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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 04. Juni 2010: I.Internationales / China / Arbeitskämpfe Der Hondastreik: Ende des Billiglohns? Seit dem 17. Mai befinden sich rund 1800 Hondaarbeiter im Streik - der, entgegen mancher Meldung von gestern und heute, keineswegs beendet ist. Honda - das den meist jungen "Trainees" weniger als den regional vorgeschriebenen Mindestlohn bezahlte - hatte zuerst eine Erhöhung der Beihilfen um 55 Yuan angeboten, um danach bis zu 455 Yuan zu gehen - allerdings nicht für Alle, und das war eine der Grundforderungen. Die offizielle ACFTU-Gewerkschaft glänzte diesmal nicht durch Nichtstun - sondern mobilisierte massiv gegen die Streikenden, die ihren Rat, mit dem Streik aufzuhören, nicht befolgten. Keine Sanktionen und eine demokratische Gewerkschaftswahl gehören nach den jüngsten Entwicklungen zum Forderungskatalog der Streikenden. a) "Müssen wir in die Fußstapfen unserer Eltern treten?! - Blutige Auseinandersetzungen in chinesischem Vorzeigewerk von Honda" unter diesem Titel gibt es einen am 04. Juni 2010 ins Deutsche übersetzten, vom Globalization Monitor Hongkong verbreiteten, Aufruf eines Honda-Arbeiters, der die Stimmungslage der Streikenden widerspiegelt. b) Einige Photos der Auseinandersetzungen der jungen Streikenden mit ACFTU-Gelbkappen vom 31. Mai 2010 beim chinesischen zggr. c) Der (englische) Weltweite "Solidaritätsaufruf mit Honda-Arbeitern" von Globalization Monitor und Asia Monitor Resource Centre, beide aus Hong Kong, vom 01. Juni 2010 in der aktualisierten Fassung vom 05. Juni 2010 mit inzwischen zahlreichen Unterschriften vor allem asiatischer gewerkschaftlicher Organisationen. d) Dieser Aufruf kann unter "Solidarity with Honda Workers' Struggle" bei Go Petition unterzeichnet werden - und sollte es auch! II.Internationales / China / Arbeits- und Lebensbedingungen In den Medien Chinas heisst Foxconn jetzt "Selbstmord-Express" Die "freiwillige Lohnerhöhung" wurde noch einmal erhöht, alle zeigen sich angesichts der Selbstmordwelle in Shenzen besorgt, sogar die KP Chinas. Bis auf einen gewissen Herrn Jobs, der findet die Foxconn-Anlage "für eine Fabrik ganz nett", aber er jobbt ja auch nicht da. Aktivitäten und gute Ratschläge aus allen politischen Ecken haben Konjunktur. In jedem Fall: Irgendwelche Veränderungen im weltgrößten Industrieunternehmen werden Einfluss auf Arbeitsbedingungen nicht nur in ganz China haben. "Foxconn needs a better trade union" von Philip Elmer-DeWitt am 03. Juni 2010 bei "Fortune" überrascht vielleicht manchen, dass es gerade in dieser Zeitschrift erscheint, zeigt aber den Gesamttrend an, der die gesamte (eben nicht nur westliche) Berichterstattung über ArbeiterInnenproteste in China allerspätestens nach Foxconn und Hondastreik prägt: Die Zeit der Billiglöhne neigt sich ihrem Ende zu. Dass die Reaktionen auch in China selbst intensiv und weitverbreitet sind zeigt auch die kurze Dokumentation "Chinese responses to Foxconn suicides" der China Labour News Translation vom 03. Juni 2010. "Better relations to curb workplace frustrations" von Xie Yu am 31. Mai 2010 beim englischen Peoples Daily führt neben einer recht ausführlichen Darstellung der Ereignisse auch den Aufruf des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes an, der klugerweise harmonische Arbeitsbedingungen einfordert - und Wang Yang, Parteisekretär von Guangdong, der am 29. Mai auf einer gemeinsamen Konferenz mit lokalen Behörden kund gab, die wirtschaftliche Entwicklung müsse den Menschen dienen... In verschiedenen asiatischen Ländern - naheliegenderweise vor allem in Taiwan - gehen die Solidaritätsproteste weiter. "Foxconn protesters at Taiwan tech fair" am 04. Juni 2010 im p2pnet berichtet über Proteste auf Asiens grösster Technologiemesse - allemal besser denn überflüssige Ratschläge... Schliesslich: Bewirbt sich der zynische Fabrikant überflüssiger Erwachsenenspielzeuge um einen Job bei Foxconn? Die Stellungnahme Jobs, für eine Fabrik sei es bei Foxconn ganz nett wird beispielsweise in "Steve Jobs: iPad Suicide Factory 'Pretty Nice'" von Paul Mc Dougall am 03. Juni 2010 in der Informationweek kommentiert und, wie viele andere Kommentare es ausdrücklich oder nicht tun, legt dieser Kommentar nahe, dass Apple auf jeden Fall eine Boykottkampagne "verdient". III.Internationales / USA / Lebens- und Arbeitsbedingungen Das schwarze Loch... Scheibchenweise zugeben, was nicht mehr abzustreiten ist, ist eine der ältesten Vorgehensweise der unternehmerischen (und politischen) Schadensbegrenzung: BP beherrscht sie. Die seit vielen Wochen täglich austretende Ölmenge wächst ebenso stetig an, wie die Zahl der Dokumente, die verdeutlichen, dass vor den Gefahren sehr wohl gewarnt wurde. Zum Alltag gehört es inzwischen auch, dass die jeweiligen BP Sprecher gezwungen sind, sich gegen immer mehr kritische Fragen zu wehren, bzw ihnen auszuweichen. Aber nicht nur sie - auch die Regierung und, gerade in den USA, auch jene Umweltorganisationen die sich eng mit Grossunternehmen verbunden haben...Unsere kleine Materialsammlung "Schwarzes Loch" vom 03. Juni 2010, mit einigen weiterführenden Links. IV.Internationales / Nigeria "Ölpest? Wir haben immer Ölpest!" Die Industriekatastrophe in den USA erweist sich täglich als weitreichender, denn am Tage zuvor jeweils eingestanden. Zwar wissen die Kommerzmedien noch nicht so recht, wie sie in diesem Fall kund tun sollen, dass die Welt am deutschen Wesen genesen könnte und beschränken sich konsequent auf das, was alle wissen - aber ebenso konsequent wird in der BRD die gesamte Bedeutung der Problematik Ölförderung ohne Erwähnung gelassen. Was nicht überall so ist. Das titelgebende Zitat ist aus dem Artikel "Nigeria's Agony Dwarfs the Gulf Oil Spill. The US and Europe Ignore It" von John Vidal im britischen Oberserver am 30. Mai 2010 veröffentlicht, in dem die permanente Katastrophe im Nigerdelta in Zusammenhang mit der aktuellen am Golf von Mexiko gebracht wird. Die Katastrophe Nigerias beginnt mit den permanenten Explosionen, die regelmässig medial nie erwähnte Todesopfer fordern. Und geht weiter damit, dass die ehrenwerte Firma Shell bei ähnlichen Vorkommnissen das Öl schon mal sechs Monate lang einfach laufen lässt, ganz ohne Fernsehshow - wo einst Wälder waren, sind jetzt ölige Sümpfe, wo einst Fische gefangen wurden, kann jetzt niemand mehr leben. Die jährliche Menge Öl, die sich im Delta und den Weltmeeren verbreitet, ist bis heute immer noch größer, als alles, was bisher am Golf von Mexiko auslief... Siehe dazu unbedingt auch: V.Internationales / Kanada Kein Wasser. Trotzdem Ölpest Während die Medien seit Ende April 2010 voll sind mit Showberichten über BPs Deepwater Horizon (und das mindestens ebenso verseuchte Nigerdelta kaum irgendwo auftaucht) kümmert sich die Ölindustrie in Kanada weniger ums Wasser - dafür um den Sand, genauer die Teersände in Nordalberta. Die First Nations leisten Widerstand gegen ein Projekt, wie es gigantischer kaum sein könnte - und fataler auch nicht, wird in "Tar Sands of Alberta" von Michael Werbowski am 20. Mai 2010 in worldpress.org berichtet. VI.Internationales / Kolumbien / Arbeitskämpfe BP hat noch Freunde: Militär gegen Betriebsbesetzung Im Zuge des Widerstands gegen die Verweigerung von Verhandlungen über Lohnerhöhungen hatten grosse Teile der Belegschaft des BP-Werkes in Tauramena dieses symbolisch besetzt. Am 2. Juni zeigte sich dann, dass BP - weltweit gerade mit schlechtem Image wegen des Golfes von Mexiko - doch noch Freunde hat, beispielsweise eben die Regierung Kolumbiens. einheiten der Armee überfielen die protestierenden Arbeiter, Mitglieder der Ölarbeitergewerkschaft USO, um die "Sicherheit der Produktionsanlagen" zu garantieren. Die britische Colombia Solidarity Campaign hat den USO-Appell "ARMY ASSAULT AGAINST WORKERS IN TAURAMENA" vom 02. Juni 2010 ins Englische übersetzt, die Adressen für Protest- und Solimails hinzugefügt und den Verweis auf eine Videodokumentation über Ölgesellschaften in Kolumbien. VII.Internationales / Thailand Von der "Ruhe" zur Friedhofsruhe? Was keine Schlagzeilen mehr macht: Der Versuch, aufzuräumen. Nachdem die Auseinandersetzungen in Bangkok mit Militärgewalt beendet wurden, wird der Alltag in Thailand seitdem von permanenten Polizeirazzien bestimmt. Wer irgendwie als oppositionell oder Ähnliches bekannt ist, wird als potenzieller "Rothemden-Anführer" eingeordnet - und festgenommen, wenn es geht. Am 24. Mai wurden Professor Suthachai Yomprasert und Somyos Pruksakasemsuk zwecks Befragung von der Polizei vorgeladen, wobei sie ohne nähere Begründung bzw Anklage festgenommen wurden. Prof. Yomprasert wurde inzwischen wieder freigelassen, während Somyos Pruksakasemsuk, der unter anderem lange Jahre mit der Internationalen Chemiegewerkschaftsföderation ICEM zusammengearbeitet hat, immer noch festgehalten wird. Robert Reid, der Generalsekretär der neuseeländischen National Distribution Union hat am 31. Mai 2010 die Information und Soliaufruf "Detention of Thai friends" verbreitet. Neben der NDU hat auch der nepalesische Gewerkschaftsbund Gefont am 31. Mai 2010 den Protestbrief "Immediate release of Somyot Pruksakasemsuk and Associate Professor Suthachai Yimprasert" veröffentlicht. VIII.Internationales / Frankreich / Arbeitskämpfe Zivilprozess-Urteil gegen Conti-Protest Aktivisten "Sechs Lohnabhängige von Continental sollen je 1.280 Euro "Schadensersatz" an den Staat zahlen. Auch hier wurde jedoch Wert auf eine politisch eher "deseskalierendes" Urteil gegen die Angeklagten, bei gleichzeitiger Anerkennung ihrer "Schuld" und der Legitimität des staatlichen Anspruchs, gelegt" - so beginnt der kurze Bericht "Frankreich: Nach dem straf- jetzt das zivilrechtliche Urteil gegen die "Contis"" von Bernard Schmid vom 04. Juni 2010. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |