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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 11. September 2009: I.Internationales / Indien / Privatisierung und Widerstand Eine Bilanz der privaten Krankenversicherung: Kein Zugang für Arme In Indien verweilt jemand, der zu jenen 10% der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen gehört genau sechs Mal so lange im Krankenhaus, als jemand der zu den 30% mit den geringsten Einkommen gehört: Natürlich liegt es nicht gerade daran, dass Geld im Kapitslismus unglücklich macht. Zwei Drittel der Bevölkerung haben schlichtweg keinen Zugang zum privaten Gesundheitssystem, dem die meisten Krankenhäuser zugehören. Staatliche Gesundheitsausgaben sind minimal - und, obwohl sich ein mächtig wachsender Medizintouristenstrom nach Indien ergiesst haben die Menschen vor allem auf dem Land wenig davon, denn 85% aller Ärzte praktizieren in den Städten. Der Artikel "Healthcare in India: Features of one of the most privatised systems in the world" von Pinaki Chaudhuri erschien am 1. September 2009 bei sanhati und zieht, mit vielen Materialien versehen (unter anderem Material der nationalen Koordination der Gesundheitskoalition) eine Bilanz sowohl der Lage in ganz Indien, als auch in den traditionell links regierten Bundesstaaten, ohne große Unterschiede herauszufinden. II.Internationales / Großbritannien / Privatisierung und Widerstand a) Nach gescheiterter Postprivatisierung: Jagd auf Gewerkschafter Die britische Labourregierung hat es nicht leicht: Der Plan der Teilprivatisierung der Post musste (einstweilen) fallen gelassen werden: Nicht nur die Belegschaft, auch ein großer Teil der Bevölkerung war dagegen - so laut, dass zunehmend mehr Abgeordnete die Stimme ihres Gewissens vernahmen. Also wird abgewartet - offiziell, bis nach dem lediglich ersehnten Ende der Krise bessere Angebote kommen: Und solange soll der gewerkschaftliche Widerstand schon mal geschleift werden: In dem Bericht "Klassenkampf von oben" von Christian Bunke, am 8. September 2009 in der "Jungen Welt" erschienen wird von zahlreichen Einschüchterungsmaßnahmen berichtet. b) 5.000 Pfund Studiengebühr, 6.000 Entlassungen - Apokalypse des höheren Bildungswesens... Das britische Bildungswesen stand bereits seit Jahren im Zentrum von Privatisierungsschritten: Mit der gegenwärtigen Wirtschaftskrise hat sich dies noch einmal beschleunigt - debattiert wird unter anderem über die Höhe von Studiengebühren und die Zahl der Entlassungen, dafür nicht über Ausbildungsziele. Eine aktuelle Bestandsaufnahme inklusive der Situation der studentischen Widerstandsbewegung wird in dem Artikel "It's Become Our Crisis" von Kirsten Forkert in metamute vom 30. Juli 2009 vorgenommen. III.Internationales / Südafrika / Privatisierung und Widerstand Die Menschen brauchen Versorgung und keinen Kundenstatus... Die immer breiteren Proteste in ganz Südafrika, die aufgrund von Problemen der Grundversorgung entstehen und sich entwickeln, werden von den bürgerlichen Medien zu einer Kampagne genutzt, die darauf abzielt zu zeigen, die staatlichen Dienstleistungen seien zu langsam und schwerfällig. In dem Beitrag "People are demanding public service, not service delivery" am 1. September 2009 beim belgischen Cetri veröffentlicht, weist Steven Friedman, Leiter des Zentrums für Demokratiestudien an der Universität Johannesburg nach, dass genau das Gegenteil richtig ist: Es ist keine Zeit da für wahrhaft öffentlichen Dienst, der wiederum etwas ganz anderes sei, als Dienstleistung - aber dafür sei er genau das, was die protestierenden Menschen wollen und brauchen. IV.Internationales / Serbien / Privatisierung und Widerstand Die treuen Hände Serbiens: Privatisierung und Betrug Neue Reichtümer sind keine Spezialität Russlands - das deutsche "Geld zu Geld gesellt sich gern" auch keine teutonische. Serbien kennt jede Art von der Stammbegleitung der Privatisierung, die zumeist Korruption genannt wird. Von 1800 Privatisierungsverträgen mussten rund 400 wieder rückgängig gemacht werden: Die Unternehmer waren verschwunden, im Knast, hatten nie existiert und was anderes Gechäftsgebaren mehr ist. Neben der serbischen Streikwelle wegen nicht ausbezahlter Löhne, die weitergeht, gibt es jetzt eine zunehmende weitere Bewegung von Protesten, die sich gegen die Privatisierung direkt richten - sei es, sie solle rückgängig gemacht werden, oder an jemand anderes verkauft. Der Artikel "Privatisations en Serbie : les « nouveaux entrepreneurs », des mafieux protégés par l'État ?" von Dimitrije Boarov bei Vreme wurde am 4. September 2009 beim Courrier des Balkans in französischer Übersetzung veröffentlicht und wirft einige Schlaglichter auf die nationale Ausprägung einer weltweiten Erscheinung. V.Internationales / China / Privatisierung und Widerstand Wenn Krankenversicherung ein gesellschaftliches Dauerthema wird - weil so viele keine haben... China und die USA, so beginnt der Artikel, auf den wir hier verweisen, haben mehr gemeinsam, als man denken mag: beispielsweise ein Gesundheitssystem, das diesen Namen nicht verdient. Das Durchschnittseinkommen in China ist in den letzten 20 Jahren um etwa 20% gestiegen - die Kosten für die Gesundheitsversorgung um rund 130%. Die Lage ist seit langem so schlecht, dass es schon seit 10 Jahren erneut Regierungspolitik für diesen Bereich gibt - ohne wesentliches zu verändern. Jetzt wird wieder einmal eine Reform angekündigt, die nun auch das in den 80er Jahren eingeführte "Gebühren für Leistungen" Prinzip aufheben soll - dessen wesentliches Ergebnis der Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung auf dem Lande war. Mehr dazu in dem Artikel "China's De-Socialized Medicine" von Veronica M. Valdez, bereits im Juni 2009 bei Foreign Policy publiziert. VI.Internationales / Brasilien / Privatisierung und Widerstand Private Gefängnisse? Unsere Freiheit ist keine Ware Zwar: Die Verfassung verbietet die Privatisierung staatshoheitlicher Maßnahmen, zu denen der Strafvollzug ohne Zweifel gehört. Der nationale Rat zur Kriminalitätsprävention rät dringendst davon ab - nur die Landesregierung des Bundestaates Minas Gerais kümmert sich um so etwas nicht. Schliesslich möchte der Gouverneur spätestens 2014 Präsident werden - für jedwede denkbare ausgesprochen neoliberale Koalition. Deswegen werden jetzt 3.000 weitere Knastplätze in Öffentlich-Privater-Partnerschaft gebaut - damit sind es im Bundesstaat 20.000 Plätze, obwohl die Landesverfassung Großknäste untersagt. Etwa 90% der in den randvollen Strafvollzugsanstalten Eingesperrten sind wegen "Wiederholter Eigentumsdelikte" dort. In den künftigen privatisierten Knästen bekommen sie auch gleich Anwälte mit gestellt: 0,67 Besuche im Quartal...Die Volksbrigaden riefen mit dem hier dokumentierten Aufruf für Mitte August zum öffentlichen Protest auf: "Nossa Liberdade nao é mercadoria" (Unsere Freiheit ist keine Ware) hiess die Kundgebung, zu der auch für die Organisatoren überraschend mehr als 5.000 Menschen kamen - meist Angehörige von Gefangenen, die von sich aus darauf drängten, ein Komitee zu bilden, dem sich eine ganze Reihe sozialer Organisationen anschlossen. VII.Internationales / China / Arbeitskämpfe 5.000 Bergarbeiter im Streik Die provinzeigenen Kohlenzechen in Hunan sollen privatisiert werden: Die Belegschaft sollte dafür, als Willkommensgeschenk an potenzielle Investoren sozusagen, auf ihre rechtlichen Ansprüche im Falle der Entlassung verzichten - einen Monatslohn je Beschäftigungsjahr. So willkommen waren den Bergarbeitern diese Investoren aber nicht, weshalb sie am 22. August in den Streik traten. Der Bericht "Coal miners strike in Hunan" wurde am 7. September 2009 bei libcom veröffentlicht. VIII.Internationales / Argentinien / Arbeitskämpfe Kraft zeigt Stärke: Die Anweisung des Ministeriums wird ignoriert Heftige Auseinandersetzungen im und vor dem Werk der Nahrungsmittelfabrik Kraft-Terrabusi: in dem Werk General Pacheco (Provinz Buenos Aires) des weltweit agierenden Konzerns ging die Polizei mit Gummigeschossen und Tränengas gegen protestierende Arbeiter vor. Die Werksleitung hatte nach einer Auseinandersetzung im August 160 Arbeiter entlassen, darunter alle betrieblichen und gewerkschaftlichen Vertreter der Belegschaft. Die Medien machen die Begleitmusik: Es handele sich nur um einen kleinen Teil der Belegschaft, der mit kriminellen Methoden seine Wiedereinstellung verlange. Das Arbeitsministerium hatte die Wiedereinstellung verfügt - aber weder das Unternehmen noch die Provinzregierung scheren sich darum. Der Bericht "Terrabusi-Kraft: Resistencia, lucha y represión" ist am 09. September 2009 bei indymedia Argentinien veröffentlicht worden. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |