Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, neu im LabourNet Germany am Freitag, 18. November 2005 I.Internationales / Japan Internationale Protestaktion gegen Privatisierung und Krieg Am 6. November nahmen in Tokio rund 10.000 Menschen an der "Internationalen Kundgebung gegen Krieg, Privatisierung und Gewerkschaftszerschlagung" teil, mit vielen TeilnehmerInnen aus Korea (KCTU) und grossen Delegationen der Dockarbeitergewerkschaft ILWU und der Maschinistengewerkschaft AMFA (die über ihren Streik bei den Northwest Airlines berichteten) aus den USA. Der Hintergrund dieser Demonstration ist ein dreifacher: Zum einen will die japanische Reaktion die Verfassung ändern, um wieder "richtig" bei den Kriegen dieser Welt mitmischen zu können (natürlich, wie heute alle, um irgendwo die Freiheit zu verteidigen), an der Seite der USA, zum anderen bedeutet der Wahlsieg Koizumis - neben neuen Erziehungsgesetzen, gegen die diverse LehrerInnengewerkschaften zur Zeit streiken und mit denen Schulbücher bekannter Kriegstreiber eingeführt werden - die beschleunigte Privatisierung weiterer Bereiche, nachdem er kürzlich mit der Post einen gegen alle Widerstände erfolgreichen Anfang gemacht hatte. Drittens häufen sich in Japan, wie in Südkorea und den USA Maßnahmen der Beschränkung gewerkschaftlicher Tätigkeit. Organisiert war diese, als Auftakt einer langfristigen Kampagne verstandene Aktion von oppositionellen Basisorganisationen diverser Gewerkschaften: Der Solidaritätsgewerkschaft japanischer Bau- und Transportarbeiter aus Kansai (Kan-Nama), der Metallgewerkschaft aus Osaka, Minato-Godo, und der Lokführergewerkschaft von Chiba (Doro-Chiba). Wir dokumentieren die (ins englische übersetzten) Kundgebungsreden von japanischen oppositionellen Gewerkschaftern und ihren Verbündeten, die vom LaborNet USA am 11. November 2005 per Mail (aber nicht im Netz) publiziert wurden, und werden im Verlaufe der nächsten Woche grössere Teile auf Deutsch nachliefern, da sehr interessante Informationen über Auseinandersetzungen und Debatten der japanischen Gewerkschaftsbewegung in den Beiträgen enthalten sind. II.Internationales / Burkina Faso Gewerkschaften ziehen Bilanz und beschliessen neuen Generalstreik Die burkinabischen Gewerkschaftsverbände und autonomen Gewerkschaften, die den erfolgreichen Generalstreik im Oktober organisiert haben, haben auf einer Klausursitzung beschlossen in Dezember einen erneuten, diesmal dreitägigen Generalstreik gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und die Teuerung zu organisieren - mit historischer Bedeutung: Vom 15. - 17. Dezember, exakt 30 Jahre nach der grössten Streikbewegung der Geschichte Burkina Fasos. Die (französische, mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Pressemitteilung des gewerkschaftlichen Koordinationskomitees "72 heures de grève en perspective contre la vie chère au Faso" vom 15. November 2005. III.Internationales / Iran Terrourteile gegen AktivistInnen In Saqez im Westiran sind bei fünf anstehenden Prozessen gegen die Initiatoren der dortigen diesjährigen Maidemonstration regelrechte Terrorurteile gefällt worden: Mahmoud Salehi wurde zu fünf Jahren Haft und anschliessend drei Jahren Verbannung verurteilt, Jalal Hosseini zu drei Jahren Gefängnis. Drei weitere Aktivisten sollen für je 2 Jahre ins Gefängnis. Der (englische, mit ultrakurzer deutscher Zusammenfassung) Solidaritätsaufruf "Labour activists in Iran sentenced to prison and exile for taking part in May Day rally" von API-Brief vom 15. und 16. November 2005 IV.Internationales / Argentinien Betriebsbesetzung bei Call Center erfolgreich Etwa 80 Beschäftigte von Atento (einem Call Center, das von Telefonica Argentina subkontraktiert ist) hatten am 9. November das Unternehmen im Süden von Buenos Aires besetzt. In der Nacht versuchten (ähnlich, wie Tage vorher bei der Zeitung "Cronica") Schlägerbanden, die Besetzung zu beenden, und obwohl mehrere Beschäftigte ärztlich behandelt werden mussten, gelang es nicht. Daraufhin erklärte sich die Geschäftsleitung zu Verhandlungen mit der Gewerkschaft FOETRA bereit, bei denen die Forderungen der Belegschaft erfüllt wurden, die sich allesamt auf die Ablehnung sogenannter Sicherheitsmaßnahmen bezogen. Der (spanische) Bericht "Nuevo triunfo de los telefónicos" der Nachrichtenagentur ANRED vom 11. November 2005 bei "Indymedia Argentina". V.Internationales / Haiti Gewerkschaft forciert Debatte um Aristide Nach dem einfachen Muster "weil er von den USA vertrieben wurde, muss er gut sein" gibt es in der internationalen Solidaritätsbewegung mit Haiti eine wohl mehrheitliche Strömung die Präsident Aristide von der Lavalas Bewegung unterstützt. "Batay Ouvrière" die auch international einigermassen bekannte Gewerkschaftsorganisation (etwa in der Freihandelszone) fordert nun diese Position mit einer Kritik heraus, die besagt, dass Aristides Regierung keineswegs progressiv war. Eine Position, die durch die Spaltungen bei Lavalas in bezug auf die kommenden Wahlen zumindest nicht widerlegt wird, denn da werden von Teilen auch ehemalige Weltbankexekuteure und "Baby Doc" Minister unterstützt. In dem (englischen, mit kurzer deutscher Zusammenfassung) Beitrag "Haitian Labor Group Confronts US Lavalas Backers" von David Wilson (Nicaragua Solidarity Network, Grassroots Haiti Solidarity Committee) vom 11. November 2005 diskutiert der Autor diese Positionen im Zuge der Vorbereitung einer US-Rundreise einer "Batay" Vertreterin. VI.Internationales / USA /Arbeits- und Lebensbedingungen Halliburton: Sklavenarbeit auch in New Orleans Die "Personalpolitik" von Halliburton und "Töchtern" (insbesondere der in an der Golfküste der USA, dem Irak und in Guantanamo Bay tätigen KBR) sowie beauftragten Unternehmen im Irak ist bekannt und berüchtigt. In Asien werden billige Arbeitskräfte angeworben - zur Not auch mit Lügen. Lügen über den Einsatzort sind für jene, die dieselbe ehrenwerte Gesellschaft für New Orleans etc anwirbt nicht nötig - wohl aber werden sie angelogen, was Lohn und Arbeitsbedingungen anbetrifft - "sie" das sind die vorrangig ohne Papiere arbeitenden jungen Leute aus Lateinamerika. So der Fall von 74 jungen Männern aus Mexico (die meist überhaupt kein Englisch und höchstens gebrochen spanisch sprechen) die für 8 Dollar die Stunde arbeiten sollten, es drei Wochen lang taten, dafür genau Null erhielten und auf die Strasse geworfen wurden - vom Subunternehmen eines Subunternehmens...Eine dieser Untenehmensleitungen wirft der jeweils "nächsthöheren" nun vor, sie habe sie nicht ausgezahlt, deswegen habe sie nicht auszahlen können - und wer betrogen ist, sind die angeworbenen Arbeiter. Halliburton selbst weist natürlich alles von sich - inklusive der Kritik an der Rekrutierung von Menschen ohne Papiere im Ausland - schlecht für die Firma ist allein, dass die "Migra" - die berüchtigte US-Amerikanische Fremdenpolizei - ganz andere Ergebnisse veröffentlicht, als Halliburton behauptet. Hintergrund dieses neuerlichen Betrugs sind die Lockerungen - "Flexibilisierung" ist das Zauberwort solcher Geschäftemacher keineswegs nur in den USA - der Arbeitsschutzbestimmungen durch das Duo Cheney/Bush im gefolge von Katrina: aus diversen Branchen des "Wiederaufbaugeschäfts" (an der Mehrheit der Bevölkerung vorbei) in dem Halliburton groß mitmischt, werden Entlassungen gemeldet - und Neueinstellungen. Zuerst beispielsweise 22 Dollar Stundenlohn, jetzt 14. Wenn sie denn ausbezahlt werden - denn reihenweise klagen Gruppen, die MigrantInnen vertreten vor Gerichten auf Ausbezahlung von Löhnen...Der ausführliche (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Gulf Coast Slaves" von Roberto Lovato vom 15. November 2005 bei "Truthout". VII.Internationales / Honduras Krank - und militant: Bergarbeiter wehren sich Seit dem 25. Oktober streiken in der Mine San Martin die 260 Bergarbeiter, die sich gegen die Unternehmensleitung des US-kanadischen Konzerns Glamis Gold wehren. Diese hatte seit September den Inhalt des damals abgeschlossenen betrieblichen Tarifvertrags konsequent mißachtet und entgegen aller Abkommen und der Gesetzeslage wegen Protesten auch noch drei Arbeiter - die nachweislich an Berufskrankheiten leiden - entlassen. Deswegen rief die Gewerkschaft SITRAMEMHSA zum Streik. Der (englische) Bericht "Honduran Mine Workers Sick and Fired but Fighting Back" von Sandra Cuffe vom 14. November 2005 bei Upside Down World. VIII.Internationales / Sambia Privatisiert - und krank: Bergarbeiter erleben Kapitalismus Sambias "wesentlicher Beitrag zum Kapitalismus ist Kupfer" heute wie eh und je, zumal gerade ein Nachfrageboom besteht. Also die viel erwünschten neuen Investitionen - in der privatisierten Branche. Die Kupfererzeugung stieg von 275.000 Tonnen im Jahr 2000 auf 550.000 dieses Jahr und soll 2006 nochmals um mindestens 50.000 Tonnen anwachsen. Wer den Preis des Booms bezahlt: Erraten! Bei 11 Millionen EinwohnerInnen, von denen lediglich 500.000 einen "normalen Job" haben und die gewerkschaftliche Organisationsrate niedrig: Der grösste Unfall passierte im April in der BGRIMM-Mine in Chambishi an der Grenze zum Congo, als 49 ArbeiterInnen starben. Insgesamt waren es in den ersten 9 Monaten des Jahres mindestens 71 Todesopfer in sambischen Kupferminen - die heute etwa, wie BGRIMM der chinesischen Regierung oder wie Mopani, wo es den zweitgrössten "Unfall" gab, dem in der Schweiz angesiedelten Glencore International gehören (mit Minderheitsbeteiligungen Sambias). Der (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Zambia's Miners Pay High Price For Copper Boom" von Jackie Range für Dow Jones Newswires, gespiegelt am 15. November 2005 bei der "Mines & Communities Website". ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |