Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Montag, 25. Oktober
2004:
I. Branchen: Auto / Opel
Bochum
a) Immer noch gehen vereinzelt neue Soli-Erklärungen
ein – so von einem ehemaligen Arbeiter bei Flint – seit Samstag
endlich auf dem aktuellen Stand….
b) Arbeitsniederlegung
14.-20.10 – (vorerst?) beendet – erste Einschätzungen
- »Betriebsrat hinkte hinterher und war nie Herr der Lage«.
In der Belegschaft des Bochumer Opelwerks gibt es nach Ende des Ausstands
noch viel Diskussionsbedarf. Ein Gespräch mit Jürgen Rosenthal,
er arbeitet bei Opel in Bochum und [lt. Junge Welt] war einer der Sprecher
bei dem fast einwöchigen Ausstand im Werk. Interview
von Daniel Behruzi in junge Welt vom 23.10.2004
Aus dem Text: „…Bei einer vorgezogenen Betriebsversammlung
hat normalerweise auch jeder Beschäftigte Rederecht. Wir wollten
diese Versammlung, um endlich einmal zu wissen, wie die Belegschaft
insgesamt denkt. In der Halle war dann aber alles ganz anders als abgesprochen:
Die Formulierung auf dem Abstimmungszettel war zweideutig, man hätte
die Fragen nach der Wiederaufnahme der Arbeit und den Verhandlungen
getrennt stellen müssen. Und es gab keine Saalmikrophone –
gesprochen haben lediglich der Vorsitzende des Betriebsrats und sein
Stellvertreter sowie der IG-Metall-Bevollmächtigte. (…)Die
Kollegen werden sehr aufmerksam verfolgen, wie die Verhandlungen laufen.
Trotz der großen Öffentlichkeit haben wir noch nicht erreicht,
daß irgendeine der Forderungen von General Motors tatsächlich
zurückgenommen wurde. Wenn es doch zu Entlassungen kommt oder die
Firma zerschlagen wird, wird die Bochumer Belegschaft sicher nicht tatenlos
dabei zusehen. Dann werden die Kollegen schon wissen, was zu tun ist.“
- Alle Bänder standen still. `Wilder Streik' bei Opel Bochum erfolgreich
von Gewerkschaftsspitze abgewickelt. Langfassung
eines Artikels von Thomas Binger, der auch am Mittwoch in der jungle
World erscheinen wird
- Die WILDE HARTZ auf OPELANER fängt jetzt an. Gedicht
von Barth-Engelbart
- Zitat des Tages:
„… Dass die Suche nach Konsens, also einvernehmlichen
Lösungen, weiter hohen Stellenwert habe, zeige sich im Fall Opel
daran, dass die Gewerkschaft mäßigend auf die Arbeiter einwirkte.
"Das ist ja auch die Aufgabe der Gewerkschaft, radikale Entwicklungen
einzufangen", sagte Lesch…“
Lohn- und Tarifexperten Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft,
zitiert in „Opel könnte in ´Europäischer Aktiengesellschaft´
aufgehen“, Artikel
in ftd.de vom 23.10.2004
- Liebe Bochumer Opel-Werker, liebe solidarisch Engagierte, liebe (potentiell)
Beschäftigte allerorten… Brief
von Carl Lüderitz. Aus dem Text: „wir dürfen
keine Zeit verlieren, eine solche Situation, auf der sich SOWOHL wirksamere
Solidarität/Kooperation von Belegschaften(!) über Ländergrenzen
hinweg (ich lese "... Toyota Philipinen und Japan, Honda und Toyota
sowie APFUTU in Pakistan ...") ALS AUCH grundsätzliche Kritik
oder zumindest breitere Skepsis gegenüber dem APPARAT ("Komanager
von unten") und dessen "intelligenten Verhandlungen"
und somit ein Trend zu mehr Basisinitiative UND -eigenmacht entwickeln
läßt, gibt es wahrscheinlich so schnell nicht wieder. In
der jW klang es schon an: Es braucht, u.a., einen Fonds, aus dem solche
Art von Streiks, die vom Apparat der "demokratisch"-zentralistisch
(und hauptamtlich) organisierten Gewerkschaften (und Betriebsräte)
nicht unterstützt werden (oder die gegen derzeitige Gesetze verstoßen),
finanziell abgesichert werden können. Denn sonst ist jede Belegschaft
leicht erpreßbar. Ein solcher Fonds könnte bei der gerade
immensen Solidarität heute eher als sonst gegründet werden….”
(Dieser letzte Beitrag wird auch - in der Hoffnung auf eine
breite gewerkschaftspolitische Debatte -verlinkt unter Diskussion:
Gewerkschaftsstrategien / Selbstverständnis der Gewerkschaften -
die Zukunftsdebatte)
II. Diskussion: Gewerkschaft / tarifpolitische
Debatte
Am Freitag hab ich um Kommentare zu „IG Metall handelt
Boni für Mitglieder aus. Gewerkschaft verlangt in Nordrhein-Westfalen
besondere Konditionen, wenn ein Betrieb vom Flächentarif abweicht“
gebeten – hier der erste:
Anmerkungen zum Tarifrecht: Tarifverträge nur noch
für DGB-Mitglieder?
„Wie Eva Roth in der „Frankfurter Rundschau“
vom 22.10.2004 berichtet, hat die IG Metall in Nordrhein-Westfalen Standards
für künftige Verhandlungen entworfen, die deren Mitglieder begünstigen
sollen. Abweichungen vom Flächentarif sollen unterstützt werden,
wenn Gewerkschaftsmitgliedern von Unternehmensseite eine bessere Behandlung
als „dem Rest“ zugestanden wird. Was offensichtlich als Mittel
gedacht ist, den rapiden Mitgliederschwund durch Gentlemen-Agreement mit
der Gegenseite zu begegnen, markiert vor allem eins: Das freiwillig gewählte
Ende grundrechtlich garantierter Macht der bisherigen Gewerkschaften….“
Anmerkungen
von Armin Kammrad vom 22.10.2004
Aus dem Text: „…Dass es zweckmäßig
ist die Angelegenheit unabhängig vom Wollen und Können der DGB-Gewerkschaften
in die eigene Hand zu nehmen, zeigte sich anschaulich bei Opel-Bochum.
Die Wertung als rechtswidriger „wilder Streik“ (Arbeitgeberpräsident
Hundt) basierte nur darauf, dass die IG-Metall für alle sprechen,
verhandeln und Verträge abschließen darf – auch gegen
deren Interessen. (…) Warum noch Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen
anerkennen, die eine kleine Gruppe regierungsorientierter Funktionäre
aushandelt? Alles das sind nur Vertragsänderungen, die kaum noch
jemand akzeptiert und nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit auch nicht
akzeptieren müsste. Schließlich ist mensch doch deshalb aus
der Gewerkschaft ausgetreten, weil mensch mehr „eigenverantwortlich“
– am Besten auch mit einer neuen Arbeiterkoalition – seine
arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verteidigen und verbessern will. Bezüglich
Personalabbau hat sich die Gewerkschaft sowie so leider immer verhängnisvoller
zu einem Standortsicherungsverein gegenüber bewusster Standortgefährdung
zum Zweck der Lohndrückerei durch die Unternehmensvorstände
entwickelt. (…) Die spontane Koalition der Unwilligen bei Opel kann
hier mehr erreichen, wenn sie als tariffähige Koalition anerkannt
wäre und solche Änderung in der politischen Landschaft auch
konsequent anstreben würde. Doch das braucht seine Zeit, welche die
IG Metall in Nordrhein-Westfalen jedoch nur zur beschleunigten Selbstauflösung
nutzen will….“
Ich hoffe, dass dieser Beitrag eine Debatte entfachen wird
– aber gibt es hier nicht auch noch einen weiteren Aspekt, nämlich
den des Verkaufs des Verzichts als eine quasi verschärfte Variante
von Erschwerniszulagen, die die Gesundheit verkaufen?
III. Branchen: Auto / DaimlerChrysler / Die
verschwundenen Betriebsräte bei Mercedes Argentinien
Die komplette Dokumentation des Falls im neuen Design und
„aufgeräumt“! Darin zudem neu:
a) Bücher
und Filme von Gaby Weber
"Daimler-Benz und die Argentinien-Connection. Von Rattenlinien
und Nazigeldern"
Das neue Buch von Gaby Weber, mitherausgegeben vom LabourNet Germany
- Aus der Verlagsinfo: Gaby Weber hat in den letzten beiden Jahren
ihre Recherche auf die unmittelbaren Nachkriegsjahre ausgedehnt. Ihr
Ergebnis: Alle Indizien sprechen dafür, dass Daimler-Benz nach
Kriegsende Nazi-Vermögen nach Argentinien transferierte und in
den Aufbau eines weit verzweigten Firmennetzes investierte. Darüber
hinaus fanden zahlreiche NS-Täter im argentinischen Zweigwerk eine
Anstellung. Das Beispiel Eichmann ist dabei nur der spektakulärste
- und dennoch über viele Jahre unter den Teppich gekehrte - Fall.
Nicht nur die Auseinandersetzung um die Flick-Sammlung belegt, dass
weite Teile der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit den verdrängten
Ursachen des Nachkriegswohlstands nach wie vor nicht nachgehen wollen.
- Grundinfos ISBN 3-935936-33-8; 144 Seiten; erschienen Oktober 2004;
Preis 10.00 € / 18.30 sF. Weitere Informationen zum Buch finden
sich auf
der Website des Verlags Assoziation A / Hamburg ;
Für Bestellung per e-mail: E-Mail: assoziation-a@t-online.de
- Exklusiv im LabourNet Germany: Das
Schlusskapitel „Ausblick“
b) Anzeigen
gegen Daimler
DaimlerChrysler verweigert die Annahme der Schadenersatz-Klage
aus USA / Argentinien. Siehe dazu:
US-Klage gegen Daimler Chrysler verletzt die nationale Sicherheit
Deutschland
„Die in den USA eingereichte Klage gegen DaimlerChrysler
wegen Menschenrechtsverletzungen soll die deutsche Sicherheit und die
Hoheitsrechte verletzen. Mit diesem Argument weigert sich das Stuttgarter
Unternehmen, die Klageschrift entgegen zu nehmen und rief das Oberlandesgericht
in Karlsruhe an, um die angeordnete Zustellung aussetzen zu lassen…“
Artikel von Gaby Weber, ähnlich erschienen in der Frankfurter
Rundschau vom 09.10.2004
c) Das
Tomuschat-Gutachten
- Stellungnahme
der Kommission der ehemaligen Mitarbeiter und Familienangehörigen
der Verschwundenen von Mercedes-Benz Argentina zur HV 2004 und dem Gutachten
in der Übersetzung aus dem Spanischen von Lisa Carstensen
Aus dem Text: „Wir, die Kommission der ehemaligen Mitarbeiter
und Familienangehörigen der Verschwundenen von Mercedes-Benz Argentina
wollen uns für die Unterstützung unserer Beschwerde, und den
Empfang der dem Kollegen Eduardo Fachal durch die Delegierten und die
Kollegen bei Daimler-Chrysler während seines Aufenthaltes in Berlin
zuteil wurde , bedanken. Wir lehnen das Verhalten des Vorstandes von
Daimler-Chrysler ab. Diese verweigerten jeden Kommentar zur Problematik
in Argentinien und blieb auf ihren Stühlen sitzen, als sie zur
Schweigeminute für die verschwundenen Arbeiter gebeten wurden.
Außerdem sind wir der Meinung, dass das öffentliche Schweigen
von Klemm während der Aktionärsversammlung (trotz seiner Anerkennung
der Verantwortung des Unternehmens im persönlichen Dialog) ihn,
ebenso wie die Firmenleitung, verantwortlich der Komplizenschaft mit
den Verbrechen der Militärdiktatur macht….“
- Brief
von Francisco „Barba“ Gutierrez (Vizepräsident
des IMB, Nachrücker für Jose Rodriguez) an Erich Klemm in
der Übersetzung aus dem Spanischen von Lisa Carstensen und die
Antwort von Erich Klemm – auf Englisch, da der Übersetzung
nicht wert…
Ebenfalls überarbeitet und aktualisiert: The
Disappeared of Mercedes Benz Argentinia; Die spanische Seite folgt
mit umfangreicher Überarbeitung so bald wie möglich….
IV. In eigener Sache
Nach langer schwerer Krankheit ist Prof. Dr. Eberhard Göbel
(Lehrstuhl für betriebliche Gesundheitsförderung in Magdeburg,
früher Gesundheitsladen Berlin) am 14.Oktober 2004 im Alter von 53
Jahren in Berlin gestorben. Mit vielen anderen verliert auch das LabourNet
Germany damit einen wertvollen Kooperationspartner, nicht nur im bundesweiten
Netzwerk Arbeit und Gesundheit engagiert. Es findet am 29.10.04 um 18.00h
eine Trauerfeier in der "Alten Feuerwache" Axel-Springer-Str.
in Berlin Kreuzberg statt. Eine öffentliche Trauerfeier hat er sich
strikt verbeten, weshalb wir den Nachruf
von Eberhard Göpel ,
einem Mitarbeiter, veröffentlichen als eine persönliche Mitteilung
für diejenigen zu lesen, die das Glück hatten, Eberhard Göbel
als Mensch, Freund und Kollegen kennenzulernen und die ihn in Erinnerung
behalten wollen.
Trauriger Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils
aient ou non un emploi
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