Hinter tausend Nullen kein Wert
In Argentinien treibt die - von der Regierung geleugnete - Inflation immer bizarrere Blüten. Nun braucht das Land dringend neue Peso-Scheine, und nicht einmal das gelingt. Artikel von Josef Oehrlein, Buenos Aires, in der FAZ vom 05.07.2012 . Aus dem Text: "(.) Da das Geld aber dringend benötigt wird, ging der Auftrag an die staatliche Casa de Moneda, die auch die Druckplatten zur Verfügung gestellt hatte (und auch für die Herstellung von Pässen und Material für die Spielbanken zuständig ist). Doch dort lähmen seit geraumer Zeit Streiks und andere Protestaktionen des Personals die Produktion. Vor allem jene Arbeiter, die speziell mit dem Drucken von Geldscheinen zu tun haben, verlangen die Wiedereinführung einer Sondervergütung von 30 Prozent ihres Gehalts, die in den neunziger Jahren abgeschafft worden war. Die Lage hatte sich noch einmal zugespitzt, als die Direktorin, eine enge Vertraute von Vizepräsident Boudou, einer Gruppe von fast 40 Angestellten kündigte. Seitdem fordern die Mitarbeiter nicht nur die Gehaltserhöhung, sondern auch die Wiedereinstellung ihrer Kollegen. Mit einer einstweiligen Zwangsschlichtung hat das Arbeitsministerium in dem Konflikt inzwischen eine Pause angeordnet."
RBI, Ex-Bosch: Überfall auf besetzten Betrieb
Schon seit Monaten kämpft die Belegschaft von RBI, ein früherer Boschbetrieb, der von dem Unternehmer Pablo Rojo aufgekauft worden war, um die weitere Existenz des Unternehmens - durch seine Besetzung. Der neue Eigentümer wollte unter Bedingungen des Tarifvertrages nicht produzieren lassen, und alles in ein anderes seiner Unternehmen verlagern, inklusive der Ausrüstung. Die Pressemitteilung "INTENTO DE DESALOJO DE LA RBI- EXBOSCH" der gewerkschaftlichen Delegierten von RBI vom 02. Juli 2012 ist auch ein Aufruf an kämpferische Organisationen, Unterstützung zu leisten - und eine Kritik an der Metallgewerkschaft UOM, die dies eben ganz und gar nicht tut.
Nahverkehr umsonst: Streiktaktik
Die U-Bahn von Buenos Aires wird bestreikt: Auf die andere Art. Die Züge fahren, es wird aber weder kassiert noch kontrolliert. Womit die übliche, zumindest partielle Konfrontation auch mit den NutzerInnen ausfällt - diese finden den Streik richtig gut. Das Ergbenis für das Unternehmen ist real daselbe wie bei einem Vollstreik, durch rotieren und Vollversammlungen wird garantiert, dass es auch ein Streik aller ist, berichtet in dem redaktionellen Beitrag "Subway free all week" der Buenos Aires Herald am 11. August 2012. Nicht nur die Streikform wäre eines Nachdenkens auch anderswo wert (ausser etwa in Frankreich, wo dies schon öfter so gemacht wurde) - sondern auch der Grund: Der Streik richtet sich gegen die Fahrpreiserhöhung durch die Stadtregierung...
Ungewöhnliche Härte
"Die frisch im Amt bestätigte argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner gilt als gewerkschaftsnah. Der Großteil der Lohnerhöhungen der letzten Jahre wurde ohne Arbeitskämpfe erreicht. Hielten es die Beschäftigten einer Branche einmal für nötig, ihren Forderungen durch Streiks Nachdruck zu verleihen, wurden sie in der Regel von ihr unterstützt. Ein gerade zu Ende gegangener Arbeitskampf in der staatlichen Fluggesellschaft Aerolineas Argentinas hat jedoch ungewöhnlich harte politische Reaktionen der Regierung nach sich gezogen. Als sich Fluglotsen vom 11. bis 13. November weigerten, die Start- und Landebahnen freizugeben und alle internationalen Verbindungen für drei Tage gestrichen werden mußten, stellte die Präsidentin die Flugsicherung prompt unter Militärverwaltung..." Artikel von Johannes Schulten in der jungen Welt vom 22.11.2011
Kraft/Terrabusi: Zustände wie 1976
Ein "Betriebsrat" der zur Gewerkschaftsopposition gehört, eine Belegschaft, die sich wehrt und Solidarität, die sich ausbreitet: Zutaten zu einem Revival der übelsten Art. Die massiven polizeilichen Repressionsmaßnahmen finden an jenem Ort des Industriegürtels von Buenos Aires statt, an dem 1976 über 30 Gewerkschaftsakivisten (bis heute) "verschwunden" sind: Direkt neben der Fabrik von Ford. Und so unterschiedlich die Produktion von Autos und Lebensmittel anmuten mag - obwohl beides am Fließband konstruiert wird - die gesellschaftliche Logik ist dieselbe: Wer sich wehrt, soll büßen, verstößt er doch gegen das bürgerliche Allerheiligste, das private Eigentum. "Kraft: un aprendizaje obrero y popular" von Oscar Tafetani, am 8. Oktober 2009 bei aregenpress erschienen, zieht aus diesen geschichtlichen Paralellen einige der Gründe, warum sich die Solidarität mit der kämpfenden Belegschaft im ganzen Land ausbreitet. Siehe dazu auch:
Eine regelrechte Welle von Betriebsbesetzungen
Hatte sich Argentinien einigermaßen von der Krise der Jahre 1998 bis 2002 erholt, die 2001 in einer quasi revolutionären Situation mündete, als es keine stabile Regierung mehr gab, so ist die erneute weltweite Krise jetzt auch in dem "Land ohne Kredit" spürbar - unter anderem daran, dass die von nicht eben weitsichtigen Menschen so begehrten ausländischen Investoren (und auch einheimische) ihre Kapitalien abziehen - rund 23 Milliarden Kapitalflucht seit Beginn der neuen Krise. Was unweigerlich verbunden ist mit Betriebsschliessungen, Entlassungen und anderen Segnungen der Marktwirtschaft. Aber es scheint, als ob die Zeiten von 2001 noch nicht so weit zurückliegen, dass sie schon vergessen wären. Während viele der damals besetzten und übernommenen Betriebe gerade jetzt Erfolge im Kampf gegen das juristische Rollback erzielen, nimmt die Zahl der neu besetzten Betriebe erneut stark zu.
- Einen knappen Einblick in die Lage neuer Besetzungen bietet der Bericht "Tomar y luchar" der red eco alternativo, am 11. Mai 2009 bei indymedia Argentina publiziert.
- Ebenfalls bei indymedia "Estamos constituyendo un nuevo modelo sindical" vom 11. Mai 2009 über eine Diskussionsveranstaltung in Rosario, unter anderem mit Vertretern der okkupierenden Mahle-Belegschaft.
- Zum Hintergrund eine knappe Zusammenfassung der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung in Argentinien in "La economia argentina durante la crisis" von Julio Gambina, am 11. Mai 2009 bei argenpress publiziert.
Mahle schliesst Werk in Rosario: Betrieb besetzt
Seit Samstag, 25. April halten über 500 KollegInnen das am Tag zuvor als geschlossen verkündete Mahlewerk in Rosario besetzt (Mahle hatte das Arbeitsministerium bereits am Dienstag zuvor über die beabsichtigte Schliessung informiert). Seit anderthalb Jahren wurde über Werk in der Krise spekuliert, jetzt sollte wohl eine Art Befreiungsschlag stattfinden: Die Produktion, zur Hälfte Export in die USA und die EU, soll in das Werk Itajubá in Brasilien verlagert werden, wo die Gewerkschaftsgesetzgebung mehr "unternehmerische Freiheit" erlaubt, als in Argentinien... Auseinandersetzungen im Werk gab es kontinuierlich seit Dezember 2008 - damals war ein Nichtentlassungspakt unterschrieben worden, den die Firmenleitung nach Ansicht der Belegschaft zu keiner Zeit eingehalten hat, erklärte ein Sprecher der betrieblichen Gewerkschaftsvertreter. Der Arbeitsminister der Provinz Santa Fé unterstrich, das Werk leide keineswegs mehr unter der Krise als andere in der Region - der Beschluss zur Werksschliessung sei ein Befehl aus Deutschland. Seit Montag läuft der vorgeschriebene Mediationsprozeß vor Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit, das Werk bleibt einstweilen besetzt. Heftige Kritik gab es auch an der passiven Haltung der Unión Obrera Metalúrgica (UOM), Metallergewerkschaft in der CGTA, deren Sprecher sich "überrascht" von der Schliessung zeigte. Für andere Firmen in der Region, die Mahle auf einer "Einkaufstour" vor zwei Jahren aufgekauft hatte, hat das Unternehmen staatliche Fördergelder zur Krisenbewältigung beantragt und bekommen - für diese nicht.
Gehe zurück auf Start: LehrerInnenstreik geht weiter, Abkommen abgelehnt...
84 Pesos Gehaltserhöhung sollten die LehrerInnen von Buenos Aires bekommen: so sah es ein bereits verkündeter Tarifvertrag vor. Die einzigen, die nicht "mitspielten" waren die Betroffenen: das war ihnen einfach zu wenig. Jetzt rudern die Gewerkschaften zurück und riefen für den 10. September zum Beginn einer neuen Streikbewegung auf. Der Streiktag am Mittwoch war bereits der fünfte in diesem Jahr und wurde in den öffentlichen Schulen weitgehend befolgt - die Lehrergewerkschaft SUTEBA spricht von 20.000 Streikenden - während die Gewerkschaft der LehrerInnen der Privatschulen an dem Tarifvertrag festhielt und nicht zum Streik aufrief. Der Aufruf "Defendamos el paro del miércoles 10 de septiembre, discutamos un plan de lucha hasta ganar" der Basisdelegierten vom 10. September 2008 wertet die Wiederaufnahme des Streiks als einen Erfolg der Gewerkschaftsmitgliedschaft, pointiert die Kritik am zurückgezogenen Abkommen und macht Vorschläge, wie die weitere Auseinandersetzung zu führen wäre.
"Die rasende Teuerung war schon bekannt, als die Gewerkschaftsbürokratie ihren sogenannten historischen Abschluss feierte"
Die Provinz Buenos Aires erlebt gegenwärtig eine Streikbewegung nach - oder besser: neben - der Anderen. Und wenn auch der Streik der LehrerInnen durch die Medien in den Vordergrund gestellt wird, so ist dies doch nur eine der aktuellen Streikbewegungen, neben jenen der Krankenhäuser, diverser Ministeriumsangestellter, der sonstigen Beschäftigten an Schulen und noch anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Allesamt ausgelöst von der rasanten Teuerung insbesondere der Grundnahrungsmittel, die die von der Gewerkschaftsbürokratie Anfang des Jahres 2008 als historisch gefeierten Abschlüsse längst aufgefressen hat - ein Prozeß der auch damals bereits im Gange war. So wird es in der Erklärung der Basisdelegierten zur Streikbewegung im öffentlichen Dienst "Porqué paramos los docentes y trabajadores estatales provinciales" der Delegados de base - Suteba La Plata vom 28. August 2008 unterstrichen, die den verschiedenen Vorständen der Gewerkschaften auch vorwirft, nichts dafür zu tun, diese Bewegungen zusammenzuführen.
Streikbericht aus dem "Französischen Krankenhaus"
"Das Französische Krankenhaus ist eine stark frequentierte Klinik mit derzeit ca 1200 Arbeitern und 350 Ärzten. Das Gemäuer ist teilweise alt, wirkt aber nicht verfallen sondern zeugt von langer Tradition. Die medizinische Ausrüstung kommt der einer Privatklinik gleich. Im Jahr 2006 brachte eine " Investorengruppe " unter direkter Führung des Premierministers die bis dahin öffentliche Einrichtung unter ihre Kontrolle. Die vollständige Privatisierung wurde unter stillschweigender Duldung der Regierungsnahen Gewerkschaft eingeleitet. Fällige Gehaltszahlungen wurden " eingefroren" , Beiträge für den Fonds der Betriebsrente (die einzige Altersversorgung ) wurden nicht mehr gezahlt, selbst eine 40 prozentige Lohnkürzung war für die zuständige Gewerkschaft lediglich Anlass für ein halbherziges Schreiben. Erst ein 5 monatiger, von den Kolleginnen und Kollegen selbstständig organisierter und selbstfinanzierter Streik mit sehr großer Unterstützung aus der Bevölkerung, durch Patienten, von offensiven Gewerkschaftern und politischen Organisationen konnte die " Wildwest-Situation " scheinbar bereinigen. Statt ungeschminkter Privatisierung wurde Anfang 2007 eine der deutschen GmbH vergleichbare Rechtsform geschaffen , die auf bestimmte Zeit vom nationalen Arbeitsministerium kontrolliert wird. In einer" gemeinsamen Arbeitsvereinbarung " mit der bis dahin auffällig zurückhaltenden gewerkschaftlichen ATSA wurden Gehalts -Renten -und Arbeitsplatzgarantien festgeschrieben..." - so beginnt der Bericht "Arbeiterproteste im Hospital Frances in Buenos Aires" von Marcela Vignoli vom 2. August 2008 bei den Baso-News, der einen Eindruck verschafft, warum es zum gegenwärtigen Großstreik der Krankenhäuser in der Provinz BA gekommen ist.
Arbeitskampf beim Automobilzulieferer Dana
"Die Schwesterorganisation der FAU, FORA-AIT in Argentinien, bittet international um Unterstützung einer lokalen Basisgewerkschaft in Buenos Aires.Das Sindicato de Resistencia de Oficios Varios (Gewerkschaft der Widerständigen verschiedener Berufssparten) aus Morón unterstützt die Arbeiterinnen und Arbeiter des Automobilzulieferers Dana. Dort wurden im Januar 60 MitarbeiterInnen entlassen, weil sie als AktivistInnen der Organsiation dem Unternehmen ein Dorn im Auge waren. Daraufhin kam es zum zweiwöchigem Streik, der permanent und brutal angegriffen wurde. Unter immenser Einschüchterung der Belegschaft und großem Polizeiaufgebot setzte das Unternehmen die Wiederaufnahme der Arbeit durch. Die Arbeiterinnen und Arbeiter versuchen, sich weiter zur Wehr zu setzen und benötigen Unterstützung in Form von Öffentlichkeit und Spenden..." Artikel bei der FAU vom26.04.2008
Argentinien: Schwere Repressionen - Mord
"Seit Anfang März werden in Argentinien landesweite Proteste der LehrerInnen für Lohngerechtigkeit unterdrückt. Besonders schwer von Repression betroffen ist die Provinz Neuquén. Gestern eskalierte die Situation in dem Mord an dem Lehrer Carlos Fuentealba. Ein landesweiter Streik ist angekündigt: "Dieser Streik wird der Anfang eines nationalen Kampfplans sein. Das ist die Forderung tausender Lehrkräfte im Kampf". ( Oaxaca ist überall )..." Beitrag von diverse auf Indymedia vom 06.04.2007. Siehe dazu auch:
- Polizeigewalt gegen streikende LehrerInnen - Nach dem Tod eines Gewerkschafters kommt es zu Massenprotesten in Argentinien
"Am 5. April starb in Neuquén in Patagonien der Lehrer Carlos Fuentealba, getroffen von einer Tränengasgranate der Polizei. Danach kam es in ganz Argentinien zu massenhaften Streiks und Demonstrationen und die fast in Vergessenheit geratene Parole "Que se vayan todos" (Sie - die Politiker - sollen alle abhauen) war wieder auf den Straßen zu hören." Artikel von Alix Arnold in der ila 306 vom Juni 2007
-
Sie gehen alle...auf Distanz zum Gouverneur
Nach dem Mord am Chemielehrer Carlos Fuentealba - den
der verantwortliche Gouverneur Sobisch (bis vor kurzem noch
gehandelt als potentieller Präsidentschaftskandidat der
Rechten gegen Kirchner) weiterhin als "Unfall" verteidigt
- braucht niemand mehr "que se vayan todos" zu rufen,
sie sind schon alle gegangen, auf Distanz zu Sobisch nämlich.
Bis auf Teile der Gewerkschaftsbewegung, die die breiten Proteste
keineswegs nur in Patagonien als "politisches Manöver"
bezeichnen und weiter am Staate tragen, an der Regierung von
Neuquen auch. Ein "Spannungsfall" für die CGT,
von der ein Teil mit der Bundesregierung-nahen CTA paktiert,
der andere dagegen ist. Währenddessen nehmen die Proteste
auch in anderen lateinamerikanischen Ländern zu. Die LehrerInnen
dehnen derweil ihre Kampfmaßnahmen aus. Eine kurze Materialsammlung
"Gewerkschaftlicher
Spannungsfall" vom 18. April 2007.
-
Weitere Informationen und Unterschriftenliste
".Mit unserer solidarischen Unterstützung
fordern wir Sie auf, sich um die Aufklärung der Ermordung
des Chemielehrers Carlos Fuentealba zu kümmern, die Täter
zu finden und das Verbrechen an ihm zur Anklage zu bringen.
Außerdem fordern wir einen politischen Prozess wegen der
politischen Verantwortung des Gouverneurs Jorge Sobisch."
Weitere Informationen
und eine Unterschriften- liste ,
zu senden an Al Presidente de la Nación Argentina, Dr.
Nestor Kirchner: secretariageneral@presidencia.gov.ar
- Mass protest over Argentina death
(Englischer)
Artikel von Daniel Schweimler für BBC News ,
Buenos Aires vom 10.04.2007
Erneute Streiks in der Subte
-
Buenos Aires: Streik in der U-Bahn - und die Fahrgäste freuen sich
"Wie ein Streik im Öffentlichen Dienst auch geführt werden kann, haben gerade wieder die ArbeiterInnen der Subte, der U-Bahn von Buenos Aires vorgeführt. Bahnsteig frei - kassiert wird nicht!..." Artikel aus Wildcat Nr. 76 vom Frühjahr 2006
- Die klügere
Form des Kampfes?
Gewirkt hat sie jedenfalls, die Maßnahme der
Gewerkschaft und der Betriebsdelegierten in der Metro von Buenos
Aires am Mittwoch, den 15. März: Ab 7 Uhr morgens blieben Fahrkartenschalter
und -kontrolldurchgänge unbesetzt. Die Bahnen fuhren normal,
niemand bezahlte. Eine Form des Kampfes, die sich auszubreiten scheint,
garantiert sie doch in der Regel breiteste öffentliche Unterstützung
- und provoziert in der Regel ebenfalls Debatten darüber, warum
der Mensch eigentlich für so etwas grundlegendes wie Nahverkehr
bezahlen soll. Am Nachmittag gab es bereits eine Versammlung mit
der Unternehmensleitung, und am nächsten Tag schloss die Gewerkschaft
(ohne die Delegierten...) eine Lohnerhöhung (auch für
die Beschäftigten von "Drittfirmen") ab, die zwar
deutlich unter den Forderungen lag, aber dennoch offensichtlich
die Zustimmung der Mehrheit der Betroffenen fand. Der redaktionelle
(spanische) Bericht "Trabajadores
del subte liberaron molinetes en reclamo de un aumento"
vom 16. März 2006 vom "Diario Gremial" bei "Sindicatomercosul".
35% Lohnerhöhung, eine Stunde weniger pro Tag
- erfolgreiche "Dauervollversammlung" der TelefonistInnen!
Gefordert hatten sie 40% und eine Stunde weniger Arbeit
pro Tag, die beiden Unternehmen der (landesweit) 12.000 Beschäftigten
hatten sich zunächst rundweg geweigert zu verhandeln. Und als
die "Federación de Obreros y Empleados Telefónicos
de la República Argentina" (FOETRA, der CTA angeschlossen)
in Buenos Aires eine - letztlich 20-tägige - Dauervollversammlung
auf dem Betriebsgelände einberief, schlossen sich Gewerkschaften
von Telefonica und Telecom aus Rosario, Tucumán, Chaco und
Luján an, die im Zuge des Kampfes ihren alten Verband Foesitra
verliessen. Je nach Arbeitsbereich wurde die Arbeitszeit von 8.15
Stunden auf 7.0 beziehungsweise von 7.30 auf 6.30 reduziert, im
mittleren Bereich verdienen die Angestellten jetzt 2.100 Pesos -
womit die Leitlinie von 1.800 durchbrochen wurde. Der Prozess der
Bildung einer neuen Föderation wurde ebenfalls eingeleitet.
Der (spanische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Histórica
conquista de los trabajadores telefónicos"
von Mariano Vázquez vom 29. Dezember 2005 bei "La Fogata".
NäherInnengewerkschaft: bolivianische Sklaven
auch in Buenos Aires - Protest
São Paulo ist berüchtigt dafür -
es gibt sie aber auch in Buenos Aires: MigrantInnen aus Bolivien,
die - eingeschlossen - am Arbeitsplatz mitsamt Kindern schlafen
müssen. In den ökonomischen Zentren der Nachbarländer
leben Zehntausende bolivianischer MigrantInnen, meist ohne Papiere,
unter menschenunwürdigen Bedingungen. Das sind keine "Überreste"
alter Zeiten, sondern die neuen Angebote der Markwirtschaft: was
den internationalen, europäischen und US-amerikanischen Ketten
der Sweatshop in Asien, ist brasilianischen und argentinischen Markenfirmen
der "bolivianische Verschlag" (denn die Unternehmer sind
in überall meistens auch aus Bolivien) im Hinterhof. Im Oktober
hatten größere Proteste in Buenos Aires stattgefunden,
die dazu geführt hatten, dass die bolivianische Botschaft versprach,
die Ausweis- und Visa-Situation zu regeln bzw dabei zu helfen. Seitdem
ist nichts geschehen. Die Gewerkschaft der NäherInnen von Buenos
Aires protestiert nun seit dem 12. Dezember mit einem Zeltlager
vor dem Konsulat - bis zur Lösung der Dokumentationsprobleme
aller Betroffener. Die (spanische, hiermit kurz zusammengefasste)
Pressemitteilung "La
Unión de Trabajadores Costureros convoca a un acampe en el
consulado de Bolivia en Argentina" der "Unión
de Trabajadores Costureros" vom 13. Dezember 2005.
Betriebsbesetzung bei Call Center erfolgreich
Etwa 80 Beschäftigte von Atento (einem Call Center,
das von Telefonica Argentina subkontraktiert ist) hatten am 9. November
das Unternehmen im Süden von Buenos Aires besetzt. In der Nacht
versuchten (ähnlich, wie Tage vorher bei der Zeitung "Cronica")
Schlägerbanden, die Besetzung zu beenden, und obwohl mehrere
Beschäftigte ärztlich behandelt werden mussten, gelang
es nicht. Daraufhin erklärte sich die Geschäftsleitung
zu Verhandlungen mit der Gewerkschaft FOETRA bereit, bei denen die
Forderungen der Belegschaft erfüllt wurden, die sich allesamt
auf die Ablehnung sogenannter Sicherheitsmaßnahmen bezogen.
Der (spanische) Bericht "Nuevo
triunfo de los telefónicos"
der Nachrichtenagentur ANRED vom 11. November 2005 bei "Indymedia
Argentina".
Proteststreik
gegen Bush-Besuch
Der - regierungsnahe - Gewerkschaftsbund CTA hat für
diesen Freitag Ärzte, Lehrer und allgemein im öffentlichen
Dienst Beschäftigte (also die Bereiche, in denen dieser Gewerkschaftsbund
stark ist) zum Proteststreik gegen den Bush-Besuch in Argentinien
(aus Anlass des Gipfeltreffens amerikanischer Staaten in Mar del
Plata) aufgerufen. Die Kirchner-Regierung sponsort sowohl den Gegengipfel
als auch die polizeiliche Besetzung des Badeortes für bessere
Leute. Der redaktionelle (spanische) Bericht "Médicos,
docentes y estatales pararán el viernes para rechazar la
visita de Bush"
beim "Diario Gremial" vom 3. November 2005.
Interview mit einem SUBTE-Delegierten
Seit dem erfolgreichen Streik der Metro-Beschäftigten
von Buenos Aires zu Beginn 2005 hat sich die sozialpolitische Landschaft
Argentiniens einigermassen verändert. Dazu haben die Metro-Gewerkschafter
der SUBTE sowohl mit ihrem Erfolg als auch mit zahlreichen Initiativen
beigetragen. "Nach ihrem eigenen Erfolg haben sie ihre prekarisierten
KollegInnen in den ausgelagerten Firmen dabei unterstützt,
sich in ihren Tarifvertrag reinzukämpfen. Im März gelang
das den ArbeiterInnen der Putzfirma Taym, die damit ihre Löhne
verdoppeln und ihre Arbeitszeit verkürzen konnten. Im Mai machten
die ArbeiterInnen von ausgelagerten Sicherheitsfirmen in einigen
Bahnhöfen Protestaktionen mit derselben Forderung. Die Subte-ArbeiterInnen
an den Fahrkartenschaltern stellten daraufhin aus Solidarität
die Arbeit ein und ließen die Fahrgäste umsonst fahren"
- aus der Einleitung des Interviews "Man
muß auch gewinnen..."
mit Roberto ’Beto« Pianelli, vom 8. März 2005,
eine Ergänzung zur "Wildcat" Nummer 74 vom Sommer
2005.
Streikwelle in Krankenhäusern und im Erziehungswesen
und...
Spätestens seit dem - erfolgreichen - Streik
der bonaerensischen Metrobeschäftigten zu Beginn des Jahres,
entwickelt sich in Argentinien eine erneute Bewegung zur Verbesserung
der Lebenslage - sowohl der Beschäftigten (nicht nur im öffentlichen
Dienst) als auch der über 4 Millionen Erwerbslosen. Dabei kommt
es keineswegs nur zu Zusammenstößen mit der Staatsmacht,
sondern auch mit den regrierungstreuen oder - nahen Gewerkschaftsapparaten.
Ein Überblick "Patagonien
überall" von Mitte Juli 2005.
"...Die Freiheit nehm ich mir...?"
Wegen Schwangerschaft zu entlassen!
VISA ist ein modernes Unternehmen. Und weil "flexibel"
modern ist, schwanger sein aber Flexibilität behindert, nehmen
sich die feinen Herrschaften die Freheit, die Angestellte Maria
Lujan Briasco wegen Schwangerschaft zu entlassen. Eine internationale
gewerkschaftliche Solidaritätskampagne soll nun diese unternehmerische
Freiheit beenden, von der VISA Argentina behauptet, nichts damit
zu tun zu haben - wg Subunternehmen: Der (spanische mit deutscher
Zusammenfassung) Aufruf "Campaña
por la reincorporación de trabajadora despedida por estar
embarazada" vom Taller de Estudios Laborales vom 18. Juli
2005.
Simeca-Protest gegen Arbeitsbedingungen: 7 Tote
im April, auch im Auftrag von Aventis-Pharma
SIMECA, die unabhängige neugegründete (und
noch nicht legalisierte) Gewerkschaft der Motorradkuriere von Buenos
Aires hat Proteste vor dem Sitz der Vereinigung der Kurierbetriebe
organisiert. Hauptgrund: die sieben Todesopfer nur im April 2005.
Die Kurierunternehmen beschäftigen in Buenos Aires 60.000 Fahrer,
die meisten davon gezwungen, schwarz zu arbeiten. Ein kurzer Bericht
von Roberto Valdez vom 10.Mai 2005
Streik der Metro-Beschäftigten 2005
- Streik der Metrobeschäftigten erfolgreich beendet
Bericht
von Alix Arnold aus Argentinien vom 12. Februar 2005. Aus
dem Text: "... Die 1900 ArbeiterInnen der U-Bahn von
Buenos Aires haben am 10. Februar eine Lohnerhöhung von insgesamt
44% durchgesetzt – ein grosser Erfolg und ein Signal in
dem Krisenland, in dem die ArbeiterInnen seit Jahren Lohnverluste
hinnehmen mussten. Schon vor knapp einem Jahr fielen die Subte-ArbeiterInnen
durch unzeitgemässe Ansprüche auf. Sie forderten die
Wiedereinführung einer alten Errungenschaft: den 6-Stunden-Tag
wegen gesundheitsgefährdender Arbeit, den sie mit einem Streik,
gegen den Willen der Gewerkschaftsbürokratie, durchsetzen
konnten..."
- Offener Brief der streikenden Metrobeschäftigten
von Buenos Aires
Die Auseinandersetzung mit der (privaten) Betreiberfirma Metrovias
hat zu ersten Streiks im bonaärensischen Nahverkehr geführt.
Die Gewerkschaften haben am 4. Februar 2005 einen (spanisch, mit
kurzer deutscher Zusammenfassung) offenen
Brief an die NutzerInnen verfasst, den wir hiermit dokumentieren.
Freiheit für die Inhaftierten von Caleta
Olivia
Bestraft sollen sie werden, weil sie gegen Erwerbslosigkeit
und Verarmung als Ergebnis der Privatisierung der Ölindustrie
kämpfen. Teilweise seit Wochen in Haft (und einige Frauen im
Hungerstreik) werden sie immer mehr zum Sinnbild der Bestrafung
sozialer AktivistInnen. Eine Übersicht
von Anfang November 2004, aktualisiert um den Aufruf aus Argentinien,
die dortigen Arbeitskämpfe der Erdölarbeiter zu unterstützen
Gewerkschaftsopposition und soziale Bewegungen
starten Kampagne für den 6 Stundentag
Am 29.Oktober 2004 nahmen rund 3000 Menschen in Buenos
Aires an der Auftaktversammlung zu einer landesweiten Kampagne für
die gesetzliche Einführung des 6 Stundentages mit Lohnausgleich
teil. Eine kurze deutschsprachige
Zusammenfassung verschiedener Berichte (inklusive Links zu den
spanischen Originalartikeln). |