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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 13. November 2009: I.Internationales / USA / Arbeits- und Lebensbedingungen Krankenversicherung: Besser als Nichts? Oder ist Nichts besser als das? In den Häusern des US-Parlaments wird die Krankenversicherung debattiert, bzw ihre Reform. Und jetzt müssen die Anhänger des Präsidenten entweder ein Argumentationsmuster verwenden, das in Deutschland etwas aus der Mode gekommen scheint: Das kleinere Übel; Oder aber eingestehen, dass sie "es eben nicht können": Die Macht der Chemiekonzerne herausfordern. Marcia Angell ist die frühere Chefredakteurin des New England Journal of Medicine und gewann mehrere Journalistikpreise unter anderem für ein Buch, mit dem sie nachwies, dass die Ausgaben der Chemiekonzerne für Werbung um ein mehrfaches höher sind als für Forschung. Ihr Verriß des jetzt vorliegenden Gesetzesentwurfs ist unter dem Titel "Is the House Health Care Bill Better than Nothing?" am 8. November 2009 in der Huffington Post erschienen. II.Internationales / Mexiko / Privatisierung und Widerstand Oaxaca stillgelegt: Solidarität mit der SME. Reicht es? Am 11. November hatte die Elektrikergewerkschaft SME zum landesweiten Streik aufgerufen und zu Solidaritätsaktionen: Solche Aktionen fanden quer durchs Land statt, in Oaxaca beispielsweise gab es lange und große Straßenblockaden. Auch ansonsten gibt es eine ganze Reihe Berichte, aber der Eindruck läßt sich nicht vermeiden, dass dies nicht reichen wird: Denn die Zahl jener Belegschaftsmitglieder, die sich aus wirtschaftlichem Zwang heraus bereit erklären, den Prozeß der Auflösung der zentralmexikanischen Elektrizitätswerke mitzumachen - die ja in Polizeistaatsmanier überfallartig durchgezogen werden sollte - diese Zahl hat jetzt bereits die Hälfte der Belegschaft erreicht. a) Zu den Protestaktionen der Bericht "Oaxaca: Paro Nacional 11 de noviembre Bloqueo en la calle de Crespo" der Casa Autónoma Solidaria Oaxaqueña de Trabajo Autogestivo CASOTA - APPO vom 11. November 2009 bei kaosenlared. b) Die Regierung zeigt bisher keine Anzeichen des Zurückweichens - in dem redaktionellen Bericht "Desestima Lozano huelga nacional convocada por SME" vom 12. November 2009 bei La Jornada zeigt sich ein Sprecher des Arbeitsministeriums unbeeindruckt - "Die Sache ist vorbei". III.Internationales / Philippinen Katastrophen-Kapitalismus stoppen Spätestens die angebliche Wiederaufbauphase nach dem Tsunami hat in mehreren asiatischen Ländern deutlich gemacht, dass es so etwas wie den Katastrophen-Kapitalismus tatsächlich gibt, auch wenn man dies nicht unbedingt zum Theoriegebäude erheben muß - es ist ein Fakt. Und wie anderswo Fischer vertrieben werden, um Touristen-Resorts zu bauen, so haben auch die jüngsten Naturschläge eine deutliche soziale Komponente, die - wenig erstaunlich - dazu führt, daß die arme Bevölkerung nahezu ausschließlich unter ihnen leidet. Der "Workers Digest" Nr 29 vom Oktober 2009, eine Publikation der philippinischen Labour Partei macht sowohl die Gründe für diese "soziale Komponente" deutlich, als auch ein Gegenprogramm zur Regierungsaktivität aufgrund der jünsgten Taifune entworfen wird. IV.Internationales / Zimbabwe Gewerkschaftsvorsitzender festgenommen Am 8. November wurde Lovemore Matombo, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes ZCTU beim ersten Treffen einer geplanten Rundreise zusammen mit lokalen Funktionären des Bezirks Victoria Falls festgenommen - eine nicht genehmigte Versammlung sei dies gewesen, so der offizielle Grund der Festnahme. Zur selben Zeit werden mehrere ältere Anklagen gegen den Gewerkschaftsbund gleichzeitig vor Gericht gebracht - dies soll wohl nun die politische Strafe dafür sein, dass die Gewerkschaften den Deal einer sogenannten Einheitsregierung nicht unterstützt haben. Das "Update on ZCTU Arrests" vom 11. November 2009 unterrichtet über den aktuellen Stand der Dinge. Siehe dazu auch: Michael Sommer fordert Freilassung simbabwischer Gewerkschafter "Lovemore Matombo, Präsident des Gewerkschaftsbundes von Simbabwe, und einige seiner engsten Mitarbeiter sind am 9. November während einer öffentlichen Veranstaltung verhaftet worden. Die simbabwische Regierung verletzt damit wiederholt grundlegende Rechte der Gewerkschaftsfreiheit, die sie bereits mit der IAO-Konvention 87 zur Vereinigungsfreiheit ratifiziert hat. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer ist tief besorgt um die Gesundheit seiner Gewerkschaftskollegen in Simbabwe. In einem persönlichen Schreiben an Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe fordert er die umgehende Freilassung." Siehe dazu den Brief von Sommer an Mugabe vom 10. November 2009. V.Internationales / Benin Entwicklung. Wohin? Benin - oder, damals Dahomey - war 1989 der erste afrikanische Staat, in dem die regierende Revolutionäre Volkspartei einen Monat nach dem "Fall der Mauer" zu Parteienpluralismus und anderen bürgerlich-demokratischen Einrichtungen sich hinwandte. Seitdem gab es mehrere Präsidentschaftswahlen und anderes mehr, was als besonders demokratisch gilt. Aber gab es auch, unter allen Regierungen seit der Unabhängigkeit 1960 einen sozialen Wandel? In dem Beitrag "Democratization without Development: Benin 1989 - 2009" zieht Thomas Bierschenk Bilanz, in der Nummer 100 von 2009 der working papers des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz VI.Internationales / Südafrika / Gewerkschaften Andere Töne. Andere Politik? Der COSATU-Rechenschaftsbericht Seit kurzem ist er online, der (englische) "Politische Bericht an den 10. Kongress der COSATU" vom 17. September 2009. Und noch mehr als der (später gehaltene aber früher veröffentlichte) Bericht der Kommunalarbeitergewerkschaft (nach den Streiks) wurde auch dieser Bericht in der Öffentlichkeit mit einiger Spannung erwartet: Die Welle von Protesten wegen schlechter öffentlicher Grundversorgung hat sich ja im Laufe des Jahres 2009 - also faktisch seitdem Jacob Zuma, auch von COSATU massiv unterstützt, Präsident ist - weiter verstärkt. Bereits auf dem 9. Kongress 2006 hatte der Gewerkschaftsbund seinen Ton gegenüber diesen sozialen Protesten verändert, als Bestandteil der Regierung nicht mehr Front gegen diese Proteste gemacht. Nun immerhin tauchen in dem Bericht Abschnitte auf wie "Polizeibrutalität" und ähnliches - Zeichen für eine wirkliche Veränderung oder bloße Taktik angesichts der breiten Bewegungen? VII.Internationales / Haiti Auseinandersetzungen um den Mindestlohn "Weniger als zwei Wochen nach der Veröffentlichung der nachstehenden Artikel haben die Arbeiter der Industriezone die Bühne betreten. Am 4. August, nach einer Agitation der Studenten, gingen Tausende von Arbeitern der Industriezone (zwischen 12 und 15000) auf die Straßen von Port-au-Prince. Mit Ästen in den Händen konnte das erste Kontingent der Arbeiter, das die Bewegung bei Sonapi angefangen hatte (ein Industriepark, der Zulieferbetriebe zusammenfasst, die hauptsächlich für den amerikanischen Markt arbeiten) rasch Tausende von anderen mitziehen, die in jenen Fabriken arbeiten, die verstreut auf ihrer Route liegen. Wenn der Zug der Arbeiter in eine Fabrik kam, um die Arbeiter abzuholen, löste dies eine Explosion der Freude aus. Die Masse war wie eine Dampfwalze und wurde größer und größer. Vor dem Parlament wurden die Demonstrationsteilnehmer unter dem Vorwand, dass Steine gegen die Polizisten geworfen worden waren, mit Knüppel, Tränengas usw. auseinander getrieben. Am Tag darauf gingen die Demonstranten wieder auf die Straße; noch zahlreicher als am Vortag und mit noch mehr Entschlossenheit gingen sie diesmal vor den Nationalpalast, mit dem Vorhaben, die 200 Gourden zu bekommen" - aus dem Kommentar zur Veröffentlichung der Übersetzung zweier Artikel bei der IKU zu den Auseinandersetzungen auf Haiti, beginnend mit "Die 200 Gourden: ein Minimum, durchzusetzen gegenüber den heuchlerischen, verlogenen und vor allem raffgieriegen Bossen" . VIII.Internationales / Luxemburg Abmahnungen wegen Krankheit: Unsauberes Sanitärprodukt "Dieses Schreiben ist in unseren Augen schlichtweg ein Drohbrief und zeugt von schlechten Sozialdialog seitens der Werksleitung, welcher seit dem 20. März 2009 andauert. In der Kalenderwoche 49/2009 wurden über 50 Arbeitsnehmer per Einschreiben abgemahnt, weil die Werksleitung am Wahrheitsgehalt der Krankschreibung, trotz ärztlichem Attest, zweifelt. Die Werksleitung behauptet, dass die Arbeitnehmer sich abgesprochen haben, sich krank zu melden, um so die Produktion lahm zu legen. In den Augen der Werksleitung käme dies einem illegalen Streik nahe" - mit dieser Stellungnahme des Betriebsrats beginnt die redaktionelle Meldung "Erneute Provokation seitens der Werksleitung von Villeroy & Boch" in der Saarländische Online-Zeitung vom 10. November 2009 IX.Internationales / Polen / Arbeitsrecht und Arbeitskämpfe in Polen Polizeiüberfall auf Gewerkschaft - wieder einmal "Polens Gewerkschafter müssen hart im Nehmen sein, wie Polizeikräfte im südpolnischen Katowice am 22. Oktober erneut unter Beweis stellten. Um 16.30 Uhr drangen Polizisten in das Hauptquartier der Gewerkschaft »August 80« (WZZ Sierpien 80) ein, um wenig später deren Vorsitzenden Boguslaw Zietek abzuführen. Die mehrstündige Festnahme des Gewerkschafters erfolgte auf Weisung der Staatsanwaltschaft Wroclaw, die Zietek angeblich im Rahmen von Ermittlungen gegen die Organisatoren eines als »illegal« eingestuften Streiks beim Haushaltsgerätehersteller FagorMastercook (siehe jW vom 29.7.2008) verhören wollte. Wie der Journalist Dariusz Zalega kurz nach diesem Vorfall gegenüber jW ausführte, handelte es sich bei dieser Begründung um einen bloßen Vorwand, da die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen des am 2. Juni 2008 durchgeführten Streik bereits Mitte dieses Jahres eingestellt habe." so beginnt der Artikel "Mit harten Bandagen - Unter der konservativ-liberalen Regierung hat die Repression gegen kämpferische Gewerkschaftsaktivisten eine neue Qualität erreicht" von Tomasz Konicz, auf der Webseite des Autors, zuerst erschienen in der "Junge Welt" vom 10. November 2009. X.Internationales / Österreich / Studierendenproteste an den österreichischen Unis Österreichs Die dritte Woche im Kampf gegen "Bologna" "Bereits die dritte Woche harren österreichische Studierende im größten Hörsaal des Landes aus, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen: »Bildung statt Ausbildung« und »Nein zu Bologna« lauten die Kurzformeln einer Bewegung, die Österreichs Innenpolitik in die Pflicht nimmt". Der Artikel "Österreichs Junge für ein altes Ideal" von Hannes Hofbauer im Neues Deutschland vom 10. November 2009 gibt einen Einblick in den aktuellen Stand. Platz zu klein... "Eigentlich hätte die Demonstration der Audimax-Besetzer vergangenen Donnerstag am Wiener Urban-Loritz-Platz zu Ende gehen sollen. Allein, der Platz war zu klein für die rund 25000 Studierenden, Schüler und Gewerkschafter, die sich unter dem Motto »Freie Bildung für alle« versammelt hatten. Also leitete die Exekutive den Demonstrationszug kurzerhand zum Märzpark bei der Wiener Stadthalle um. (.) Die Studentenbewegung an den österreichischen Universitäten ist am Beginn der dritten Protestwoche zwar etwas abgeflaut, der Atem ist ihr dennoch nicht ausgegangen. Nach wie vor sind landesweit die Hörsäle von zehn Universitäten besetzt, und alles deutet daraufhin, daß es vorerst auch dabei bleiben wird. Immerhin genießen die Proteste in den Hochschulen und darüber hinaus weiterhin breite Akzeptanz. Zuletzt erklärten sich auch die Betriebsräte aller österreichischen Universitäten mit den Besetzungen solidarisch. »Die Studentinnen und Studenten der österreichischen Universitäten protestieren zu Recht«, ließen sie am Donnerstag verlautbaren. Zudem beziehen die Studenten ihre Zuversicht auch aus den Meldungen über weitere Besetzungen außerhalb Österreichs. »Das ist unglaublich wichtig für uns. Wir müssen den Kampf ohnehin auf europäischer Ebene führen«, heißt es dazu aus der Medienarbeitsgruppe des Wiener Audimax mit Blick auf die Vorgänge in Heidelberg, Münster und Potsdam." Aus dem Artikel "Symbolischer Zug zum Märzpark Studentenproteste in Österreich gehen in die dritte Woche. Regierung stellt sich weiter stur" von Samuel Stuhlpfarrer in der jungen Welt vom 07. November 2009 Debatten um Ziele "Seit zwei Wochen protestieren StudentInnen gegen die Studienbedingungen. Sie sind sich mit der Regierung einig: Österreichs Bildungswesen braucht Reformen. Bei den Inhalten aber gehen die Ansichten weit auseinander" - der Artikel "Uni-Proteste in Österreich: Mit dem Schlafsack zur Uni" von Piotr Dobrowolski in der WOZ vom 05. November 2009 zeigt einige der aktuellen Debatten unter den AktivistInnen auf. Hinweis: Aktuelle Meldungen zu den Uni-Protesten finden sich auch auf der Sonderseite von "Die Presse" XI.Internationales / Frankreich / Sans papiers und MigrantInnen Beteiligungsrekorde am Streik der Papierlosen "Im Laufe der zurückliegenden Woche erreichte der Streik der « travailleurs sans papiers », oder Lohnabhängigen ohne juristischen Aufenthaltsstatus, im Raum Paris neue "Rekorde". Über 5.000 lohnabhängige "illegale" Einwanderer waren zu Mitte der Woche im Ausstand (im Vergleich: beim ersten Sans Papiers-Streik ab April/Mai 2008 waren es noch 600 gewesen). Gleichzeitig erschien Ende vergangener Woche erstmals eine eigene Streikzeitung, die im Prinzip gratis ist, jedoch für einen Unterstützerpreis von mindestens zwei Euro durch Streikende und Unterstützer/innen verkauft wird: Die achtseitige, mit Photos versehene und im Mehrfarbendruck erstellte Zeitung "Ici" (Hier) wurde vorige Woche in einer ersten Auflage in Höhe von 130.000 Exemplaren gedruckt" - so beginnt der aktuelle Artikel "Neues vom Sans papiers-Ausstand" von Bernard Schmid vom 13. November 2009. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
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