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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Wer aus Gafsa nach Frankreich flieht - wird zurückgeschickt... Die Repressionswelle mit der das Regime Ben Alis auf die Volksproteste in Südtunesien reagiert hat, findet (traditionelle) Verbündete in der EU. Nantes ist in Frankreich jene Stadt, in der die meisten TunesierInnen aus der Region Gafsa/Redeyef leben - rund 2.000. Nun hat das dortige Unterstützungskomitee (bestehend aus zahlreichen gewerkschaftlichen Gruppierungen sowie Organisationen der politischen Linken) dokumentiert, dass in den letzten Wochen Dutzende zumeist junger Menschen, die aus Redeyef angekommen waren sofort festgenommen wurden und zurück geschickt werden sollen. Das Nanteser Komitee organisiert mit dem Aufruf "La peur ne doit pas poursuivre les Tunisiens de Redeyef jusqu'en France" vom 27. Februar 2009 eine Kampagne gegen die Abschiebung vor die Richter des Herrn Ali. Berufungsverfahren gegen die „Rädelsführer“ der sozialen Revolte von Gafsa im ersten Halbjahr 2008 - Strafen aufrechterhalten, aber Strafmaße zum Teil reduziert „Am Dienstag und Mittwoch, 3. und 4. Februar 2009 fand der Berufungsprozess gegen die „Rädelsführer“ der sozialen Massenbewegung im tunesischen Bergbaubecken von Gafsa – die im ersten Halbjahr 2008 massive Proteste mobilisieren konnte – vor dem Revisionsgericht von Gafsa statt. Gafsa liegt rund 350 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis und ist die Hauptstadt des tunesischen Phosphatbergbaus. Das erstinstanzliche Verfahren gegen 38 Angeklagte hatte Ende Dezember 2008 mit z.T. langjährigen Haftstrafen geendet…“ Artikel von Bernard Schmid vom 06.02.2009 Abschiebungen aus Frankreich? Bewegung sogar in der UGTT In der zweiten Fortsetzung seiner Berichterstattung über den Massenprozeß von Gafsa und seine Folgerungen "Massenprozess in Gafsa, Risiko von Abschiebungen aus Frankreich nach Gafsa" vom 19. Dezember 2008 behandelt Bernard Schmid die aktuelle Problematik drohender Abschiebungen und die Erklärung von fünf Einzelgewerkschaften des UGTT-Verbandes, die gegen den Prozeß Stellung nehmen - vielleicht ein Lebenszeichen aus einer der am meisten erstarrten Gewerkschaftsformationen rund ums Mittelmeer. Amnesty international spricht von "Justizparodie" Tunesien, Massenprozess in Gafsa (Fortsetzung) : Amnesty international spricht von "Justizparodie". Unterdessen droht, am heutigen Tag oder morgen früh, die Abschiebung eines Teilnehmers an der Solidarität aus Frankreich - in Richtung Gafsa - ,Urgent Action' möglich! (Angaben inklusive Kontakt am Schluss des Artikels). Artikel von Bernard Schmid vom 16.12.08 Gafsa: Terror-Urteil gegen Gewerkschafter/innen und Teilnehmer am Massenprotest im tunesischen Bergbaubecken "Am vergangenen Donnerstag begann - und endete, spät Abends - in Gafsa (rund 350 km südwestlich von Tunis) die Hauptverhandlung gegen 30 Teilnehmer/innen an der sozialen Protestbewegung im Frühjahr 2008. Damals hatte ein von breiten Bevölkerungskreisen getragener "ziviler Au Aufstand" im Bergbaubecken von Gafsa stattgefunden, der sich gegen mafiöse Einstellungspraktiken im staatlichen Bergbauunternehmen - dem mit Abstand wichtigsten Arbeitgeber der Region - und gegen die hohe Massenarbeitslosigkeit richtet. Gewerkschafter/innen, Lehrer und Journalisten waren deshalb angeklagt, einer "terroristischen Vereinigung" angehört zu haben..." Artikel von Bernard Schmid, Paris, 15.12.08 Massenprozeß in Gafsa hat begonnen "Prozess gegen Teilnehmer der sozialen Revolte in Gafsa hat begonnen. Die UGTT rehabilitiert den gewerkschaftlichen Protestführer, den der Dachverband bis dahin marginalisiert hatte Am gestrigen Donnerstag wurde in Gafsa, rund 350 Kilometer südwestlich von Tunis, der Prozess gegen 38 Teilnehmer und "Rädelsführer" der sozialen Revolte vom Frühjahr 2008 eröffnet. Von Januar bis Juni/Juli dieses Jahres wurde das dortige "Bergbaubecken" (bassin de Gafsa), in dem Tunesiens Phosphatminen liegen, von einer heftigen Revolte erschüttet. Sie richtete sich gegen mafiöse und auf Vetternwirtschaft sowie Korrupution beruhende Einstellungspraktiken bei der Bergbaugesellschaft CGP (Compagnie des phosphates de Gafsa)" - so beginnt der aktuelle Prozeßbericht "PROZESS GEGEN PROTEST" von Bernard Schmid vom 5. Dezember 2008. Immer mehr Anklagen. Grund: Solidarität 51 weitere Anklagen gegen Menschen die mit der seit Monaten andauernder Widerstandsbewegung in den Bergwerkstädten der Region Gafsa solidarisch sind - die Herrschenden in tunesien schlagen immer wilder um sich, ohne die "Sache" in den Griff zu bekommen. Jetzt wurde eine Journalistin, die einfach ihren Job machen wollte zu monatelanger Haft verurteilt, und auch der Vorsitzende der Vereinigung der Bürger zweier Ufer - der FCTR in Frankreich - unter Anklage gestellt. Der Bericht "Le pouvoir tunisien élargie la répression - Il inculpe le président de la FTCR Mouhieddine Cherbib" vom 16. September 2008 auf der Seite der FCTR. Gafsa: Verstoß gegen die guten Sitten Wer in letzter Zeit die tunesischen Medien etwas verfolgte konnte, ohne nähere Angaben von Gründen, verschiedene Meldungen finden, denen zufolge die auf immer gewählte Regierung des Herrn Ali der Bevölkerung der Region Gafsa Wohltaten zukommen ließ, wie Entwicklungsprogramme usw. Das war sozusagen das Zuckerbrot, wobei der Regelfall die Peitsche bleibt. Ende Juli wurden erneut sieben Menschen festgenommen, die für die Freilassung früherer Verhafteter demonstriert hatten - ihnen wird unter anderem auch ein "Verstoß gegen die guten Sitten" (vermutlich die typisch tunesische Sitte "Love Ali") vorgeworfen. Die gute Sitte, die Festgenommenen zu schlagen wurde ebenfalls befolgt. Näheres in dem Bericht "La répression s'amplifie" von Roger Meynier am 22. August 2008 bei "Lutte Ouvriere". Solidarität und Videos zur Revolte im Maghreb "Am gestrigen Donnerstag um 11 Uhr besetzten Solidaritäts-AktivistInnen, darunter solche der französisch-afrikanischen Solidaritätsvereinigung ,Survie', in der Pariser Banken- und Geschäftsvorstadt La Défense eine Filiale des Erdöl-Multikonzerns Total. Dadurch erhoben sie den Vorwurf gegen die Konzernfiliale GPN (die frühere Aktiengesellschaft ,Grande Paroisse S.A.'), der größte Abnehmer und Importeur von Phosphat aus dem tunesischen Bergbaubecken von Gafsa, und das wichtigste Partnerunternehmen des dortigen (staatlichen) Bergbauunternehmens CPG - Compagnie des phosphates de Gafsa - zu sein. Dessen mafiöse Einstellungspraktiken werden derzeit durch den massiven Ausstand der örtlichen Bevölkerung angeprangert. Die Direktion der Konzernfiliale GPN behauptete jedoch gegenüber einer Delegation der Besetzer/innen, die sie empfing, seit längerem keine Phosphate aus Gafsa (die zur Produktion von Düngemitteln benutzt werden) mehr einzuführen. Erstaunlich, immerhin, denn die Konzernführung von Total gibt unterdessen zu, auch weiterhin - während der Revolte - Phosphat von dort zu importieren..." - so beginnt die kommentierte Dokumentation einer Reihe von Videobeiträgen "SOLIDARITÄT MIT DEN SOZIALEN REVOLTEN UND GEGEN DIE REPRESSION IN TUNESIEN UND MAROKKO" von Bernard Schmid vom 20. Juni 2008.
Heftige soziale Unruhen in Tunesien und Marokko: Tote im Phosphatrevier von Gafsa und in Sidi Ifni "Beinahe zeitgleich kam es am vergangenen Freitag und am Wochenende in "peripheren" Gebieten Tunesiens und Marokkos zu heftigen sozialen Unruhen. In beiden Fällen gab es (mutma ßlich) Tote. Und in beiden Fällen steht die Arbeitslosigkeit, darunter jene von Hochschul abgängern - der inzwischen in diesen Ländern zum eigenen Begriff gewordenen ,chômeurs diplômés' (Erwerblosen mit Universitätsabschluss) -, und die Perspektivlosigkeit von weiten Teilen der Jugend im Hintergrund." Artikel von Bernard Schmid vom 10.6.08 mit Bildern von Attac Marokko Gafsa: Ben Alis Polizei kann Proteste nicht stoppen - seine Partei auch nicht Zuerst ließ der große (Wohl)Täter verhaften und verprügeln, dann mußte sich sein Parteisekretär von den Protestierenden verjagen lassen: die Region Gafsa kommt nicht zur Ruhe, Rationalisierungen in den Phosphatminen und die auch in Tunesien heftigen Preissteigerungen für Lebensmittel sind zuviel für die Menschen. Bereits seit Januar gibt es heftige Proteste, die nur von der Mediencamarilla des eigenen Landes noch ignoriert werden. Die Materialsammlung "Gafsa revoltiert" vom 17. April 2008 informiert und ruft zur Solidarität gegen Polizeiverfolgung auf. Südtunesien explodiert Bei Recherchen zu Themen wie Arbeit oder Gewerkschaften in Tunesien findet mensch auf den verschiedenen internationalen Portalen und in Mailinglisten zumeist Lobpreisungen der tollen Politik der Regierung eines gewissen Herrn Ali - so penetrant, dass schon wieder auffällt, dass da einiges fehlt, scheint doch Tunesien das Paradies der Werktätigen zu sein (und nur ein paar - viele - Spinner, die das nicht einsehen, halten dagegen und werden mundtot gemacht). Die Wirklichkeit aber wird nicht von Google gemacht: im südtunesischen Gafsa, einem traditionellen Zentrum des Bergbaus und der Gewerkschaftsbewegung gab es in den letzten Wochen zunehmend heftigere Proteste, die sich regional ausweiteten. Die vielen Tausend Menschen, die sich in diesen Tagen an Streiks, Besetzungen und Demonstrationen beteiligen, wehren sich gegen die Erwerbslosigkeit, die in der Region etwa doppelt so hoch ist wie im nationalen Durchschnitt und auch viele mit guten Schulabschlüssen trifft - weshalb sich auch breiteste Teile speziell der jüngeren Bevölkerung hervortun: Denn der "Investitionszug" fährt aus Südtunesien ab, Weltmarktzulieferer wollen anderswo billiger produzieren und die angeblichen Segnungen des Tourismus sind in dieser Region nie angekommen. 30 Jahre nach der "großen Unruhe" von 1978, als es Hunderte von Todesopfern und Tausende verhafteter Gewerkschafter gab - und der Gewerkschaftsbund UGTT endgültig zum staatstragenden Faktor zwangsgewendet wurde - meldet sich die soziale Bewegung massiv zurück und provoziert inhaltliche Debatten im Vorfeld der normalerweise unerheblichen "Wahl" des Präsidenten 209.
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