Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Dienstag, 26.
Oktober 2004:
I. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis
der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
a) "Zusammenführung"
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
- Leitlinien der Bundesagentur für Arbeit zur Umsetzung des SGB
II
Die Bundesagentur für Arbeit hat die Leitlinien
der BA zur Umsetzung des SGB II
herausgegeben. Mit diesen „Handlungsleitlinien zur Umsetzung des
SGB II“ wird der vorläufige Handlungsleitfaden ersetzt. Er
soll den Agenturen für Arbeit einen Rahmen für die Ausgestaltung
der Zusammenarbeit vor Ort geben. Die Ausgestaltung der lokalen Kooperation
in Form der Arbeitsgemeinschaften soll von den Agenturen vor Ort verhandelt
werden. Die Handlungsleitlinien der Bundesagentur sind mit den kommunalen
Spitzenverbänden nicht im Detail abgestimmt worden, da auf Grund
des erheblichen Zeitdruckes bei der BA keine angemessene Frist zur Stellungnahme
gesetzt worden war. Die Handlungsleitlinien sind abrufbar auf der Homepage
des Dt. Städte- und Gemeindebundes
- Informationen
zur Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung sowie zur Einkommensberücksichtigung
beim Arbeitslosengeld II des BMWA vom 18.10.04
- Umgang mit Ein-Euro-Jobs gerügt. PWV prangert Verdrängung
existierender Beschäftigungsverhältnisse durch die neuen Arbeitsgelegenheiten
an
„Seine Warnungen vor den Ein-Euro-Jobs sieht der Paritätische
Wohlfahrtsverband (PWV) bestätigt: Der Landkreis Uckermark fordert
eine Kommune - entgegen den Zusagen der Bundesregierung - dazu auf,
den Ein-Euro-Jobs Vorrang vor anderen Tätigkeiten im sozialen Bereich
einzuräumen….“ Artikel
von Markus Sievers in FR vom 23.10.2004
- Noch weniger Kindesunterhalt mit Hartz IV
Ab 2005 wird es für viele Kinder keinen Kindesunterhalt mehr geben,
wenn ihre getrennt lebenden Eltern Arbeitslosengeld II beziehen oder
mit neuen Partner/innen zusammenleben.
Pressemitteilung
des Bundesverbandes alleinerziehender Mütter und Väter vom
25.10.04
zu den Auswirkungen von Hartz auf Unterhaltszahlungen
- Hartz IV: aktuelle Informationen insbesondere für junge Menschen
- PP-Vortrag
bei der ver.di-Jugend
- Jobben für einen Euro. Sozialverbände nutzen neue gesetzliche
Möglichkeiten der Ausbeutung per Zwang zur Arbeit bis zu 30 Wochenstunden.
Artikel
von Klaus Störch in junge Welt vom 21.10.2004
b) Minijobs
Frauen sollen dienen. Immer mehr Mini-Jobs sollen als »Innovation«
zur Lösung der Arbeitsmarktprobleme eingesetzt werden. Artikel
von Gisela Notz in junge Welt vom 22.10.2004
c) Arbeitsamt und Arbeitszwang / Alltägliche
Schikanen
- »Sozialamt begeht Rechtsbruch«. Systematische Knebelung
von Arbeitslosen in Sozialämtern und Arbeitsagenturen. Initiativen
müssen Behörden auf die Finger schauen. Ein Gespräch
mit Frank Jäger ,
Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen
(BAG SHI) von Thomas Klein in junge Welt vom 15.10.2004
- Sozialgerichte verurteilen Hartz-Reform. Starke juristische Bedenken
gegen die verschärfte Meldevorschrift für Arbeitslose / "Versehen
des Gesetzgebers"
„Die mit den Hartz-Reformen verschärften Meldepflichten für
Arbeitslose stoßen auf erhebliche juristische Bedenken. Ein Sozialgericht
urteilte, es könne nur ein "gesetzgeberisches Versehen"
vermuten…“ Artikel
von Markus Sievers in der FR vom 11.10.2004
d) PSA
und andere Sklavenhändler
- Neues Deutschland: Rot-Grün verwandelt Zeitarbeit in attraktive
Alternative
Deregulierung und Tarifverträge machen Zeitarbeit gesellschaftsfähig
und verhelfen der Branche zu einem Aufschwung. Bei der Vermittlung zeichnet
sich ein klarer Trend ab. Artikel
von Maike Rademaker in FTD vom 26.10.2004
Aus dem Text: „…Der DGB ist auch zufrieden - mit Einschränkungen.
Mit der Deregulierung seien die Schutzvorschriften weggebrochen. "Und
im Nachhinein fallen natürlich die Kindheitsfehler der Tarifverträge
auf", sagte Christof Wachter, Tarifexperte beim DGB. So gebe es
häufig keinen Ausgleich für Mehrarbeit. Aber unter dem Strich
"hat sich der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bewährt".
Allerdings bezweifelte Wachter, dass ein wichtiges Ziel der Reform erreicht
werde: dass durch die Deregulierung tatsächlich Beschäftigung
entsteht. Die großen Firmen der Branche, Randstad, Manpower, Adecco,
Deutscher Industrie Service (DIS), haben in jedem Fall profitiert. Konnten
vor der Reform Zeitarbeiter maximal 24 Monate "verliehen"
werden, ist die Zeit jetzt unbegrenzt. Firmen nutzen das gerne für
langjährige Großprojekte….“
- Kampf in der Arbeitslosenindustrie. Ein-Euro-Jobs und Einstiegsgeld
machen Ich AG und Personalserviceagenturen Konkurrenz. Artikel
von Stefan von Borstel in die Welt vom 26.10.04
Aus dem Text: „…"Im Januar werden die Karten neu
gemischt", sagt Thomas Reitz, der Chef von Manpower, der drittgrößten
Zeitarbeitsfirma in Deutschland. Manpower betreibt 47 Personalserviceagenturen
(PSA), die im Auftrag der Arbeitsagenturen Arbeitslose als Zeitarbeiter
in Firmen vermitteln sollen. Die Zeitarbeitsfirmen, die die PSAs zunächst
als subventionierte Konkurrenz bekämpft haben, haben sich mittlerweile
arrangiert - und betreiben selbst welche. Im Überschwang der Hartz-Reform
hat die Arbeitsverwaltung in ganz Deutschland flächendeckend PSAs
eingerichtet. Heute existieren 782 mit rund 35 000 Mitarbeitern. Insgesamt
wurden knapp 100 000 Arbeitslose durch die PSAs geschleust. Nur jeder
Dritte erhielt eine Festanstellung. Die Zukunft der PSA ist ungewiß.
Denn das Instrument ist vergleichsweise teuer: Der PSA-Einsatz eines
Arbeitslosen kostet im Schnitt 1100 Euro im Monat, mehr als doppelt
so viel wie die 300 bis 500 Euro für einen "Ein-Euro-Job".
Manpower sind denn auch die ersten sechs Kündigungen von PSAs ins
Haus geflattert. "Hartz IV frißt Hartz II auf" - so
die Befürchtung von Manpower-Chef Reitz….“
Unbestätigten Gerüchten zu Folge kündigen
immer mehr Arbeitsagenturen PSA-Verträge, weil sie sich für
die künftigen Arbeitslosengeld-II-Bezieher nicht mehr zuständig
fühlen…
e) Bundesanstalt für Arbeit – Agentur
wofür? / Arbeitsverwaltungen
wehren sich – wogegen?
Der Weg zum ALG II wird kürzer. Die Umsetzung von Hartz
IV aus der Sicht der Beschäftigten
Für die Beschäftigten bei der Bundesagentur und
den Sozialämtern ist die Einführung des ALG II nicht weniger
ein Trauma wie für Erwerbslose. Die SoZ wollte wissen, ob es gemeinsame
Aktionsmöglichkeiten gibt. Sie sprach mit KURT KRUMREI. Er ist beim
Jugend- und Sozialamt einer westdeutschen Großstadt beschäftigt.
Interview
in SoZ - Sozialistische Zeitung vom November 2004
II. Diskussion: (Lohn)Arbeit / sozialpolitische
Aktionen und Proteste
a) Montagsdemos
Immer wieder montags… Eine notwendige Selbstkritik
„Die Montagsdemonstrationen sind die erste gesamtdeutsche Bewegung
von unten, die Ost- und Westdeutsche in einem gemeinsamen Ziel vereint:
Weg mit Hartz IV! Die seit Juli anhaltende Bewegung, die für die
gewerkschaftliche wie politische Linke überraschend gekommen ist,
hat eine Vielzahl von Defiziten ans Tageslicht gebracht….“
Artikel
von Angela Klein in SoZ
- Sozialistische Zeitung vom Oktober 2004
b) Heisser Herbst 2004? Aufrufe
Diskussionsangebot
an die soziale Bewegung, an lokale Anti-Hartz Bündnisse sowie Gewerkschaftsmitglieder
von Personen aus dem Vorbereitungskreis der bundesweiten Konferenz "Wir
haben Alternativen zu Agenda 2010 und Hartz IV" am 3.10.04
c) Debatte über Protestformen / Die
Aneignungsdebatte
Schwarze Katzen in der Hängematte. Aneignungsbewegung
in den 1980er Jahren - ein Rückblick aus aktuellem Anlass
„Ein alter Begriff kommt wieder groß raus:
Die "Umsonst-Kampagnen" in Berlin, Hamburg und anderswo haben
der "Aneignung" zu neuer Popularität verholfen. Bei aller
Ähnlichkeit weist diese neue Diskussion interessante Unterschiede
zu älteren Debatten auf: Vor über 20 Jahren entstanden in Hamburg
die Jobber- und Erwerbsloseninitiativen - nicht als Aneignungskampagne,
sondern als Versuch einer organisierten Aneignungsbewegung. Der folgende
Text kann und will keine Geschichte dieses Ansatzes schreiben. Er will
lediglich einige Schlaglichter setzen, die für die heutigen Auseinandersetzungen
von besonderer Bedeutung sein könnten….“ Artikel
von Dirk Hauer in ak
- analyse + kritik - Zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 487
vom 17.09.2004
III. Internationales: Norwegen
Tarifkonflikt: In Norwegen droht ein Förderstopp —
Ölpreis steigt
Der Arbeitskampf im drittgrößten Öl-Exportland
eskaliert. Jetzt kündigt der norwegische Reederverband Aussperrungen
an. Das würde fast die komplette Produktion lahm legen. Derweil steigt
der Preis fürs schwarze Gold weiter an. Artikel
in Süddeutsche Zeitung vom 25.10.2004
Aus dem Text: „Die Produktion des weltweit drittgrößten
Ölexportlandes droht im November um Erliegen zu kommen, weil der
norwegische Reederverband am Montag eine Aussperrung in dem seit Anfang
Juli schwelenden Tarifkonflikt ankündigte. (…) In dem Tarifstreit
fordert die relativ kleine Gewerkschaft Oljearbeidernes Fellessammenslutning
(OFS), die geltenden Tarifbestimmungen für Produktionstage auf Offshore-Plattformen
auszuweiten auf Instandhaltungs- und Reparaturzeiten. (…) Von der
für den 8. November angekündigten Aussperrung wären mehr
als 18.000 Arbeitnehmer in der Branche direkt oder indirekt betroffen.
Nur so könne die Gewerkschaft OFS zum Unterschreiben eines Abschlusses
gebracht werden, den 80 Prozent der Beschäftigten schon akzeptiert
hätten, erklärte der Reederverband Norges Rederiforbund. Die
Gewerkschaft wertete die Ankündigung dagegen als „Hilferuf
an die Regierung“. Der Streik würde fortgesetzt, sagte der
OFS-Vize Björn Tjessem. „Aber die Wahrscheinlichkeit für
ein Eingreifen der Regierung ist groß.“…“
IV. Internationales: Tunesien
"Wilde" Streiks im Polizeistaat Tunesien. Artikel
von Bernard Schmid vom 25.10.04
V. Internationales: USA / Arbeitskämpfe
Streik und Aussperrung der Hotelbeschäftigten von San
Francisco in der vierten Woche
Seit dem 29.September 2004 bestreikt die Gewerkschaft Unite
Here 4 Hotels in San Francisco. Die Unternehmen haben mit Aussperrung
in 10 weiteren Hotels geantwortet. Zahlreiche Solidaritätsaktionen
quer durch die USA wurden mit der Polizei konfrontiert, während der
Bürgermeister von San Francisco bei einer offiziellen Anhörung
durch den Stadtrat ein Ende der Aussperrung forderte. Siehe
- "Here
are some of the key issues in this year's contract negotiations"
Auf der Homepage von Local 2 von Unit Here werden vier zentrale inhaltliche
Punkte der Auseinandersetzung vorgestellt: Es geht um die Bezahlung
der Krankenversicherung (wo die Unternehmen eine dermaßen hohe
"Selbstbeteiligung" fordern, dass die Versicherungen für
viele unbezahlbar würden), um die Dauer des Tarifvertrags (die
Gewerkschaft will 2 Jahre - um in "Gleichklang" mit vielen
anderen Hoteltarifen in den USA zu kommen. die Unternehmen wollen 5
Jahre), um die Einstellungspolitik gegenüber Minderheiten und um
Klauseln gegen Hochbelastung
- "Fat Cats, Scabs, Fires and Marines". Ein
(englischer) Artikel von Marc Norton vom 12.Oktober 2004
im Alternativportal "Beyondchron" (jenseits des San Francisco
Chronicle) mit jeder Mange Material über die Vermögensverhältnisse
der Besitzerfamilien der diversen Hotelketten
- "Strike Force". Southern California's grocery strike couldn't
change the anti-union
culture. San Francisco's hotel strike can.
Ein
(englischer) Beitrag von David Bacon bei "American Prospect Online"
vom 22.Oktober 2004 zum Thema warum der Hotelstreik in San Francisco
- im Gegensatz zum kürzlich stattgefundenen Supermarktstreik -
das Potential hat, die (antigewerkschaftliche) politische Landschaft
ein Stück weit zu verändern. Die wesentlichen Unterschiede
sieht David Bacon in der basisnäheren Organisation von Unite Here,
in der Tatsache, dass bereits in der Vergangenheit eine Tarifpolitik
gemacht wurde, die bereits zum zeitlichen Zusammenkommen diverser örtlicher
Tarife geführt hat, in den grösseren finanziellen Reserven
von Unite und in dem aktiven Einsatz der Gewerkschaft zur Organisation
von ArbeitsmigrantInnen, die einiges Erfolge erzielt hat (und zu einigen
Auseinandersetzungen mit dem AfL_CIO geführt hat)
- Support locked-out San Francisco hotel workers. Solidaritätsseite
bei Labourstart ,
inklusive Mustermail an Hotelmanager
VI. Internationales: Türkei / Arbeitskämpfe
und Gewerkschaften
Die
Vereinte Arbeiter-Gewerkschaft (BIS)
Wie wir bereits berichteten, die wurde Vereinte Abeiter-Gewerkschaft
(Türkei) während eines Arbeitskampfes auf Gerichtsbeschluss
verboten. Sie ist eine unabhängige und kämpferische Basisgewerkschaft,
die vor allem Lohnabhängige in prekären Arbeitsverhältnissen
organisiert. Auch wenn es eine relativ kleine Gewerkschaft (mit ca. 500
Mitgliedern) ist, haben die in ihr organisierten Arbeiter eines Subunternehmens
bei der Türkischen Post (PTT) in Istanbul einen Arbeitskampf durchgeführt.
Während dieses Arbeitskampfes dieser Arbeiter, die unter prekären
Arbeitsverhältnissen beschäftigt waren, wurde diese Gewerkschaft
verboten. Es wird sich jetzt um den juristischen Prozess gekümmert
und weitere Schritte gegen das Verbot werden in die Wege geleitet. Wir
dokumentieren
- Selbstverständnis
von BIS ,
das detailierte Informationen zu der Gewerkschaft und zum Thema Prekarität
in der Türkei enthält
- Detailierte
Informationen zu dem juristischen Prozess ,
verfasst von dem Anwalt der Vereinten Arbeiter-Gewerkschaft
- es gibt einen Dokumentarfilm mit deutschen Untertiteln über
den Arbeitskampf sowie eine (uns vorliegende) DVD „Kampf ums Brot“
mit vielen Informationen über die Geschichte des Arbeitskampfes
bei der PTT. Beides kann über die mail-Adresse nejata@hotmail.com
gegen eine Soli-Spende bestellt werden – die Gelder werden für
die juristischen Auseinandersetzungen benötigt
- Spendenkonto: Nejat Agirnasli, Stadtsparkasse Duisburg, BLZ 350 500
00, Kto.-Nr: 323027979, Verwendungszweck „Vereinte Arbeiter-Gewerkschaft
VII. Über uns
Ich freue mich, ein neues
Fördermitglied begrüssen zu können!
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and
unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes,
qu`ils aient ou non un emploi
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