Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 26.
Mai 2004: eine umfangreiche
aber notwendige Aufarbeitung rund um Arbeitsmarkt und Sozialpolitik
I. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis
der Sozialpolitik
a) "Zusammenführung"
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV)
- „Allein machen sie dich ein“. Alleinerziehende
und Arbeitslosengeld II. Artikel
von Herbert Masslau auf seiner Hoempage
- Arbeitslosen-Slums durch Hartz IV? Brief an Clement:
Mietervereine fordern Schutz für arbeitslose BewohnerInnen: „Mieterforum
Ruhr hat in einem Offenen Brief Wirtschaftsminister Clement aufgefordert,
die Arbeitsmarkt-Reform umgehend nachzubessern. Durch Verordnungen müsse
die Verdrängung arbeitsloser MieterInnen aus ihren Wohnungen verhindert
werden. Wegen der massiven Folgen für die Wohnsicherheit und die
Soziale Stadt sei die Umsetzung von Hartz IV ansonsten nicht zu verantworten….“
Pressemitteilung
Mieterforum Ruhr vom 13.5.04
- Hinweis eines Lesers: „Mit Einführung
von Hartz IV entfällt ja auch die Rundfunkgebührenbefreiung.
Sie ist dann in den 345 Euro enthalten. Ich kann mein Geld nur einmal
ausgeben. Was geschieht wenn ich Renovieren muss oder meine Waschmaschine,
oder, oder, oder, ist defekt, ist das Geld schon einmal weg, kann ich
keine Rundfunkgebühren bezahlen. Und so wie es mir ergeht wird
es wohl vielen Menschen ergehen. Und wenn viele ihre Rundfunkgebühren
nicht mehr bezahlen können, wird sich die GEZ mit ihrer Mahnabteilung
nicht mehr langweilen.“
- Das erste offizielle
ALG II Antragsformular
bei Tacheles (von leider schlechter Qualität)
- Zitat zum Thema
„Wertschöpfung
Nach Meinung namhafter deutscher Politiker sollen Arbeitslose nicht
länger
der Allgemeinheit auf der Tasche liegen und von der Wertschöpfung
anderer leben. Das dürfen nach wie vor nur Aktionäre, Rentiers,
Immobilienbesitzer,
Makler, Gesellschafter und Unternehmer.“
(Entnommen aus: Der Deutsche Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 4/04)
b) Gesetzliche
Grundlagen der Lohnersatzleistungen
- Initiative zur Förderung unabhängiger Sozialberatung
im Zuge der Einführung der Sozialgesetzbücher II und XII:
„Ziel der Initiative: Die öffentliche Debatte um die Einführung
der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) konzentriert
sich derzeit auf die Zuständigkeiten und die Finanzie-rung der
Leistung. Damit werden die z.T. erheblichen Mängel des in den Sozialge-setzbüchern
II und XII geregelten neuen Leistungsrechts völlig in den Hintergrund
gedrängt. Mit diesem Beitrag will Tacheles e.V. den Fokus zurück
auf die notwendigen Nachbesserungen und auf den Erhalt von sozialen
und rechtsstaatlichen Mindeststandards im System der sozialen Sicherung
lenken…“ Initiative
von und bei Tacheles e.V.
- ABM-Kräfte haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld
mehr. Wer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) arbeitet,
zahlt seit 1. Januar keine Beiträge mehr zur Arbeitslosenversicherung.
Das bedeutet allerdings auch, dass nach dem Auslaufen der Maßnahme
kein Anspruch auf die Zahlung von Arbeitslosengeld besteht – so
ein Hinweis der ddp-Meldung
vom 11. Mai 2004
- Jeder 6. Antrag auf Arbeitslosenhilfe wurde in Sachsen
abgelehnt. Insgesamt 36.322 Anträge auf Arbeitslosenhilfe wurden
in Sachsen im Jahr 2003 abgelehnt. Das war jeder 6. gestellte Antrag
oder 15,8 %. Die Betroffenen erhielten danach kein Geld mehr von den
Arbeitsämtern. DGB-Sachsen-Pressemitteilung
22/04 vom 11. Mai 2004
c) Arbeitsamt und Arbeitszwang / Bundesanstalt
für Arbeit - Agentur wofür?
- „Aus Amt wird Agentur“ oder „Arbeitsmarktreform
konkret“ in Dresden. Ein Bericht
von "Wenzel Ruckstein"
zur aktuellen Lage im Mai 2004 nach Unterlagen der Agentur für
Arbeit Dresden und nach Aufzeichnungen eines Gastes der öffentlichen
Sitzung des ArbeitslosenRates Dresden (A.R.D.) am 19.5.2004
- Aufbau von Jobcentern. Grundsatzvereinbarung
des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Deutschen Städtetages
mit der Bundesagentur für Arbeit für die Vorbereitungen der
Agenturen für Arbeit und der kommunalen Träger zur Errichtung
von Arbeitsgemeinschaften nach § 44 b SGB II. DStGB Themendienst
4 vom Mai 2004
- Zitat zum Thema:
„Virtueller Arbeitsmarkt
Sehr geehrter Arbeitsloser,
Sie sind der 1.346875. Besucher unseres neuen virtuellen Arbeitsmarktes.
Wir
weisen Sie darauf hin, dass nach erfolgreicher Vermittlung und dem Verlassen
der
Homepage Ihre Daten aus unserer Arbeitslosenstatistik unwiderruflich
gelöscht
werden. Sämtliche Leistungen an Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe
sind für
Sie damit erloschen.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse und die von Ihnen bekundete
Aufgeschlossenheit
an unserer neuen Vermittlungstechnik und weisen Sie abschließend
darauf
hin, dass alle unsere Vermittlungsangebote im Netz selbstverständlich
nur virtuellen
Charakter haben. Ihr Arbeitsamt.“
(Entnommen aus: Der Deutsche Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 4/04)
d) Arbeitsamt und Arbeitszwang / Alltägliche
Schikanen
- Schluß mit lustig - Arbeitsämter sperren
Internet-Zugang.
„Sachsen billigste Internet-Cafes gibt's nicht mehr! Bislang
nutzten täglich hunderte Arbeitslose das Angebot der Agentur für
Arbeit, kostenlos an Rechnern im Netz zu surfen. Vorbei! Wegen wiederholten
Missbrauchs sperrte die Behörde jetzt landesweit den Online-Zugang.
Einkaufen, Spielen, Chatten - Weil Arbeitslose immer wieder auf falschen
Internetseiten erwischt wurden, sperrte die Arbeitsagentur jetzt die
Onlinezugänge an hunderten Rechnern. Betroffen sind alle Arbeitsämter
in Sachsen. Große wie kleine Filialen. Griseldis Hamann (45) von
der Dresdner Arbeitsagentur erklärt: "Immer wieder kam es
vor, dass der Internetzugang benutzt wurde, Pizza zu bestellen, Einkäufe
in Versandhäusern zu erledigen, bei ebay zu zocken und private
e-Mail-Postfächer abzurufen." …“ Entnommen
aus dem Artikel von Ronny Klein in der Morgenpost am Sonntag, Ausgabe
Sachsen vom 25.04.2004
- Zitat zum Thema:
„Arbeitsamtbescheid
Sehr geehrter B 46891 53765 12684,
in Ihrer Angelegenheit teilen wir Ihnen mit, dass Sie vom örtlichen
Arbeitsamt
nunmehr erfolgreich in der Stärke I bis IV allseitig geharzt sind.
Ihre gegenwärtige
Zumutbarkeit für unseren Reformstaat beträgt nach dem heutigen
Wechselkurs
nur noch 2,376 Zähler auf dem ZAX (Zumutbarkeitsindex).
In diesem Zusammenhang fordern wir Sie auf, Ihr Arbeitslosengeld VIII
in Höhe
von 174,60 Euro pünktlich zweiwöchentlich auf eines unserer
Konten zu überweisen.
Bitte finden Sie sich außerdem zu Ihrer abschließenden Zusammenlegung
in
den nächsten Tagen in unserem Service-Point ein.
Außerdem weisen wir Sie heute letztmalig darauf hin, Ihre „individuelle
Öffnungsklausel“
ständig gut sichtbar in der Öffentlichkeit zu tragen. Wie
Sie wissen,
handelt es sich dabei um eine offizielle Legitimation, die Leiharbeitsfirmen
und
PSA’s gestattet, Sie umgehend von der Straße weg zu vermitteln.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Arbeitsamt“
(Entnommen aus: Der Deutsche Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 4/04)
e) Trainingsmaßnahmen
und andere Umschulungen
Förderung für Söldner. Bundesagentur für
Arbeit finanziert Ausbildung deutscher Personenschützer für
den Krieg gegen den Irak
„Die drittgrößte Besatzungsarmee im Irak hinter den US-Amerikanern
und den Briten besteht aus etwa 20 000 Söldnern privater Sicherheitsdienste.
Die größten Kontingente dieser Privatarmee kommen aus den USA
und aus Großbritannien. Gut zwei Drittel der Söldner stellt
die US-Firma Blackwater, die vorzugsweise ehemalige Marines in den Irak
schickt. Aber auch die Deutschen sind mit von der Partie…“
Artikel
von Till Meyer in junge Welt vom 05.05.2004
f) Das
Märchen von den Lohnnebenkosten
g) Niedriglohn
- Niedriglöhne. In ihrer Antwort auf eine Anfrage
der CDU/CSU „Wandel der Arbeitswelt und Modernisierung des Arbeitsrechts“
gibt die Bundesregierung Auskunft über die Verbreitung von Niedriglöhnen
und den Stand der Perforation des so genannten Normalarbeitsverhältnisses.
Antwort
vom 13. Mai 2004
auf der Bundestagssite
- Das Fundstück der Woche unter „Niedriglohn“:
“Danke ver.di” - Text eines Plakates, gesehen und abgeschrieben
in Kreuzberg als Grafik
h) Mindestlohn
Schaden Mindestlöhne? Artikel
von Johannes Burczyk, erschienen in Berlin von unten Nr. 7 vom Mai
2004
i) neue
und alte Armut (trotz Arbeit)
"Voll berufstätig und dennoch arm"
"Volkswirt ermittelt zwei Millionen Erwerbstätige in Deutschland
unter der Armutsgrenze" - Ein Artikel
von Gabi Henkel in der "Allgemeinen Zeitung" (AZ Mainz) vom
21.04.2004
mit folgender Einleitung: "Wenn es um Armut in Deutschland geht,
denken die meisten Menschen, dass Arbeitslose, Alleinerziehende und Rentner
davon betroffen sind. Wie jedoch der an der Frankfurter Uni tätige
Volkswirt Wolfgang Strengmann-Kuhn herausfand, leben in Deutschland zwei
Millionen Erwerbstätige unter der Armutsgrenze".
j) "Agenda
2010"
II. Diskussion: (Lohn)Arbeit / sozialpolitische
Aktionen
a) Aktionen
2004
- ver.di gestaltet Sozialkahlschlag mit, statt Widerstand
zu organisieren!
Aus dem Rundbrief des Anti-Hartz-Buendnis NRW vom 21.5.: „Am
Mittwoch, den 26.Mai, ab 10 Uhr macht ver.di in Düsseldorf (Karlstrasse,
ganz in der Nähe vom Hauptbahnhof) eine Veranstaltung: "Gestaltung
von JobCentern und Umsetzung von ALG II". Statt also den Widerstand
gegen die Streichung der Arbeitslosenhilfe zu organisieren, statt sich
einzusetzen, die Arbeitslosenhilfe zu erhalten, wirkt ver.di aktiv mit
bei der Umsetzung der Hartz-Pläne! (…) Der Geist der Veranstaltung
geht deutlich aus der Ankündigung hervor, wo die verharmlosenden
offiziellen Sprachregelungen voll übernommen werden (…) Was
ist das für eine Gewerkschaft, die solche Sprache so voll übernimmt?
Was ist das für eine Gewerkschaft, die sich am Sozialkahlschlag
aktiv beteiligt, statt die Arbeitslosenhilfe und die sozialen Errungenschaften
zu verteidigen!“
Anti-Hartz-Buendnis NRW ruft zu Protesten auf! Die Veranstaltung findet
statt am Mittwoch, den 26. Mai 2004, von 10 bis 16 Uhr im ver.di-Haus,
Karlstr.123 - 127, Düsseldorf. Das ist ganz in der Nähe vom
Düsseldorfer Hauptbahnhof. Einzelheiten
zur Veranstaltung bei ver.di
Wir schließen uns der Aufforderung an ver.di (und andere Gewerkschaften)
an, umgehend Veranstaltungen und Seminare zum Thema: "Widerstand
gegen Sozialkahlschlag" und "Hartz-Gesetze zurücknehmen!"
zu organisieren.
- "Beteiligen Sie sich an der Verfassungsklage".
"`Deutschland bewegt sich` ist das Schlagwort des Kanzlers zur
Agenda 2010. Zeigen wir dem Kanzler, dass er recht hat, so recht, dass
ihm von der Bewegung übel wird. Gehen wir vor das Bundesverfassungsgericht."
Initiative
von Gert Flegelskamp
Bei nicht zu verhehlender Skepsis über diese juristische
Form des Protestes, soll die Entscheidung, wie bei uns immer, der einzelnen
Leserin überlassen bleiben…
c) Berichte
von Aktionen gegen Sozialraub im Jahre 2004
- Neues im Osten - im Westen nicht. Die diesjährige
Mairede des DGB-Regionalsekretärs Charly Braun in Verden/Aller
hat sich von allen sonstigen Maireden des DGB dadurch unterschieden,
daß sie in den Tagen danach einen Sturm der Empörung von
CDU bis zu Unternehmer-verbänden ausgelöst hat. Hintergrund
ist, daß Charly Braun einen Text von Werner Lutz zitiert hat,
der im Eulenspiegel, Ausgabe 5/04 abgedruckt ist und das Thema "Osterweiterung"
satirisch beleuchtet… Zum Hintergrund siehe die
Darstellung des Falls samt Originaltext von Werner Lutz
- „Sonderling schlug Bundeskanzler aus Verärgerung
über Regierungspolitik“ - … sind wir nicht alle etwas
sonderlich?
„Grund für die schallende Ohrfeige, die der arbeitslose
Gymnasiallehrer Jens Ammoser dem Kanzler während eines Empfangs
für neue Parteimitglieder in Mannheim verpasste, ist offenbar Unzufriedenheit
mit der Regierungspolitik Gerhard Schröders. Ammoser, der aus Berlin
stammt und heute in Geiersnest bei Freiburg lebt, wirft Bundeskanzler
Schröder vor, Versprechen gebrochen zu haben. "Meine Tat ist
unanständig, basta, aber nicht ungerecht." Der 52-Jährige
hatte in Berlin Deutsch und Mathematik studiert, fand aber nie eine
entsprechende Stelle. Stattdessen schlug er sich mit Jobs und Umschulungen
durch…“ Artikel
in Der Spiegel vom 22. Mai 2004.
Übrigens, die Gerichtsverhandlung gegen den Kanzler-Ohrfeiger findet
diesen Freitag statt – geht jemand hin?
d) Debatte
über Protestformen (und weiteres Vorgehen)
Stellungnahme des Vorbereitungskreises der Aktionskonferenz
in Frankfurt/Main. Protokoll
von der Sitzung vom 24. April 2004
III. In eigener Sache
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils
aient ou non un emploi
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