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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 17. September 2010: I.Internationales / Kuba Massen-Entlassungen angekündigt: Reaktionen von Gewerkschaft, Linken und Medien... Die kubanische Ankündigung, die Ökonomie des Landes müsse durchrationalisiert werden, hat sowohl im Lande selbst, als auch im Ausland, bei Freund und Feind, heftiges Echo ausgelöst. Naheliegend - einmal wegen der Rolle Cubas insbesondere in Lateinamerika und auch für die Anhänger einer traditionellen Sozialismusauffassung, zum zweiten aber auch wegen des Umfangs der beabsichtigten Maßnahmen: Wenn bei einer Bevölkerung von etwa 11 Millionen Menschen gleich eine halbe Million Staatsbeschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Dazu eine kleine aktuelle Materialsammlung "Kubakrise?" vom 16. September 2010. II.Internationales / Russische Föderation Russland nach (?) der Krise Die Russische Föderation ist von der keineswegs schon vergangenen Krise auf besondere Weise betroffen worden, so wie es bei all jenen Ländern war und ist, deren Wirtschaft vor allem auf Energierohstoffen basiert. Die übliche Empfehlung von Wirtschaftsfachleuten ist: Diversifizieren. Die Autoren der Studie "Russia after the global financial crisis" Clifford Gaddy und Barry Ickes stellen dies in Frage - mit dem Verweis auf die Tatsache, dass diversifizierte Ökonomien keineswegs besser die Krisenfolgen gemeistert hätten. Der Beitrag erschien in der Ausgabe Mai-Juni des Journal of Eurasian Geography and Economics bei der Brookings Institution und ist schon aufgrund seiner zahlreichen Fakten, aber auch eben wegen der etwas unüblichen Herangehensweise ausgesprochen lesenswert. III.Internationales / Island Was Staatsbankrott für die Menschen bedeutet... "Vor zwei Jahren brachen in Island die Banken zusammen, der Staat ging faktisch bankrott. Was heisst das für die gewöhnlichen Leute? Wie lebt es sich heute in Island? Es erzählen ein Feuerwehrmann, eine Architektin und ein Designer, die fast alles verloren haben, eine politische Demonstrantin sowie ein Bauernpaar und eine Managerin, die knapp davongekommen sind..." so beginnt der Artikel "Island nach der Finanzkrise: Ein Bankraub und seine Folgen" von Susan Boos in der WOZ vom 16. September 2010 IV.Internationales / Frankreich / Streiken für die Rente Wie weiter gegen Rentenkürzung - und: mit wem? "Wie am gestrigen Donnerstag berichtet, nahm die französische Nationalversammlung - das "Unterhaus" des Parlaments - an diesem Mittwoch, 15. September die geplante Renten"reform" in erster Lesung an. 329 Stimmen dafür und 233 Gegenstimmen wurden abgegeben. Nun folgt noch die Debatte im parlamentarischen « Oberhaus », dem Senat, ab dem 1. Oktober. Die Fachkommission des Senats für Sozialpolitik wird sich bereits ab dem 27. September mit der Vorlage befassen" so beginnt der Beitrag "Wie weiter im Kampf gegen die drohende "Reform" der Renten? Und: Wer steht wofür, bei Gewerkschaften und bürgerlicher Politik?" von Bernard Schmid vom 17. September 2010. V.Internationales / Italien / Arbeitskämpfe / Betriebsbesetzung bei INNSE Zur INNSE- Erklärung über eine informelle Arbeiterpartei... ...gibt es einen Kommentar auf der Seite Klassenlos mit dem Titel "Arbeitertümelei" vom September 2010. VI.Internationales / Schweiz / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Widerstand: SBB plant Abschaffung der Zugbegleitung in S Bahnen "Wir ZugbegleiterInnen sagen laut und deutlich NEIN zu einem "Sicherheitskonzept" auf dem Buckel von Fahrgästen und Personal! Wir kämpfen für unsere Arbeit und wollen auch weiterhin für unsere Fahrgäste da sein! ZVV und SBB sind öffentliche Unternehmen und sollen der Bevölkerung dienen! Zusammen mit unseren Fahrgästen wehren wir uns für das bewährte Konzept der Zugbegleitung!" - so steht es in dem Aufruf "15. September 2010, Demonstration gegen die Abschaffung des ZuS!" vom 10. September 2010 im zusforever-blog der Betroffenen, zu zahlreichen Berichten über die Demonstration ist auf dem blog ebenfalls verlinkt... VII.Internationales / China / Arbeitskämpfe Ein Radiointerview mit einem streikenden Hondaarbeiter... ...während des Streiks, am Tage nachdem Schlägertrupps die Streikenden überfallen hatten, hat unter dem Titel "The strike that ignited China's summer of worker protests" das China Labour Bulletin am 15. September 2010 in englischer Übersetzung publiziert. VIII.Internationales / Thailand Landesweite Kampagne für die Rechte von Leiharbeitern - auch bei Linde-Tochterfirma Leih- und Zeitarbeit sind auch in Thailand längst eine massive Alltagsrealität. Die Regierung hatte 2008 ein Gesetz verabschiedet, das den vielen Menschen, die in dieser Art beschäftigt sind, weitgehend gleiche Rechte und Status wie den offiziell Beschäftigten zugestand - ein Gesetz allerdings, das viele einheimische wie ausländische Unternehmen vorzogen zu übersehen. So musste die Gewerkschaft TIGLU, beim grössten Industriegaslieferanten Thai Industrial Gases (eine Tochterfirma der Lindegruppe) erst die solidarische Unterstützung zahlreicher Gewerkschaften mobilisieren, um das Recht der Betroffenen zu verwirklichen, in derselben Gewerkschaft zu sein wie die Festangestellten. Bei den staatlichen Elektrizitätswerken EGAT - wo 7.000 Zeitarbeiter beschäftigt sind - leitete die Betriebsgewerkschaft EGATLU im letzten Jahr eine grössere Organisationskampagne in einzelnen Betriebsteilen ein, bei der von 760 betroffenen Zeitarbeitern 650 Gewerkschaftsmitglied wurden. Der ausführliche Bericht "Thailand: Exemplary Actions by ICEM Unions on CAL" vom 15. September 2010 ist von der internationalen Chemiegewerkschaftsföderation ICEM veröffentlicht. IX.Internationales / Mosambik Preiserhöhungen für Lebensmittel: So sieht das Klimaproblem aus... Weltweit haben die jüngsten massiven Proteste gegen Preiserhöhungen, insbesondere auch gegen die Erhöhung der Brotpreise in Mosambik, grosses Echo hervorgerufen (in Europa weniger). Die Entwicklung der Weizenpreise wird von den Gesprächspartnern von "Food Riots Are the True Face of Global Warming" einer Sendung von und bei "Democracy now!" am 08. September 2010 als ein Grund für die Preiserhöhung gesehen, neben den diversen Auflagen des internationalen Währungsfonds. Brotpreise werden anderswo ebenfalls steigen - die Proteste ansteigen. Die Spekulation mit Weizenpreisen hat entsprechend massiv zugenommen - eine von mehreren Konsequenzen in verschiedenen ländern, die im Verlaufe dieses Gesprächs diskutiert wurden. (Gibt es auch als Hördatei) X.Internationales / Ägypten Eine Bilanz von vier Jahren "neuer Arbeiterbewegung" Seit 2006 gibt es eine nahezu ununterbrochene Serie von Streiks, mal mehr, mal weniger, aber permanent. Diese Bewegung fordert durch ihre bloße Existenz sowohl das Regime mubarak insgesamt heraus, als auch insbesondere seinen Pfeiler Gewerkschaftsbewegung. Es sind unabhängige Gewerkschaften entstanden, autonome Betriebskomitees, Arbeiterinnen haben sich massiv und führend an den Auseinandersetzungen beteiligt, und in der Tat wurden auch zahlreiche Erfolge errungen, die insgesamt dazu beigetragen haben, die schlimmsten Krisenfolgen zu mildern. Zeit also durchaus, eine Zwischenbilanz zu ziehen. a) Der Artikel "Egypt's labor movement: 4 years in review" von Philip Rizk erschien bereits am 02. Mai 2010 in der englischsprachigen Tageszeitung Al Masry Al Youm. Darin wird ausführlich die gesamte Geschichte der letzten vier Jahre nachgezeichnet und auch deutlich gemacht, wo denn die Neuerungen dieser Bewegung liegen - insbesondere in der praktischen Kritik an der Gewerkschaftsbürokratie und in neuen Kampfformen, wie etwa Betriebsbesetzungen. b) Der Tagungsbericht "Labor Protest Politics and Worker Rights in Egypt" von der Carnegiestiftung ist vom 25. Februar 2010 und wurde von Joel Beinin, Kamal Abbas, Sarah Whitson und Michele Dunne zusammengestellt bzw verfasst. Hier wurden vor allem die Perspektiven der Demokratisierung des Landes diskutiert und dabei darauf verwiesen, dass es die Gewerkschaftsbewegung ist, die neue demokratische Verhältnisse einführt: über 40.000 TeilnehmerInnen hatten die selbstorganisierten Wahlen zu eigenen Gewerkschaftsvertretungen bereits bis Ende 2008. XI.Internationales / Ghana Die sollen gefälligst unsere toten Hühner fressen... "90.000 Tonnen gefrorene Hühnerteile importiert Ghana jährlich, produziert in den Schlachthäusern Europas oder Amerikas. Die Schwemme der Hühnerteile aus den Industrienationen zerstört in den afrikanischen Entwicklungsländern die lokalen Märkte, treibt dort Hühnerfarmer und verarbeitendes Gewerbe in den Ruin. 2004 kostete ein Kilo Hühnerfleisch in Ghana umgerechnet 1,50 Euro. Möglich werden solche Dumpingpreise, weil europäische und amerikanische Firmen im großen Stil Hühnerteile nach Afrika exportieren. Tiefgefroren gelangen die Hühner aus Brasilien, den USA, Holland und Frankreich in die afrikanischen Märkte und zerstören einen ganzen Wirtschaftszweig. Von den Futtermittelherstellern über die Hühnerfarmen, bis zu Händlern, Schlachtern und Rupfern, viele Menschen lebten einst von der Geflügelproduktion. In Akra (Ghana) auf dem Ganeshi Markt wurden früher 3.000 lebende Hühner pro Tag verkauft. Seit der Importschwemme ist das Geschäft vollkommen zusammengebrochen, genauso wie die Betriebe, die indirekt vom Geflügel lebten. Ghana beschloss 2003, die Importzölle auf Geflügel und Reis zu erhöhen. Der Internationale Währungsfond (IWF) schaltete sich ein und forderte, die ghanaische Regierung solle das Gesetz noch einmal überdenken. Andernfalls müsse der IWF die Vergabe neuer Kredite an Ghana prüfen. Die Zölle seien nicht zur Armutsbekämpfung geeignet. Dieser Meinung war auch die Europäische Union. Pascal Lamy, ehemaliger EU-Handelskommissar und heute Chef des IWF, reiste im April 2003 nach Accra, verstärkte den Druck auf die Regierung, welche wenige Monate später aufgab. Der IWF versetzte der ghanaischen Geflügelindustrie den Todesstoß..." - "Hühnerwahnsinn", das Manuskript einer Sendung auf 3sat vom13. September 2010. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |