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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 15. April 2011: I.Internationales / Japan / Erdbeben 2011 Verzweiflungstaten? Während die japanische Regierung öffentlich ihren Kurs "gar nicht soo schlimm, alles im Griff" weiter verfolgt und rund um die Welt Vergleiche zu Tschernobyl gezogen werden, ändert sich für die Menschen offensichtlich nichts: Sie leiden unter den Folgen von Erdbeben, Tsunami und AKW. Zwei Maßnahmen zeigen, wie hinter der Propaganda regelrechte Verzweiflung aufscheint: Am 04. April kam eine Einheit des US-Amerikanischen CBIRF in Japan an. Und: In schreiendem Widerspruch zur Realität wird das hohe Lied der Helden von Fukushima gesungen. a) Atomkriegseinheit mobilisiert Das CBIRF ist eine Spezialeinheit der US Armee mit der Aufgabe, die Folgen eines Atomkriegs zu bekämpfen. Mit diesem neuen Kontingent befinden sich bereits 24.000 US Soldaten im Raum Ostjapan - zusammen mit 100.000 japanischen Soldaten das grösste Militäraufgebot nach der Kapitulation 1945. Warum diese Notmaßnahme und warum dieser Aufmarsch wird im "Doro Chiba Quake Report Nr 11" vom 13. April 2011 gefragt... b) Held weil arm? Alle gemeinsam müssten jetzt ran, war der Tenor der Reden vom Kaiser bis zur Regierung: Wie immer in Klassengesellschaften müssen manche mehr, die Beschäftigten von Subunternehmen etwa, die keineswegs zufällig auch die bisherigen Verletzten sind. "Schon unter normalen Umständen sind sie die Fußsoldaten der Atomindustrie. 2009 stellten sie nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde Nisa 88 Prozent der 83.000 Arbeiter in Japans 18 Atomkomplexen. In Fukushima I erreichten sie einen Anteil von 89 Prozent unter 10.303 Arbeitern. In der übrigen Wirtschaft stellen Zeitarbeiter nur rund 30 Prozent" - aus dem Artikel "Japans Strahlenproletariat" von Martin Fritz am 13. April 2011 in der taz. Siehe dazu auch: Auf Empfehlung der Kollegen von Doro Chiba, die ihn uns als nützlichen Hintergrundartikel avisiert haben, auch wenn schon älter, der Beitrag "Mendigos, esclavos nucleares en Japón" von David Jimenez in der Beilage zur spanischen El Mundo vom 08. Juni 2003 - für spanischunkundige ist auch der Titel schon informativ: "Bettler, Japans Nuklearsklaven"... II.Internationales / Elfenbeinküste "Wir hatten keine Wahl..." "Wenn die Elefanten kämpfen, leidet das Gras" - so, oder ähnlich - soll ein altes Sprichwort lauten. Nun sind weder Gagbo noch Outtara Elefanten, aber sie haben einiges Gewicht und den beiderseitigen Anspruch auf die Präsidentschaft der Elfenbeinküste. Der Eindruck, der in der bürgerlichen Berichterstattung erweckt wird ist "Demokratie versus Willkür". Der Eindruck, der bei genauerem Hinsehen entsteht ist ein anderer: Eher ein Clankampf mit wechselnden Partnerschaften. Und: "Französisch" heisst in der Afrikapolitik in der Regel Fallschirmjäger. Eine knappe Materialsammlung "Wir hatten keine Wahl" vom 15. April 2011, worin das Schwergewicht darauf zu legen versucht wird, die soziale und politische Bedeutung dieser Auseinandersetzungen für die Menschen der Elfenbeinküste hervorzuheben. III.Internationales / Ägypten Mubarak ist weg - das System soll bleiben? Erneut Konfrontationen zwischen Demonstranten und Militär in Kairo, weiterhin Repressionsversuche gegen die zahlreichen Streiks: Dass Mubarak gehen musste, ist der amtierenden Regierung des Militärrats offenbar Änderung genug - obwohl die Verhaftungen im Laufe der Woche, sowie die Festnahme einiger "naher Bekannter" auch als Konzession an die Stimmung zu werten sind. Die sich als etbliert betrachtenden Oppositionsparteien wollen keine weiteren Proteste, die immer noch existierende NDP Mubaraks soll Schläger rekrutieren...Der Artikel "Tahrir protesters disagree about the way forward" von Mohamed Elmeshad und Heba Afify am 11. April 2011 bei Al Masry al Youm gibt eine aktuelle Bestandsaufnahme auf dem Tahrir. Siehe dazu auch: "Former Army officer protests against Tantawi, Enan" ein Video bei Vimeo über die Proteste gegen den Militärrat am 08. April 2011. Sowie: "Workers' struggles continue in 'post-revolution' Egypt" am 14. April 2011 bei libcom - ein (unvollständiger) Überblick über die aktuelle Streikbewegung. IV.Internationales / Swasiland Ein Monarch auf Repressionskurs: Massenfestnahmen von GewerkschafterInnen Die Könige sind nicht nur in Nahost auf Repressionskurs - auch in Swaziland ist die Demokratiebewegung seit langem Zielscheibe von Unterdrückungsmaßnahmen. Am 11. April hat diese Haltung zu einer neuen Eskalation geführt: Barnes Dlamini, der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes SFTU, Sipho Kunene, Vorsitzender der Swaziland United Democratic Front, Sibongile Mazibuko, Vorsitzender der Swaziland National Association of Teachers (SNAT), Muzi Mhlanga, Generalsekretär der SNAT und Nomkhosi Dlamini-Gumedze, SFTU Frauensekretärin wurden allesamt festgenommen. Schulen wurden von Polizei besetzt, ein Campus ebenfalls und auch zahlreiche weitere AktivistInnen der Demokratiekampagne wurden verhaftet - ein Lehrergewerkschafter bezeichnete die Polizeiaktion als heftigste Unterdrückungsmaßnahme der letzten Jahrzehnte, mehrere Hundert LehrerInnen sollen festgenommen worden sein. Der südafrikanische Gewerkschaftsbund COSATU hat dazu aufgerufen, mit Massenaktionen die Grenzen Swasilands zu schliessen. Fortlaufende Meldungen und Soliaktionen unter "Monarchy cracks down on pro-democracy protests" bisher zuletzt am 14. April 2011 bei der australischen Links. V.Internationales / Island Kein Banküberfall? "Nein, die IsländerInnen wollen nicht, dass die Schulden ihrer pleitegegangenen Privatbanken einfach vergesellschaftet werden. Zum zweiten Mal binnen einem Jahr lehnten sie am vergangenen Samstag in einem Referendum ein Abkommen über die Schuldenrückzahlungen ab, das ihre Regierung mit Britannien und den Niederlanden geschlossen und das Parlament auch gutgeheissen hatte" - so beginnt "Die Unschuld der IsländerInnen" von Reinhard Wolff am 14. April 2011 in der Woz VI.Internationales / Dänemark 0 Euro Jobs: Müllbeseitigung Dänemark galt einst als relativ liberaler Staat - was auch immer das genau gewesen sein mag, und wohl eher der Tatsache geschuldet, den Nachbarn aus teutonischer Nachkriegssicht gesehen zu haben. Dass dort die Rechte marschiert ist durch Wahlergebnisse bekannt geworden. Aber auch dadurch kann dies gesehen werden: Der Müll. Zuviel davon, wie überall, wo es Verpackungsindustrie gibt - und die Kommunen sind finanziell ähnlich ausgestattet, wie in der BRD. Aber innovative Bürgermeister haben sie: Die Erwerbslosen sollen den Müll wegmachen, sie haben ja Zeit. Viel Zustimmung ausser bei der Gewerkschaft FOA wird in dem Artikel "Unemployed to collect rubbish" der Kopenhagenpost vom 12. April 2011 signalisiert - und die anschliessenden Leserkommentare sind meist auch dies Geistes Kind... VII.Internationales / Portugal In der Krise angekommen "Die gegenwärtige politische und ökonomische Krise in Portugal ist das Ergebnis von Entwicklungen, die sich auf den Anfang der 2000er Jahre zurückverfolgen lassen. Nach einer Wachstumsphase von 1996 bis 2000 brach das Wirtschaftswachstum von über 4 Prozent (2000) auf 2 Prozent (2001) ein und sank 2002 mit der Einführung des Euros weiter auf 0,8 Prozent. Die wechselnden portugiesische Regierungen reagierten eher vorsichtig auf die Krise - umfangreiche Kürzungen im sozialen Bereich blieben aus. Die Löhne stagnierten weitgehend, aber deutliche Veränderungen waren hier ebenfalls nicht zu erwarten - nicht zuletzt, weil die Löhne ohnehin die niedrigsten in Westeuropa sind. Entgegen der neoliberalen Krisenstrategie, die in Europa vorherrscht(e), wurde 2006 der Spitzensteuersatz von 40 auf 42 Prozent angehoben - ein einmaliger Vorgang innerhalb der Europäischen Union" - so beginnt "Jetzt wird's laut: In Portugal regt sich Widerstand gegen die neoliberale Krisenbewältigung" von Ismail Küpeli auf dessen blog (leicht veränderte Fasung gegenüber dem Artikel in analyse&kritik 560 vom 15. April 2011). VIII.Internationales / Chile / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Ein Traumland der Unternehmerwillkür... 33 Tage lang haben die Beschäftigten der privaten Kupfermine Collahuasi Ende 2010 gestreikt. Jetzt geht die Unternehmensleitung vor Gericht: Die sieben Mitglieder des betrieblichen Gewerkschaftsvorstandes sollen laut Anklage bis zu drei Jahren ins Gefängnis gehen. unter ihnen auch Cristian Arancibia, der Vorsitzende der Federación Minera de Chile, die alle 22 Betriebsgewerkschaften in Privatunternehmen des Kupferbergbaus umfasst. In der Solidaritätserklärung "Somos uno con los dirigentes del Sindicato de Minera Collahuasi" vom 12. April 2011 (hier bei rebelion.org) erklären sich die Vertreter von 16 Alternativgewerkschaften solidarisch: Wer streikt, kommt ins Gefängnis - so sähe das Traumland der Unternehmer aus... ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |