Protest-Aktion: Gewerkschaft darf Handel mit Flashmob lahmlegen
"Flashmobs sind legales Mittel der Gewerkschaften im Arbeitskampf. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Die häufig über das Internet oder SMS per Handy organisierten Aktionen können diskret vorbereitet und gegen Arbeitgeber eingesetzt werden - wie bei einem Handelsstreik in Berlin. Damit errang die Gewerkschaft Ver.di einen wichtigen Sieg im Streit mit dem Handelsverband Berlin-Brandenburg. Während der Tarifverhandlungen 2007 hatte die Gewerkschaft im Internet zu Flashmob-Aktionen aufgerufen: "Gib uns deine Handy-Nummer, und dann lass uns zu dem per SMS gesendeten Zeitpunkt zusammen in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen. (.) Zu der im Grundgesetz verankerten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften gehöre dabei auch die Wahl der Arbeitskampfmittel. Zulässig seien die Aktionen auch deshalb, weil die Arbeitgeberseite Möglichkeiten habe, sich zu wehren. So könnte er von seinem Hausrecht gebrauch machen und die Teilnehmer aus dem Laden weisen oder den Laden auch vorübergehend schließen.." Artikel in Die Welt vom 23. September 2009 . Siehe dazu auch:
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Verfassungsgerichtsklage: Einzelhandel will Flashmobs den Garaus machen
"Der Einzelhandel setzt seinen Feldzug gegen Flashmobs fort: Nachdem das Bundesarbeitsgericht die Organisation von Massenaktionen im Arbeitskampf für zulässig erklärte, wendet sich der Händler-Hauptverband nun an Deutschlands oberste juristische Instanz: das Bundesverfassungsgericht." Artikel in Spiegel online vom 28.12.2009
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»Die Arbeitgeber waren natürlich stinkig«
Mit Flashmob-Aktionen nervt Gewerkschaft ver.di Einzelhandelsketten. Die gehen jetzt vor das Bundesverfassungsgericht. Ein Interview von Gitta Düperthal mit Michaela Rücker Harckenthal , Fachsekretärin für den Bereich Einzelhandel bei ver.di Sachsen-Anhalt in der jungen Welt vom 30.12.2009
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Neue Form des Arbeitskampfs: Einzelhandel klagt gegen Flashmobs
Die Arbeitgeber im Einzelhandel legen Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannten Flashmobs der Gewerkschaft Verdi ein. Die Arbeitnehmervertretung organisiert seit zwei Jahren Aktionen wie den Masseneinkauf von Kleinstprodukten, wodurch Kassenschlangen entstehen. Dossier in der Financial Times Deutschland vom 23.12.2009
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Arbeitsrichter erlauben Flashmobs: Kollektiver Unsinn als Streikmittel
Nun haben es die Gewerkschaften schriftlich: Sie dürfen Flashmobs im Arbeitskampf einsetzen. Damit werden die Happenings aus dem Internet wohl professionell politisiert. Artikel von Christian Rath in der Taz vom 12.12.2009 . Aus dem Text: "Scheinbar spontane Menschenaufläufe in Geschäften können ein zulässiges Mittel im Arbeitskampf sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im September. Jetzt legten die Richter ihre Begründung zu diesem umstrittenen Urteil vor. Demnach sind sogenannte Flashmobs zur Unterstützung von Streiks erlaubt, solange Gewerkschaften damit nur die eigene Schwäche ausgleichen. (.) Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) reagierte empört und wollte Ver.di solche Flashmobs verbieten lassen. Doch die Arbeitgeber verloren den Prozess in allen drei Instanzen, zuletzt beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Flashmobs seien im Arbeitskampf nicht verboten, auch wenn es sich um eine neue Kampfform handele. Eine Gewerkschaft dürfe auch neue Ideen aufgreifen, um die Arbeitgeber unter Druck zu setzen. Allerdings müsse die Gewerkschaft jeweils als Initiatorin des Flashmobs erkennbar sein. Dazu genüge es, wenn die Teilnehmer Gewerkschaftswesten oder -Anstecker tragen oder entsprechende Flugblätter verteilen. Der Arbeitgeber müsse wissen, von wem er angegriffen werde, so die Richter." Siehe dazu:
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Streikbegleitende "Flashmob-Aktion" im Einzelhandel - Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.9.2009 , 1 AZR 972/08 mit der kompletten Begründung
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Streikrecht: Arbeitgeberpräsident geißelt Flashmob-Urteil
"Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt legt sich mit dem Bundesarbeitsgericht an. Mit scharfen Worten kritisiert er den Beschluss, sogenannte Flashmobs seien rechtens. Er halte die Aktionen, bei denen Bürger über das Internet Massenaktionen organisieren, für "höchst gefährlich"." Artikel in Spiegel online vom 24.11.2009 . Aus dem Text: ". "Betriebsblockaden sind im Tarifrecht verboten, und sie müssen auch in der verkappten Form von Flashmob-Aktionen verboten bleiben", forderte Hundt. Es sei unglaublich, wenn ein Supermarkt faktisch durch Sabotage stundenlang lahmgelegt werde, weil ein paar Dutzend Leute sich per SMS verabredeten und den Kassenbereich blockierten. "Vielleicht sollten die Richter zunächst einmal eine Woche in einem Supermarkt arbeiten, bevor sie eine solche Entscheidung treffen", sagte Hundt."
- Streikbegleitende "Flashmob-Aktion"
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil (Az: 1 AZR 972/08)
- Kampf um Arbeitnehmerrechte: Sklaven im Schattenreich der Arbeit
Im Einzelhandel gilt Mitbestimmung als Krankheit. Im Kampf um ihre Rechte hatten Angestellte nie eine Chance - bisher. Kommentar von D. Esslinger in der Süddeutschen Zeitung vom 25.09.2009 . Aus dem Text: ". Die Kunden machen sich keine Gedanken darüber, wenn sie nach Feierabend schnell noch ein paar Schuhe, ein Shampoo oder eine Tischdecke besorgen: dass die Kassiererin die einzige Beschäftigte im Laden ist und womöglich stundenlang warten muss, bis sie auf die Toilette kann. Dass die Frau, die letztens hier bediente, unter einem Vorwand gekündigt wurde, nur weil sie versucht hat, eine Mittagspause durchzusetzen. Und die meisten werden auch kaum für möglich halten, wie schlecht selbst manch alteingesessenes Geschäft in der Fußgängerzone seine Mitarbeiter behandelt: dass dort der Abteilungsleiter jetzt die besten Kunden abgreift, später aber blaue Briefe verschicken lässt an Verkäufer, die ihre Umsatzvorgabe nicht mehr schaffen. Millionen Menschen arbeiten auf diese Weise, und bei der Suche nach Möglichkeiten, wie sie sich wehren können gegen schlechte Bezahlung und andere Zumutungen, hat ihnen das Bundesarbeitsgericht nun das Instrument des Flashmobs in die Hand gegeben. Künftig ist es legal, einen Arbeitskampf auch so zu führen, wie es die Gewerkschaft Verdi im Dezember 2007 in Berlin tat. Sie trommelte per Mail und SMS Streikende in einer Rewe-Filiale zusammen. Dort legten sie eine Stunde lang den Laden lahm: indem sie Einkaufswagen vollpackten und dann stehen ließen, indem sie mit Cent-Artikeln im Gesamtwert von 372 Euro an die Kasse rollten, dort aber erklärten, das Portemonnaie vergessen zu haben."
- Siehe dazu im LabourNet Germany: Diskussion > Gewerkschaftsstrategien > Tarifrunden > Einzelhandel 2007 > be streik - Einzelhandelsfiliale dichtmachen! Schluss mit Business as usual - Solidarität mit dem Streik im Einzelhandel!
Dann streikt mal schön
Die Arbeitsgerichte haben die Rechte der Gewerkschaften erheblich ausgeweitet. Neuerdings sind im Arbeitskampf sogar Flashmobs erlaubt. Artikel von Katharina Schneider in der FTD.de vom 19.01.2009 . Aus dem Text: ".Flashmobs sind ein neuartiges Web-Phänomen. Aber auch ein zulässiges Mittel des Arbeitskampfs? Wenn es nach dem Landesarbeitsgericht Berlin geht: ja. "Die freie Wahl der Kampfmittel" sei von der Verfassung geschützt, urteilten die Richter im September 2008 (Az.: 5 Sa 967/08). Eine Entscheidung, die durchaus ins Bild passt: Die Gewerkschaften werden immer erfinderischer, um sich gegen die Arbeitgeber durchzusetzen. Am Ende entscheiden die Gerichte. Und die gaben in vergangener Zeit häufig, sehr häufig, den Arbeitnehmern recht. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) weitet deren Kampfrechte immer weiter aus. Zuletzt erklärten die obersten Arbeitsrichter auch einen "Unterstützungsstreik" für zulässig: Dabei streiken Arbeitnehmer für den Tarifabschluss von Kollegen, die zum gleichen Konzern gehören und an einem gemeinsamen Produkt arbeiten."
Blockade zulässig. Berliner Gericht billigt ungewöhnliche Verdi-Streikaktion
"Das Blockieren des gesamten Kassenbereiches in einer Lebensmittelfiliale ist während eines Streiks zulässig. Das hat gestern das Berliner Landesarbeitsgericht in einer Berufungsverhandlung entschieden und damit eine Klage des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB) überraschend zurückgewiesen. Aufrufe der Gewerkschaft Verdi zu solchen Aktionen sind nach Ansicht des Gerichtes "durch die freie Wahl der Kampfmittel" in einem Tarifstreit grundrechtlich geschützt." Artikel von Marlies Emmerich in der Berliner Zeitung vom 30.9.08 . Siehe dazu auch im LabourNet Germany: Diskussion > Gewerkschaftsstrategien > Tarifrunden > Einzelhandel 2007 > be streik - Einzelhandelsfiliale dichtmachen! Schluss mit Business as usual - Solidarität mit dem Streik im Einzelhandel! |