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Updated: 18.12.2012 15:51
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Bewertung des Tarifabschlusses

Kommentar von Uwe Krug vom 02.02.2008

Der so genannte Abschluß zwischen Bahnvorstand und GDL ist nur ein scheinbarer Abschluß. Da ich den Pressekonferenzen der GDL und der Bahn (30.01.08) bewohnen konnte, sehe ich den tatsächlichen Abschluß noch lange nicht unterschrieben.

Da seitens des Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG, H. Mehdorn, der Abschluß eines Kooperationsvertrages zwischen GDL und Transnet/GDBA die Voraussetzung ist, dass er den Tarifvertrag zwischen Bahn und GDL unterschreibt, ist ein Ende des Tarifstreites noch nicht in Sicht. Allein die GDL-Verhandlungsführer sehen keine weiteren Probleme mit der Ratifizierung des Tarifvertrages. Die GDL sieht keine Notwendigkeit, mit der Tarifgemeinschaft (Transnet/GDBA) einen Kooperationsvertrag abzuschließen. Diese Notwendigkeit sieht nur der Bahnvorstand, um zukünftig Auseinandersetzungen mit der GDL, mittels des Kooperationsvertrages, zu dämpfen. Da sich am vorherigen Dienstag ein erstes Treffen der GDL- und Transnetspitzen als erfolglos zeigte, ist mit weiterem Zoff zu rechnen.

Am Rande der Pressekonferenz der GDL hatte ich die Gelegenheit, mit Manfred Schell zu sprechen. Auf die Frage, wann denn die zweite Urabstimmung zur Beendigung des Streikes erfolgen würde, nannte er es als nicht notwendig, diese Urabstimmung durchzuführen. Geschockt nach dieser Aussage, wurden weitere Fragen gestellt. U.a. über die Notwendigkeit, die Zugbegleiter aus dem Tarifvertrag auszuschließen. Darauf kam die Antwort, dass es keine Alternative gab. Absprachen mit den Moderatoren (Geißler und Biedenkopf) setzten die Eigenständigkeit über die weitere Vertretung der Zugbegleiter. Daran ist zu ersehen, dass alle Mittel recht waren, um die Eigenständigkeit zu erreichen.

Es ging in diesem Tarifstreit einzig und hauptsächlich um die weitere Existenz der GDL. Spätestens nach dem Treffen mit Verkehrsminister Tiefensee wurden alle Streiks abgesagt, um nicht die Gefahr zu haben, dass der Arbeitskampf der Fahrpersonale ausufere. Der Druck der GDL-Mitglieder nach einem harten Arbeitskampf war sehr hoch. Spätestens im Dezember 07 war der Wille zum unbefristeten Streik nie größer gewesen. Mit allen Mitteln wollte die Basis ihre Forderungen für mehr Gehalt, Herabsetzung der Arbeitszeit und die Eigenständigkeit durchsetzen. Im Vorfeld des aufkommenden Drucks, gemeinsame Aktionen mit anderen Berufsgruppen und anderen Branchen durchzuführen, wurde dies von der GDL-Struktur abgewürgt. Das zeigt deutlichst, dass ein Arbeitskampf gerade für die existenziellen Interessen der Fahrpersonale von der GDL-Struktur niemals gewollt war. Es ging um die Eigenständigkeit und dem Mittel, die GDL-Mitglieder dafür aufzupeitschen. Alleinige wegen der Eigenständigkeit, hätten sich vielleicht gerade mal 50% der Mitglieder in diesen Arbeitkampf gestürzt.

Da sich die GDL selber auf die Fahnen geschrieben hat, den Reallohnverlust von 9,5% seit 1994 mit ihren Forderungen auszugleichen, hat sie diese gerade mal im Ansatz durchgesetzt. Die Kollegen waren jedoch für mehr in den Arbeitskampf gegangen. Jedem war bewußt, dass es keine 2500 Euro als Einstiegsgehalt geben wird. Jedoch, dass nun das Einstiegsgehalt für Lokführer fast 500 Euro unter der Forderung liegt, sehen fast alle GDL'er als Luftnummer an. Der Unterschied zum Transnetabschluß ist in den Gehaltstabellen nur minimal. Unverständnis hat sich bei den Kollegen verbreitet, dass in der heißen Phase die Luft aus der Kampfbereitschaft der Kollegen genommen wurde. Und dies von der eigenen Gewerkschaft.

Nicht zuletzt wurde der angekündigte unbefristete Streik ab dem 07.01.08 vom Verkehrsminister Tiefensee abgesagt . Dies zeigt die starke Einflußnahme der Politik auf die Verhandlungsführer der GDL. Die GDL'er waren zu mehr bereit gewesen. Allein die Gewerkschaftsführung hat dies verhindert.

Diesen Kurs der Gewerkschaftsspitzen wird nun von immer mehr Kollegen kritisiert. Bei Treffen kritischer GDL'er kommen von mal zu mal mehr Kollegen dazu, um ihren Unmut zu äußern und sich Gleichgesinnten anzuschließen. In der Zusammenarbeit mit anderen Gewerkschaftskritikern von verschiedenen Gewerkschaften sehen die GDL-Aktivisten eine sinnvolle Stärkung ihrer Arbeit und der Arbeit anderer Aktivisten, Gewerkschaftslinken. Es soll zukünftig mehr und mehr um die existenziellen Interessen der Arbeitnehmer gehen .

Kritik wurde auch gegen den Betriebsrat der Berliner S-Bahn geäußert, der sich nicht einmal zu einer Grußbotschaft an die streikenden Fahrpersonale bewegen ließ. Der Betriebsratvorsitzende [Betriebsratliste "TfB"(Transparenz für die Basis) und Transnet-Mitglied] hielt es nicht für nötig, den kämpfenden Fahrpersonalen den Respekt zu bekunden. Anderslautende Stimmen von Betriebsratmitgliedern wurden massiv unterdrückt. Auch der gestrige und heutige Streik bei der Berliner Verkehrs Gesellschaft (BVG) war kein Anlaß für den Betriebsrat, die Solidarität der S-Bahner mit den Bus-, Tram- und U-Bahnfahrer der BVG zu bekunden. Dies geschah ebenfalls nicht von seitens der GDL. Die Fahrpersonale der S-Bahn machten sich am heutigen Morgen selbstständig auf den Weg zu den streikenden BVG'lern und wurden dort für ihre Solidarität begrüßt. Die Hoffnung auf zukünftigen gemeinsamen Streiks wurden wiederholt geäußert.


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