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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 04. Februar 2011: I.Internationales / Ägypten Der Rais reist nicht und seine Freunde sind besorgt... Jetzt ist er also noch nicht weg, der Freund der Merkels und Westerwelles (und Schröders und Fischers). Und wie sie alle um einen Übergang besorgt sind, der das Chaos vermeidet und, dass auch ja nur keiner eine Gewalt anwenden tut ist ihre allergrößte Sorge, was in den letzten 30 Jahren nicht so war. Dieweil tut Mubarak, wofür man ihn schätzt: Reaktionäre mobilisieren, wofür es bei einem riesigen Spitzelheer einige Reserven gibt und schiessen gelernt haben sie auch - mit Tausenden deutscher Maschinenpistolen etwa. Ja, und dann sind da noch die Plünderer in Kairo. Eine Erscheinung, die in den letzten Tagen sogar der fundamentalistischen Gefahr den Rang abgelaufen hatte, die sonst so gerne beschworen wird. Die umfangreiche, kommentierte und teilweise mit zusammenfassenden Übersetzungen versehene Materialsammlung "Morgendämmerung" vom 04. Februar 2011. II.Internationales / Tunesien Und jetzt wohin? Plötzlich steht Tunesien wieder da, wo es immer war: Im Schatten. Diesmal im Schatten der Kämpfe in Ägypten. Was keinesfalls heisst, dass in Tunesien alles seinen ruhigen Gang geht. Eher: Kräfte sammeln, auf allen Seiten. Im Moment haben die Kräfte die Oberhand, deren Anliegen eine sichere und ruhige Vollendung auf dem Weg zu einer bürgerlichen Demokratie ist: Ein Bündnis der als besonnen bezeichneten Vertreter des Widerstandes mit dem Apparat der Gewerkschaften und sogenannten aufgeklärten Vertretern der bisherigen Nomenklatura. Für eine Fortsetzung und Vertiefung des Veränderungsprozeßes stehen Parteien wie der Kongreß für die Republik, aber auch die Kommunistische Arbeiterpartei PCOT, vor allem aber nahezu geschlossen die Gruppierungen der so aktiven jungen Erwerbslosen mit Diplomen: Autoritäre oder radikale Demokratie als inhaltliche Alternativen. Diese, hier nur grob zusammengefasste, Einschätzung vertritt in dem Gespräch "La Tunisie oscille entre rupture radicale et démocratie autoritaire" der Arabienforscher Vincent Geiser am 31. Januar 2011 im Bastamag. Siehe dazu auch: "Tunesien: Front des 14. Januar gebildet" die deutsche Übersetzung des Gründungsaufrufs der am 20. Januar 2011 gegründeten Front der Linken, zu dem auf der Seite Arbeit-Zukunft als Einführung zu lesen ist: "Am 20. Januar 2011 haben eine Reihe linker Organisationen, insbesondere die Kommunistische Arbeiterpartei Tunesiens (PCOT) und die Patriotische und Demokratische Arbeitspartei (PTPD) eine Front gebildet. Diese Front nennt sich "Front des 14. Januar" in Erinnerung an das Datum der Verjagung von Präsident Ben Ali. Das Ziel der Front des 14. Januar ist die Organisierung des Widerstandes gegen die gegenwärtige Übergangsregierung, die immer noch aus Führern von Ben Alis Partei RCD (Konstitutionelle demokratische Vereinigung) besteht, sowie eine Volksalternative zu schaffen, die auf den bestehenden Verteidigungskomitees beruht, die sich in einigen Ortschaften Tunesiens gebildet haben, um die Bewohner gegen den Terror zu schützen, der von den Schlägern der RCD und die Polizei des Präsidenten verbreitet wird. Der Aufruf wendet sich an alle fortschrittlichen Kräfte, Gewerkschaften, Vereinigungen und fordert sie auf, die Ziele der Volksrevolution in Tunesien zu erfüllen". Und: Ein Indiz für die Auseinandersetzungen innerhalb der Gewerkschaftsbewegung, die sowohl innerhalb als auch ausserhalb der UGTT heftig stattfindet, ist auch die Offensive, die die 2006 gegründete alternative Föderation CGTT organisiert - für ihre Legalisierung, was Ben Alis Mannen ihr verweigerten, wie in dem Kommuniqué "La CGTT réclame sa légalisation" vom 27. Januar 2011 unterstrichen wird. Sowie: Eine erste Bilanz der Auseinandersetzungen in Tunesien von der UNO-Menschenrechtskomission, die deutlich macht, dass es sich hierbei keinesfalls um einen friedlichen Übergang handelte: "219 Tote, 510 Verletzte, 0 Synagogen" vermeldet die taz am 02. Februar 2011. Schliesslich: "Es weht ein frischer Wind!" - ein Gespräch mit einem Mitglied der PCOT bei Arbeit-Zukunft am 23. Januar 2011. III.Internationales / Jemen 20.000 in Sanaa - aber Saleh spielt die Mubarak-Karte... Die grösste Demonstration seit langen Jahren in Sanaa - der Präsident macht vage Versprechungen und mobilisiert Prügelgarden. Es geht um die Frage, ob er durch Angst gewinnen kann, was im Moment nicht so aussieht. Ein Drittel der Bevölkerung ist im Elend, im süden gewinnen die Kräfte, die die Wiedervereinigung rückgängig machen wollen täglich an Boden, weil die autokratische Herrschaft Saleh die Menschen zunehmend abstößt, und im Norden fühlen sich Schiiten religiös verfolgt. So wird die Problematik in dem Beitrag "Jour de colèreà Sanaa, où 20.000 Yéménites manifestent" von der Redaktion von Al Oufouk am 03. Februar 2011 zusammengefasst. Siehe dazu auch: "Yemen: Thousands Protesting Against Saleh Rule" von Amira Al Hussaini am 27. Januar 2011 bei Global Voices Online, eine zusammenstellung der Aussagen jemenitischer Blogger. Und: "Yémen/affrontements: 3 blessés" die AFP Meldung bei Le Figaro am 02. Februar 2011 wo über Zusammenstöße im südjemenitischen Habilayn berichtet wird. IV.Internationales / Jordanien Neue Regierung. Wofür reicht das? Ob das reicht, die ständig wachsenden Proteste und Demonstrationen still zu stellen? Der König hat die Regierung entlassen und eine neue bestellt. Was dazu führt, das zunächst einmal die Opposition gespalten ist - einige Organisationen wollen der neuen Regierung "Zeit geben", andere sehen - beispielsweise in der Wiederberufung eines ehemaligen Premiers - darin gar nichts neues. Es wird sich am nächsten "Tag des Zorns" zeigen, wie die Bevölkerung reagiert...meint auch in "Opposition split on holding Friday protests" Amal Ghabayen am 02. Februar 2011 in den Ammonnews. V.Internationales / Türkei / Arbeitskämpfe Erfolg bei UPS! Zum 1. Februar gibt es ein Übereinkommen zwischen der Gewerkschaft Tümtis und UPS Türkei: Die Belegschaft hat nun das betrieblich verbriefte Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, 151 der 163 wegen ihrer Gewerkschaftsaktivität Entlassenen werden wieder eingestellt und ausstehende Löhne werden nachbezahlt, wer sich schon andersweitig verdingt hatte, bekommt eine Entschädigung. Dieses Ergebnis kam zustande wegen der Entschlossenheit der Belegschaft - und wegen der internationalen Solidarität wird in der Tümtis-Mitteilung "THE 272-DAY RESISTANCE AT THE UPS FINISHES WITH THE WORKERS' SUCCESS" vom 01. Februar 2011 unterstrichen. VI.Internationales / Honduras Freundschaftsbesuch "Deutschland hat kein Problem mit der De-facto-Regierung von Honduras, die aus dubiosen Wahlen nach dem Putsch Ende Juni 2009 gegen den Staatspräsidenten Manuel Zelaya hervorging und im Januar 2010 die Amtsgeschäfte aufnahm. Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hielt die Regierung Porfirio Lobos zwar öffentlich dazu an, mehr Gewicht auf die Verteidigung der Menschenrechte zu legen. Gleichzeitig betonte er bei seiner Honduras-Visite aber auch, dass Deutschland die Lobo-Administration unterstütze und sein Besuch als ein »internationales Signal« für andere Länder zu werten sei. Im Gegensatz zu den EU-Staaten lehnt die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine Anerkennung Lobos weiterhin ab" - so beginnt der Artikel "Honduras dubioser Präsident Lobo zählt auf Deutschlands Hilfe" von Kathrin Zeiske am 01. Februar 2011 in Neues Deutschland. Und wenn man dann eben - zur angemahnten Verteidigung der Menschenrechte, versteht sich - den einen Gewerkschafter oder den anderen Kleinbauern töten lassen muss, so sind das eben die Probleme der Realpolitik... VII.Internationales / Haiti Zuerst das Erdbeben. Dann Cholera. Dann Duvalier. Aber jetzt - Aristide? Sie sind schon immer für freie Wahlen, die USA und die EU. Vorausgesetzt, es gibt keine Wahl. Auf keinen Fall soll Aristide aus Südafrika zurückkommen, wo er seit dem Putsch gegen ihn 2004 im erzwungenen Exil war. Aber: In Haiti ist die Bewegung für eine Neuwahl so stark, dass selbst die dortige Regierung das überlegen muss - und die lateinamerikanischen Regierungen scheinen "aufzuweichen". Die minimale Wahlbeteiligung beim letzten Anlauf war ja nicht nur den katastrophalen Zuständen geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass die populärste Partei, eben Aristides Lavalas nicht teilnehmen durfte. Zur aktuellen Entwicklung in Haiti der Beitrag "Haiti's growing momentum towards democracy" von Mark Weisbrot im Guardian vom 02. Februar 2011. VIII.Internationales / Mauretanien Drei Gewerkschaftsföderationen: Die Armen zahlen die Krise Anfang des Jahres wandte sich die Koordination der drei Gewerkschaftsföderationen CGTM, CLTM und CNTM an die Öffentlichkeit mit der Erklärung, die Lage der arbeitenden Menschen des Landes werde täglich unerträglicher und rief die Arbeiterschaft des Landes zur Wachsamkeit und Bereitschaft auf, ihre Interessen zu verteidigen. Das "Communiqué de l'intersyndicale CGTM, CLTM, CNTM" vom 19. Januar 2011. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |