liebe KollegInnen,
Neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 20.
Oktober 2004:
I. Branchen: Auto / Opel
Bochum: Arbeitsniederlegung seit der Spätschicht am 14.10. –
(vorerst?) beendet
Wegen fehlender Teile aus Bochum steht das Vauxhall-Werk
in Ellesmere Port am heutigen Nachmittag, Opel Kaiserslautern morgen…
Die gesamte Belegschaft von 9 600 Beschäftigten tagt ab 11.00 mit
dem Betriebsrat im Kongresszentrum Ruhrcongress. Nur eine Notbesetzung
von rund 35 Demonstranten hat weiter die Tore blockiert. Die Abstimmung
über Streikende ist abgeschlossen. Sie war geheim, aber der Soziologin
dreht sich der Magen um: Die Fragestellung war: „Soll der Betriebsrat
die Verhandlungen wieder aufnehmen oder soll die Arbeit weiter unterbrochen
bleiben?“Ergebnis: die grosse Mehrheit hat sich für die Wiederaufnahme
der Arbeit entschieden, die Bänder laufen gegen 15.00 an…
Siehe auch
- Wilder Streik geht weiter - Arbeiter misstrauen Betriebsräten
“Die gute Nachricht aus Rüsselsheim konnte die zornigen Arbeiter
in Bochum nicht besänftigen. Trotz der Absichtserklärung des
Opel-Vorstandes, alle deutschen Werke möglichst langfristig zu
erhalten, wollen viele Opelaner weiter streiken. Sie glauben der Unternehmensleitung
und ihren Betriebsräten kein Wort mehr…“ Artikel
von Jörn Sucher bei Spiegel online vom 19. Oktober 2004
- »Warum arbeitet Rüsselsheim noch?«
Interview
von Deniz Yücel mit Jürgen Schwartz ,
für die linke Betriebsgruppe »Gegenwehr ohne Grenzen«
im Bochumer Betriebsrat, in Jungle World vom 20. Oktober 2004. Aus dem
Text: „.. Frage: Bei Daimler wurden Zugeständnisse in
Sachen Arbeitszeiten und Einkommensbestandteilen erzwungen, bei VW steht
Ähnliches bevor. 80 Prozent der Beschäftigten in der Automobilindustrie
sind in der Gewerkschaft organisiert, aber es gibt keinen betriebsübergreifenden
Widerstand. Warum? Antwort: Obwohl sich die Gewerkschaften nicht zuletzt
deshalb gegründet haben, um einen Unterbietungswettbewerb zu verhindern,
versäumt es die IG Metall, ihre anderthalb Millionen Mitglieder
betriebs- oder und gar branchenübergreifend zu mobilisieren. Ich
habe keine Hoffnung, dass die Führung der IG Metall einen solchen
Widerstand organisieren wird, das müssten die Belegschaften selber
in die Hand nehmen. Auch bei Opel sollten wir es nicht den IG-Metall-Spitzenfunktionären
überlassen, die Sache mit General Motors allein auf dem Verhandlungsweg
zu regeln….“
- Zitat des Tages:
"Wilde Streiks sind unzulässig und rechtswidrig.
Sie gefährden den Standort Deutschland, führen zu einer Radikalisierung
und schaden dem Betriebsfrieden."
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, zitiert in „Opel. Wirtschaft
attackiert die Streikenden. Arbeitgeber-Chef Hundt: Ausstände sind
rechtswidrig“, Artikel
von Christian Lipicki und Matthias Loke in Berliner Zeitung vom 19.10.2004
- Bochum außer Kontrolle. Kommentar
von Hendrik Munsberg in Berliner Zeitung vom 20. Oktober 2004
Aus dem Text: „…Aber vor allem aus Sicht der deutschen
Gewerkschaften sind die Vorgänge in Bochum ein Alarmsignal allerhöchster
Ordnung. Tagelang, so räumen Insider ein, habe die IG Metall die
Kontrolle über die streikenden Automobilarbeiter verloren. Beinahe
flehentlich empfahl gestern Gewerkschaftschef Jürgen Peters den
Bochumer Streikenden, wieder an die Arbeit zu gehen….“
- Bedrohung erkannt. Druck auf Bochumer Opel-Werker. Kommentar
von Klaus Fischer in junge Welt vom 20.10.2004
Aus dem Text: „… Franz tut, was jeder stramme Gewerkschaftsführer
als seine Aufgabe betrachtet: Unruhen, Betriebsbesetzungen, »wilde«
Streiks verhindern und statt dessen hinter verschlossenen Türen
mit der Unternehmensleitung verhandeln. Denn das Selbstverständnis
der Gewerkschaftsspitzen als betriebliche und gesellschaftliche Komanager
ist ungebrochen. IG-Metall-Chef Jürgen Peters jedenfalls rief die
Bochumer am Dienstag direkt auf, an die Arbeit zu gehen. Wer solche
Interessenvertreter hat, braucht keinen Klassenfeind mehr….“
- Solierklärungen
– zuletzt heute Nacht nachgetragen – werden im Laufe des
Nachmittags erneut aktualisiert – es sind Berge aus aller Welt!
II. Branchen: Auto / Opel allg. / Standort-
“sicherung“ oder Standortpoker 2004?
Europäischer Aktionstag am 19.10.04
- Europäischer General Motors Aktionstag - 100.000 Menschen zeigen
europaweit Einigkeit
„Über 50.000 Beschäftigte an den 13 Standorten von
General Motors einschl. Powertrain in Europa, die Bevölkerung und
zahlreiche Politiker, sowie die Beschäftigten an den drei brasilianischen
Standorten des Konzerns sind dem Aufruf des Europäischen Betriebsrats
und der Europäischen Metallgewerkschaften gefolgt und beteiligten
sich am europäischen GM Informations- und Aktionstag. An den europäischen
Produktions- und Entwicklungsstandorten von General Motors und an den
drei brasilianischen Produktionsstandorten des Konzerns kam es zu verschiedenen
Aktionen, Protestzügen und Informationsveranstaltungen.….“
Pressemitteilung
von Europäisches Arbeitnehmerforum/EMB vom 19. Oktober 2004
- Unterstützungserklärung
für die Beschäftigten der Adam Opel AG und General Motors
Europa von Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende der deutschen Automobilunternehmen
vom 19.10.04
Aus dem Text: „…Die GBR-Vorsitzenden der deutschen Automobilunternehmen
fordern die Unternehmensleitungen von General Motors und Opel auf, die
Chance zu einem verantwortlichen sozialen Dialog mit den Arbeitnehmervertretungen
über eine langfristige sozial und wirtschaftlich verträgliche
Lösung wahrzunehmen. Die GBR-Vorsitzenden der deutschen Automobilunternehmen
setzen sich massiv dafür ein, dass auf der Basis der europäischen
Kultur ein vernünftiger Dialog geführt wird…“
Was sonst?
- Gemäßigtes in Trollhättan. Langfristiger
Erhalt des schwedischen Saab-Standorts nicht sicher. Für zwei Stunden
standen am Dienstag im GM-Werk Trollhättan die Bänder still.
Die Zukunft des Saab-Werks ist immer noch offen. Artikel
von Bernd Parusel, Stockholm, in ND vom 20.10.04
- Eisenacher Ruhe. Corsa-Werk steht wegen Zwangsferien
still
“Im Eisenacher Opelwerk blieb am gestrigen Aktionstag alles
still. Die ausgedehnten Parkplätze waren leer, die Betriebstore
geschlossen. Das war allerdings nicht die Folge von solidarischen Kampfaktionen,
sondern einem von der Firmenleitung angeordneten »Korridor«
geschuldet…“ Artikel
von Peter Liebers, Eisenach, in ND vom 20.10.04
- Solidarität mit den kämpfenden ArbeiterInnen bei Opel!
Solidaritätsaktion der BFS-Zürich vor dem Europa-Hauptsitz
von General Motors (GM) in Zürich/Glattbrugg
Rund 30 AktivistInnen haben am 19.10. vor der Europa-Konzernzentrale
von General Motors (GM) in Zürich/Glattbrugg gegen den geplanten
europaweiten Abbau von 12'000 Arbeitsplätzen protestiert und ihre
Solidarität mit den streikenden ArbeiterInnen im Opel-Werk Bochum
bekundet. Siehe Bericht
und Fotos von der Aktion
III. Branchen: Auto-
und Zulieferindustrie allgemein
- Automarkt weltweit heftig umkämpft. Der Vorwurf,
Opel habe wegen Managementfehlern Probleme, greift viel zu kurz. Die
Konzerne führen ihren Krieg um Höchstprofite auf Kosten der
Beschäftigten. Artikel
von Winfried Wolf in junge Welt vom 19.10.2004
- how Delphi treats workers in Mexico
Die NGO "Coalition for Justice in the Maquiladoras" klagt
mit drastischen Beispielen den größten Autozulieferer der
Welt, Delphi - ehemals GM -, an: die Beschäftigten in Mexiko würden
äußerst brutal und unrechtmäßig behandelt. UAW-Mitglied
Gregg Shotwell findet die Aufklärung über das Vorgehen der
Delphi-Bosse gut und will die Informationen weiter verbreiten. Er hält
aber die Aufforderung der Coalition, Protest-Briefe zu schreiben,
für zwecklos. Nötig sei die praktische Solidarität der
amerikanischen Kolleginnen und Kollegen. Wir dokumentieren den Aufruf
wie Kommentar, beides englisch
IV. Diskussion: Grundrechte / Kommunikationsfreiheit
/ Netzzensur
Solidarität mit indymedia - es geht um die Erhaltung
von Presse- und Meinungsfreiheit.
Am 7.10.2004 forderte das FBI den Hostingprovider Rackspace
auf, Festplatten der Indymedia-Server in Großbritannien und San
Antonio (Texas) auszuhändigen. Rackspace, auf deren Servern mehr
als 20 IMCs (Independent Media Centers) gehostet wurden, fügte sich
dieser Anordnung und händigte die Festplatten aus, was dazu führte,
dass einige Indymedia Webseiten vom Netz genommen oder in ihrer Funktionalität
beeinträchtigt wurden. Wir berichteten bereits und das LabourNet
hat am Wochenende die „Declaration
in Support of the Indymedia Network and Against the Seizure of its Servers“
unterschrieben
V. Diskussion: Wipo / Seattle / 3.
Europäisches Sozialforum vom 14.-17. Oktober 2004 in London
- Sweet cacophonia? Das dritte Europäische Sozialforum ging in
London zu Ende. Artikel
von Bernard Schmid vom 20.10.04, er hat für das LabourNet besonders
die gewerkschaftlichen Veranstaltungen beobachtet…
- Bildergalerie
mit Kommentaren, beides von Bernard Schmid
- Große Vielfalt, schwierige Einheit. Chaos, Kritik und Hoffnung:
Gestern ging in der britischen Hauptstadt das Dritte Europäische
Sozialforum zu Ende. Artikel
von Susanne Götze, London, in ND vom 18.10.04
- Europäisches Sozialforum 2004 in London – Sonderseite
mit Berichten und Bildern bei attac
VI. Internationales: Kolumbien
Erfolgreicher Generalstreik - Bewegung erstarkt
Am 12.Oktober 2004 beteiligten sich rund 800.000 Beschäftigte
des öffentlichen Dienstes am Generalstreik, zu dem alle wichtigen
Gewerkschaftsföderationen Kolumbiens und zahlreiche Organisationen
diverser sozialer Bewegungen aufgerufen hatten - in der Hauptstadt Bogota
demonstrierten (nach Polizeiangaben) 300.000 Menschen. Helmut
Weiss fasst die telefonischen Informationen von Hector Jimenez, Aktivist
der CUT, zusammen
VII. Internationales: Brasilien
Der groesste Bankenstreik der Geschichte
Seit dem 14.September 2004 befinden sich rund 200.000
Bankangestellte quer durch Brasilien im Streik. Inzwischen ist der urspruenglich
reine Lohnstreik allein durch seine Dauer zum Politikum geworden. Ein
Bericht
von Helmut Weiss vom 14.Oktober 2004
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils
aient ou non un emploi
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