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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 07. März 2008 I.Internationales / Palästina Internationaler Protest gegen die Bombardierung des Sitzes des palästinensischen Gewerkschaftsbundes In einer Erklärung des Palästinensischen Allgemeinen Gewerkschaftsbundes (PGFTU) wird die Zerstörung des Volkshauses des Gewerkschaftsbundes durch die Raketengeschosse israelischer F 16 Kampfflugzeuge am 28. Februar im Rahmen der militärischen Belagerung des Gaza-Streifens heftig kritisiert und Entschädigung gefordert - sowie die internationale Gewerkschaftsbewegung zur Solidarität aufgerufen. Die Erklärung "Palestine General Federation of Trade Unions (PGFTU) condemns the destruction of the (workers) Folk House in Gaza by Israeli F16" vom 3. März 2008. II.Internationales / Tunesien Südtunesien explodiert Bei Recherchen zu Themen wie Arbeit oder Gewerkschaften in Tunesien findet mensch auf den verschiedenen internationalen Portalen und in Mailinglisten zumeist Lobpreisungen der tollen Politik der Regierung eines gewissen Herrn Ali - so penetrant, dass schon wieder auffällt, dass da einiges fehlt, scheint doch Tunesien das Paradies der Werktätigen zu sein (und nur ein paar - viele - Spinner, die das nicht einsehen, halten dagegen und werden mundtot gemacht). Die Wirklichkeit aber wird nicht von Google gemacht: im südtunesischen Gafsa, einem traditionellen Zentrum des Bergbaus und der Gewerkschaftsbewegung gab es in den letzten Wochen zunehmend heftigere Proteste, die sich regional ausweiteten. Die vielen Tausend Menschen, die sich in diesen Tagen an Streiks, Besetzungen und Demonstrationen beteiligen, wehren sich gegen die Erwerbslosigkeit, die in der Region etwa doppelt so hoch ist wie im nationalen Durchschnitt und auch viele mit guten Schulabschlüssen trifft - weshalb sich auch breiteste Teile speziell der jüngeren Bevölkerung hervortun: Denn der "Investitionszug" fährt aus Südtunesien ab, Weltmarktzulieferer wollen anderswo billiger produzieren und die angeblichen Segnungen des Tourismus sind in dieser Region nie angekommen. 30 Jahre nach der "großen Unruhe" von 1978, als es Hunderte von Todesopfern und Tausende verhafteter Gewerkschafter gab - und der Gewerkschaftsbund UGTT endgültig zum staatstragenden Faktor zwangsgewendet wurde - meldet sich die soziale Bewegung massiv zurück und provoziert inhaltliche Debatten im Vorfeld der normalerweise unerheblichen "Wahl" des Präsidenten 209. a) Der Bericht "Les travailleurs et la jeunesse du bassin minier défient le régime de Ben Ali" von Hamadi bei "Tunisia Watch" am 3. März 2008. b) Der Aufruf "Soutenons massivement la population de la région de Gafsa" des Pariser Comité de Soutien aux Habitants du Bassin Minier de Gafsa vom 29. Februar 2008. III.Internationales / Ägypten / Gewerkschaften CTUWS: Urteil revidiert - Freispruch für Kamal Abbas Letztes Jahr war der Koordinator des gewerkschaftsoppositionellen Netzwerks CTUWS, Kamal Abbas aufgrund einer Privatklage eines Abgeordneten (im Rahmen allerdings der Hetzkampagne staatlicher Medien und des Gewerkschaftsbundes ETUF) zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Um bis zur Berufung in Freiheit zu bleiben, musste er Kaution bezahlen - in dieser Berufung nun allerdings legten seine von der demokratischen Bewegung gestellten zahlreichen Anwälte dermaßen viel konkretes Material über den klagenden Abgeordneten bzw seine Geschäfte vor, dass die Richter nicht anders konnten, als Abbas freisprechen. Die (englische) "Erklärung" des CTUWS zum Freispruch vom 28. Februar 2008. IV.Internationales / Russische Föderation Gewerkschaften und soziale Bewegungen nach dem Fordstreik Über die konkreten Ergebnisse des Fordstreiks gibt es Debatten: Einen "Punktsieg" der Streikenden nennen es die meisten TeilnehmerInnen an dieser Diskussion. In jedem Falle aber liegt die Bedeutung dieses Streiks darin, dass mit ihm die Gewerkschaftsbewegung wieder einen Platz in der Öffentlichkeit errungen hat. Und dass es Bestrebungen der Vernetzung von Basisaktivisten und anderen sozialen Bewegungen gibt. Vor allem aber: Dass eine Debatte um das neue Arbeitsgesetz geführt wird, in der der Bund Unabhängiger Gewerkschaften, die grösste gewerkschaftliche Organisation des Landes jetzt gezwungen ist, Veränderungen zu fordern - nachdem der ursprüngliche Entwurf unter aktiver Mitarbeit der Föderation entstand... Mehr dazu in dem Beitrag "Labor movement and civil society" von Boris Kagarlitsky, am 19. Februar 2008 beim Transnational Institute publiziert. V.Internationales / Ukraine a) Lokführer im Hungerstreik "Am 11. Februar 2008 sind 7 Lokführer der GP Charkower U-Bahn, Mitglieder der freien Eisenbahnergewerkschaft der Ukraine in deh Hunger-Streik getreten. Hauptforderungen der streikenden: Wiedereinstellung der gefeuerten Lokführer und Entlassung des Vorsitzenden der Charkower U-Bahn Sergej Musejew, der sich selber "Master im Kampf gegen Gewerkschaften" nennt" - so beginnt der Bericht "Lokführer im Hungerstreik" von vpered.org.ru, publiziert am 4. März 2008 beim deutschen Indymedia. b) Entlassung eines Gewerkschafters bei Metro verhindert Volodymyr Demyan Vorsitzender der Gewerkschaft "Zahyst Praci" (Verteidigung der Arbeit) im Betrieb war von der Metrogruppe wegen seiner gewerkschaftlichen Aktivitäten entlassen worden - eine internationale Solidaritätskampagne, unter anderem organisiert von der UNI, hat dies nun erfolgreich verhindert. Das Kommunique "Volodymyr Demyan reinstated" der Gewerkschaft, über das Ukrainische Sozialforum beim WSF am 17. Februar 2008 publiziert. VI.Internationales / Kamerun Über 100 Todesopfer - oder doch "nur" 24? 24 Tote gab es bei den blutigen Auseinandersetzungen anläßlich der Proteste gegen Teuerung und Verfassungsreform Ende Februar in Kamerun - sagt die Regierung. Andere - oppositionelle Gruppen, soziale Organisationen, Menschen auf der Strasse in diversen Interviews sagen, es waren viel mehr - mindestens 100 Menschen seien bei der blutigen Unterdrückung der Proteste gestorben. Und auch wenn der folgende Artikel - erschienen in Cameroun RadioTV - schon deswegen dubios erscheint, weil er überhaupt publiziert wurde, denn gegenwärtig werden jeden Tag lokale Radios und andere nicht-linientreue Medien geschlossen - so gibt dieser Artikel, wenn auch verborgen unter dem Gejammere über die leidende Wirtschaft (die Menschen sind dem Autor eher egal) eines wieder: die Breite der Proteste und Ahnung ihrer Militanz, vor allem bei der Plünderung der teueren Lebensmittel. Deswegen lohnt es sich "Bilan des emeutes" von Marc Omboui vom 6. März 2008 bei CRTV zu lesen. VII.Internationales / Südafrika / Armut und Umwelt Exklusionsmaschine Kapstadt "Im Februar dieses Jahres stand Khayelitsha, das zweitgrößte Township Südafrikas, für einen kurzen Moment im Licht der internationalen Öffentlichkeit. Das Arrangement aus Wellblechhütten, Schotterpisten und Hinterhofkneipen vor den Toren Kapstadts in dem etwa 700.000 Menschen leben, bildet die Szenerie für Mark Dornford-Mays Film "Carmen- Khayelitsha", der bei der 55. Berlinale überraschend den goldenen Bären gewann. Bei der Berlinale erschöpfte sich das öffentliche Interesse an dem Film auf die Idee, eine europäische Oper wie Bizets Carmen in der südafrikanischen Sprache Xhosa mit lokalen Darstellern aufzuführen. Über die Entstehungsgeschichte von Khayelitsha und sein Gegenstück, das weiße Zentrum Kapstadts, erfährt man weder in dem Film etwas, noch in seiner Rezension. Vielmehr erscheint das Township als authentischer afrikanischer Ort, in dem Mangel mit Lebensfreude getrotzt wird..." so beginnt der Artikel "Exklusionsmaschine Kaptstadt" (pdf-Datei) von Romin Khan, erstveröffentlicht in arranca! Nr. 33, Winter 05/06. VIII.Internationales / Paraguay Der Soja-Kapitalismus und die Landbevölkerung Dass die Sojaplantagen Wirtschaft und Gesellschaft Paraguays zunehmend prägen ist keine Neuigkeit, sondern ein Prozeß, der schon Jahre andauert, und sich in letzter Zeit beschleunigt hat. Ein aktueller Beitrag dazu ist "Für Europas Fleischkonsum und Motoren" von Reto Sonderegger in der "ILA" Ausgabe 312 vom Februar 2008. IX.Internationales / USA / Arbeits- und Lebensbedingungen Mehr als die Hälfte des Himmels...zu tragen Chinesische Männer in den USA kennt man - bestenfalls als Hilfsarbeiter beim Eisenbahnbau des 19. Jahrhunderts in Westernfilmen. Menschenleben, verheizt wie die Kohle. Ihre Widerstände sind erst in den letzten Jahren untersucht worden. die bürgerliche Geschichtsschreibung machte lange Zeit aus unaussprechlichem Horror das Unausgesprochene. Jetzt liegt eine Untersuchung vor über die Rolle chinesischer Frauen in der New Yorker Textilindustrie - eine von vielen Historikern bearbeitete Branche, da für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung wichtig - aber die Chinesinnen kamen bisher kaum vor. Läßt sich in dem Falle aber kaum vermeiden: Es geht um die Textilindustrie in Chinatown in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der große Streik des Jahres 1982 unterstreicht schon wegen seiner zentralen Forderung den Unterschied der chinesischen Arbeiterinnen zu ihren Branchen-Vorgängerinnen (Jüdinnen und Italienerinnen zu Anfang des 20. Jahrhunderts, Afroamerikanerinnen und Puertokrikanerinnen in der Mitte des Jahrhunderts): sie waren zumeist verheiratete Frauen, deswegen die Forderung nach Versorgung der Kinder. Mehr zunächst zu lesen in der Buchbesprechung von Evan Roberts (Department of History and Minnesota Population Center, University of Minnesota) über "Xiaolan Bao: Holding Up More than Half the Sky: Chinese Women Garment Workers in New York City, 1948-92" publiziert am 21. Januar 2008 beim H-Net Bookreview. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |