wurden entlassen, investiert wurde nichts, die einst recht moderne Infrastruktur ist marode. Nachzulesen in dem Interview "Histoire d'une privatisation criminelle" mit Bochev, das Claude-Emmanuel Triomphe am 02. Juni 2008 bei "Metis Europe" veröffentlicht hat.
LehrerInnenstreik dauert schon 6 Wochen
"Die bulgarischen Lehrer streiken seit sechs Wochen. Sie begannen Mitte September, als das offizielle Schuljahr anfing. "Würdevolle Arbeit - doppeltes Gehalt", Losungen wie diese haben die Lehrer in den vergangenen Wochen auf ihre Plakate geschrieben. Allerdings hat die Zahl der Streikenden inzwischen abgenommen. Die Gewerkschaften sprachen am Dienstag voriger Woche von 67 Prozent streikender Lehrer. Dem Bildungsministerium zufolge befinden sich noch 34 Prozent der Schulen im Ausstand. Ein Großteil der Demonstranten sind Frauen. Der Lehrberuf ist schlecht bezahlt und wird überwiegend von Frauen ausgeübt. Tausende Lehrer und Lehrerinnen haben in den vergangenen Monaten den Schuldienst verlassen - vor allem die Männer. Sie verdienen etwa als Bauarbeiter doppelt so viel..." so beginnt der Artikel "Null Bock auf Schule" von Jutta Sommerbauer in der Jungle World vom 8. November 2007.
Streik für die Zukunft -75 000 Lehrer zwingen die Regierung Bulgariens zum Dialog
"Nachdem der Streik der bulgarischen Lehrer zwei Wochen lang ebenso zäh wie erfolglos fortgesetzt worden war, kam es am Donnerstag zur großen nationalen Kundgebung in Sofia auf der Regierungsmeile zwischen Ministerrat und Parlament. Die Zahl der Teilnehmer wurde auf 75 000 geschätzt und erreichte damit für Bulgarien historische Ausmaße." Artikel von Thomas Frahm, Sofia, im Neues Deutschland vom 16.10.2007
Streik am grössten
Krankenhaus des Landes
Am Morgen des 29. Mai beteiligten sich etwa 1.500
der rund 2.000 Beschäftigten des grössten Krankenhauses
Bulgariens an einer Straßenblockade rund ums Hospital. Seit
dem 18. Mai hatten sie mehrfach einstündige Warnstreiks organisiert
und bereiten einen Vollstreik ab dem 1. Juni vor - im Kampf um höhere
Gehälter, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Transparenz über
die Verwendung der Einnahmen des Privatbetriebes. Der redaktionelle
(englische) Bericht "Sofia's
On-strike ER Doctors Block Traffic"
vom 30. Mai 2007 bei der Nachrichtenagentur Novinite.
Gesundheitsreform und Privatisierung - eine Bilanz
Eine ausführliche Studie über die gesellschaftlichen
Hintergründe und die Vorgeschichte der Gesundheitsreform in
Bulgarien, inklusive ausführlicher Befragungen über die
Auswirkungen für Beschäftigte und PatientInnen hat das
"Global Policy Network" veröffentlicht. Die (englische)
Studie "HEALTH
CARE REFORMS AND PRIVATIZATION – SOCIAL AND ECONOMIC CONSEQUENCES
- CASE OF BULGARIA"
von Dr. Nadezhda Daskalova, Dr. Lyuben Tomev, Violeta Ivanova, Angelina
Nikolova, Zinaida Naydenova, Diana Trakieva vom INSTITUTE FOR SOCIAL
AND TRADE UNION RESEARCH in Sofia mit Daten aus dem Jahr 2005, publiziert
am 17. April 2006 beim GPN.
Die seltsamen Auffassungen des IWF über Tariffreiheit
Dass die sehr ehrenwerte Gesellschaft IWF und Weltbank
sich für Tariffreiheit einsetzt, mag manche(n) überraschen.
Schon weniger, wenn es darum geht, die Freiheit zu schaffen, Bezüge
von Belegschaften zu kürzen. Nun gibt es im bulgarischen Arbeitsleben
gesetzlich einen traditionellen Bonus, entsprechend der Betriebszugehörigkeit,
der auf Bewertung beruflicher Erfahrung beruht. Und eben diesen
Bonus möchten IWF/Weltbank - wenig überraschend: im Einklang
mit in Bulgarien tätigen Unternehmen - abgeschafft sehen, weil
so eine Vorschrift eben die Tariffreiheit behindere. Alle Unternehmerverbände
sind dafür, und die Regierung hat bereits in letzter Zeit,
wo sie es konnte, einige traditionelle Lohnbestandteile gekürzt,
so etwa die Gefahrenzulage. Die beiden grossen bulgarischen Gewerkschaftsverbände
CITUB und CL Podkrepa haben Widerstand angekündigt. Der (englische)
Bericht "Controversy
over length-of-service allowances"
von Ivan Neykov, Balkan Institute for Labour and Social Policy vom
24. Februar 2006 bei "Eiro-Online".
No future ?
Was es bedeutet in Bulgarien heute 20 Jahre alt zu
sein, welches Lebensgefühl und welche Aussichten die jungen
Menschen im WAZ-Land haben wird in dem (ins Französische übersetzten)
Artikel "Avoir
20 ans en Bulgarie : la génération perdue de
la transition"
von Lora Simeonova, der am 19. November 2005 bei "Le Courrier
des Balkans" ins Netz gestellt wurde geschildert, unter anderem
mit einer Schilderung der Aussichten jener jungen Leute, die zur
Zwiebelernte nach Spanien fahren...
Wohin fliessen die Kredite?
SAPARD ist das Kürzel für ein Finanzierungsprogramm
der EU, das es dem ländlichen Sektor (auch) Bulgariens ermöglichen
soll, die Voraussetzungen für den Beitritt 2007 zu schaffen.
Die bulgarische ökologisch orientierte Initiative "Za
Zemiata" hat nun einen Report veröffentlicht, in dem dokumentiert
wird, das lokale Behördenwillkür, Informationsmangel und
Korruption bei der Durchführung dieses ("outgesourcten")
Programms dazu führen, dass speziell kleine Landwirte von der
Finanzierung ausgeschlossen werden - das "Bauernlegen"
beginnt schon vor dem Beitritt. Der "SAPARD-Report:
Far away from Brussels"
vom Oktober 2005 bei Za Zemiata.
Eigentlich ging es nur um die Mülldeponie...
Den Bewohnern der Sofioter Trabantenstadt Suhodol
war versprochen worden, dass die Mülldeponie, die ihre Umwelt
verpestet, am 30. Juni stillgelegt werden würde - gegen diese
bestenfalls halblegale Deponie der Stadt Sofia gab es seit 20 Jahren
AnwohnerInnen-Proteste. Als nichts geschah, blockierten Ende Juni
und Anfang Juli ungefähr 150 von ihnen die Zufahrten. Und wurden
- nach einer Woche - von ungefähr 800 Polizisten weggeprügelt.
Der (englische) Bericht "The
State Against The People" vom 12. Juli 2005, der über
die "Alter-EE" Mailingliste publiziert wurde.
Die wirtschaftliche Transformation Bulgariens
Viele grundlegende Informationen enthält dieser
Text über Bulgarien, auch über die bulgarischen Gewerkschaften
und NGOs. Die ausführliche Studie "Die
wirtschaftliche Transformation Bulgariens unter bes. Berücksichtigung
der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie"
eines Kollektivs von PolitikwissenschaftlerInnen an der "Arbeitsstelle
Gewerkschaftspolitik" der FU Berlin, veröffentlicht im
Herbst 2004 |