Berufungsverfahren gegen die „Rädelsführer“ der sozialen Revolte von Gafsa im ersten Halbjahr 2008 - Strafen aufrechterhalten, aber Strafma ße zum Teil reduziert

Am Dienstag und Mittwoch, 3. und 4. Februar 2009 fand der Berufungsprozess gegen die „Rädelsführer“ der sozialen Massenbewegung im tunesischen Bergbaubecken von Gafsa – die im ersten Halbjahr 2008 massive Proteste mobilisieren konnte – vor dem Revisionsgericht von Gafsa statt. Gafsa liegt rund 350 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis und ist die Hauptstadt des tunesischen Phosphatbergbaus. Das erstinstanzliche Verfahren gegen 38 Angeklagte hatte Ende Dezember 2008 mit z.T. langjährigen Haftstrafen geendet. (Labournet berichtete ausführlich über die Proteste, den Prozess und die Urteile in erster Instanz.)

Am Mittwoch fiel nun das Urteil im Revisionsprozess. Auf Französische ist dazu lediglich eine Meldung der Nachrichtenagentur AFP, die dazu noch falsche (und zum Inhalt arabischsprachiger Meldungen im Widerspruch stehende) Angaben an Einzelpunkten enthält.

Laut den uns zur Verfügung stehenden Informationen stellt sich die Lage wie folgt dar:

• Die beiden Haupt-„Rädelsführer“, der Lehrergewerkschafter Adnane Hajji und sein Mit-Hauptangeklagter Béchir Laabidi, erhielten acht Jahre Haft aufgebrummt (statt einer zehnjähriger Haftstrafe in erster Instanz).
  
• Neun weitere Angeklagte, die bislang zu je sechs Jahre Haft verurteilt worden waren, erhielten nun im Bewährungsverfahren jeweils zwischen drei und vier Jahre Haft.
  
• Hingegen werden fünf Angeklagte, die in erster Instanz zunächst freigesprochen worden waren, nun doch schuldig gesprochen und zu ein- oder zweijährigen Bewährungsstrafen verurteilt.

Der skandalöse Charakter der Urteile bleibt, auch wenn in einzelnen Fällen das Strafmaß nun reduziert worden ist.

Artikel von Bernard Schmid vom 06.02.2009