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Updated: 18.12.2012 15:51
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"Merkozy" - Merkel und Sarkozy - das "Duo infernale" für Europa und Griechenland

Dante zur Einführung

Wie komme ich denn jetzt auf "Duo infernale" - ein "Höllen-Zweier" ? Ei, da habe ich mich einfach ein wenig von Dante Aligheri, dem großen italienischen Dichter des 13. und 14. Jahrhunderts (= von wegen dunkles Mittelalter) und seiner "Göttlichen Komödie"  inspirieren lassen. Er hat in den heftigen politischen Auseinandersetzungen - oder besser Kämpfen - seiner Zeit so etwas wie einen "Spiegel" für seine Zeitgenossen entwickelt, in den jeder sich erkennen kann - um zur Besserung gelangen zu können.

Nun das deutsche Duo Merkel/Schäuble reicht also eigentlich schon , aber der Sarkozy will unbedingt auch noch in den 8.Kreis der Hölle nachfolgen.

Ja, die letzten beiden Höllenkreise , der achte und der neunte Höllenkreis  -sozusagen das Schlechteste, was diesen menschlichen Sündern passieren kann - sind für die Bosheit im engeren Sinne vorgesehen.

Dabei schmoren im 8. Höllenkreis diejenigen, die menschliche Verstandeskraft in Selbstsucht wider den Nächsten missbrauchen. Dieser Tatbestand ist für Merkel und Schäuble sicher schon erfüllt.
Schwieriger wird es beim neunten und tiefsten Höllenkreis : Hochmut durch Missbrauch der menschlichen Willenskraft zum Trotz gegen Gott und seine Weltordnung - Verrat (z.B. an der europäischen Idee).

Diesbezüglich hatte es Dante einfach leichter, denn er unterstellte - frei nach der kirchlichen Scholastik - eine göttliche Weltordnung. Ich schätze diesen Maßstab kann man heute wenigstens im allgemeinen nicht mehr anwenden - na, vielleicht noch für die Pfarrerstochter Merkel? Auch wenn diese Kanzlerin  heute den Glauben an die "heiligen Märkte" an die Stelle einer sittlichen Weltordnung gestellt hat.

Und nun also diese "Duo infernale" als Totengräber der europäischen Idee - die nur noch von den Finanzmärkten beherrscht werden kann.

Merkel greift direkt in den Wahlkampf in Frankreich ein - und kein Schuldenabkommen wie 1953 für Deutschland: Erstes gemeinsames Fernsehinterview mit Sarkozy: Madame Merkel gibt die bescheidenen Helferin. Dabei wollen Deutschland und Frankreich Griechenland die Hoheit über die Verwendung der Staatseinnahmen entziehen. Merkel und Sarkozy: Teil der Staatseinnahmen in Griechenland muss auf ein Sonderkonto fließen, um die Kreditrückzahlungen zu garantieren. (SZ: http://www.sueddeutsche.de/politik/erstes-gemeinsames-fernsehinterview-mit-sarkozy-madame-merkel-gibt-die-bescheidene-helferin-1.1277218 externer Link)

Und wer es sich wirklich genau anschauen will - diesen Auftritt unseres "Duos infernale" , der bekommt noch ein Video dazu geliefert  (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/merkel-und-sarkozy-warnen-griechenland-1.1277003 externer Link). 

Ja, es ist ein Elend das mitansehen zu müssen, denn statt den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Weg zu gehen, dass sich gerade die öffentliche Hand - also auch die Bundesrepublik Deutschland nebst vor allem der EZB an einer Reduzierung der Staatsschuld beteiligen sollte - was Deutschland durch seinen Finanzminister Schäuble letzten Donnerstag gleich strikt zurückwies , geht der Krisen-Profiteur Deutschland - Arm in Arm mit "Noch-Staatspräsident" Sarkozy - und vor den Finanzmärkten schon durch den Verlust des Triple AAA degradierten - den Weg des rigorosen Schulden-Eintreibers.

Dabei hatte Deutschland das Glück nach dem 2. Weltkrieg viel duldsamere Gläubiger zu haben, die vor allem mit Unterstützung der USA 1953 Deutschlands Schulden im Londoner Schuldenabkommen direkt halbierten - und auf diesem Wege nebst den Marshallplan-Hilfen das Wirtschaftswunder in Deutschland möglich machten. Dies täte Griechenland jetzt auch verdammt gut - aber statt dessen... (vgl. noch "Ein Umdenken bei drohendem Staatsbankrott (in Griechenland)? EU-Kommission gegen Deutschland im "Kampf um Griechenland" in der Eurozone: "Endlich draußen - oder besser drinnen ?": www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl24.html) Und von diesen Kreditrückzahlungen "profitiert" wieder vor allem Deutschland und die deutschen Banken sehr stark.

Jedoch die Süddeutsche ist sich schon nicht ganz klar, ob dieser Einsatz von Merkel für Sarkozy , um seinen Sieg - mit der ihm so eigenen marktradikalen Gefolgschaft - weiterhin abzusichern, nicht einem gefährlichen Vabanque-Spiel gleicht, wenn dann doch nicht ihr Favorit Sarkozy , sondern der Sozialist Hollande als Sieger aus der Wahl hervorgehen sollte. (www.sueddeutsche.de/politik/kanzlerin-unterstuetzt-sarkozy-im-wahlkampf-merkels-riskantes-vabanque-spiel-1.1277220 externer Link)

Aber Merkel setzt jetzt eben alles auf eine Karte , um ihr schreckliches und marktradikales Modell von Europa gegen alle sozialen Anfechtungen aufrecht zu erhalten. So erhöhen jetzt Merkel und Sarkozy den Druck auf Griechenland - und warnen gemeinsam (www.fr-online.de/schuldenkrise/schuldenkrise-in-griechenland-merkel-und-sarkozy-erhoehen-druck-auf-athen,1471908,11584644.html externer Link). Jetzt heißt die Devise mit aller Macht - wie bisher schon immer "alternativlos"  -  auf das falsche Pferd setzen - sonst kann die Kanzlerin  auch nicht mehr vor den Chinesen - diesen auch so demokratiefeindlichen - Madame Europa zur Unterjochung des "Restes"  spielen. (Vgl. noch einmal "Europa unter deutscher Fuchtel" von Stephan Kaufmann   www.nachdenkseiten.de/?p=11731#h04 externer Link)

Es geht eben immer noch darum, vor den Finanzmärkten "eine Entwertung des Finanzkapitals dadurch zu verhindern, dass die Arbeitskraft - jetzt eben die griechische - entwertet wird.
Da steht also einiges auf dem Spiel für sie - und auch für Europa - ihr ganzes marktradikales Konzept für Europa.

Und so sucht sie noch einmal die Unterstützung des "Noch-Staatspräsidenten" Sarkozy - um Griechenland und seine Wirtschaft zu zerstören - bevor sie endgültig scheitern wird. 
Griechenland fährt dagegen in voller Hilflosigkeit unter dem Druck der Troika weiter mit dem Sparprogramm fort  - und will erst einmal 150 000 Beamte entlassen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/spar-verhandlungen-in-griechenland-athen-will-beamte-entlassen-1.1277246 externer Link). Ob das nun zu der gewünschten besseren Verwaltung von Griechenland führt, wenn gar nicht mehr "verwaltet" - z.B. bei den Steuern! - wird? Und das noch bei einer Verwaltung, die in Griechenland - nach den Daten der OECD! - selbst im Vergleich mit dem zwergenhaften Öffentlichen Dienst in Deutschland (sic!)  ein Winzling ist.  (www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=2032 externer Link)

Aus jetziger Sicht: Der "Rausschmiss" von Griechenland ist Bestandteil der neoliberalen Agenda zum Sozialabbau - und langfristig "geplant" zur "Abschreckung"   

Es sieht also jetzt so aus - die europäische Idee lassen wir uns durch die Finanzmärkte mit Hilfe dieser marktgläubigen Kanzlerin dann eben aus- oder abtreiben - , dass es jetzt die politische Absicht von Merkel/Sarkozy & Co. ist, Griechenland in den Bankrott zu treiben, um den anderen Südstaaten - über den erhöhten Druck einer politischen Ausweglosigkeit - einen gehörigen Schrecken einzujagen.

Ob es einen weiteren Domino-Effekt in Richtung Portugal (bestimmt), aber auch Italien und Spanien geben wird, das überlassen wir dann der "Weisheit" der Märkte. Aber wer weiß das nach so vielen überraschenden Gipfelrunden in dieser Krise denn schon noch genau, wohin das führen wird?

Die EU-Kommission hält jedenfalls die Pleite von Athen für verkraftbar, so dass die Hoffnungen auf eine Lösung der "Schuldenkrise" Griechenlands innerhalb der Eurozone immer mehr dahinschwinden. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wachsende-zweifel-an-rettungsplaenen-fuer-griechenland-bruessel-haelt-pleite-athens-fuer-verkraftbar-1.1278131 externer Link) Ob es "absolut kein Weltuntergang" ist - und für wen? - wie die EU-Kommission erklärt -  das wird sich jetzt dann zeigen.

Nur von der jetzt allenthalben geäußerten "Überraschung" kann keine Rede sein, denn Bundeskanzlerin Merkel hat diese Möglichkeit - ganz öffentlich seit dem NRW-Landtags-Wahlkampf im Auge gehabt - und damit auch die Finanzmärkte auf dieses "Objekt" so richtig politisch noch hingeführt. (Vgl. dazu noch einmal den Abschnitt auf der Seite 2 "...ohne die Rolle der Finanzmärkte - geht das?": www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl21.html)
Und nun ist es so gekommen wie es wohl schon lange geplant ist - denn wie schrieb Niels Kadritzke unter "Schuldenerlass für Griechenland - und was dann?": "Alle Schritte dienen nur dem Zweck, die Auswirkungen eines griechischen Zahlungsausfalls auf die restliche Eurozone durch eine Art Firewall einzudämmen." (www.nachdenkseiten.de/?p=11078 externer Link) Die Alternative, die Niels Kadritzke noch für möglich hielt ("Schocktherapie oder Schock ohne Therapie":  www.nachdenkseiten.de/?p=7613 externer Link), hatte sich eindeutig auf letzteres - den "Schock ohne Therapie" - reduziert.

Nur auch dies gehörte wohl zur dieser lang angelegten politischen Strategie mit Hilfe der Finanzmärkte - jenen "Kettenhunden" von Merkel (vgl. "Schocktherapie": www.nachdenkseiten.de/?p=10875 externer Link)-, Griechenland ins "Aus" zu manövrieren.

Ein schrecklicher Protest der Hilflosigkeit mit dem Generalstreik in Griechenland - Eine gewerkschaftliche Alternative für Europa fehlt

So wird nun der sich noch einmal aufbäumende Protest in Griechenland durch einen Generalstreik in dieser Situation weitgehend ins Leere laufen - so bewundernswert es ist, wie die Griechen ihre letzten Kräft dafür noch einmal mobilisieren. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/generalstreik-vor-entscheidung-ueber-sparpaket-frustrierte-griechen-mobilisieren-ihre-letzten-kraefte-1.1277286 externer Linkoder auch www.sueddeutsche.de/wirtschaft/streiks-und-demonstrationen-gegen-spardiktat-griechischer-furor-1.1277787 externer Link

Aber dieses gleichzeitige "Zerstören" des gewerkschaftlichen Widerstands entsprechend der neoliberalen Agenda - wie in Deutschland schon durch die Arbeitsmarktreformen geschehen - war wohl auch ein durchaus gewünschter "Nebeneffekt" dieser Schock-Methode ohne  gleichzeitige Therapie (vgl. dazu "Europas vorprogrammierte "Generalstreikwellen" bei Beseitigung der letzten Reste eines sozialen Europa": www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl19.html).

Die ökonomischen Ungleichgewichte in der Eurozone - eine wesentlicher Faktor für die Eurokrise - kann eben nicht durch die nationale Streik"waffe"  ausgehebelt werden - und so bleiben eben die Gewerkschaften in Europa auf der Strecke im Kampf um ihre sozialen Rechte, die zwar mit einem stärkeren Streikrecht (Generalstreik!) ausgestattet sind, aber deren Länder eben im ökonomischen Ungleichgewicht in der schwächeren Schuldner-Position stecken geblieben sind.
Die "maximale Demütigung der Griechen" (Ulrike Herrmann) gehört also zum Programm für ein marktradikales Europa (www.taz.de/Kommentar-Griechenlandpleite/!87162 externer Link).

Angesichts dieser komplexen Lage erstaunt es mich dann nicht so gewaltig, wenn ein hilflos in den nationalen Borniertheiten verharrender DGB-Vorsitzender Sommer zu Europa - aus deutscher Sicht! - nur noch ein Lob für die Merkel einfällt. (www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=2009 externer Link)

Dies vermag das gewerkschaftliche Elend für die Perspektive in seiner ganzen Ausweglosig- und Hilflosigkeit nur noch abzurunden. Die hohe Komplexität der gesamten Eurokrise braucht wohl mehr an gewerkschaftlichen Anstrengungen - und auch "Phantasie" - als sie bisher gemeinsam aufzubringen vermochten - festgefahren in ihren alten - meist national verengten - Ritualen!
Aber dazu hatte ja Albrecht Müller - ohne den Anspruch auf Vollständigkeit - auch jenseits der Riester-Rente schon einiges an Schwächen und Defiziten der Gewerkschaften - vor allem im politisch-strategischen Bereich - aufgezählt  (www.nachdenkseiten.de/?p=12121 externer Link).

Solange die Gewerkschaften nicht in der Lage sind gegen diese offensichtlich langfristig durchgesetzte neoliberale Agenda für Europa - auch gegen die Gewerkschaften -  eine klare "Gegen-Strategie" zu entwickeln , wird das "Sozial-Modell Europa" eben weiter eine Schimäre bleiben - durch dieses nationale "Hintereinander-Schalten" der Eindämmung gewerkschaftlicher Kampfeskraft werden die Gewerkschaften jeweils einfach auf die Seite "gespült".
Und ökonomisch wird Südeuropa - allen voran Griechenland - weiter in den Abgrund gerissen - wofür die wachsende Zahl von Unternehmenspleiten ein beredter Indikator ist. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/schuldenkrise-pleitewelle-rollt-durch-suedeuropa-1.1277487 externer Link)

Nur ob das Deutschland mit seinem "Exportüberschuss-Lohndumping-Wachstums-Modell" längerfristig unbeschädigt lässt, muss zusätzlich noch heftig bezweifelt werden. (Vgl. dazu noch Wolfgang Lieb zu Heiner Flassbeck`s "Zehn Mythen der Krise": Wie falsche Vorstellungen uns in die Krise ritten - und immer weiter hineinreiten:  www.nachdenkseiten.de/?p=12137 externer Link)

Nach der Einschätzung des IWF in seinem jüngsten "Weltwirtschaftsausblick" steht jedoch Deutschland innerhalb Europas mit seinem - wenn auch ganz geringen - Wachstum immer noch auf der Sonnenseite der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa (vgl. www.tagesspiegel.de/wirtschaft/risiko-europa-iwf-warnt-vor-einer-neuen-gefaehrlichen-phase/6106276.html externer Link)  - gegenüber dem "Rest" Europas - ohne jedoch daraus eine Verpflichtung für sich sehen zu können.

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 8. Februar 2011        


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