"Dann vertreten wir uns selber ." - Innenansichten aus dem Eisenbahnerstreik 2007
"Der Eisenbahnerstreik ist auf große Sympathien gestoßen und hat Hoffnungen geweckt, dass nach Jahren des Verzichts nun wieder der Kampf für ein besseres Leben auf der Tagesordnung steht. Endlich mal wieder eine unbescheidene Forderung, und endlich haben mal wieder ArbeiterInnen gezeigt, dass sie keineswegs so verzichtbar sind, wie von interessierter Seite gerne behauptet wird. Ein unbefristeter Vollstreik der Bahn hätte das Leben in der BRD nachhaltig lahmlegen können. Hätte . denn mit ihrer systematischen Zögerlichkeit hat die GDL den unbefristeten Streik immer wieder vertagt und schließlich mit einem kläglichen Abschluss ganz vom Verhandlungstischgefegt. Während des Arbeitskampfs haben viele Leute Sympathie für die GDL bekundet und allgemeine Hoffnungen geäußert, dass kleine Gewerkschaften außerhalb des DGB im Gegensatz zum schwerfälligen DGB-Apparat sehr wohl Organisationen für den Kampf sein könnten. In einer Diskussionsrunde Anfang des Jahres (noch vor dem Ende der Verhandlungen) haben zwei Eisenbahnerkollegen in frei gehaltenen Vorträgen auf sehr lebendige und anschauliche Weise erklärt, warum die GDL - ganz in der üblichen Gewerkschaftslogik - mit diesem Streik nicht für die Interessen der EisenbahnerInnen, sondern vor allem um die eigene Existenz und Anerkennung als Verhandlungspartner gekämpft hat, warum sie es für nötig halten, sich selbst zu organisieren, wenn sie wirklich und wirksam für die eigenen Interessen kämpfen wollen, und welche ersten Ansätze es dazu während des Streiks gab. Der eine Kollege ist Lokführer (LF), der andere Zugbegleiter (ZB), sie kommen aus zwei verschiedenen Großstädten. Die fast wörtliche und nur leicht gekürzte Abschrift ihrer mündlichen Beiträge stellen sie hiermit Labournet zur Verfügung ."
GDL gibt politischem Druck nach und würgt Lokführerstreik ab
Eine kritische Bewertung der Tarifeinigung von Ludwig Niethammer auf der World Socialist Web Site vom 15. März 2008
Wir haben gewonnen, aber nur an Erfahrung!
"Der Tarifvertrag ist unterschrieben, aber mit dem "Blut" der Zugbegleiter, der Rangierlokführer und der Lokrangierführer . So positiv die gewonnene Eigenständigkeit für die GDL ist, so traurig ist der Preis dafür. (.) Es bleibt nur ein Fazit übrig: Die Stärke in der GDL liegt bei der geschickten Lenkung der Mitglieder. So haben alle Fahrpersonale eine deutliche Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen gefordert (FPTV) und viele Fahrpersonale wurden damit gelockt. Sehr viele Fahrpersonale sind auf diesen Geisterzug aufgesprungen und haben geschlossen für ihre Interessen gekämpft. Die Eigenständigkeit war für fast alle genauso wichtig, wie die Verbesserungen im Arbeitsalltag. Jedoch bleiben nun viele Fahrpersonale außen vor und die verbliebenen Lokführer können sich bei der Transnet bedanken, dass sie wenigstens einen Lohnzuwachs von 1600 € bis zum Jan. 2009 garantiert bekommen, wenn es schon keine verbesserten Arbeitsbedingungen geben wird." Artikel von Uwe Krug GDL-Mitglied Lokführer von März 2008
Der Lokführertarifvertrag liegt auf dem Tisch! Was bringt er uns wirklich?
".Eine kämpferische Gewerkschaft sieht anders aus! Nun kann die GDL wieder in den altbekannten Schlaf verfallen, denn die Existenz ist gesichert? Ist die Existenz der Fahrpersonale auch gesichert?..." Flugblatt von aktiven GDLern vom 11.03.2008
»Wir brauchen langen Atem«
Mit dem Verzicht auf die Tarifhoheit für Lokrangierführer und Zugbegleiter mußte die GDL auch Kröten schlucken. Interview von Rainer Balcerowiak mit Hans-Joachim Kernchen , Bezirksvorsitzender der GDL für Berlin, Brandenburg und Sachsen, in der jungen Welt vom 11.03.2008
Eigenständiger Tarifvertrag für die GDL unter Dach und Fach: Mehdorns Gehampel
"Eigentlich ist Bahnchef Mehdorn kein wirklicher Manager, wie ihn sich viele vorstellen. Sein fast ein Jahr andauerndes und unprofessionelles Gehampel im Bahnstreik, das Einleiten bereits vorher verlorener Prozesse, sein Widerstand nach vorheriger Einigung bei den Moderatorenergebnissen oder das Vorschicken seines Anhängsels Sukale für etwas, was Vorstandsangelegenheit ist, macht dies unter anderem deutlich. Und offensichtlich hat Mehdorn bis heute nicht verstanden, in welchem Unternehmen er arbeitet: die Bahn AG ist kein Industrie- sondern ein Dienstleistungsunternehmen. Es hat einen Ruf zu verlieren. Und schließlich - in den letzen Tagen - gründete attac noch eine Bürgerbewegung mit Unterschriftensammlung, die den Bund als Eigentümer auffordert, Mehdorn endlich zu feuern. Ihm werden frisierte Bilanzen bei der nicht in die Gänge kommenden Bahnprivatisierung vorgeworfen." Artikel von Hans-Dieter Hey als Online-Flyer Nr. 137 vom 12.03.2008 in der NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung
Der härteste Arbeitskampf in der Geschichte der deutschen Bahn beendet? Von wegen! Mehdorn schlägt zurück.
"Politik und Medien zeigen sich erleichtert, dass der furchtbare Lohnkampf, der zehn Monate lang auf Deutschland und seinen Reisenden lastete, endlich vorüber ist. Weiß Gott, wer abgesehen von den 4 Tagen, an denen kaum Züge fuhren, überhaupt etwas davon gemerkt hat. Sei's drum. Nun jedenfalls ist der Arbeitsfrieden wiederhergestellt, die Züge fahren zuverlässig, und die Lokführer fallen nicht mehr auf, weil sie einfach wieder Dienst tun. Ob sie ihre soziale Lage durch ihre Hartnäckigkeit wirklich verbessert haben, ob das Ergebnis den Aufwand rechtfertigt, ja worin es überhaupt genau besteht, - das alles interessiert die öffentliche Kommentierung wenig: Hauptsache, die soziale Ordnung ist wieder in Ordnung. Auch die Bilanz, die GDL-Chef Schell zieht, verrät leider mehr über das, was der Gewerkschaftsorganisation wichtig ist, als über den materiellen Ertrag des Kampfes. Schell ist überaus zufrieden über: "Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann!"." Vorabveröffentlichung eines Artikels aus der Gegenstandpunkt 01/08 , veröffentlicht bei der GDL-Ortsgruppe Nürnberg
Alle gegen einen und einer gegen Alle
«Wenn die Bahn ihr Verhandlungsmandat auf konkurrierende Gewerkschaften überträgt, ist das ihr Problem» (Manfred Schell)
"Eine eindeutige Haltung wird einem dort entgegen gestreckt. Die GDL zeigt weiterhin Selbstbewusstsein und ist sich weiterhin bewusst, dass ihr Überleben vom Ausgang des Ganzen abhängt. Ein von der Transnet und der Bahn für tot Gedachter lebt noch munterer als je zuvor. Denn viele in der GDL sind erst mit diesem Überlebenskampf zu Stärken heran gewachsen, die sonst nie erwacht wären. Es sind viele Erfahrungen in diesem Arbeitskampf gemacht worden und zu vieler Kollegen Erstaunen, ist auch aus den Fehlern gelernt worden. Nicht zuletzt die klare Positionierung gegen die Teilprivatisierung schenkt viel verloren gedachte Sympathie zurück." Kommentar von Uwe Krug vom 19.02.2008
Die Erfahrungen des Streiks der Lokführer und Lokführerinnen und des anderen Fahrpersonals der Bahn auswerten und diskutieren!
Die Tricks und üblen Argumente gegen die berechtigten Kämpfe der Werktätigen bei der Bahn entlarven!
Die Gruppe "Die rote Lokomotive" schreibt in einer Mail an die Redaktion des LabourNet Germany: "Wir haben den Bahnstreik und die Hetze dagegen intensiv verfolgt und einige Infos zusammen getragen. Aus den Diskussionen darüber innerhalb kommunistisch orientierter Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben wir einen Text verfasst, den wir gerne offen diskutieren wollen. Wir bitten Euch deshalb diesen auf Eurer Homepage zum Thema zu veröffentlichen." Was wir hiermit gerne tun
Jour Fixe der Gewerkschaftslinken: Zwei Berliner GDL-Kollegen schilderten den Arbeitskampf aus der Sicht der Basis
"Am Mittwoch (06. Feb.) durften wir einen entzaubernden Bericht zweier Berliner GDL-Kollegen verfolgen. Entzaubernd deshalb, weil sich heraus stellte, dass auch GDL-Funktionäre letztlich nur (attentistische) deutsche Gewerkschafts-Funktionäre sind." Artikel von Thomas Meese auf forced labour vom 08.022008
Der Streik der GDL aus Sicht eines Lokführers
".Die Mitglieder kritisierten in der letzten Zeit aber die Informationspolitik des GDL Hauptvorstandes. Viele Informationen wurden erst durch Radio oder TV den Mitgliedern aktuell verkündet und dieses sorgte zeitweise für Unmut. Gerade in den Dezembertagen, an denen niemand wusste, warum nun ab dem 7. Januar 2008 gestreikt werden sollte und warum die Verhandlungen als gescheitert erklärt wurden. Auch die Streiks als solches verliefen nicht immer perfekt organisiert. Doch streiken muss gelernt sein und das musste auch die GDL. Auch wenn die Medien das unkontrollierte Streikverhalten und die unterschiedlichen Haltungen innerhalb des GDL Vorstandes anprangerten, gab es doch eine klare Linie. Der eigenständige Tarifvertrag!.." Der Bericht von R. Mang - Lokführer Hamburg - vom Januar 2008
Bescheidener GDL-Erfolg: Jüngere Lokführer als Verlierer des neuen Tarifvertrags
Mittlerweile werden erste Details über das Kleingedruckte im Tarifvertrag zwischen Bahn und GDL bekannt. Das Ergebnis ist für manche Lokführer eher mager. Artikel von Hans-Gerd Öfinger im ND vom 05.02.2008 Aus dem Text: ".Die auf dem Tisch liegenden Verhandlungsergebnisse nehmen sich wesentlich bescheidener aus. So gibt es für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 29. Februar 2008 eine Einmalzahlung von 800 Euro, was in etwa dem entspricht, was die beiden anderen Gewerkschaften Transnet und GDBA für das zweite Halbjahr 2007 vereinbart hatten. Ab März 2008 erhöht sich das Entgeltvolumen der Lokführer um acht Prozent, ab 1. September um weitere drei Prozent. Ab 1. Februar 2009 wird die tarifliche Arbeitszeit ohne Lohnverlust um eine Stunde auf dann 40 Wochenstunden gesenkt. (.) Auf Internet-Foren beklagen kritische GDL-Mitglieder, dass sie von ihrem Vorstand in den letzten Wochen zu wenig informiert worden seien und dass tagelang »Funkstille« geherrscht habe. Offen für Interpretationen ist auch der Hinweis des Gewerkschaftsvorsitzenden Manfred Schell in einem Rundschreiben an die GDL-Funktionäre, dass ein Teil der heutigen Zulagen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld »in das Monatstabellenentgelt überführt wird«. Manche befürchten, dass sich hinter solchen Begriffen Kompensationsgeschäfte verbergen, deren Umfang erst schrittweise deutlich wird."
Bahnstreik: Potentielle Macht nicht genutzt "Politisch war mehr drin! Kritische Stimmen häuften sich. GDL sticht mit dem Streik in ein Wespennest. Gutwettergewerkschaften erreichen nichts mehr! Der Global-Player Bahn AG wird gestört. Hat Transnet-Chef Hansen mal Jack London gelesen? Warum kämpfte gerade die GDL? Erst Katharsis, dann Widerstand. Die Privilegien der Hausgewerkschaft Transnet. Ein Plus der GDL: Kleiner Apparat und nicht durchsozialdemokratisiert. Gemeinsam waren sie schwach. Auch ein Erkenntnisprozeß: Die Interessen von Basis und GDL-Führung sind unterschiedlich. Sympathie im Volk - Ablehnung bei Linkspartei und DKP-Vorstand! Was bleibt?..." Bewertung von Dieter Wegner vom Januar 2008
Bewertung des Tarifabschlusses
"Der so genannte Abschluß zwischen Bahnvorstand und GDL ist nur ein scheinbarer Abschluß. Da ich den Pressekonferenzen der GDL und der Bahn (30.01.08) bewohnen konnte, sehe ich den tatsächlichen Abschluß noch lange nicht unterschrieben. Da seitens des Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG, H. Mehdorn, der Abschluß eines Kooperationsvertrages zwischen GDL und Transnet/GDBA die Voraussetzung ist, dass er den Tarifvertrag zwischen Bahn und GDL unterschreibt, ist ein Ende des Tarifstreites noch nicht in Sicht. Allein die GDL-Verhandlungsführer sehen keine weiteren Probleme mit der Ratifizierung des Tarifvertrages. Die GDL sieht keine Notwendigkeit, mit der Tarifgemeinschaft (Transnet/GDBA) einen Kooperationsvertrag abzuschließen. Diese Notwendigkeit sieht nur der Bahnvorstand, um zukünftig Auseinandersetzungen mit der GDL, mittels des Kooperationsvertrages, zu dämpfen. Da sich am vorherigen Dienstag ein erstes Treffen der GDL- und Transnetspitzen als erfolglos zeigte, ist mit weiterem Zoff zu rechnen." Kommentar von Uwe Krug vom 02.02.2008
Kämpfen lohnt sich
Von dem Sieg der GDL kann die gesamte Gewerkschaftsbewegung profitieren. Angst der Großindustrie vor Streiks zwang Deutsche Bahn zum Einlenken. Kommentar von Rainer Balcerowiak in der jungen Welt vom 01.02.2008
»Das ist ein großer Erfolg«
Tarifvertrag für Lokführer der Bahn AG unter Dach und Fach. Ein Interview von Daniel Behruzi mit Claus Weselsky , stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in der jungen Welt vom 01.02.2008
Der erfolgreiche Zwerg
"Einer meckert immer. Natürlich wird nicht jeder der 20 000 Lokführer, die Menschen und Güter im Dienst der Deutschen Bahn durchs Land steuern, zufrieden sein mit dem Ergebnis aus diesem zähen, in seiner Hartnäckigkeit und auch seinen Kosten wohl einmaligen Tarifkonflikt. Natürlich fragen sich manche der Lokführer, die in den Streik getreten sind, was denn übrig geblieben sei von der 31-Prozent-Forderung. Mancher von ihnen fühlt sich abgespeist mit mageren sieben Prozent, während andere mehr als das Doppelte absahnen. Doch diese Klagen, die jetzt vereinzelt aus Kreisen der GDL zu hören sind, dürften in vielen Fällen unberechtigt sein." Kommentar von Stephan Börnecke in der Frankfurter Rundschau vom 01.02.2008
Gewerkschaftsbasis rebelliert gegen Schell
"Die GDL-Führung feiert sich für ihren Kompromiss mit der Bahn - doch die Basis der Lokführergewerkschaft rebelliert. Der heute errungene Tarifabschluss sei zu niedrig, Chef Schell sei es vor allem um Machterhalt gegangen: zum Schaden der Mitglieder." Artikel von Anne Seith in Spiegel-Online vom 30.01.2008 .
Zur aktuellen Diskussion siehe das Bahner Forum > Gewerkschaften, Tariffragen & Arbeitsrecht > Streik-Forum
Mehr als ein Teilerfolg - Arbeitszeitverkürzung gegen den Trend
"Natürlich wird es bei dem sich abzeichnenden endgültigen Tarifvertrag zwischen Deutscher Bahn AG und GDL noch die eine und andere Fußangel geben. Doch die Konturen der Einigung stehen fest. Nachdem Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sein Kalenderblatt mit den wesentlichen Vereinbarungen und den Unterschriften von Hartmut Mehdorn und Manfred Schell in die Kameras hielt, können die Grundbestandteile der sich abzeichnenden Tarifvertrags kaum mehr in Frage gestellt werden." Kommentar von Winfried Wolf vom 15.01.2008
Scheinlösung bei der Bahn
"Musste für dieses Tarifergebnis monatelang gestritten und die Bahn bestreikt werden? Elf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeit in der Woche sind nicht das, wovon die Lokführer geträumt hatten, als sie mit Gehaltsforderungen von mehr als dreißig Prozent antraten. (.) Die Lokführer dürfen keine eigenen Lohnforderungen mehr stellen, sondern müssen sich künftig mit den anderen beiden Gewerkschaften abstimmen. Können sich die drei nicht einigen, soll ein Schlichter angerufen werden. So stellt sich das zumindest die Bahn vor, die schon immer für ein solches Modell scheinbarer Eigenständigkeit geworben hat. Die Gewerkschaften werden bei der kniffligen Frage, ob sie sich darauf einlassen wollen, sehr einsilbig. Auch sie fragen sich, was daran eigentlich eigenständig ist." Kommentar von Holger Steltzner in der FAZ vom 15.01.2008 |