Home > Internationales > Argentinien > patagonien | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Streikwelle in Krankenhäusern und im Erziehungswesen und... Spätestens seit dem - erfolgreichen - Streik der bonaerensischen Metrobeschäftigten zu Beginn des Jahres, entwickelt sich in Argentinien eine erneute Bewegung zur Verbesserung der Lebenslage - sowohl der Beschäftigten (nicht nur im öffentlichen Dienst) als auch der über 4 Millionen Erwerbslosen. Dabei kommt es keineswegs nur zu Zusammenstößen mit der Staatsmacht, sondern auch mit den regrierungstreuen oder - nahen Gewerkschaftsapparaten. Ein Überblick "Patagonien überall" von Mitte Juli 2005. Patagonien überall Nachdem spätestens seit Amtsantritt der Kirchner - Regierung ein Rückgang der Proteste festzustellen war, haben die wirtschaftliche Entwicklung und gewerkschaftliche Erfolge zu Jahresbeginn 2005 dazu beigetragen, dass sich in Argentinien Mitte des Jahres 2005 erneut ein Widerstand entfaltet, der allmählich den Charakter einer Bewegung ausmacht. Im fernen Patagonien und in der dortigen Provinz Santa Cruz, deren Gouverneur einst der heutige Präsident Nestor Kirchner war - war einer der ersten Bezirke, in denen verschiedene Proteste zusammenwuchsen, die vorgenommenen Repressionsversuche - etwa die Festnahmen in Caleta Olivia - bestärkten dies eher noch. Im Juni wurden auch sechs Aktivisten der ATE festgenommen, ein Hinweis darauf, dass zumindest die Ordnungskräfte nicht nach "radikal" und "gemässigt" unterscheiden, sondern Aktionen bestrafen wollen. Wobei zu beachten ist, dass die anwachsenden Lohnkämpfe und die Aktionen der Erwerbslosen zusammenwachsen - in einer Sitaution, da nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch argentiniens vor einigen Jahren, jeder vierte Mensch im Lande als "arm" gilt. Bei den jungen ArgentinierInnen ist die Situation noch viel gravierender: 9 der 15 Millionen Menschen unter 22 Jahren haben extreme Schwierigkeiten, und dreinhalb Millionen Menschen dieser Altersstufe kommen aus Familien, die die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleisten können. Zahlen aus dem Bericht "El hambre es un crimen. La Infantilización de la Pobreza en la Argentina" des Gewerkschaftsbundes CTA vom Juni 2005. Die alternative Nachrichtenagentur "AnRed" berichtet am 13. Juli 2005 in "Eterno conflicto en la Patagonia Rebelde" über den Widerstand in den Ölstädten Patagoniens, wo die Privatisierung der Ölgesellschaft YPF sowohl zu Erwerbslosigkeit geführt hatte, als auch zu von ehemaligen Arbeitern begründeten Subunternehmen der Ölwirtschaft - von denen allerdings bis auf einige inzwischen alle Pleite gemacht haben, sie blieben ohne jegliche Förderung. Die neuen Erwerbslosen wurden teilweise als Zeitarbeiter von den Kommunen eingestellt - und fordern nun ihrerseits Festanstellung. Ölarbeiter und Gewerkschaften In der Provinz Chubut, ebenfalls in Patagonien, sind die Felder der Pan American Energy, mit rund 2.000 Beschäftigten Inhaberin der grössten regionalen Vorkommen seit einigen Wochen teilweise besetzt. Das Unternehmen regelt seit längerer Zeit seine "industriellen Beziehungen" mit der CGT-Gewerkschaft Unión Obrera de la Construcción (UOCRA), und hat mit dieser gerade ein Abkommen über eine Lohnerhöhung von 9 Prozent geschlossen, während die Belegschaft nahezu einmütig 50 Prozent gefordert hatte und den Tarifvertrag mit grosser Mehrheit ablehnte. Strassenblockaden sind - konfrontativer - Alltag in der Region und das Unternehmen Siracusa verlängert seit Ende Juni 2005 die Liste der von der Belegschaft besetzten und weiter betriebenen Firmen. In Rivadivia haben "Petroleros Autoconvocados" begonnen, eigene Protestversammlungen zu organisieren und Druck auf die Gewerkschaften zu machen "aus ihrer Passivität" zu kommen. Die Mitteilung dieses neuen Kollektivs "Organizarse desde abajo: un gran paso para el aumento salarial" vom 19. Juli 2005 bei "Indymedia Argentinien" Einen Gesamtüberblick über die Entwicklung im aregntinischen Patagonien gibt der Beitrag "Las heroicas huelgas patagónicas" von Marcelo García im Alternativportal "La Fogata" vom 17. Juli 2005 Streikwelle im Gesundheitswesen - jeder für sich ? Zahlreiche Krankenhäuser quer durchs Land wurden seit Monaten immer wieder bestreikt. Aus zwei Gründen ist der Kampf des Garrahan-Hospitals besonders bekannt geworden: Zum einen wegen des wachsenden Drucks von Regierungsseite, die nun schon Sondereinheiten der Polizei herbeiruft, zum anderen weil die GewerkschafterInnen des Hospitals jene sind, die am deutlichsten eine Vereinheitlichung der zahlreichen Kämpfe, nicht nur im Gesundheitswesen, sondern aller staatlicher Angestellter fordern. Der Gewerkschaftsdelegierte Gustavo Lerer berichtet in einem Interview mit Indymedia vom 11. Juli 2005 über die Kontakte nicht nur zu anderen Krankenhäusern, sondern auch zu GewerkschafterInnen im ebenfalls vereinzelt kämpfenden Erziehungsbereich - Lerer gehört der ATE-Opposition "Rote Liste" an, die in seinem Krankenhaus die Mehrheit hat: In "Los que paramos somos las bases" gibt Lerer auch an, in der Nachbarschaft bereits 5.000 Unterschriften für eine Streikunterstützung gesammelt zu haben. Entwicklungen Der Juni 2005 war mit 127 offiziell registrierten Streikaktionen - 80 Prozent im öffentlichen Dienst, 13 Prozent im Dienstleistungsbereich, der (industrielle) Rest waren die Ölarbeiter, der streikreichste Monat der letzten Jahre. Was an diesen zahlreichen Aktivitäten besonders zu bemerken ist: das immer mehr Belegschaften darauf beharren, dass Entscheidungen in Vollversammlungen gefällt werden und solche Versammlungen spontan oder von kleinen Gruppen ausserhalb der Gewerkschaftshierarchien einberufen werden. Das "Nuevo Proyecto Historico" hat zu dieser Entwicklung eine aktuelle Broschüre veröffentlicht "La Soberanía asamblearia" die sicher Grundlage vieler Debatten aktiver GewerkschafterInnen sein könnte. |