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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 09. Mai 2008 I.Internationales / Kanada / Arbeitskämpfe Streik im Toronto-Nahverkehr: Illegal "Wenn diese Arbeit so lebenswichtig für die Stadt ist, warum zum Teufel bezahlt ihr die Leute, die sie machen, nicht anständig?" - dieser oppositionelle Debattenbeitrag im Stadtrat von Toronto war auf jeden Fall sowohl treffend, als auch einsam: Der Stadtrat verabschiedete in einer Allparteinkoalition weitere Maßnahmen zur Einschränkung des Streikrechts, nachdem die städtische Verkehrsgesellschaft bereits vor den Arbeitsgerichten ein Streikverbot erreicht hatte - Notstand ("emergency"). Trotzdem streikten Tausende Transportarbeiter am ersten Maiwochenende - nachdem die Verhandlungskomission der Amalgamated Transit Union Local 113 den Vorsitzenden Bob Kinnear und dessen Verteidigung eines getroffenen Abkommens desavouiert hatte und die folgende Urabstimmung am 25. April eine breite Mehrheit für die Ablehnung und Streik ergeben hatte. Zwar waren in dem Vertragsentwurf die zentralen Forderungend es Unternehmens nicht enthalten - Ausweitung der Beschäftigung von Subunternehmen und niedrigere Einstiegstarife für Anfänger - aber die Formulierungen des Vertrags waren so, dass viele Beschäftigte offene Türen dafür sahen und den Vertrag ablehnten - die ATU lehnt Einstiegstarife schon seit 20 Jahren ab. Die Konfrontation gilt einem Konzept von Nahverkehr, das dazu dienen soll, die Stadt zu einem Geschäftszentrum des kontinents zu machen - als Alternative schlägt Ian MacDonald, Autor des Beitrags "What Emergency? An Assessment of Toronto's 2008 Transit Strike" , der am 5. Mai 2008 beim "New Socialist" veröffentlicht wurde der Gewerkschaft ein zusammengehen mit jenen Bestrebungen und Bewegungen der Stadt vor, die für einen kostenlosen Nahverkehr eintreten. II.Internationales / Somalia Tote bei Protest gegen Teuerung Milizen der islamischen Räte, Soldaten der US-gestützten äthiopischen Armee - und schiesswütige Polizei: Menschen, die in Somalia einfach nur leben wollen, stehen unter drei Feuern. Am vergangenen Montag hatte die Polizei das Feuer auf ungefähr 20.000 Menschen in Mogadischu eröffnet, die trotz der Kriegssituation (erst am Tag zuvor hatten rund 1.000 Menschen eines Stadtteils gegen einen US-Raketenangriff protestiert, dem neben einem "Terroristenführer" weitere 10 Anwohner zum opfer gefallen waren) gegen die rasante Teuerung protestiert hatten und gegen die - somalische aktuelle Spezialität - zunehmende Praxis der Händler, nur noch US-Dollars anzunehmen. Bei Nahrungsmittelpreisen die in dem krisengeschüttelten Land besonders explodiert sind: Mindestens um 110% im letzten Jahr. Ein unter komplizierten Bedingungen zustandegekommenes kurzes Telefoninterview mit Mohamad Fasil Ibar "Wir stehen unter drei Feuern" vom 7. Mai 2008. III.Internationales / USA / Gewerkschaften Vor dem Gewerkschaftstag: Offener Protestbrief von gewerkschaftsnahen Intellektuellen an die SEIU: "Kein Trusteeship" für die drittgrößte Gewerkschaftsgliederung Howard Zinn, Immanuel Wallerstein und Mike Davies gehören neben über 100 weiteren bekannten linken Intellektuellen zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs an SEIU-Präsidenten Andrew Stern ("Dear Andy") in dem gegen die Absicht des SEIU-Vorstandes protestiert wird, den kalifornischen Verband, mit 140.000 Mitgliedern der drittgrößte der SEIU, unter "Trusteeship" zu stellen. Dessen Sekretär Sal Roselli hatte sich als Kritiker der Neuorganisation der SEIU auf Kosten der Mitgliederdemokratie profiliert. In dem Brief wird an die schlechten Erfahrungen der Gewerkschaftsbewegung mit dem "trusteeship" (behördliche Aufsicht) erinnert, die selbst bei Entartungen innerhalb der Gewerkschaften niemals eine positive Wirkung gezeigt hätten und gefordert, eine demokratische Debatte zuzulassen. wir dokumentieren den Brief "An Open Letter of Concern To Andy Stern About United Healthcare Workers-West" vom 1. Mai 2008. IV.Internationales / Venezuela / Gewerkschaften Gewerkschaftsbewegung am Scheideweg? Der 1. Mai war der bisherige Höhepunkt: Eine Million Arbeiter demonstrierten mit dem revolutionären Gewerkschaftsverband UNT. Leider: Das war der 1. Mai 2005. Nachdem der UNT-Kongress 2006 sich nicht einmal auf ein Wahlverfahren einigen konnte kann man heute faktisch sagen, die UNT auf nationaler Basis ist inexistent, der Verband besteht aus regionalen Zusammenschlüssen. Vor einem Hintergrund, der von folgenden Tatsachen geprägt ist: Der gewerkschaftliche Organisationsgrad beträgt 20% - derjenigen, die formell beschäftigt sind, was knapp die Hälfte aller arbeitenden Menschen in Venezuela sind (mit anderen Worten beträgt der Organisationgrad etwa 10%); im Zuge der politischen Entwicklung - und ganz offensichtlich mit einer neuen Welle nach der Verstaatlichung von SIDOR (wo die Gewerkschaft ja ausnahmsweise auch die von zahllosen Subunternehmen Beschäftigten organisierte) - haben sich in einer enormen Reihe von Betrieben mehr oder weniger spontan gewerkschaftliche AktivistInnenkreise gebildet, deren Aktivität durch die neue Gesetzgebung geschützt ist; und die UNT in einem ziemlich fruchtlosen Strömungskampf befangen, kann auf diese Entwicklung kaum antworten, was andere Kräfte zu nutzen suchen. Höchste Zeit im ganz engen Sinne des Wortes, die UNT qua Reform wiederzubeleben meinen in dem Beitrag "Venezuela's Labor Movement at the Crossroads" Kiraz Janicke und Federico Fuentes, der am 29. April 2008 bei Venezuelaanalysis publiziert wurde. V.Internationales / Frankreich / Arbeit und Arbeitskämpfe Der Streik bei "Le Monde" "Beobachter sprechen von einem »historischen Streik«. Mitte April d.J. legten Journalisten und Verlagsmitarbeiter bei der Pariser Abendzeitung Le Monde erstmals ihre Arbeit nieder und verhinderten das Erscheinen der Ausgabe vom Dienstag, 15.April, die normalerweise am Montagnachmittag in den Pariser Kiosken und Briefkästen hätte sein müssen. Auch die Online-Ausgabe wurde erfolgreich bestreikt. Wenige Tage später konnte auch die Freitagsausgabe (vom 18. April), aufgrund eines erneuten 24stündigen Arbeitskampfs, am Donnerstag Nachmittag nicht erscheinen" - so beginnt der Artikel "Auf verlorenen Posten" von Bernard Schmid vom 8. Mai 2008 (Überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Artikels, der am 24. April - leicht gekürzt - in der Berliner Wochenzeitung ,Jungle World' erschien). VI.Internationales / Libanon Der entführte Generalstreik Es war zum Generalstreik aufgerufen - als Protest gegen die Teuerung und für die Erhöhung des Mindestlohns. Der Streik wurde zum Spielball der Auseinandersetzungen zwischen regierung und Opposition - so sehr, dass die vorbereitete Großdemonstration abgesagt werden musste. Global Voices Online bietet in der Zusammenstellung "Lebanon: Strike Gone Sour" vom 8. Mai 2008 einen Überblick über die sehr unterschiedlichen Reaktionen einer großen Zahl libanesischer Blogger. VII.Internationales / Brasilien Ein neues Bombengeschäft? "Die Umweltminister Deutschlands und Brasiliens, Sigmar Gabriel und Marina Silva, kündigten Ende April 2008 die Unterzeichnung eines deutsch-brasilianischen bilateralen Energieabkommens noch im Mai dieses Jahres, anläßlich des Besuchs von Bundeskanzlerin Merkel in Brasilien, an. Der Bundesumweltminister zeigte sich angetan von den brasilianischen Beteuerungen, "nur 1 Prozent der Ackerfläche" Brasiliens werde für Ethanolkraftstoffanbau genutzt, und "bestehende Kriterien" würden die "Nachhaltigkeit" brasilianischen Ethanols gewährleisten. "Von dem, was ich gehört habe, können wir am Import festhalten", sagte Gabriel, und ergänzte, man müsse den Brasilianern die "Chance geben, uns durch Zertifikate zu beweisen, dass es machbar ist". Soziale Bewegungen und Organisationen Brasiliens laufen gegen die Äußerungen der beiden Umweltminister und das geplante Abkommen Sturm" - so beginnt der Beitrag "Die Fortsetzung des deutsch-brasilianischen Bombengeschäfts mit anderen Mitteln" von Christian Russau vom Mai 2008 beim FDCL, in dem auch die Stellungnahmen von Organisationen wie der MST, der CUT und vielen anderen dokumentiert werden. VIII.Internationales / Uganda Kaffee-Vertreiber Da es keine solche Marke gibt, kennt kaum jemand Neumann-Kaffee. Der größte Rohkaffeehändler der Welt profitiert für seine Monokulturplantage in Uganda von der Vertreibung der AnwohnerInnen - und wie üblich, wird das ganze auch noch als Entwicklungsprojekt dargestellt. a) Mit der Pressemitteilung "COFFEE TO GO: FIAN protestiert beim Kaffeemulti Neumann wegen Vertreibung in Uganda" vom 8. Mai 2008 berichtet FIAN über eine Protestaktion in Hamburg und informiert über die Hintergründe. b) Hintergründe und Informationen zu ugandischem Kaffee auch beim Röster in dem Reisebericht: "Von Essen zur Kaffee-Ernte nach Kasese/Uganda" vom Oktober 2007. IX.Internationales / Südkorea / Repression gegen GewerkschafterInnen Aktuelle Auseinandersetzungen und Herausforderungen für die Gewerkschaften Von der Anti-Gewerkschaftsoffensive der Allianz in Südkorea über neue Angriffe auf die Migrantengewerkschaft MTU bis zur Dokumentation der antigewerkschaftlichen Strategie des Arbeitsministeriums - der "Korean Confederation of Trade Unions (KCTU) - Monthly Newsletter" Ausgabe Nummer 2 vom April 2008 bietet einen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge der Gewerkschaftsbewegung im Lande. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |