Home > News > Montag, 25. Oktober 2004

Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Liebe KollegInnen,

neu im LabourNet Germany am Montag, 25. Oktober 2004:

I. Branchen: Auto / Opel Bochum

a) Immer noch gehen vereinzelt neue Soli-Erklärungen ein – so von einem ehemaligen Arbeiter bei Flint – seit Samstag endlich auf dem aktuellen Stand….

b) Arbeitsniederlegung 14.-20.10 – (vorerst?) beendet – erste Einschätzungen

  • »Betriebsrat hinkte hinterher und war nie Herr der Lage«. In der Belegschaft des Bochumer Opelwerks gibt es nach Ende des Ausstands noch viel Diskussionsbedarf. Ein Gespräch mit Jürgen Rosenthal, er arbeitet bei Opel in Bochum und [lt. Junge Welt] war einer der Sprecher bei dem fast einwöchigen Ausstand im Werk. Interview von Daniel Behruzi in junge Welt vom 23.10.2004 externer Link Aus dem Text: „…Bei einer vorgezogenen Betriebsversammlung hat normalerweise auch jeder Beschäftigte Rederecht. Wir wollten diese Versammlung, um endlich einmal zu wissen, wie die Belegschaft insgesamt denkt. In der Halle war dann aber alles ganz anders als abgesprochen: Die Formulierung auf dem Abstimmungszettel war zweideutig, man hätte die Fragen nach der Wiederaufnahme der Arbeit und den Verhandlungen getrennt stellen müssen. Und es gab keine Saalmikrophone – gesprochen haben lediglich der Vorsitzende des Betriebsrats und sein Stellvertreter sowie der IG-Metall-Bevollmächtigte. (…)Die Kollegen werden sehr aufmerksam verfolgen, wie die Verhandlungen laufen. Trotz der großen Öffentlichkeit haben wir noch nicht erreicht, daß irgendeine der Forderungen von General Motors tatsächlich zurückgenommen wurde. Wenn es doch zu Entlassungen kommt oder die Firma zerschlagen wird, wird die Bochumer Belegschaft sicher nicht tatenlos dabei zusehen. Dann werden die Kollegen schon wissen, was zu tun ist.
  • Alle Bänder standen still. `Wilder Streik' bei Opel Bochum erfolgreich von Gewerkschaftsspitze abgewickelt. Langfassung eines Artikels von Thomas Binger, der auch am Mittwoch in der jungle World erscheinen wird
  • Die WILDE HARTZ auf OPELANER fängt jetzt an. Gedicht von Barth-Engelbart
  • Zitat des Tages:
    „… Dass die Suche nach Konsens, also einvernehmlichen Lösungen, weiter hohen Stellenwert habe, zeige sich im Fall Opel daran, dass die Gewerkschaft mäßigend auf die Arbeiter einwirkte. "Das ist ja auch die Aufgabe der Gewerkschaft, radikale Entwicklungen einzufangen", sagte Lesch…“
    Lohn- und Tarifexperten Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft, zitiert in „Opel könnte in ´Europäischer Aktiengesellschaft´ aufgehen“, Artikel in ftd.de vom 23.10.2004 externer Link
  • Liebe Bochumer Opel-Werker, liebe solidarisch Engagierte, liebe (potentiell)
    Beschäftigte allerorten… Brief von Carl Lüderitz. Aus dem Text: „wir dürfen keine Zeit verlieren, eine solche Situation, auf der sich SOWOHL wirksamere Solidarität/Kooperation von Belegschaften(!) über Ländergrenzen hinweg (ich lese "... Toyota Philipinen und Japan, Honda und Toyota sowie APFUTU in Pakistan ...") ALS AUCH grundsätzliche Kritik oder zumindest breitere Skepsis gegenüber dem APPARAT ("Komanager von unten") und dessen "intelligenten Verhandlungen" und somit ein Trend zu mehr Basisinitiative UND -eigenmacht entwickeln läßt, gibt es wahrscheinlich so schnell nicht wieder. In der jW klang es schon an: Es braucht, u.a., einen Fonds, aus dem solche Art von Streiks, die vom Apparat der "demokratisch"-zentralistisch (und hauptamtlich) organisierten Gewerkschaften (und Betriebsräte) nicht unterstützt werden (oder die gegen derzeitige Gesetze verstoßen), finanziell abgesichert werden können. Denn sonst ist jede Belegschaft leicht erpreßbar. Ein solcher Fonds könnte bei der gerade immensen Solidarität heute eher als sonst gegründet werden….”

(Dieser letzte Beitrag wird auch - in der Hoffnung auf eine breite gewerkschaftspolitische Debatte -verlinkt unter Diskussion: Gewerkschaftsstrategien / Selbstverständnis der Gewerkschaften - die Zukunftsdebatte)

II. Diskussion: Gewerkschaft / tarifpolitische Debatte

Am Freitag hab ich um Kommentare zu „IG Metall handelt Boni für Mitglieder aus. Gewerkschaft verlangt in Nordrhein-Westfalen besondere Konditionen, wenn ein Betrieb vom Flächentarif abweicht“ gebeten – hier der erste:

Anmerkungen zum Tarifrecht: Tarifverträge nur noch für DGB-Mitglieder?

„Wie Eva Roth in der „Frankfurter Rundschau“ vom 22.10.2004 berichtet, hat die IG Metall in Nordrhein-Westfalen Standards für künftige Verhandlungen entworfen, die deren Mitglieder begünstigen sollen. Abweichungen vom Flächentarif sollen unterstützt werden, wenn Gewerkschaftsmitgliedern von Unternehmensseite eine bessere Behandlung als „dem Rest“ zugestanden wird. Was offensichtlich als Mittel gedacht ist, den rapiden Mitgliederschwund durch Gentlemen-Agreement mit der Gegenseite zu begegnen, markiert vor allem eins: Das freiwillig gewählte Ende grundrechtlich garantierter Macht der bisherigen Gewerkschaften….“ Anmerkungen von Armin Kammrad vom 22.10.2004

Aus dem Text: „…Dass es zweckmäßig ist die Angelegenheit unabhängig vom Wollen und Können der DGB-Gewerkschaften in die eigene Hand zu nehmen, zeigte sich anschaulich bei Opel-Bochum. Die Wertung als rechtswidriger „wilder Streik“ (Arbeitgeberpräsident Hundt) basierte nur darauf, dass die IG-Metall für alle sprechen, verhandeln und Verträge abschließen darf – auch gegen deren Interessen. (…) Warum noch Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen anerkennen, die eine kleine Gruppe regierungsorientierter Funktionäre aushandelt? Alles das sind nur Vertragsänderungen, die kaum noch jemand akzeptiert und nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit auch nicht akzeptieren müsste. Schließlich ist mensch doch deshalb aus der Gewerkschaft ausgetreten, weil mensch mehr „eigenverantwortlich“ – am Besten auch mit einer neuen Arbeiterkoalition – seine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verteidigen und verbessern will. Bezüglich Personalabbau hat sich die Gewerkschaft sowie so leider immer verhängnisvoller zu einem Standortsicherungsverein gegenüber bewusster Standortgefährdung zum Zweck der Lohndrückerei durch die Unternehmensvorstände entwickelt. (…) Die spontane Koalition der Unwilligen bei Opel kann hier mehr erreichen, wenn sie als tariffähige Koalition anerkannt wäre und solche Änderung in der politischen Landschaft auch konsequent anstreben würde. Doch das braucht seine Zeit, welche die IG Metall in Nordrhein-Westfalen jedoch nur zur beschleunigten Selbstauflösung nutzen will….“

Ich hoffe, dass dieser Beitrag eine Debatte entfachen wird – aber gibt es hier nicht auch noch einen weiteren Aspekt, nämlich den des Verkaufs des Verzichts als eine quasi verschärfte Variante von Erschwerniszulagen, die die Gesundheit verkaufen?

III. Branchen: Auto / DaimlerChrysler / Die verschwundenen Betriebsräte bei Mercedes Argentinien

Die komplette Dokumentation des Falls im neuen Design und „aufgeräumt“! Darin zudem neu:

a) Bücher und Filme von Gaby Weber

"Daimler-Benz und die Argentinien-Connection. Von Rattenlinien und Nazigeldern"
Das neue Buch von Gaby Weber, mitherausgegeben vom LabourNet Germany

  • Aus der Verlagsinfo: Gaby Weber hat in den letzten beiden Jahren ihre Recherche auf die unmittelbaren Nachkriegsjahre ausgedehnt. Ihr Ergebnis: Alle Indizien sprechen dafür, dass Daimler-Benz nach Kriegsende Nazi-Vermögen nach Argentinien transferierte und in den Aufbau eines weit verzweigten Firmennetzes investierte. Darüber hinaus fanden zahlreiche NS-Täter im argentinischen Zweigwerk eine Anstellung. Das Beispiel Eichmann ist dabei nur der spektakulärste - und dennoch über viele Jahre unter den Teppich gekehrte - Fall.
    Nicht nur die Auseinandersetzung um die Flick-Sammlung belegt, dass weite Teile der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit den verdrängten Ursachen des Nachkriegswohlstands nach wie vor nicht nachgehen wollen
    .
  • Grundinfos ISBN 3-935936-33-8; 144 Seiten; erschienen Oktober 2004; Preis 10.00 € / 18.30 sF. Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Website des Verlags Assoziation A / Hamburg externer Link; Für Bestellung per e-mail: E-Mail: assoziation-a@t-online.de
  • Exklusiv im LabourNet Germany: Das Schlusskapitel „Ausblick“

b) Anzeigen gegen Daimler

DaimlerChrysler verweigert die Annahme der Schadenersatz-Klage aus USA / Argentinien. Siehe dazu:

US-Klage gegen Daimler Chrysler verletzt die nationale Sicherheit Deutschland

„Die in den USA eingereichte Klage gegen DaimlerChrysler wegen Menschenrechtsverletzungen soll die deutsche Sicherheit und die Hoheitsrechte verletzen. Mit diesem Argument weigert sich das Stuttgarter Unternehmen, die Klageschrift entgegen zu nehmen und rief das Oberlandesgericht in Karlsruhe an, um die angeordnete Zustellung aussetzen zu lassen…“ Artikel von Gaby Weber, ähnlich erschienen in der Frankfurter Rundschau vom 09.10.2004

c) Das Tomuschat-Gutachten

  • Stellungnahme der Kommission der ehemaligen Mitarbeiter und Familienangehörigen der Verschwundenen von Mercedes-Benz Argentina zur HV 2004 und dem Gutachten in der Übersetzung aus dem Spanischen von Lisa Carstensen
    Aus dem Text: „Wir, die Kommission der ehemaligen Mitarbeiter und Familienangehörigen der Verschwundenen von Mercedes-Benz Argentina wollen uns für die Unterstützung unserer Beschwerde, und den Empfang der dem Kollegen Eduardo Fachal durch die Delegierten und die Kollegen bei Daimler-Chrysler während seines Aufenthaltes in Berlin zuteil wurde , bedanken. Wir lehnen das Verhalten des Vorstandes von Daimler-Chrysler ab. Diese verweigerten jeden Kommentar zur Problematik in Argentinien und blieb auf ihren Stühlen sitzen, als sie zur Schweigeminute für die verschwundenen Arbeiter gebeten wurden. Außerdem sind wir der Meinung, dass das öffentliche Schweigen von Klemm während der Aktionärsversammlung (trotz seiner Anerkennung der Verantwortung des Unternehmens im persönlichen Dialog) ihn, ebenso wie die Firmenleitung, verantwortlich der Komplizenschaft mit den Verbrechen der Militärdiktatur macht….“
  • Brief von Francisco „Barba“ Gutierrez (Vizepräsident des IMB, Nachrücker für Jose Rodriguez) an Erich Klemm in der Übersetzung aus dem Spanischen von Lisa Carstensen und die Antwort von Erich Klemm – auf Englisch, da der Übersetzung nicht wert…

Ebenfalls überarbeitet und aktualisiert: The Disappeared of Mercedes Benz Argentinia; Die spanische Seite folgt mit umfangreicher Überarbeitung so bald wie möglich….

IV. In eigener Sache

Nach langer schwerer Krankheit ist Prof. Dr. Eberhard Göbel (Lehrstuhl für betriebliche Gesundheitsförderung in Magdeburg, früher Gesundheitsladen Berlin) am 14.Oktober 2004 im Alter von 53 Jahren in Berlin gestorben. Mit vielen anderen verliert auch das LabourNet Germany damit einen wertvollen Kooperationspartner, nicht nur im bundesweiten Netzwerk Arbeit und Gesundheit engagiert. Es findet am 29.10.04 um 18.00h eine Trauerfeier in der "Alten Feuerwache" Axel-Springer-Str. in Berlin Kreuzberg statt. Eine öffentliche Trauerfeier hat er sich strikt verbeten, weshalb wir den Nachruf von Eberhard Göpel pdf-Datei, einem Mitarbeiter, veröffentlichen als eine persönliche Mitteilung für diejenigen zu lesen, die das Glück hatten, Eberhard Göbel als Mensch, Freund und Kollegen kennenzulernen und die ihn in Erinnerung behalten wollen.

Trauriger Gruss, Mag

LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi


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