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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Weitere Schneisen schlagen für eine marktkonforme Demokratie: Mit dem Fiskalpakt zum Scheitern von Europa?

Einleitende Bemerkung:

Das Makro-Konsortium von IMK u.a. hat mit der Bezeichnung für den Fiskalpakt, dass er "eine Belastung für den Euro-Raum" darstelle, schon die ökonomisch katastrophale Entwicklung vorgezeichnet, ich dagegen halte es - darüber hinaus gehend - für ökonomisch nicht nur vertretbar, sondern sogar erforderlich - auch mit den Prognosen des IMK/WIFO/OFCE-Reports (S. 17 bis 27) -, mit Gerhard Illing es deutlicher zu formulieren: "Der Fiskalpakt birgt das ökonomische Scheitern des gesamten europäischen Projektes in sich" (vgl. den entsprechenden Abschnitt weiter unten)?

Bei der Gesamtbetrachtung kommt es mir jedoch nicht allein auf dieses ökonomische Scheitern an, sondern ebenso auf das gesellschaftliche soziale "Fundament" für diese Entwicklung in diesem Deutschland mit seinem "Export/Überschuss-Lohndumping-Modell - eine enorme "soziale Spaltung" der Gesellschaft ausgehend von Deutschland.

Weitere Schneisen schlagen für eine "marktkonforme Demokratie"

Wie war das doch noch mit der "marktkonformen Demokratie" der deutschen Kanzlerin Merkel? Sie fand es einfach an der (neoliberalen) Zeit, die Parlaments-Rechte "marktkonform" umzugestalten - oh, nein nicht auszuhebeln, so häßlich spricht unsere Kanzlerin nicht! www.nachdenkseiten.de/?p=10611 externer Link Wer es noch nicht gehört hat, kann es hier nachhören www.youtube.com/watch?v=n8WDLLira90 externer Link

Dabei wurde es wieder - wie schon bei ihrem "Alternativlos" - kaum beachtet, dass die "marktkonforme Demokratie" 2011 auch zum Unwort des Jahres, wenn auch erst an dritter Stelle, ernannt wurde. www.spd.de/profil/4173/blog/merkels-unwort-des-jahres-die-marktkonforme-demokratie-der-kanzlerin externer Link

Zum einen das Abdriften in die ökonomische Trostlosigkeit...

Ach, so ist es zur Zeit eigentlich nur noch ein masochistischer "Spaß", wenn man in die Medien blickt. Das fängt jetzt an mit der Feststellung, dass der Fiskalpakt genannte "Oktroi" für Europa ökonomisch den Euro-Raum belastet, wie das IMK zusammen mit dem französischen OFCE und dem österreichischen WIFO gerade festgestellt hatte www.boeckler.de/pdf//p_imk_report_71_2012.pdf externer Link pdf-Datei

Der Ausblick für die Eurozone wirkt im einzelnen eher ernüchternd für Europa, wenn nicht gar vernichtend (siehe in diesem Report vor allem die Seiten 17 bis 27): "Eine synchrone Sparpolitik entsprechend dem EU-Fiskalpakt wird die Kluft innerhalb des Euroraumes zwischen den Mitgliedsländern in Südeuropa und Deutschland sowie den übrigen Euroländern in Mittel- und Nordeuropa vertiefen." Die Folge wird sein: "Die Hauptursache der Eurokrise wird so nicht überwunden, sondern verschärft." (S. 20)

Und als Resultat dieser Sparpolitik a la Brüning wird dummerweise das Gegenteil von dem eintreten, was diese Fiskalpakt-Politik vorgibt zu tun: "Fünf Jahre praktizierte Sparpolitik wird die Staatsschuldenquote nicht senken - was nur auf den fundamantalen Konstruktionsfehler des Schuldenkriteriums im Fiskalpakt hinweist: Das Gesamtdefizit lässt den Schuldenstand weiter steigen und erzwingt (Schuldenkriterium!) eine Fortsetzung des Sparkurses." (S. 21)

Das wird auch die sozusagen "als Fettauge in der Eurozone immer obenschwimmende" deutsche Wirtschaft nicht unbeeinträchtigt lassen: "Es wird zu einer hartnäckigen Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft kommen." (S. 24)

Bei der auch möglichen ökonomischen Alternativ-Strategie mit einer Zinsstabilisierung durch Eurobonds steigt dagegen - bei viel besseren Wachstumschancen - die Staatsverschuldung nicht stärker als im Fiskalpakt-Szenario (S. 20 - und vor allem S.25 f.!)

So steht man also wieder erstaunt vor dieser Merkel`schen "Alternativlosigkeit" - und reibt sich verwundert die Augen, wie 25 Staatschefs diesem "schlichten Konzept" der "schwäbischen Hausfrau" folgen können, ohne an diese Folgen - jetzt einmal ganz pragmatisch - kalkulierend zu denken.

Und wieder sehen wir, dass ökonomischer Erfolg eben nicht mit dem neoliberalen Dogma einer "Spaltung" der Gesellschaft als Voraussetzung verbunden ist - nein, Schweden spielt mit einer wesentlich ausgeglicheneren "Gleichheits-Bilanz" ökonomisch - wie die drei Institute festhalten - in der gleichen Liga wie Deutschland - aber ohne diese gesellschaftszerstörenden sozialen Kosten der "Spaltung". Vielleicht sollte sich die deutsche SPD einmal "nach Norden" orientieren.

Hier wird gezeigt, dass ein ökonomischer Erfolg gerade - und gesellschaftlich viel stabiler - ohne diese gefährlich soziale Spaltung der Gesellschaft wie in Deutschland auskommen kann.

Aber jetzt muss es als nahezu ausgeschlossen gelten, dass die 25 Regierungschefs die Folgen dieses Fiskalpaktes verstanden haben. Wäre er schon 2009 in Kraft gewesen, Konjunkturpakete, Kurzarbeit, Bankenrettung - wie in Deutschland in dieser erfolgreichen Ausnahmesituation gehandhabt -, all das wäre nicht erlaubt gewesen.

Aber die Logik der Eurokrise wird wohl nicht nur von den "Staatenlenkern" nicht verstanden, denn sonst könnte nicht immer wieder die Frage gestellt werden, was an Merkels Politik zur Bewältigung der Eurokrise denn so falsch sei? www.nachdenkseiten.de/?p=12760 externer Link

Es ist eben einfach so - wie Wolfgang Lieb es klarmacht -, dass rein nach logischem Denken es unmöglich ist, dass Deutschland sich mit seinem Exportüberschuss/Lohndumping-Modell dauerhaft seine Gläubiger-Position gegenüber den Schuldner-Ländern wird aufrechterhalten können, wenn es den Schuldnern auch in Zukunft nie erlauben will, auch einmal wieder Einnahmen zu erzielen. So kann die deutsche Rechnung eben nie aufgehen - außer am Ende doch durch einen "Verzicht", - denn wo nichts ist, da hat selbst der Teufel sein Recht verloren .

Dabei wurde gleichzeitig noch darauf aufmerksam gemacht, dass es für die weitere Entwicklung gleichzeitig auch auf die "politische Dynamik" in den einzelnen verschiedenen Ländern des Euro-Raumes ankomme (wie z.B. wenn wie in Italien der Kündigungsschutz gelockert werde (Stephan Schulmeister) www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=2779 externer Link - und vgl. weiter zu Schulmeister "The economic consequences of the fiscal pact" www.nachdenkseiten.de/?p=12766#h03 externer Link

Und auch all diese "politische Dynamik" geschieht immer wieder für ein "unterstelltes" Interesse der Finanzmärkte an einer strikten Austeritätspolitik mit dem Motto "Sparen, sparen - über alles! ", aus deren Fängen die Politik sich partout nicht lösen will.

... und zum anderen wird die Demokratie abgeschafft.

- Nein, dieser Fiskalpakt entmachtet neben dem Bundestag einfach alle nationalen Parlamente der Eurozone - und was das schlimmste ist,"für alle Ewigkeit" werden die Parlamente in ihrem "ureigensten Rechte" - dem Budget-Recht - fundamental eingeschränkt bleiben. www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,824458,00.html externer Link oder noch http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1294969 externer Link

Dies kitzelte die Linke im Bundestag doch noch aus dem Finanzministerium heraus - und konnte gar nicht glauben, dass dies mit dem Grundgesetz vereinbar sein sollte.

Jedenfalls konnte ihr Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi in seiner Rede zum Fiskalpakt im Bundestag einen "Leuchtturm" an verfassungs-rechtlichem Grundlagen liefern. Hatte nicht noch die Kanzlerin selbst in ihrem so unsäglichen Diktum zur "marktkonformen Demokratie" salbadert, dass das Budgetrecht eine der Grundlagen für das Parlament ist Nun sollte es eben doch auf Biegen und Brechen marktkonform gemacht werden. Nur wenn wir in Europa weiterkommen wollen und seine Strukturen "vertiefen" wollen, dann bitte doch nicht so - das stellte Gysi klar, und will das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort sprechen lassen.
http://www.youtube.com/watch?v=iuRvp0ctvek&%3Blist=UUF2SPLBq18sL88yZw9m-GZQ&%3Bindex=4&%3Bfeature=plcp externer Link

Und so konnte er in der ansonsten ziemlich spannungslosen Debatte des Bundestages einen Höhepunkt setzen. (vgl. auch Albrecht Müller www.nachdenkseiten.de/?p=12733 externer Link)

Dabei hatte sich nicht nur das Bundesfinanzministerium und die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu dieser Klarstellung durchringen müssen, sondern auch der SPD-Vorsitzende von Bremen hatte mit dem Verfassungsrechtler A. Fisahn dies festgehalten. www.nachdenkseiten.de/?p=12705#h01 externer Link oder http://forum-dl21.de/meldung.php?meldung=348&page externer Link oder das Gutachten
http://forum-dl21.de/service/BovenschulteFisahn-FiskalpaktentmachtetBundestag1.pdf externer Link pdf-Datei

Und unseren biederen Oppositionsparteien, der SPD und den Grünen, scheint das ansonsten überhaupt nicht aufgefallen zu sein! Ja, sie wollten doch schon unter der Bedingung eines europäischen Investitionsprogrammes und einer Finanztransaktionssteuer zustimmen - auch wenn ihre Zustimmung nicht so "unbedingt" von diesen in dieser politischen Konstellation von Schwarz-Gelb kaum zu erfüllenden Voraussetzungen abhängig sein dürfte (vgl. Jens Berger, "Finanzpolitische Nagelprobe für SPD und Grüne" www.nachdenkseiten.de/?p=12701 externer Link)

Und diese Nagelprobe ging natürlich zu Ungunsten von SPD und Grünen aus. Eine Finanztransaktionssteuer wird es - das machte diese Bundestagsdebatte klar - gar nicht geben.

So wurde wieder einmal in der EU das "Hornberger Schießen" geübt (= großer Aufwand aufgeboten, ohne eine Wirkung zu erzielen), so dass selbst die ganz kleine Lösung mit dem Börsensteuer genannten Rumpflösung für eine Finanztransaktionssteuer in die Binsen ging.

Und das Ergebnis bleibt somit trotz allen Klamauks: Europa schont weiter die Spekulanten
www.fr-online.de/wirtschaft/kommentar-zur-finanzsteuer-europa-verschont-spekulanten,1472780,14580394.html externer Link

Diese Scheinpolitik mit einer - gelegentlich auch radikal klingenden - Rhetorik, jedoch immer ohne ein konkretes Ergebnis - hatte Jens Berger auch in seinen Buche "Stresstest Deutschland" in den Kapiteln 1 bis 3 so plastisch geschildert.

So hat uns aber Rot-Grün" bisher vollkommen vorenthalten, dass ihre Zustimmung doch auch mit einen weiteren Schritt hin zur "marktkonformen Demokratie" verbunden sein sollte .

Und was wird das Bundesverfassungsgericht angesichts der jetzt bevorstehenden Verfassungsklage der Linken machen - wieder wie schon bisher meist, im neoliberalen Sinne ein wenig weiter die demokratische Verfassung aushölen - ganz im Sinne der bisher so neoliberal gestrickten "Europäischen Verfassung"? - Oder sollte wir nicht doch besser - wie Gysi meint -,durch einen Volksentscheid in Europa doch zu einer gesamteuropäischen Verfassung finden: die "Vereinigten Staaten von Europa" müssen kommen - statt diesem neoliberalen "marktkonformen" Rumgemurkse. Schon früher hatte der Verfassungsrichter Peter Michael Huber darauf aufmerksam gemacht, das solch eine "Europäische Wirtschaftsregierung" eben nicht ohne eine Änderung der Verfassung - mit einer Volksabstimmung - möglich ist. (vgl. "Alternativlos vor dem Auseinanderbrechen..." www.labournet.de/diskussion/eu/europol_bahl.html - dort insbesondere auf der Seite 2 ganz unten und Seite 3 oben)

Es bleibt also dabei, was ich schon dort angeregt hatte: "Alle linken Kräfte sollten sich schon einmal darauf vorbereiten für eine solche Kampagne zu einem neuem Grundgesetz sich einzusetzen, in dem dann auch der "soziale Auftrag" für Europa klar verankert ist. Das erst wäre das klare Signal für ein gemeinsames und solidarisches Europa - weg von dieser sklerotischen neoliberalen EU-"Verfassung" - weg von dieser neoliberalen Missgeburt!"

Dieser Fiskalpakt birgt das ökonomische Scheitern des gesamten europäischen Projektes in sich

Der gestandene Vokswirtschaftler aus München, Gerhard Illing, erklärt uns dazu: "Es hat sich als Illusion erwiesen, darauf zu vertrauen, dass in einem einheitlich Währungsraum" (- dieser "Absturz" von den Delors-Berichten 1988/89 zu dem wohl auch schon neoliberal-inspirierten "Sündenfall" von Maastricht 1992, den leider Delors dann wieder mitgetragen hatte (vgl. zunächst auch hier den letzten Abschnitt - sowie dann auch die Seite 2 - vor allem ab der Mitte – bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi3.html) - "eine minimale fiskalische Koordination auf zwischenstaatlicher Ebene ausreicht. Um Vertrauen wieder zu gewinnen, ist eine grundlegende Reform der Governancestruktur in Europa notwendig. Die EZB braucht einen zentralen fiskalischen Gegenpart mit Steuerbefugnissen, der Regeln durchsetzen und Verstöße wirksam sanktionieren kann." (das hatte ja die EU bis zur Krise - trotz des Wissens um die Manipulationen in Griechenland - sträflich vernachlässigt)

Und Illing fährt mit dem Blick auf den jetzigen Fiskalpakt fort: "Der neue Fiskalpakt greift hier viel zu kurz; er droht sogar die Probleme zu verschärfen" (eben weiter "finanzmarktgetrieben" von Gipfel zu Gipfel - und von Aufstockung zu Aufstockung - auch wenn sie langsam nur scheinbar geschieht www.sueddeutsche.de/wirtschaft/euro-finanzminister-trickser-am-rettungsschirm-1.1322953 externer Link)

Und er verschärft die Probleme, "indem er die EZB dazu zwingt, mit massiver Stützung des Bankensystems die drohende Abwärtsspirale aufzuhalten."

"Wird die Atempause - die diese Geldpolitik der EZB der Politik derzeit noch gewährt - nicht für eine konsequente Reform in Richtung einer Fiskalunion genutzt, droht das Scheitern des gesamten europäischen Projektes." - soweit der Volkswirtschaftsprofessor Illing aus München. http://library.fes.de/pdf-files/wiso/08978.pdf externer Link pdf-Datei

Und Guy Verhofstadt hatte der Bundesregierung - entsprechend den Vorschlägen des Sachverständigenrates für Wirtschaft - vielleicht als einen Zwischenschrit für eine Fiskalunion - vorgeschlagen schon einmal einen "Schuldentilgungsfonds" für die europäischen Staatsschulden einzurichten, um diese doch einmal aus diesem "Zwangskorsett" der Finanzmärkte zu lösen. (vgl. dazu hier den letzten Abschnitt - sowie weiter "... und von Gipfel zu Gipfel muss weiter aufgestockt werden" - den Abschnitt: "Endlich Schluss mit dem Aufstocken: Ein Schuldentilgungsfonds"
www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl28.html)

Und Guy Verhofstadt meint wohl, dass bei einer Haftung von Deutschland für die ganzen Rettungschirme die Summe von "atemberaubenden 309 Milliarden Euro", die für Deutschland so zusammenkommen, - zumindest jetzt! - doch langsam ein Ende der Fahnenstange erreicht sein müsste, so kann man das beim Finanzminister Schäuble noch nicht feststellen, dass im das "den Atem raubt", wenn er so gemütlich anfängt, die ganzen Belastungen der so waghalsigen Rettungsschirmpolitik "en detail" aufzuzählen . www.nachdenkseiten.de/?p=12743#h03 externer Link

An dieser Stelle lohnt es sich einmal in aller Kürze die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages,sich genau anzusehen, der den Fiskalpakt in seiner vorgesehenen Wirkweise genauer beschreibt, um sich noch einmal die gewaltigen politischen Dimensionen dieses sog. Fiskalpaktes - wieder am Volk von Europa vorbei - zu vergegenwärtigen - und dies auf ewig, ohne eine Möglichkeit der einzelnen Staaten wieder einmal "auszusteigen. www.bundestag.de/dokumente/analysen/2012/Fiskalvertrag.pdf externer Link pdf-Datei

Es ist dem Wissenschaftler Wolfram Elsner zu danken, dass er angesichts dieser Entwicklung doch noch die angemessenen deutlichen Worte fand: "Der neoliberale Kapitalismus versus Demokratie" und damit auch die nach Orwell`schem Newspeek klingende "marktkonforme Demokratie" auf ihren wahren Kern entkleidete www.labournet.de/diskussion/eu/elsner1.pdf pdf-Datei sowie www.labournet.de/diskussion/eu/elsner2.pdf pdf-Datei

Kein Wunder also, wenn jetzt der Vorschlag kommt aus diesem ganzen bisherigen Projekt Europa in seiner ganzen "Verkorkstheit" auszusteigen - und einfach die "EU neugründen" www.nachdenkseiten.de/?p=12692#h13 externer Link - denn wer betreibt hier eigentlich einen Systemwechsel? - wie Wolfgang Lieb so nachdenklich anklagt. www.nachdenkseiten.de/?p=12050 externer Link

... und eine politische "Gegenbewegung": doch einen Schuldenausgleich innerhalb Deutschlands?

Während also die Bundesregierung noch weiter eifrig damit beschäftigt ist, diese Schneisen für die "marktkonforme Demokratie" weiter zu schlagen mit einer weitgehend reichlich willfährigen Opposition, kommen doch einige - natürlich besonders verschuldete - Bundesländer in Deutschland auf die Idee, ihre Anleihen zusammen mit dem Bund aufzunehmen. www.sueddeutsche.de/wirtschaft/neuer-vorstoss-im-kampf-gegen-verschuldung-bundeslaender-fordern-deutschland-anleihen-1.1321072 externer Link - einfach um ihren Schuldendienst vor den Finanzmärkten zu verbilligen.

Nur just das will ja diese Bundesregierung nicht, um nicht von der "disziplinierenden Wirkung" der Finanzmärkte auf die Staatsschulden zu lassen.

In typisch neoliberale K(r)ampfstellung gerät darob ein wütender Kommentator der SZ (Jakobs) "Deutschland-Anleihen wären gefährlich" www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gefaehrliche-deutschland-bonds-hamburg-drueckt-sich-vor-hausaufgaben-1.1321083 externer Link

Es könnte also wieder um diese "Schmuddelbonds" (Spiegel: "Spiel nicht mit den Schmuddelbonds") gehen - die "andere" auch für Europa für die angemessenste, europäischte Lösung hielten (wie z.B. in seiner Mehrheit das Europa-Parlament!).

Deutschland-Anleihen - ein Vorbild für Europa? - Herauslösen aus der "babylonischen Gefangenschaft" der "Finanzmarktkonformität" -

Dieser Vorstoß, der ja mit dem Bürgermeister der Stadt Hamburg, Olaf Scholz (SPD), keinen politisch Unbedarften zum Wortführer hat, zielt nun aber auf den Kern dieses finanzmarktgetriebenen Staatsschuldendienstes - und wirft die Frage auf, ob dieses Verhältnis durch eine "Vergemeinschaftung" der Schulden nicht endlich aus dieser bisher so "heißgeliebten" Vorgabe der Bundesregierung, alles die Finanzmärkte richten zu lassen, herausgelöst werden könnte? (vgl. zu dieser "Finanzmarkt"verliebtheit" noch einmal die Analyse zum Auftritt der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Davos vor dem berüchtigten EU-Gipfel am 30.Januar, wo dann der Fiskalpakt festgeklopft wurde www.labournet.de/diskussion/wipo/seattle/davos12_bahl.html)

Damit wird "urplötzlich" doch die Frage aufgeworfen, ob Demokratie auch ohne diese "Marktkonformität" auszukommen in der Lage ist? Ja, auf Grund der immer brisanter werdenden sozialen Problemlage (vgl. zunächst noch einmal die Oxfam-Studie in dem vorhergehenden Link! (S. 3 - untere Hälfte) ) - und das nicht nur in Griechenland - auskommen muss?

Aber haben wir in Deutschland damit etwas zu tun? Ist nicht die Krise an Deutschland weitgehend vorbeigegangen? Werfen wir doch einmal mit ganz aktuellen Analysen ein Blick auf die deutsche Szene zwischen "Arm und Reich" Könnte es also sein, dass diese Bundesländer und Stadtstaaten - wie eben Hamburg - nur für die politische Gestaltungsnotwendigkeit wesentlich näher an den sozialen Brennpunkten sind, als das der Bundesebene möglich scheint, die dies einfach zu ignorieren in der Lage zu sein scheint ?

"Arm und Reich in Deutschland" - Eine rasant zunehmende Spaltung der Gesellschaft als das Ergebnis der Politik der letzten 10 Jahre -

Wenden wir also den Blick weg von dieser so wahnsinnig verkürzten Sicht allein auf die Schuldenproblematik unter dem Dogma allein der Markt wird es "heilen", und schauen wir uns einmal den tatsächlich sich entwickelnden sozialen Verhältnissen mit einer rasant zugenommenen sozialen Spaltung unter der Herrschaft dieses Dogmas in Deutschland an - dieses soziale "Fundament" in Deutschland für dieses für die Reichen so erfolgreichen Exportüberschuss/Lohndumping-Modells aus Deutschland .

Schon in früheren Phasen wurde auf zunehmende Verschlechterung der Einkommensverhältnisse - Stichwort "Die Mittelschicht schrumpft" - hingewiesen (vgl. z. B. auch die Seite 1 unten f. "..zur Vermögensverteilung und - besteuerung" bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl13.html)

Diese bisherigen Darstellungen - mitsamt der Oxfam-Studie - können jetzt durch aktuelle Ergebnisse nicht nur ergänzt, sondern noch einmal klar präzisiert werden: Dieser Vortrag des "Elitenforschers" Michael Hartmann vor einem Gymnasium in Achern zu "Arm und Reich" in Deutschland ist ein so wunderbares Stück weiterer Aufklärung über unsere Gesellschaft - und schon kann er das Ergebnis der Politik der letzten zehn Jahre für Deutschland als Menetekel an die Wand malen: "Bald haben wir die USA eingeholt, diesen USA, die als Synonym für soziale Ungerechtigkeit gelten ." www.nachdenkseiten.de/?p=12705#h07 externer Link

Jedoch bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch spielte Deutschland in der Klasse der Länder mit Wohlfahrtsstaaten mit, die ein großes Maß an Gleichheit aufweisen konnten - wie z.B. auch die skandinavischen Länder mit ihrem "nordischen Modell".

Während jedoch die schwedische Sozialdemokratie sich dieses Modell gar patentieren lassen will, weil es heute auch ohne sie in der Regierung weiterhin ein sehr stabiles Maß an Gleichheit aufweist (vgl. dazu "Unsere" Krise mit den Sozialwissenschaften" www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi2.html), rutschte Deutschland empörend ab: Kein Land ist mit annähernd der gleichen Geschindigkeit in den letzten 10 Jahren auseinandergedriftet, muss Michael Hartmann feststellen. Und das muss als Folge einer marktradikalen Politik in diesen Jahren konstatiert werden.

Und zu der von Michael Hartmann auch festgehaltenen politischen Förderung der Reichen in Deutschland liefert ja der aktuell auch zwischen der deutschen Bundesregierung und der Opposition (Bundesrat) schwelende Konflikt mit der Schweiz um die Steuerflüchtigen aus Deutschland ein besonderes Lehrstück: www.nachdenkseiten.de/?p=12754#h02 externer Link - dieser Steuerstreit mit der Schweiz: im Auftrag der stillen Mächtigen, wie es die SZ so schön ausdrückte. www.sueddeutsche.de/politik/steuerstreit-mit-der-schweiz-im-auftrag-der-stillen-maechtigen-1.1325534 externer Link

Ja, "die" machen sich die Finger nicht schmutzig, die lassen "ihre" Politiker, ja und jetzt noch "ihre" Staatsanwälte - für sich arbeiten.

Während so auf der einen Seite der normale Steuerzahler und Lohnabhängige in Deutschland die Schulen, Straßen usw. für diese Reichen und ihre Kinder durch "ihre" Steuern bezahl, verschieben diese andererseits ihren Reichtum steuerfrei in die Schweiz - und "lassen dort ihr Geld arbeiten zur Mehrung ihres Reichtums .

Ist nun die deutsche Sozialdemokratie das "schwarze Schaf" unter den europäischen Sozialdemokratien geworden, wofür diese politisch so radikal vorangetriebene Spaltung der Gesellschaft ein Beispiel liefert? Jedenfalls bleibt eine erschreckende Diskrepanz zum "Nordischen Modell" . Und immer wieder stoßen wir als Ursache für diese im sozialen Sinne politischen "Wahnsinnstaten" mit einer dogmatisch-strengen "Marktgläubigkeit" auf die Rolle der Gewerkschaften - je geringer die Politik - also die Parteien - die Gewerkschaften achtete und ihnen eine prägende Rolle ließ oder gar zuwies, umso stärker finden wir diese soziale Spaltung in einer Gesellschaft ausgeprägt. (zu den "französischen Verhältnissen" kommen wir weiter unten noch)

Und eine die Demokratie gefährdende Schrumpfung der Mittelschicht

Aber wenden wir uns doch wieder der Analyse von Michael Hartmann zu: Wir hatten schon feststellen müssen, dass durch die politischen Maßnahmen (Arbeitsmarktreformen) die Mittelschicht "geschrumpft" wurde, sodass dies schon gesellschaftpolitisch gefährlich wird, aber die wahren Ausmaße blieben doch eher noch im Dunkeln . Auch hier hilft uns jetzt Michael Hartmann auf die Sprünge. Aus der "Mittelschicht" sind in Deutschland in den letzten zehn Jahren 4,5 Millionen "verschwunden".

Ist allein diese Zahl schon erschreckend, so wird es noch dramatischer, wenn man es noch genauer aufdröselt: nur ein kleiner Prozentsatz davon gelang der Durchbruch "nach oben", der allergrößte Teil jedoch - 3,5 Millionen! - rutschte direkt nach unten durch in das unterste Segment! Ich glaube nicht, dass sich Rot-Grün dieses empörend-schreckliche Ergebnis ihrer Politik - wie die Schweden - "patentieren" lassen will. (Zur neueren Entwickung der Dynamik zu einer wachsenden Einkommensungleichheit sieh auch noch das DIW www.nachdenkseiten.de/?p=12717#h03 externer Link)

Denn diese Dynamik war am stärksten zwischen 2003 und 2006 als Folge der Arbeitsmarktreformen - wie Michael Hartmann nüchtern aufzuzeigen hat.

Wenn wir an anderer Stelle mit den Ergebnissen der empirischen Sozialforschung eines Wilhelm Heitmeyer ein "verrohtes Bürgertum" erfahren mussten (vgl. S. 4 f. - insbesondere Seite 5 bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi.pdf pdf-Datei), dann zeigen diese 3,5 Millionen die direkt in die unterste soziale Schicht durchgerauscht sind, dass diese Bürgertum seine "Verrohung" nicht nur aus ideologischen Gründen, sondern auch aus einer massiven "sozialen Bedrohung" der eigenen Lage empfinden muss.

Und wie sich das auch auf die Entwicklung der Kriminalität in einem Lande auswirkt bzw. bei uns in Zukunft - wenn nicht wieder massiv politisch gegengesteuert wird - auswirken wird, das macht Hartmann an der Entwicklung der Kriminalität - auch im Vergleich zu den Bildungschancen - deutlich:

In den USA (Kalifornien) gibt man inzwischen das 1 1/2 fache mehr für die Kosten der Gefängnisse aus (über 70 Milliarden Dollar) als für die Kosten der Hochschulen. Das heißt unter dieser "Markt-Doktrin" verroht - neben der sozialen "Verelendung" - auch die gesamte Gesellschaft in einem gefährlichen Ausmaße. (vgl. dazu Michael Hartmann zu "Arm und Reich in Deutschland" Ein Vortrag vor dem Gymnasium in Achern http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=9930036 externer Link und www.nachdenkseiten.de/?p=12705#h07 externer Link) Es empfiehlt sich unbedingt den gesamten Vortrag anzuhören!

Eine Abkehr von einer marktradikalen Ethik?.....

Gegen die Herrschaft der Finanzelite hilft nur eine neu Wirtschaftsethik, erklärt uns daher der Soziologe Sighard Neckel, der ein Buch über "Strukturierte Verantwortungslosigkeit - Berichte aus der Bankenwelt" geschrieben hat. www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=kudig=2012%2F03%2F21%2Fa0114&cHash=3c8db7469 externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=12634#h01 externer Link

Es gilt nicht mehr das Leistungsprinzip, sondern der bloße finanzielle Erfolg. Die Finanzeliten verdienen ihr Einkommen nicht durch Arbeit, Risiko oder Investitionen, sondern durch Spekulationen.

Und ob mit diesen Milliarden, die dabei verdient werden gesellschaftlicher Nutzen entsteht, ist fraglich. - So kehren im Finanzkapitalismus jetzt vormoderne Sozial-Formen wieder. Die soziale Position und der Wohlstand werden buchstäblich vererbt, die Gesellschaft ist sozial undurchlässiger geworden - und orientiert sich wenig an Leistung . Und die das Geschehen bestimmende Finanzelite ist vollkommen abgehoben. So bringt der Finanzkapitalismus eine Oberschicht hervor, die wie der frühere Adel jeder gesellschaftlicher Konkurrenz enthoben ist. - Was soll das heißen?: Diese Finanzelite steht nicht mehr im Konflikt mit anderen Klassen, die an seinem Reichtum teilhaben wollen. Das ist das Neue. Im bürgerlichen Kapitalismus standen die Klassen stets in wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnissen. Der moderne Geldadel aber existiert ohne diese Abhängigkeit von einer produzierenden Klasse. So gibt es diese Refeudalisierung gesellschaftlicher Strukturen im Finanzkapitalismus. (vgl. dazu auch noch einmal zur Ergänzung "Arbeitswelt in der Beschleunigung - totalitär und sinnentleert" auf der Seite 2 f. bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi.pdf pdf-Datei - insbesondere auch den Hinweis auf den Roman von Robert Harris "Angst", der das noch einmal recht plastisch macht - wie es wohl nur der Schriftsteller im Roman kann)

Deshalb erklärt Sighard Neckel: So wie wir die Politik auf die Menschrechtscharta verpflichten, müssen wir der Ökonomie, der entscheidenden Macht im 21. Jahrhundert, moralische Standards auferlegen." (durch klare exekutierbare Rechstnormen - meine ich!)

... aber nicht mit unserer Bundeskanzlerin!

Dass unsere Politik noch weit davon entfernt ist, macht uns die Bundeskanzlerin in ihrer immer wieder frappierenden marktradikalen Dogmatik "marktkonform" klar: Als die Politik angesichts der Pleite der Drogerie-Kette Schlecker gefordert ist von den über zwanzigtausend Arbeitsplätzen wenigsten ca. 10 000 in einer Auffang-Gesellschaft zu retten, wird dies auf den Druck - natürlich der FDP - verhindert. Und die Kanzlerin bekennt sich klar zu diesem politischen Unterlassen und billigt ganz offen die weitere Kündigung von 10 000 Mitarbeiterinnen, indem sie eine andere Lösung für "nicht zeitgemäß" hält. www.sueddeutsche.de/politik/nach-der-kuendigung-von-mitarbeiterinnen-merkel-billigt-nein-der-fdp-zu-schlecker-1.1323079 externer Link, obwohl das für den Steuerzahler wieder einmal die teuerere Lösung wird.

Solange eben die "Märkte" das oberste Prinzip sind, kann das nicht gelten, was doch noch der CSU-Ministerpräsident Seehofer gegen seinen FDP-Wirtschaftsminister einwand: "Das gehört eigentlich zu uns in Bayern, dass wir die Menschen nicht allein lassen, sondern uns um ihr Schicksal kümmern" (SZ, 31.3.12)

Aber eben nicht mit unserer Bundeskanzlerin, der "marktkonforme Prinzipien" eben viel wichtiger sind. Der Steuerzahler kann`s ja wieder ausbaden.
www.fr-online.de/politik/kommentar-zu-schlecker-die-schlecker-pleite-wird-teuer-fuer-die-steuerzahler,1472596,13954510.html externer Link

Und ein ähnlich zynischer Umgang lässt sich gegenüber den kürzlich durchgeführten Hartz-"Reformen" dieser Regierung gegenüber den Kindern notieren www.nachdenkseiten.de/?p=12725 externer Link

Unter dem Strich wird wieder einfach das Problem nicht konsequent angegangen - und allenfalls marginal "gelöst".

Und bei einem Blick auf die Altersarmut wird man gewahr, wie die Niedriglöhne - besonders bei den Frauen verbreitet! - Millionen Frauen in die Altersarmut drücken werden . www.nachdenkseiten.?p=12705#h05 externer Link

Und wie das dann bei dem Hauptfaktor für das Lohndumping im Arbeitsmarkt, der Leiharbeit, aussieht, hat jetzt gerade die IG Metall ein einem "Schwarzbuch Leiharbeit" der Öffentlichkeit vorgestellt: Die Leiharbeit - auch mit den Arbeitsmarktreformen eifrig ausgeweitet - und sicher auch für das heftige soziale "Abrutschen" aus der Mittelschicht mitverantwortlich - ähnelt eher einem modernen "Sklavenmarkt" in seiner ganzen menschenverachtenden Unwürdigkeit. www.nachdenkseiten.de/?p=12717#h01 externer Link- aber auch noch www.nachdenkseiten.de/?p=12645#h04 externer Link

Aber wohin käme doch die Wirtschaft in Deutschland, wenn sie die Würde des Menschen aus unserem Grundgesetz auch für ihre Arbeitsverhältnisse gelten lassen würde? Wirtschaftsethische Grundsätze sind also auch hier noch längst kein Maßstab!

Als Konsequenz dieser menschenverachtenden Politik: "Riots" auch bei uns in 10 Jahren

Kehren wir noch einmal zu den Aussagen von Michael Hartmann zur dramatischen Entwicklung zwischen "Arm und Reich" zurück, so kommt der Wissenschaftler zu der Prognose, dass ohne eine klare Umkehr in der bisherigen Politik wir in Deutschland auch auf Zustände zusteuern wie sie London oder Paris mit ihren "Riots" erleben mussten.

Das ist jetzt die Aussage des Wissenschaftlers - aber wenn wir auf den neuen, gerade erst gewählten Oberbürgermeister von Frankfurt hören, der sich auch in den sozialen Brennpunkten "seiner" Stadt auskennt, so sagt auch dieser bezüglich dieser Entwicklung: in 10 Jahren ist es zu spät, wenn wir nicht jetzt diese Probleme politisch angehen.

Die Stadtstaaten und Bundesländer, die durch eine Deutschlandanleihe die Politik aus den Fängen der Finanzmärkte herauslösen wollen, wissen also wohl genau, warum sie dies anstreben: soziale Probleme lassen sich nicht mit einer verschrobenen, d.h. ökonomisch undurchdachten Schuldenbetrachtung mehr lösen.

Ist die Radikalisierung der Protestbewegung gegen die Finanzkrise bei uns jetzt schon das erste sichtbare Ausdruck für die auswegslose Lage von immer mehr Menschen in Deutschland? (vgl. "Ausschreitungen in Frankfurt - Krawall gegen das Kapital" www.fr-online.de/frankfurt/ausschreitungen-in-frankfurt-krawall-gegen-das-kapital,1472798,14584678.html externer Link)

Bleibt der "marktkonforme" Fiskalpakt aus Deutschland das letzte Wort auch für Europa?

Dies wird eine der ganz zentralen Fragen sein, denn eines scheint klar zu sein, dass sich - wie vorauszusehen - mit dieser Politik auch die Schuldenproblematik in Europa keineswegs lösen lassen wird. Ja, und ganz im Gegenteil die sozialen Probleme eben massiv weiter eskalieren werden.

Kann also dieser "Aufstock-Zirkus" zugunsten der Finanzmärkte - und zu Lasten des Steuerzahlers (als ewige Melk-Kuh) endlich als permanenter "circulus vitiosus" (verwerflicher Kreislauf) doch durchbrochen werden.

Vorschläge dazu gibt es inzwischen ausreichend.

Nur an dieser Kanzlerin - und der sie noch weitgehend tragenden "ganz großen Deregulierungskoalition" in Deutschland wird das wohl - wie bisher schon - einfach zerschellen.

Dafür konnte die SPD mit ihrer Troika uns gerade wieder ein so "beredtes" Zeugnis ablegen: Sie machte noch einmal klar, dass ihre vorherige Zustimmung zum Fiskalpakt keineswegs an die Bedingung eines staatlichen Wachstumsprogrammes in Europa gebunden ist - auch wenn sie "natürlich" der Ansicht sind, dass der Fiskalpakt nur - richtig - wirken kann, wenn er von staatlichen Wachstumsprogrammen flankiert wird. www.sueddeutsche.de/politik/euro-krise-spd-troika-demonstriert-einigkeit-beim-fiskalpakt-1.1323378 externer Link

So sitzt die SPD mit ihrer Troika jetzt in der Fiskalpakt-Falle fest: Zuerst den zu kurz greifenden und damit schädlichen Fiskalpakt mitbeschließen - und dann bei den negativen Folgen - auf Ewigkeit zementiert - erstaunt aufzuschreien und sagen, wir hätten aber doch mehr gewollt. - Und das soll ihnen der Wähler dann abnehmen? auch: www.nachdenkseiten.de/?p=12754#h05 externer Link

Und wie weiterhin richtig zerstörerisch dieser Fiskalpakt in die Sozialpolitik eingreift, davor warnt die Gewerkschafterin Ursula Engelen-Kefer: Die Folgen auf die Sozialversicherung dürfen nicht vernachlässigt werden, aus denen die Konsolidierungsanstrengungen dann geleistet werden sollen. www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=2881 externer Link

Aber bei dem beschränkten Einfluss der deutschen Gewerkschaften bleibt es wohl erst einmal bei dieser vorherrschenden Machtlosigkeit der Gewerkschaften in Europa - unter dem Motto "Europas Demokraten schleifen die Arbeitnehmer-Rechte" www.nachdenkseiten.de/?p=12645#h04 externer Link

Aber ein Hoffnungsschimmer: die französischen Präsidentschaftswahlen

Während der bisherige französische Staatspräsident Sarkozy vielleicht aus seiner Regierung heraus noch zu "Kommentierungen" in der Lage war - vgl. z.B. die Intervention der französischen Finanzministerin Christine Lagarde zum Lohndumping aus Deutschland gerade durch die Arbeitsmarktreformen - ist er ständig gegenüber der deutschen Bundeskanzlerin eingeknickt (vgl. www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl13.html ) - bis zu jenem 30.Januar 2012, wo sie gemeinsam diesen schrecklichen Fiskalpakt beschlossen haben - bzw. ihn durchgedrückt haben.

Dafür gab sich Merkel im Sinne von Sarkozy noch dazu her für ihn in den französischen Wahlkampf einzugreifen (vgl. Seite 1 - ab der Mitte bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl25.html)

Nur stehen dennoch in Frankreich die Chancen nicht schlecht, dass sein sozialistischer Gegenkandidat die Präsidentschaftswahlen gewinnen wird. Und Hollande hatte schon klar gemacht, dass für ihn gilt, dass der Fiskalpakt neu verhandelt werden muss, www.faz.net/-gq5-6yj1b externer Link, während es aus dem Deutschen Bundestag von dem SPD-Fraktionsvorsitzenen Steinmeier tönt: Keine Blockade-Politik www.nachdenkseiten.de/?p=12566#h10 externer Link

So tut sich ein weiterer Riß zwischen den deutschen Sozialdemokraten und französischen Sozialisten auf, da die deutsche Seite immer noch nicht diese "Sackgasse" Fiskalpakt www.nachdenkseiten.de/?p=12573#h01externer Link zu akzeptieren bereit ist - und auch grundsätzlicher darüber hinaus zu denken bereit ist. (vgl. auch www.nachdenkseiten.de/?p=12611 externer Link)

Aber die Franzosen wissen eben - insbesondere nach der "Triple-AAA-Degradierung" durch die Ratingagenturen -, dass die Abhängigkeit der Staatsschulden von den Finanzmärkten ein besonderes Problem darstellt.

Nicht umsonst stellt Sarkozys Finanzminister Francois Baroin jetzt die Forderung, dass der Rettungsschirm ESM auf eine Billion aufgestockt werden soll. Seine Begründung: Er müsse so groß sein, dass er auf die Spekulanten so abschreckend wirke, dass sie nicht mehr gegen schwächelnde Euroländer spekulieren wollen. www.sueddeutsche.de/wirtschaft/schutz-fuer-eurozone-frankreich-fordert-billionen-rettungsschirm-1.1321673 externer Link

Nur die Spekulation selbst zwischen den Euro-Ländern durch eine gemeinsame Finanzierung a la Eurobonds zu beenden, so weit will er da wohl dann doch nicht gehen. (na ja, dazu hat er auch im Hinterkopf, dass die Veto-Position aus Deutschland fest wie in Beton gegossen steht!)

Aber die Finanzmärkte selbst stehen in Frankreich schon anders als dem von den Finanzmärkten bisher so privilegierten Deutschland im Fokus. - Ja, muss die eigentliche Herrschaft der Finanzmärkte tabu bleiben? In Frankreich doch wohl schon gar nicht! (vgl. "In Frankreich geht es jetzt um die berühmte Wurst" www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl22.html)

So können wir gespannt sein, wie nach einem eventuellen Wahlsieg des Sozialisten Hollande in Europa auch über diesen alles nur strangulierenden Fiskalpakt hinaus die Karten neu gemischt werden! (vgl. zu den "französischen Verhältnissen" die kleine Anmerkung zu Axel Honneth auf den Seiten 6 ff. (vielleicht bis 10) bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi.pdf pdf-Datei

Und doch noch vom finanzmarktdominierten Torso einer EU zu einem geeinten Europa mit Hand und Fuß?

Wird jetzt dann doch noch die Möglichkeit eröffnet werden zu "Vereinigten Staaten von Europa" aufzubrechen - und werden wir endlich zu einem Europa nach den Vorstellungen von Delors von 1988/89 zurückkehren, bevor uns die Kohl-Regierung den neoliberalen "Sündenfall" von Maastricht 1992 servierte, der uns so auswegslos in diese Eurokrise jagte?

Es ist wohl wohl auch die Tragik dieses Delors, dass er nach einem Vorstoß für eine europäische Sozialunion 1988 vor dem "British-Trade-Union-Congress" (Speech about social Europe), der in der Linken eine gewisse Euphorie für Europa auslöste, nach der Gegenoffensive der britischen Premier-Ministerin Magret Thatcher sozusagen "in die Knie ging" und den Kurswechsel hin zum Maastricht-Vertrag noch mitvollzog. Margret Thatcher hatte damals auf den Vorstoß von Jaques Delors vor den britischen Gewerkschaften zurückgegiftet: "ich habe nicht die Grenzen des Sozialstaates in Großbritannien nach hinten verschoben ("rolled back"), um sie mir von Brüssel wieder zurückversetzen zu lassen". Darauf wurde 1992 im Maastricht-Vertrag eine "monetär gespaltene" EU (Schulmeister) in der Sparpolitik gleichgeschaltet, ohne auch nur im geringsten der "ökonomischen Vielfalt" der Euro-Länder Rechnung zu tragen. (vgl. dazu "Alternativlos vor den Folgen eines Auseinanderbrechens des Euro und der EU" vom 26.9.11 - dort hierfür gerade die Seiten 4 und vor allem 5 "Gedanken zum Hintergrund der Entstehung des Euro..." bei www.labournet.de/diskussion/eu/europol_bahl.html externer Link)

Und dieses grundlegende Versäumnis bei der Legung des Fundamentes für die Eurozone beginnt in der Krise uns jetzt immer mehr um die Ohren zu fliegen - mit den europäischen Regierungen, die reichlich hilflos von Gipfel zu Gipfel eilen.

Nehmen wir also hier noch einmal den Gedanken von Gerhard Illing u.a. auf, dass eben - nachholend jetzt in der Krise - "eine grundlegende Reform der Governance-Strukturen in Europa notwendig wird." (vgl. auch "The European Monetary Fund - A systemic problem needs a systemic solution" www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/schulmeister.pdf pdf-Datei)

Und deshalb wird die Rettungsschirm-Politik nicht mehr reichen - wenn sie auch - wie die EZB auch - eine Überbrückungshilfe für eine Übergangszeit sein kann, bis die langwierigen politischen Prozesse für Europa möglich werden - und wir doch zu den "Vereinigten Staaten von Europa" kommen.

Und rufen wir uns für dieses Vorhaben dann noch einmal die beiden "Haupt-Krisenstränge" der EU in Erinnerung - den Finanzmarktkrisenstrang (Ende von Bretton Woods) und den - Euro-Krisenstrang (mit dem "Sündenfall" von Maastricht)

Und so hat Europa - anders als die USA - eben das Pech, dass es diese zwei Krisenstränge ("Narrative") in dieser Krise sozusagen übereinanderliegend zu bewältigen hat. (vgl. dazu noch eimal ".. und zwei sich ergänzende ökonomisch-institutionelle Narrative für eine Gesamteuropäische Agenda - die Seite 2 bei www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi2.html)

Für das Erstere gilt dann die Devise "Zerschlagt die Banken - Zivilisiert die Finanzmärkte " (durch "Re-Regulierung") - und für das Zweite die Fiskalunion mit Eurobonds und einem Steuererhebungsrecht usw.

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 04.05.2012


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