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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, heute das Spezial-Update für Fußballfans und Alle, die es noch nie werden wollten. Da ein Teil der LabourNet Germany Redaktion durch den Wohnort Bochum fußballerisch arg vorbelastet ist, tippen wir nicht (obwohl Fidels Freund gleich sechs der aktuell weltbesten Offensivspieler nominiert hat und hinten kommen sie von der IG Mauerbau Mailand), sondern beschränken uns auf das Kerngeschäft: Die sozialen Auswirkungen und Bedeutungen dieser ersten WM in Afrika (die ja eigentlich schon 2006 da hätte stattfinden sollen, wäre nicht die BRD auf Einkaufstour gegangen, um den neuen Patriotismus zu fördern). Und diese Auswirkungen liegen so offen zutage, wie selten zuvor: StraßenhändlerInnen werden verjagt, weil die Sponsoren ihr überteuertes Zeug ohne Konkurrenz verkaufen wollen - so wie zuvor schon ganze Siedlungen wegen Stadien und Zufahrtsstraßen vertrieben wurden; Demonstrationen werden verboten und alle Register der Kontrolle gezogen. Ein anderer Fußball mag möglich sein: Nicht mit der FIFA, die mit ihren 17 Bedingungen an die südafrikanische Regierung faktisch eine Art zeitlichen begrenzten Notstandsregimes geschaffen hat... Zweiter Schwerpunkt, nicht geplant, ist der Hondastreik in China (der erste, der zweite und der dritte) - der einige jener Charakteristika aufweist, die ihn eventuell später einmal als historische Marke bewerten lassen... Neu im LabourNet Germany am Freitag, 11. Juni 2010: I.Internationales / Südafrika / WM 2010 Verkaufen, verjagen, verbieten, kontrollieren: Der FIFA-Staat ist ein Notstandsregime Heute also geht"es" los - in Südafrika ist es schon lange losgegangen. Die Fußball WM 2010 ist auch eine Art südafrikanische Gesamtbilanz der letzten 20 Jahre - 1990 war der Anfang vom Ende des Apartheidregimes. Unsere umfangreiche Materialsammlung "FIFA regiert Südafrika" vom 10. Juni 2010. II.Internationales / China / Arbeitskämpfe a) Der Hondastreik: Versuch einer Bilanz Der Hondastreik war früher für beendet erklärt worden, als er es tatsächlich war. Und: Kaum ist der Streik in Foshan zu Ende, geht es schon anderswo weiter. In westlichen Fachpublikationen wird, je nach eigener Positionierung, bereits das "Ende der billigen Autoproduktion" bejubelt oder bejammert und überall werden Lohnerhöhungen angekündigt. Unser Überblick "Eine erste Bilanz des Hondastreiks" vom 11. Juni 2010. b) Massiver Polizeieinsatz gegen streikende TextilarbeiterInnen "Labour strife rolls across China" ist ein Bericht von Bill Schiller im kanadischen "The Star" am 08. Juni 2010 in dem nicht nur der massive Polizeieinsatz gegen etwa 5.500 seit fast drei Wochen streikende TextilarbeiterInnen in Pingdingshan berichtet wird, sondern auch die - diskussionswürdige - These aufgestellt, es gäbe eine regelrechte Streikwelle in China. c) Zuerst Polizei, dann ein Abkommen So war der Verlauf beim Streik der Belegschaft bei Merry Electronics laut dem Bericht "Two days, two strikes in the Pearl River Delta" vom 08. Juni 2010 im China Labour Bulletin: Über Einstausend Streikende sahen sich zunächst der Repression durch Hunderte Polizisten ausgesetzt, aber ihre Zähigkeit führte dazu, dass die regionalen Behörden als Mediatoren mit der Betriebsleitung agierten und ein Abkommen zustandekam, dass spürbare Lohnerhöhungen vorsieht. III.Internationales / China / Arbeitsbedingungen Noch eine Lohnerhöhung bei Foxconn - Proteste zeigen Wirkung Die Serie von Selbstmorden junger MigrantInnen in "Foxconn-City" zeigt Wirkung: Erstens gibt es zunehmende Proteste inner- wie ausserhalb Chinas und die chinesischen Medien behandeln die Ereignisse ausführlich; zweitens gibt es transnational eine wachsende Kampagne gegen die Auftraggeber Foxconn und die zeigen einige Wirkung; und drittens sind bisher alle Maßnahmen der unternehmensleitung, den Schaden zu begrenzen gescheitert: so wurde zum zweiten Mal in kürzester Zeit eine weitere Lohnerhöhung versprochen, und es wird öffentlich überlegt, die "Firmenphilosophie" zu ändern - die eigene, isolierte Stadt abzuschaffen... a) Foxconn bleibt ein Thema in der chinesischen Presse "Liu Zhiyi wurde ausgewählt, weil er einer von ihnen war: Mitte zwanzig, eine gute Ausbildung in der Tasche und große Pläne im Kopf. Niemand konnte Verdacht schöpfen, als er sich im April als Fabrikarbeiter bei Foxconn bewarb, jener südchinesischen Computerfabrik, die unter anderem Apples Iphone produziert und unlängst wegen einer Selbsttötungsserie in die Schlagzeilen geraten war. "Jeden Tag kommen tausende junge Leute, um eine Stelle zu finden und Träumen hinterherzujagen, die sie nie verwirklichen können", schrieb Liu, als er nach 28 Tagen an seinen eigentlichen Arbeitsplatz zurückkehrte: in die Redaktion der Nanfang Zhoumo, einer der kritischsten und mutigsten Zeitungen der Volksrepublik..." - so beginnt "Foxconn-Selbsttötungsserie: Asiatische Billigheimer am Wendepunkt" ein Artikel von Bernhard Bartsch in der Frankfurter Rundschau vom 07. Juni 2010 b) Die zweite Lohnerhöhung in einer Woche... ...wird in dem Beitrag "Foxconn gives workers second pay rise" von Michael Bristow bei den BBC-News vom 07. Juni 2010 vermeldet. Siehe dazu auch: "Foxconn's latest pay offer comes with strings attached" beim China Labour Bulletin am 07. Juni 2010, wo der Versuch kritisiert wird, selbst noch bei diesen Konzessionen Spaltungslinien durch Lohndifferenzierung zu erzeugen. c) Protestaktionen "Good electronics" berichtet in "Foxconn: prolonged protests and clear proposals" am 08. Juni 2010 über zahlreiche Proteste aus Anlasse des von SACOM ausgerufenen Gedenktages am 8. Juni. Und: "Protestaktion vor Berliner Saturn-Markt" bei PC Global am 08. Juni 2010 berichtet über den Protest beim Foxconn-Partner Saturn von WEED, INKOTA-netzwerk und Germanwatch vor dem Saturn-Markt am Alexanderplatz. IV.Internationales / Dänemark Jeder vierzehnte Däne auf der Protestdemonstration gegen Kürzungen - Däninnen auch... ...und das würde in der BRD immerhin ca 6 Millionen Menschen bedeuten... "Knapp 40.000 Dänen haben am Dienstag in Kopenhagen gegen massive Kürzungen beim Arbeitslosen- und Kindergeld demonstriert. Zu dem Protest vor dem Parlamentsgebäude hatten Gewerkschaften gemeinsam mit Parteien der sozialdemokratisch geführten Opposition aufgerufen" - so beginnt der Bericht "40.000 demonstrieren gegen drastische Sparpläne" vom 08. Juni 2010 bei der fr-online. V.Internationales / Island Die Isländer sind anders: Ermittlungen gegen Banken... "Islands Geldinstitute müssen den Ermittlern alle Beweise übergeben, freut sich Ólafur Thór Hauksson - und wundert sich, dass in anderen Ländern die Verursacher der Finanzkrise ungeschoren bleiben. Anfang 2009 wurde Ólafur Thór Hauksson, 46, vom isländischen Parlament als Sonderermittler eingesetzt, um die Verbrechen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der drei größten isländischen Banken aufzuklären". Das Interview "Nur wir ermitteln gegen die Banken" in der TAZ vom 07. Juni 2010. VI.Internationales / Großbritannien / Gewerkschaften Bauarbeiter demonstrieren gegen Gewerkschaftskorruption - Richtungsentscheidung steht an "UNITE ist mit 1,5 Millionen Mitgliedern Großbritanniens größte Gewerkschaft. Vergangene Woche hielt sie ihre erste Konferenz in Manchester ab. UNITE ging 2007 aus einem langwierigen Vereinigungsprozeß der beiden sektorübergreifenden Großgewerkschaften TGWU und AMICUS hervor....Innerhalb von UNITE prallen zwei Welten aufeinander. Einerseits gibt es Traditionen gewerkschaftlicher Militanz. Jüngstes Beispiel ist British Airways. Aber auch die wilden Streiks bei den Autozulieferern Visteon und Linamar in den vergangenen Jahren sowie die Revolte der Bauarbeiter auf der Total-Raffinerie Lindsey Anfang 2009 zählen dazu. Auf der anderen Seite gibt es einen korrupten Hauptamtlichenapparat, der auf der Insel seinesgleichen sucht. Vor allem in der Bauindustrie herrschen mafiöse Strukturen. Vor allem von der AMICUS-Seite der Gewerkschaft wird viel Ballast mitgebracht. In den 1980er Jahren herrschte hier Ken Jackson, Margaret Thatchers beliebtester Gewerkschafter. Er unterzeichnete jeden unternehmerfreundlichen Deal, seine Leute sorgten dafür, daß kämpferische Aktivisten von Arbeitsplätzen ferngehalten wurden. Diese Zeit hat bis heute Spuren hinterlassen. Während der gesamten Woche protestierten vor den Eingangstoren der Konferenz Bauarbeiter, die bis heute auf einer schwarzen Liste stehen. 3000 sind betroffen - das sind fast alle Vertrauensleute der Baubranche in UNITE. Sie können bis heute keine Arbeit finden. Einer davon, Steve Acheson, kann Dokumente vorlegen, die beweisen, daß mindestens ein AMICUS-Hauptamtlicher bei der Erstellung der schwarzen Liste mitgeholfen hat. Der Funktionär arbeitet bis heute für UNITE, er wird von Ken Jacksons alten Strukturen beschützt..." so beginnt "Unklare Perspektiven: Größte britische Gewerkschaft UNITE vor Richtungsentscheidung" ein Artikel von Christian Bunke in der jungen Welt vom 08. Juni 2010 VII.Internationales / Marokko Generalstreik zum Gedenken: Sidi Ifni "Am Montag dieser Woche (07. Juni) jährte er sich zum zweiten Mal, der Aufstand in der marokkanischen Hafen- und Fischerstadt Sidi Ifni im Süden des Landes vom Juni 2008. Seinerzeit hatte die Korruption örtlicher Behörden und die Vetternwirtschaft zu einem breit befolgten Aufstand der Jugend und der örtlichen Bevölkerung geführt. (Labournet berichtete damals ausführlich.) Zu Anfang dieser Woche wurde deswegen ein halbtägiger Generalstreik in Sidi Infi, wo sämtliche Geschäfte geschlossen blieben, befolgt" - so beginnt der Artikel "Marokko zwei Jahre nach Sidi Ifni: Soziale Kämpfe im Phosphatbergbau und anderswo" von Bernard Schmid vom 11. Juni 2010. VIII.Internationales / Frankreich / Streiken für die Rente CFDT-Kongress - in deutschem Rentenstil: Vor allem auf die Jungen... "Die Meldung traf am Donnerstag Nachmittag ein, nachdem unser gestriger Artikel über "Frankreich kurz vor der Renten,reform'" erschienen war: Auf ihrem Kongress hat die CFDT - der zweitstärkste gewerkschaftliche Dachverband in Frankreich, hinter der CGT - gestern eine Erhöhung der erforderlichen Beitragszeiten zu den Rentenkassen ausdrücklich befürwortet" - so beginnt der aktuelle Beitrag (eine Fortsetzung des gestrigen Kongressberichts) "Auf ihrem Kongress nimmt die Gewerkschaftsorganisation eine Position an, die die Erhöhung der Beitragsjahre unterstützt" von Bernard Schmid vom 11. Juni 2010. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |