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Updated: 18.12.2012 16:09

Portugal in der Krise

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Geringverdiener: 3% höherer Steuersatz. Spitzenverdiener: 1,5%... -und aus welcher Gruppe kommen wohl die beim Polizeieinsatz Verletzten? new

"Portugal stehen schwierige Tage bevor. Die konservative Regierung versucht gegen massive Proteste, die es auch Wochenende erneut gab, ihren Sparhaushalt durch das Parlament zu bringen. Sie hat den Haushaltsentwurf am Montag vorgelegt. Während die Regierung im Parlament die Details vorstellte, begann die Empörten-Bewegung am Abend mit der Belagerung des Parlaments. (…) Dass die Einkommenssteuer (IRS) um 30% erhöht werden soll, machte das für sie klar, weshalb sie erneut auf die Straße gehen. Wie bei den Ausgangsplänen wird das dazu führen, dass die Beschäftigten durchschnittlich im Jahr einen Monatslohn verlieren. Die Steuererhöhungen treffen auch Geringverdiener. Für sie wird der IRS um drei Prozentpunkte auf 14,5% erhöht, der Spitzensteuersatz steigt nur knapp von 46,4 auf 48%. Nicht einmal das Arbeitslosengeld wird ausgenommen, haben Medien berichtet, denen ein Haushaltsentwurf zuvor zugespielt wurde. Die 16% Arbeitslosen, ein neuer Rekord, sollen vom Arbeitslosengeld 6% abführen. Allein mit der Einkommensteuer will die Regierung von 2,8 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen…" - aus dem Artikel "Sparhaushalt macht Portugal zum Hexenkessel" externer Link von Ralf Streck auf Telepolis-Blogs vom 16. Oktober 2012

Siehe dazu auch: "Portugals drastisches Sparprogramm Portugal zündet „fiskalische Atombombe“" externer Link - eine Meldung bei der Frankfurter Rundschau vom 16. Oktober 2012, die so anfängt: "Steuern rauf, Ausgaben runter. Mit dieser Formel geht Portugal in das nächste Jahr. Was lapidar klingt bedeutet für die Menschen den Verzicht auf bis zu drei Monatsgehältern. Die Regierung hält ihren Kurs für alternativlos, die Opposition spricht von einer „fiskalischen Atombombe“.

Sowie: "La represión deja once heridos en Portugal" externer Link - ein Bericht vom 16. Oktober 2012 bei LaHaine über Polizeirepression gegen Proteste vor dem Parlament...

Portugals Regierung lenkt ein: Proteste gegen harten Sparkurs zeigen Wirkung, Pläne zur Erhöhung der Sozialbeiträge gestoppt

Nach den jüngsten landesweiten Protesten will die portugiesische Regierung besonders umstrittene neue Sparmaßnahmen nicht umsetzen. Sie sei bereit, nach »sozial verträglicheren« Alternativen für die geplante Erhöhung der Sozialbeiträge zu suchen, teilte das Präsidialamt mit. Artikel von Ralf Streck, Madrid, im Neues Deutschland vom 24.09.2012 externer Link

Portugal verkündet neue Sozialkürzungen

Die Sozialversicherungsabgaben der Arbeitnehmer werden angehoben, zusätzliche Monatsgehälter werden gestrichen: Portugal muss sparen, um sein Defizitziel zu erreichen. Ministerpräsident Passos Coelho hat jetzt neue Maßnahmen vorgestellt. Meldung im Spiegel vom 07.09.2012 externer Link. Aus dem Text: „(…) Man werde unter anderem 2013 die Sozialversicherungsabgabe der Arbeitnehmer von elf auf 18 Prozent erhöhen, sagte Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Freitagabend. Zur Bekämpfung der Rekordarbeitslosigkeit von 15,7 Prozent wird im Gegenzug der Beitrag der Arbeitgeber zur Sozialversicherung von 23,75 auf 18 Prozent gesenkt. Wie bereits dieses Jahr schon gültig, wird es auch 2013 kein 13. und 14. Monatsgehalt für Rentner des privaten Sektors und des öffentlichen Dienstes geben, sagte Passos. Die Beamten müssten im kommenden Jahr auf ein Monatsgehalt verzichten…“

Was die EU so bringt: Das Armenhaus wird - arm...

Portugal - das war einst (zusammen mit Albanien) das, was in der bürgerlichen Fachpresse "das Armenhaus Europas" genannt wurde. Der EU Beitritt hat das alles geändert. Jetzt ist Portugal: Das Armenhaus Europas...18% der arbeitenden Bevölkerung, rund 700.000 Menschen haben den europäischen Fortschritt: Sie leben von 420 (oder weniger) Euros im Monat. Preisfrage, in der Qualität von SAT 1:Liegt das an Europa? Oder am, Sie wissen schon, wenn Unternehmen halt Gewinne machen müssen... eine Antwort lässt sich in dem Beitrag "Casi 700 mil portugues@s sobreviven con salario de 420 euros" externer Link am 25. Juni 2012 bei Kaosenlared finden...

Von den Kolonien lernen, heißt...

...wie einst in Afrika oder Südamerika: Ab in die informelle Wirtschaft. Was die Studie der Universität Porto gekostet hat, ist nicht bekannt, sie brachte aber ein Ergebnis, das pi x Daumen jede und jeder, der sich in Portugal ein bißchen auskennt, auch weiss: Inzwischen wird ungefähr ein Viertel der portugiesischen Wirtschaftsleistung in der informellen Ökonomie erbracht. Damit steht Portugal im Jahr 2010 auf Platz 3 in der EU, hinter Italien und Griechenland: hohe (vor allem indirekte) Steuern (etwa 23 Prozent Mehrwertsteuer) und hohe Erwerbslosigkeit sind in allen drei Fällen die sichtbaren Gründe - und mit den drastischen Kürzungsdiktaten der EU vom Mai 2011 wird diese Entwicklung weiter beschleunigt. Wodurch sich einerseits das Defizit wegen Steuerausfalls weiter erhöht, was aber eher ein Problem der Regierung ist - andrerseits erspart man sich aber auch Abgaben selbst auf geringe Einkommen. "Going Underground in Hard Times" externer Link von Mario Queiroz ist am 28. Januar 2012 bei IPS erschienen. Siehe dazu auch:

  • "Central sindical de Portugal reafirma su postura contra imposiciones del FMI" externer Link ein Apporea-Bericht vom gerade stattgefunden 12. Kongress des Gewerkschaftsbundes CGTP-Intersindical, auf dem die Ablehnung des Kurses von Regierung und EU ausdrücklich bekräftigt wurde.

  • "Falsos recibos verdes. Quantos e até quando?" externer Link ein Bericht auf dem Ferve-Blog vom 27. Januar 2012 in dem die hinterziehungen der Unternehmen auf Kosten "selbstständiger" Beschäftigter dokumentiert werden. Werden sie erwischt, müssen sie nun 5% der Versicherungssumme bezahlen...Bei fest angestellten "Mitarbeitern" wären es 23,6%...

Wenn Krankheit zum Luxus wird. In Portugal werden die Gebühren im Gesundheitswesen genauso deutlich angehoben wie viele Steuern

„Das neue Jahr startet für die Portugiesen sehr unerfreulich. Steuern werden allgemein erhöht, neue Gebühren eingeführt oder vorhandene deutlich erhöht. Dass es an die Fundamente geht, zeigt sich am Gesundheitssystem. Denn wer ab dem 1. Januar krank wird, wird besonders stark zur Kasse gebeten. Wer sich fortan in ein Krankenhaus, eine Gesundheitsstation oder zu einem Arzt begibt, muss neue oder deutlich höhere "Zugangsgebühren" für das staatliche Gesundheitssystem (SNS) bezahlen. Damit will die Regierung insgesamt 100 Millionen Euro einsparen, etwa ein Prozent der Gesamtkosten für die staatliche Gesundheitsversorgung im Land…“ Artikel von Ralf Streck in telepolis vom 02.01.2012 externer Link

Bankaktie? 11 Cent...

"Auffällig war schon, dass im Rahmen der Nothilfe von 78 Milliarden Euro im Mai 12 Milliarden Euro zur Stützung von Banken vorgesehen waren. Und Coelho schließt längst nicht mehr aus, dass die Banken das Geld zur Stützung benötigen. Das bedeutet, dass die Großbanken ganz oder teilweise verstaatlicht werden müssen, wie es schon in Irland zu beobachten war. Denn dass private Anleger in die portugiesischen Banken investieren, kann nahezu ausgeschlossen werden" - eine Passage aus dem ausführlichen Beitrag "Portugal muss Banken verstaatlichen" externer Link von Ralf Streck am 14. Dezember 2011 bei telepolis.

Das Volk billiger machen

"Portugal verarmt zusehends. Doch das Schicksal des Landes prallt an den in Lissabon regierenden Musterschülern des EU-Sparregimes ab. Die Gewerkschaften - sowohl die sozialistische UGT als auch die kommunistische CGTP - nennen es "Politik der verbrannten Erde". Gemeint ist das gigantische soziale Abbruchwerk, das die Regierung von Ministerpräsident Coelho seit Mai betreibt, um die Vorgaben der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und IWF millimetergenau zu erfüllen. Immer mehr Privatinsolvenzen, Suppenküchen für Obdachlose oder Schulkinder, die ohne warme Mahlzeit am Tag auskommen müssen, sind die Folge..." Artikel von Roger Büdeler in Freitag vom 03.12.2011 externer Link

Fliehen Portugals Reiche jetzt nach Italien?

Denn dort wurde ja, im Gegensatz zu Portugal, die Reichensteuer gestrichen. In Portugal klingt es wenigstens etwas anders: "Das hochverschuldete Land hatte im Frühjahr ein Milliarden Hilfspaket aus der EU erhalten. Dafür muss Lissabon sein Defizit noch in diesem Jahr deutlich abbauen. Anders als in Italien sollen sich daran auch Spitzenverdiener und Wirtschaftskonzerne deutlich beteiligen" - aus "Portugal will Reichensteuer einführen" externer Link am 01. September 2011 in der FR-Online.

Im Abwärtssog

"Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho zeigte sich am vergangenen Donnerstag erfreut über die Lockerung der Kreditmodalitäten, die beim Euro-Krisengipfel beschlossen wurde und auch dem Armenhaus der Euro-Zone zugute kommen wird. »Wir verlassen heute Brüssel viel ruhiger, mit einer viel stärkeren Verpflichtung als vor Beginn« der Verhandlungen, erklärte Coelho, nachdem sich die Gipfelteilnehmer auf längere Tilgungsfristen und eine Absenkung des Zinssatzes von 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent für alle bankrottgefährdeten Staaten der Euro-Zone einigen konnten. Neben Griechenland und Irland mußte auch Portugal im vergangenen Mai vor einer drohenden Staatspleite mit Notkrediten bewahrt werden, die sich auf 78 Milliarden Euro summierten..." Artikel von Tomasz Konicz externer Link, zuerst erschienen in der jungen Welt vom 25.07.2011, auf der Web-Seite des Autors.

Hintergrund: Portugals Schuldenberge

"Vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise lag Portugals Staatsverschuldung mit 67 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2007 noch im Rahmen der Stabilitätskriterien der Euro-Zone, die eine Höchstverschuldung von 60 Prozent des BIP vorgeben. Doch die rasch eskalierende Krise ließ auch in Lissabon das Haushaltsdefizit rasch explodieren, so daß die Staatsverschuldung in diesem Jahr bereits den Wert der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes überschreiten wird..." Artikel von Tomasz Konicz externer Link, zuerst erschienen in der jungen Welt vom 25.07.2011, auf der Web-Seite des Autors.

Welches Licht am Ende des Tunnels?

Das kann auch der Schnellzug sein, der gleich über uns hinweg rasen wird...schreibt Boaventura de Sousa Santos in seinem Artikel "Portugal y la luz al final del túnel" externer Link - die spanische Übersetzung bei rebelion.org am 06. Juli 2011 - der Anknüpfungspunkt ist eben der, dass die bürgerliche Propaganda jenes Licht zu sehen täglich beschwört. Die Troika, die Portugal wie Griechenland die Bedingungen diktiere habe in Portugal noch ganz besondere Ziele, die sie schon lange, bisher nicht voll erfolgreich, verfolge: Die Abschaffung der Vielzahl sozialer Errungenschaften, bzw auch ihrer kümmerlichen Reste, der Nelkenrevolution von 1974.

Szenen eines Niedergangs...

"Ein paar Wochen vor dem Sturz der Regierung senkte der sozialistische Premierminister die Mehrwertsteuer für Golfplätze von 23 Prozent auf sechs Prozent. Angesichts der allgemeinen Verblüffung erklärte er, dass der Golf-Tourismus Portugal helfen würde, aus der Krise zu kommen. Zwei Tage bevor das Land finanzielle »Hilfe« von Brüssel anforderte, kündigten die Bürgermeistereien der beiden Großstädte Porto und Faro an, dass die Schulküchen während der Ferien geöffnet blieben, damit die Kinder wenigstens eine Mahlzeit pro Tag bekämen. In der Stadtregion Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes, leben tatsächlich zwei Drittel der Armen und die Mehrheit der SozialhilfeempfängerInnen Portugals. In Faro, der großen Stadt des Touristengebiets Algarve, liegt die Arbeitslosigkeit über dem nationalen Durchschnitt von offiziell elf Prozent. Diese beiden Anekdoten beleuchten einerseits die Arroganz der politischen Klasse, andererseits die allgemeine Verarmung der Gesellschaft" - so beginnt "Portugal - Ein Musterschüler geht pleite" externer Link von Charles Reeve auf der Seite von Wildcat, ein Vorabdruck aus der Wildcat 90, die Ende Juni 2011 erscheint.

Die Troika regiert

Der Währungsfonds, die EU und die Europäische Zentralbank bestimmen - seit der Niederlage der Socrates-Regierung in der Abstimmung über ihr viertes Sparprogramm innerhalb eines Jahres am 23. März - direkter denn je die Politik in Portugal. Hintergrund und Entwicklung dieser aktuellen Lage Portugals werden in dem Beitrag "Le Portugal, dernière victime en date du modèle néolibéral" externer Link von Virginie de Romanet am 09. Mai 2011 bei der Antischuldenkoalition CADTM analysiert.

Finanzdiktat für Portugal untergräbt die Demokratie

“Dieses Finanzdiktat untergräbt die portugiesische Demokratie. Nur wenige Wochen, bevor in Portugal Neuwahlen stattfinden, wird das Land vom IWF und der Europäischen Union zu rabiaten Lohn- und Sozialkürzungen sowie zur Verschleuderung öffentlichen Eigentums genötigt”, erklärt Sahra Wagenknecht zur Aushandlung eines angeblichen Rettungspakets für Portugal. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter: “Ziel dieser Politik ist es, der künftigen portugiesischen Regierung auf Jahre hinaus die Hände zu binden. Der neoliberale Kahlschlag soll als alternativlos und Protest dagegen als aussichtslos dargestellt werden. Doch Alternativen gibt es immer. Statt ein verlorenes Jahrzehnt in Kauf zu nehmen, nur damit die Ansprüche der Gläubiger befriedigt werden, sollte man (nicht nur) in Portugal für eine Befreiung vom Diktat der Finanzkonzerne und Vermögensbesitzer kämpfen. Es kann nicht sein, dass die Bevölkerung gnadenlos ausgebeutet wird, nur damit sämtliche Ansprüche der Gläubiger bedient werden können. Besser wäre es, den Schuldenberg zu reduzieren, indem man die Reichen zur Kasse bittet. Durch eine europaweite Vermögensabgabe auf alle Vermögen oberhalb von einer Million Euro könnten die EU-Staaten auf einen Schlag von einem Großteil ihrer Schulden befreit werden. Auf Kürzungen zu Lasten der Bevölkerung könnte man dann problemlos verzichten.Pressemitteilung von Sahra Wagenknecht vom 04.05.2011 externer Link

In der Krise angekommen

"Die gegenwärtige politische und ökonomische Krise in Portugal ist das Ergebnis von Entwicklungen, die sich auf den Anfang der 2000er Jahre zurückverfolgen lassen. Nach einer Wachstumsphase von 1996 bis 2000 brach das Wirtschaftswachstum von über 4 Prozent (2000) auf 2 Prozent (2001) ein und sank 2002 mit der Einführung des Euros weiter auf 0,8 Prozent. Die wechselnden portugiesische Regierungen reagierten eher vorsichtig auf die Krise - umfangreiche Kürzungen im sozialen Bereich blieben aus. Die Löhne stagnierten weitgehend, aber deutliche Veränderungen waren hier ebenfalls nicht zu erwarten - nicht zuletzt, weil die Löhne ohnehin die niedrigsten in Westeuropa sind. Entgegen der neoliberalen Krisenstrategie, die in Europa vorherrscht(e), wurde 2006 der Spitzensteuersatz von 40 auf 42 Prozent angehoben - ein einmaliger Vorgang innerhalb der Europäischen Union" - so beginnt "Jetzt wird's laut: In Portugal regt sich Widerstand gegen die neoliberale Krisenbewältigung" externer Linkvon Ismail Küpeli auf dessen blog (leicht veränderte Fasung gegenüber dem Artikel in analyse&kritik 560 vom 15. April 2011).

Banküberfall!

Portugal beantragt als drittes EU Land Finanzhilfen der Union, berichtet (unter vielen anderen) in "Portugal bittet um EU-Geld" externer Link am 06. April 2011 der Spiegel. In dem Artikel wird auch mal direkt etwas gesagt: "Einem Bericht zufolge drohten zuletzt sogar portugiesische Banken, keine Staatsanleihen des Landes mehr zu kaufen . Mit diesem radikalen Schritt wollten sie die Regierung offenbar drängen, endlich internationale Finanzhilfe zu beantragen" - unter Banküberfall verstand man früher etwas anderes... Und die Kommentare der geneigten Leserschaft sind ein Sammelsurium nationalistischer Zuschreibungen... Siehe dazu auch:

  • "Portugal geht unter den Rettungsschirm" externer Link von Ralf Streck am 07. April 2011 bei telepolis, in dem das Drehbuch des Banküberfalls nachgezeichnet wird.
  • "Schockstarre" externer Link von Mirko Knoche am 08. April 2011 bei der jungen welt, worin es heisst "Die staatliche Bankrotterklärung wurde in Portugal mit Entsetzen aufgenommen. »Da kommt ein Tsunami auf uns zu«, sagte der Staatssekretär für Industrie, Carlos Zorrinho. Über Parteigrenzen hinweg geht jetzt die Angst vor einer schweren Rezession um. Die finanziellen Einschnitte würden tiefer sein als alle bisherigen, so die Befürchtung. Die Kirche warnt vor Not und Hunger. »Immer mehr Menschen kommen zu uns, weil sie sich entscheiden müssen, ob sie Lebensmittel oder Medikamente kaufen«, mahnte eine Caritas-Sprecherin".

Jetzt Staatsanleihen zeichnen!

Erinnern sie sich noch an die Zeiten, als man mit Banküberfall maskierte und bewaffnete Männer in einer Schalterhalle assoziierte? "Eso es un asalto" lernte dazu vor vielen Jahren der bekannte Kritiker des Bankwesens namens Butch Cassidy. Heute weiss ganz Europa, dass der nächste Banküberfall bevorsteht. In Portugal nämlich. Die Kundschafter, modern: Ratingagenturen, haben das Land bereits als nächstes Opfer ausgemacht. Ganz ohne Waffen (es sei denn, Polizei muss wieder mal Widerstand niederknüppeln usw) und unter Beteiligung (deutscher) Frauen. "Portugal in Bedrängnis" externer Link heisst der Artikel von Ralf Streck am 30. März 2011 auf telepolis.

"Rating-Riese stuft Portugal massiv herab"

Artikel bei Spiegel Online am 24. März 2011 externer Link - die Reaktion der Spekulanten auf den Rücktritt Socrates verdeutlicht, den internationalen Druck der auf jedwede kommende portugiesische Regierung ausgeübt wird, von so dubiosen Einrichtungen wie Ratingagenturen bis hin zu deutschen Regierungen.

Portugal hat zu viel Schulden? Die Menschen erst recht. Bei den Löhnen...

Die Verschuldung Portugals ist ein Dauerthema geworden - die Verschuldung der PortugiesInnen interessiert in diesem Zusammenhang wenig. Bei einem Durchschnittslohn von 777 Euro im Monat im Jahre 2010, und bei beinahe anderthalb Millionen Menschen (über ein Drittel der Beschäftigten) die unter 600 Euro im Monat verdienen ist diese private Verschuldung kein Wunder und ein viel größeres Problem. Und, natürlich: Es gibt genügend Leute, die die hohen Lohnkosten als Grund für mangelnde Wettbewerbsfähigkeit sehen, die die Staatsverschuldung verursache. Kaum Zufall, dass dies nicht eben die Sicht der Betroffenen ist. Auch wenn es in portugiesischer Sprache ist, die Schaubilder sind leicht zu verstehen in dem Überblick "Os salários em Portugal e a competitividade das empresas" externer Link von Eugenio Rosa am 06. Januar 2011 bei resistir.info

Prekär, prekärer, Portugal

Im Land der wuchernden Scheinselbständigkeit organisieren sich immer mehr Prekäre selbst. Artikel von Leon Bauer in Direkte Aktion 202 - Nov/Dez 2010 externer Link

Portugal, ganz europäisch: Rassismus

"Am härtesten trifft die Krise die Migranten. Sie verlieren als erste ihre Jobs, die rassis­tische Diskriminierung nimmt zu. Zugleich emigrieren auch viele Portugiesen. In den ehemaligen Kolonien Portugals erwarten sie bessere Arbeitsbedingungen." SOS Rasicmo zufolge ist der politische Diskurs seit Beginn der Krise rassistischer geworden. Wie fast überall in Europa propagieren Rechtspopulisten auch hier, Migranten seien ein Sicherheitsproblem und lebten parasitär von Staatsgeld. »Diese Vorstellung wird in der Gesellschaft zunehmend akzeptiert, selbst bei Linken«, sagt Mamadou Ba. »Der Bloco de Esquerda hat sich früher vehementer für die Rechte von Einwanderern eingesetzt, aber seit der Krise senkt man lieber die Stimme, wenn es um Migration geht«, kritisiert er seine Partei. »Das ist schade, man überlässt das Thema den Rechten.« Auf einem Plakat, das derzeit überall in Lissabon hängt, verspricht die Kommunistische Partei Portugals (PCP) eine »patriotische und linke Politik«. Immer mehr Menschen glaubten, die Migranten würden unglaublich viel geld vom Staat bekommen, sagt Mamadou Ba, »in Wirklichkeit kriegen sie nur ein paar Krümel ab" - so beginnt "Immer der Arbeit nach" externer Link ein Artikel von Daniel Steinmaier in der Jungle-World vom 07. Oktober 2010

Kniefälle am Tejo

Verschärftes Sparprogramm: Steuererhöhungen, soziale Einschnitte und Privatisierungen sollen Portugals Budgetdefizit kleinkriegen. Infrastrukturprojekte auf Eis gelegt. Artikel von Peter Steiniger in der jungen Welt vom 15.05.2010 externer Link. Aus dem Text: „…Neben Sparen heißt die Devise Privatisieren. Im Angebot sind Teile der nationalen Fluglinie TAP, die Post, Linien der Bahngesellschaft CP und andere Staatsunternehmen. Insgesamt sechs Milliarden Euro sollen auf diesem Wege erlöst werden. (…) Die Sparkoalition will zur Kasse bitten: Gekürzt werden sollen Zuwendungen an Kommunen und für das öffentliche Verkehrssystem. Banken und Großunternehmen erwartet eine »Krisensteuer« von 2,5 Prozent auf ihre Gewinne. Vor allem aber trifft es, unter Bruch der wichtigsten Wahlversprechen, Pedro Normalverbraucher: Die Mehrwertsteuer soll um einen Punkt auf 21 Prozent steigen. Geplant ist außerdem, alle Einkommen über dem monatlichen Mindestlohn von 475 Euro um ein bis 1,5 Prozent höher zu besteuern…“

Volksabstimmung, hat jemand Volksabstimmung gesagt?

Der portugiesische Ministerpräsident agiert nach dem iberisch-sozialdemokratischen Modell "Gonzalez". Vor der Wahl eine Volksabstimmung versprechen, nach der Wahl das Versprechen brechen - wegen der anderen Umstände, welche auch immer. So wie einst in Spanien bezüglich der NATO, heute in Portugal - der EU Vertrag. Da das Abkommen von Lissabon ja etwas neues sei, müsse es nicht der versprochenen Volksabstimmung unterworfen werden, meinte Herr Socrates. Ganz anderer Meinung ist da der grösste Gewerkschaftsbund Portugals, die CGTP: der Inhalt des Abkommens sei zu 95% identisch mit dem Entwurf zur EU-Verfassung und deshalb sei der Beschluss, Portugals Unterzeichnung nur im Parlament zur Debatte zu stellen, ein Vertrauensbruch. Die Presseerklärung "A decisão do Governo de ratificar o Tratado de Lisboa pela via parlamentar - COMENTÁRIO DA CGTP/IN" externer Link vom 10. Januar 2008

Grundinfos

Empörung und Streiks gegen die Krise in Portugal

Empörung und Streiks gegen die Krise in Portugal

Siehe auch

Finanzmarktkrise 2008

EU in der Krise

Initiativen der Linken zur Finanz- und Wirtschaftskrise

die Occupy-Bewegung und Aktionstage

Nord-Afrikanische und europäische Empörung

Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise


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