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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, ...aus den Zeiten, als es noch Sportler gab, die nicht vorprogrammiert antworteten: "Was halten Sie davon, wenn bei der Olympiade solch exotische Sportler wie chinesische Skispringer teilnehmen?" - "Nun ja, sehen Sie, es gibt etwa eine Milliarde Menschen in China und gerade ein paar Millionen bei uns in Finnland, da bin ja wohl eher ich der Exot"...(Matti Nykänen). Neu im LabourNet Germany am Freitag, 12. Februar 2010: I.Internationales / Kanada 900 Millionen für "die Sicherheit"; ein Dorf, das keiner will; eine neue Sportart (Jagd auf Obdachlose): Olympia ist eröffnet... Seit nunmehr 42 Jahren, seit dem Bulldozer-Massaker von Mexico, ist wirklich allgemein bekannt, dass die jeweiligen Olympischen Spiele eine brutale Variante des Gladiatorengeschäfts sind. Ob Vertreibung von Anwohnern, modernde Bauruinen oder nutzlos gewordene Sportanlagen; ob nationalistische Medaillenjagd samt dazu gehöriger chemischer Leistungsindustrie; ob Überwachung total, sportlich verbrämte Armeepropaganda und Omnipräsenz der Staatsgewalt: das alles sind integrale Facetten solcher Ereignisse. Bei der heute beginnenden Winterolympiade in der Nähe von Russland ist all dies besonders extrem - handelt es sich doch um Ländereien, die einen Kollektivbesitzer haben. Die Zustimmungsrate zur Olympiade liegt in British Columbia am niedrigsten in ganz Kanada, bei knapp 50%. a) In "Why Vancouver is annoyed with its own Olympics" schreibt Colin Horgan in Trueslant am 01. Februar 2010 über die wirtschaftlichen und sozialen Gründe der "mangelnden Begeisterung" - nicht nur die sogenannten Sicherheitskosten stehen da an, der Steuerzahler wird auch für das fehlgeschlagene Projekt des nacholympischen Verkaufs des Wohndorfes aufkommen müssen - während in Vancouvers Eastside, dem ärmsten Stadtbezirk Kanadas, seit Vergabe der Spiele 1.400 wohneinheiten abgerissen wurden... b) In "When Snow Melts: Vancouver’s Olympic Crackdown" schreibt David Zirin in The Nation vom 09. Februar 2010 unter anderem über verschiedene Vorfälle, bei denen kanadische Grenzbehörden kritischen Journalisten die Einreise verwehrten und über die Überwachung des Widerstandes. Sein Fazit: Vancouvers Schneeproblem (der schmilzt und muss von anderswo herbeigekarrt werden, was selbstverfreilich nicht vom IOC bezahlt wird) kommt von der Hitze auf den Straßen... c) In "Call out for solidarity actions across Canada against Olympic and Tar Sands green washing!" schreibt Clayton Thomas-Muller am 09. Februar 2010 auf "It's getting hot in here" über die ökologische Olympiapropaganda und den Gegensatz dazu: Was Hauptgeldgeber des Zirkus in British Columbia so alles treiben, etwa diverse Teersandprojekte ohne Rücksicht auf Verluste (anderer) durchpeitschen... d) In "Winter Olympics on slippery slope after Vancouver crackdown on homeless" schreibt Lucy Hyslop im britischen Guardian am 03. Februar 2010 über die kanadische Olympiadisziplin "Jagd auf Obdachlose" - das Straßenbild muss stimmen, fordern die sehr ehrenwerten Sponsorendons... e) In "Festung Vancouver: Bürgerrechtler befürchten während der Olympischen Spiele und danach eine Dauerüberwachung" schreibt Isaac Oommen, Vancouver, im "Neues Deutschland" vom 09. Februar 2010: "Die größte Sicherheitsoperation in Kanadas Geschichte - so könnte man Vancouver zur Zeit der Olympischen Winterspiele (12. bis 28. Februar) beschreiben. Mit 13 000 Mann Personal, zusammengesetzt aus Militär, der Royal Canadian Mounted Police (RCMP), Geheimdienst und privaten Firmen, und einem Budget von 900 Millionen Kanadischen Dollar (etwa 600 Millionen Euro) wird das Thema Sicherheit bei den Spielen alles andere als klein geschrieben. Besondere Bedeutung hat die 2003 gegründete Vancouver 2010 Integrated Security Unit (ISU). Diese Regierungsorganisation verbindet Bundes- und lokale Polizei mit Militär sowie Geheimdienstpersonal und plant groß angelegte Operationen während der Spiele: Hintergrundüberprüfungen, elektronische Sicherheitsbereiche, Kontrollen von Fußgängern und Autos sowie Videoüberwachung..." II.Internationales / Griechenland Die Gegner: EU und Rating-Agenturen Griechenland steht vor dem Bankrott - zumindest die mediale Aufbereitung einer wie immer zu allem bereiten Journaille klingt so. Und es wird munter mit der Abgruppierung der griechischen Investitionsmöglichkeit durch die transnationalen Rating-Agenturen argumentiert - ganz so, als hätte man nicht erst kürzlich selbst, als es allerhalben sichtbar war, über die dubiosen Praktiken dieser dubiosen Einrichtungen geschrieben. Wer die Zeche einmal mehr zahlen soll - das sich auszumalen bedarf in der modernen Marktwirtschaft keiner großen Phantasie. Eine kleine Materialsammlung "Griechischer Bankrott" vom 10. Februar 2010. III.Internationales / Türkei / Privatisierung und Widerstand / Tekel Drohungen: Protestcamp soll am Monatsende geräumt werden Erdogan weigert sich, mit Gewerkschaftsverbänden zu sprechen, die Polizei kündigt die Räumung des Camps zum Monatsende an, die kämpfende Belegschaft lässt sich nicht einschüchtern und die transnationale Solidarität wächst weiter an. a) "Seit 57 Tagen befinden sich die Arbeiter von Tekel im Kampf um ihre Arbeitsplätze" Augenzeugenbericht aus Ankara: Zwei SAV-Mitglieder aus Bremen und Berlin sind seit heute in Ankara, um den Streik der Tekel-Beschäftigten vor Ort zu unterstützen und aus erster Hand über ihn zu berichten. Dies ist der erste Bericht auf der Website der SAV vom 08. Februar 2010. b) "Mein Traum ist, dass die Arbeiter die Produktion kontrollieren" Interview mit Fadime, Tekel-Arbeiterin aus Izmir, die sich sich im Hungerstreik befindet auf der Website der SAV vom 09. Februar 2010. c) "Diskussionen über weiteren Generalstreik in der Türkei" vom 11. Februar 2010 bei der SAV beginnt so: "Wie schon berichtet werden die Gewerkschaftsverbände am Freitag über weitere Schritte verhandeln. Dies ist sehr spät - eine Woche nach dem Generalstreik von rund zwei Millionen ArbeiterInnen vom 4. Februar. Dahinter steckt offensichtlich nicht nur die Angst beziehungsweise der Unwillen weitere Kampfmassnahmen organisieren zu müssen - sondern auch die Hoffnung den Konflikt schnell lösen zu können. So sind die Gewerkschaftsführungen auf die Regierung zugegangen und haben um Gespräche gebeten. Gestern hat Erdogan dann verkündet, dass er nur bereit ist mit Kumlu (dem Führer von Tuerk Is) zu reden...". d) "Erdogan moves to quell worker unrest" von Thomas Seibert am 10. Februar 2010 bei The National fasst unter anderem die Reaktionen der Regierung Erdogan zusammen - vom "Teufelswerk Hungerstreik" über "PKK steckt dahinter" gibt es eine ganze Serie plumper Einschüchterungsversuche... e) "TEKEL Workers' Resistance: Re-Awakening of the Proletariat in Turkey" von Erinç Yeldan bereits vom 30. Januar 2010 bei sendika.org ist ein Versuch, die Bedeutung dieses Kampfes für die gesamte Gewerkschaftsbewegung in der Türkei zu analysieren. IV.Internationales / Spanien Andalusien: Generalstreik ohne die großen Verbände In den 19 Dörfern und Städtchen des Bezirks Sierra de Cadiz fand am 09. Februar 2010 ein Generalstreik statt: Aufgerufen hatte die andalusische Arbeitergewerkschaft SAT. Die beiden großen Verbände Comisiones Obreras und UGT sahen darin eher eine Provokation - im Angesicht einer Erwerbslosigkeit von bis zu 40% und den üblichen sozialdemokratischen Regierungsmaßnahmen - wie etwa Erhöhung des Rentenalters - eine eher exquisite Stellung. Der Bezirk jedenfalls war an diesem Tag geschlossen. Ein zusammenfassender Überblick wird in dem Beitrag "La Sierra de Cádiz ha hablado con un seguimiento total y masivo del paro general" vom 10. Februar 2010 gegeben, der auch eine Fotostrecke und einen 2minütigen Videofilm enthält Siehe dazu auch: "CCOO y UGT arremeten contra el SAT por la convocatoria de Huelga General en la Sierra de Cádiz" vom 08. Februar 2010 bei kaosenlared, in dem die Pressemitteilung beider Verbände, dass sie an diesem Streik weder beteiligt sind, noch ihn unterstützen, in Zusammenhang mit ihrer Haltung gegenüber den laufenden Regierungsmaßnahmen gebracht wird. V.Internationales / Italien Die Opfer der Menschenjagd von Rosarno melden sich zu Wort "Wir sind die Arbeiter, die gezwungen wurden, Rosarno zu verlassen, nachdem wir unsere Rechte gefordert haben. Wir arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen. Wir lebten in verlassenen Fabrikhallen ohne Wasser und Elektrizität. Unsere Arbeit wurde schlecht bezahlt" - so beginnt die Erklärung "Die Mandarinen und Oliven fallen nicht vom Himmel" , die auf einer Versammlung der Verjagten am 31. Januar in Rom verabschiedet wurde. VI.Internationales / Haiti Wachsender Protest Zwar: Aus den Schlagzeilen ist das haitianische Erdbeben schon wieder weitgehend verschwunden. Aber: Erstens bleibt die ungemein schwierige Lage großer Teile der haitianischen Bevölkerung bestehen und zweitens wird die reale Auseinandersetzung um Art und Weise der "Haiti-Hilfe" immer mehr zu einem regelrechten Muster heutiger gesellschaftlicher Entwicklungen. Die kleine aktuelle Materialsammlung "Wachsender Protest gegen Haitihilfe mit Soldaten" vom 11. Ferbuar 2010. VII.Internationales / Japan / Privatisierung und Widerstand Erklärung: Widerstand gegen die Privatisierung der Sicherheit japanischer Eisenbahnen Auch in Japan soll weiter privatisiert werden: Der sicherheitsbereich der schon privatisierten Eisenbahnen ist ein weiterer Schritt - unter verschiedener Hinsicht ein zentraler Schritt. Die oppositionelle Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba hat am 01. Februar 2010 eine "Declaration of Struggle" veröffentlicht, die nicht nur grundsätzliche Gegnerschaft zu dem Projekt Privatisierung unterstreicht, sondern auch eine ganze Widerstandsagenda umfasst. VIII.Internationales / Indonesien a) 100 Tage nach Regierungsantritt - landesweite Proteste In der Materialzusammenstellung "Thousands mark Yudhoyono's first 100 days with protests across the country" gibt das Asia Pacific Solidarity Network einen Überblick über die zahlreichen Protestaktionen vom 28. Januar 2010, aus Anlaß der ersten hundert Amtstage des neuen Präsidenten - der in dieser kurzen Zeit ähnlich "entzaubert" wurde wie etwa sein amerikanischer Amtskollege (hierzulande gab es ja nun nichts zu entzaubern...) b) Von Osttimor schreiben ist verboten...von Papua auch... Ende Dezember 2009 verkündete der indonesische Generalstaatsanwalt das Verbot von fünf Büchern. Allesamt Publikationen, die sich mit militärischen Aktionen der indonesischen Armee befassten. Was jetzt als erstes Ergebnis hervorbringt: So breite Proteste wie noch nie gegen Zensur, berichtet in "Book bannings spur Indonesia's struggle for political liberty" Max Lane am 08. Februar 2010 in seinem Blog. IX.Internationales / Thailand Bahngewerkschafter entlassen: Weil sie für sicheren Zugverkehr streikten Eine internationale Solidaritätskampagne mit entlassenen thailändischen Bahnarbeitern organisiert die Transportarbeiterföderation ITF. Die Entlassungen waren die Antwort auf einen Streik, mit dem die Bahnbeschäftigten nach einem schweren Unfall für sicheren Zugverkehr kämpften. Der Verkehrsminister drängt die Unternehmensleitung zur Härte gegenüber der Gewerkschaft. Der Aufruf "ITF demands reinstatement of Thai railway workers" vom 21. Januar 2010. X.Internationales / Uganda Tödliche Blumengrüße Der Valentinstag ist - wie etwa Halloween in Europa - eine der jüngeren erfolgreichen Geschäftsideen. Und wie letzterer hat auch der Blumentag eine monströse Dimension - die Arbeitsbedingungen in den Blumenexportfeldern beispielsweise. Die Presseerklärung "Tödliche Blumengrüße aus Uganda" von FIAN und Vamos vom 11. Februar 2010 gibt dafür konkrete Beispiele und fordert zur Aktion auf. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |