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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Freitag, 22. September 2006: I.Internationales / Thailand Gewerkschaften: Lauwarm für Putschisten... Der Militärputsch vom 19. September war in den Tagen
und Wochen zuvor sozusagen erwartet worden, weil das Patt zwischen der
Opposition und dem Selbstbereicherungspremier Thaksin andauerte - was
den Herren der Wirtschaft und ihrem König auch nicht gefiel. Die
Maßnahmen der Putschisten waren jene, die mensch von Militärputschisten
eben erwarten kann: jede Versammlung mit über fünf TeilnehmerInnen
wurde verboten, die Medien gewarnt, sie seien zur sachlichen Berichterstattung
verpflichtet - und wer bestimmt wohl, was sachlich ist? Und der Vorsitzende
der Egat (Gewerkschaft der Elektrizitätswerke) äussert dazu
sinngemäss, zwar könne man einen Militärputsch als demokratische
Organisation nicht unterstützen, aber dem Wohle des Landes könne
er schon dienen, wenn nur bald wieder Versammlungs- und Pressefreiheit
garantiert würden und der "Rat für demokratische Reform"
- wie sich die Putschisten im Neusprech nennen - sich der sozialen Frage
annähme. Einstweilen ruft der Gewerkschaftsfunktionär seine
Mitgliedschaft schon mal zu fleissiger Arbeit auf - Strom sei wichtig
für das Land, hat er genial erkannt - und verzichtet auf geplante
Aktivitäten zum "Tag der Staatsbetriebe". Nachzulesen in
dem redaktionellen (englischen) Beitrag "Labour
unions urge Council to restore democratic rule soon" II.Internationales / Südkorea Bauern gegen US-Armee Die US-Armee will Camp Humphries in Pyeongtaek ausbauen - wofür viele der in Südkorea berühmten Reisfelder, samt der da arbeitenden Bauern weichen müssen. Dagegen entwickelt sich seit langem nahezu einheitlicher Widerstand - der im Mai diesen Jahres mit einem massiven Gewalteinsatz seitens der südkoreanischen Regierung - vergeblich - gebrochen werden sollte: damals gab es unter anderem über 500 Festnahmen. Jetzt gibt es den (auch internationalen Soli-) Aufruf "Nein zur Ausweitung der US-Militärstützpunkte in Südkorea" für landesweite Aktionen am 24. September 2006. III.Internationales / Südkorea / Repression gegen GewerkschafterInnen Streik bei Posco beendet - Solidarität der Bauinternationale geht weiter 86 der im August festgenommenen Gewerkschafter von POSCO sind immer noch im Gefängnis. 23 Gewerkschafter sind "untergetaucht" und der Vorsitzende der Bauarbeiterföderation wird mit 4 Jahren Gefängnis bedroht. Nachdem unter massivstem öffentlichen Druck gegen sie beinahe die Hälfte der 3.000 Streikenden nach 82 Tagen die Arbeit wieder aufgenommen hatte, stimmten in einer zweiten Urabstimmung am 20. September rund 1100 der noch 1600 Streikenden für die Annahme eines Vertrags, den die Gewerkschaft mit den Subunternehmen ausgehandelt hatte (in der ersten Urabstimmung über diesen Tarifvertrag am 11. September lehnten beinahe zwei Drittel (64,5%) der Gewerkschaftsmitglieder den Vorschlag ihres Vorstandes ab). a) Zum Streikende Aktuelle Informationen zur abschliessenden Urabstimmung
in dem redaktionellen (englischen) Artikel "Pohang
Strike Ends After 82 Days" b) Zur aktuellen Repression Informationen (auch über andere Auseinandersetzungen
im Baubereich) in der (englischen) Mitteilung "BWI
continues to support Korean workers' campaign" IV.Internationales / Bangladesh a) Mindestlohn-Abkommen im Kreuzfeuer Die TextilarbeiterInnen sind mit den neuen Mindestlöhnen nicht zufrieden: neue betriebliche Streiks haben stattgefunden, demnächst soll es einen Branchenstreik geben. Die Unternehmen sind mit den neuen Mindestlöhnen nicht zufrieden: zu hoch seien sie, und die Verbände hätten das Abkommen nur unterzeichnet unter dem Druck brennender Fabriken. Die Regierung sucht ausländische Agitatoren. Eine knappe Materialsammlung zur Lage in Bangladeshs wichtigstem Industriezweig "Mindestlohn im Kreuzfeuer" vom 20. September 2006. b) Land unter - Klimaveränderungen und Klassengesellschaft "Für die meisten Menschen im Westen stellt die
Klimaveränderung eine Bedrohung ihres Lebensstils dar. Für die
Menschen in Bangladesh eine Bedrohung des Lebens selbst" - so beginnt
der (englische) Artikel "For
My People, Climate Change is a Matter of Life and Death" V.Internationales / Palästina / Arbeitsbedingungen und Proteste Streikende verhindern Parlamentsrede des Premierministers Ismail Haniya liess seinen Auftritt vor dem Parlament absagen:
Streikende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes hatten seinen
Autokonvoi blockiert und ihre ausstehenden Gehälter gefordert. Auch
dass seine Leibwächter das Feuer auf die DemonstrantInnen eröffneten
half ihm nicht weiter - Warnschüsse in die Luft wurde gesagt, dennoch
gab es zwei Verletzte. Der Presse gegenüber sagte der Premier, so
sei es eben, wenn es ein zuviel an Demokratie gäbe...und uniformierte
Anhänger der Hamas zerstörten anschliessend Streikzelte in Gaza.
Der aktuelle (englische) AFP-Bericht "Govt
workers mob Haniya in pay protest" VI.Internationales / Mexico / Oaxaca Die gefährlichen Lehrer von Oaxaca Ein ausführlicher Artikel zum geschichtlichen Hintergrund der aktuellen Entwicklung in Mexikos zweitärmsten Bundesstaat nach Chiapas. Von den Morden an LehrerInnen-AktivistInnen in den 70 er Jahren bis zu den ersten Protestaktionen, die 2002 koordiniert gleichzeitig in Oaxaca und Kalifornien stattfanden - Ergebnis der durch die neoliberalen Wirtschaftsreformen verstärkten Migration. Was diese sogenannten Reformen konkret bedeuten und was AktivistInnen der Lehrerbewegung zu sagen haben, wird in dem (englischen) Beitrag "Oaxaca's Dangerous Teachers" vom 16. September 2006 von David Bacon eindringlich geschildert. VII.Internationales / Mexico / Gewerkschaften a) Im Exil Die United Steelworkers haben den Voritzenden der mexikanischen
Sindicato de Trabajadores Mineros y Metalurgicos de la Republica Mexicana
(die grösste mexikanische Industriegewerkschaft) Napoleon Gomez erst
nach Arizona, dann nach Kanada geschafft - er wird wegen angeblicher Unterschlagung
von der Regierung Fox gesucht. Der Grund für die Solidarität
der USW ist die Tatsache dass, seitdem er (seit 2001, in Nachfolge des
eigenen Vaters...) Vorsitzender der Gewerkschaft ist, diese zahlreiche
Solidaritätsstreiks mit US-Bergarbeitern organisiert hatte und Streikbruchaufträge
verhindert. Hintergrund der Affäre ist die Auseinandersetzung der
Gewerkschaft mit Grupo Mexico, die unter anderem zu Streiks über
nachträgliche Abfindungen geführt hatte, eine Auseinandersetzung,
die mit der voraussehbaren Bergwerkskatastrophe im Frühjahr bei der
65 Kumpel starben, extrem verschärft wurde - Unternehmen und Regierung
riefen daraufhin einen neuen Vorsitzenden aus. Einen aktuellen Einblick
in die Entwicklung gibt der (englische) Bericht "Labor
turmoil following disaster draws in USW" b) Die mexikanische Gewerkschaftsbewegung heute In ausführlichen Gesprächen mit der Tageszeitung
La Jornada nehmen die Gewerkschaftsforscherin Graciela Bensusán
Areous von der Universidad Autonoma de Mexico und Enrique de la Garza,
Professor der UAM Iztapalapa kein Blatt vor den Mund: sowohl die traditionellen,
der langjährigen Regierungspartei PRI zugehörigen Gewerkschaften,
als auch die unabhängigen Gewerkschaftsorganisationen und - strömungen
(wie etwa, um die grössten zu nennen: Sindicato de Telefonistas de
la República Mexicana (STRM), Sindicato Nacional de Trabajadores
del Seguro Social, Sindicato de Trabajadores de la UNAM und die Sindicato
Mexicano de Electricistas - die, beispielsweise die STRM seit 30 Jahren
keinen streik mehr organisiert hätten, aber dafür im selben
langen Zeitraum stets denselben Vorsitzenden hat) hätten es, im Gegensatz
zu jenen in anderen lateinamerikanischen Staaten, versäumt, sich
den neuen Bedingungen anzupassen - und das bedeute die Gefahr, dass jene
Art Gewerkschaftspolitik die Oberhand behalte, die die Regierung wünscht:
im Interesse des jeweiligen Unternehmens. Auf der anderen Seite habe die
Entwicklung der beiden letzten Jahrzehnte und insbesondere der letzten
Jahre dazu geführt, dass Spielraum und Möglichkeiten autonomer
Gewerkschaftspolitik und -organisation deutlich angewachsen seien. Zu
Wort kommt hierzu beispielsweise auch Andrónico Martínez,
Koordinator des Gewerkschaftsoppositionellen Movimiento Alternativo Telefonista.
Der ausführliche redaktionelle (spanische) Beitrag "Se
resquebrajan sindicatos oficialistas mexicanos, crecen posibilidades del
sindicalismo autónomo" VIII.Internationales / Bolivien Ölminister zurückgetreten Die "Schlacht ums Öl" in Bolivien geht weiter - und die sehr ehrenwerten Ölgesellschaften haben einen wichtigen Erfolg errungen: Andrés Soliz Rada, bisheriger Energieminister, einstiger Gewerkschaftsaktivist und einer der Denker der antiimperialistischen Bestrebungen in Bolivien, ist zurückgetreten. Er galt vielen unterschiedlichen Quellen zufolge als der populärste Minister der Regierung Morales, weil im ganzen Land als langjähriger Aktivist gegen Privatisierung und Ölmultis bekannt. Der 67-jährige gab am 15. September in einem offenen Brief an den "Genossen und Bruder" Evo Morales seinen unwiderruflichen Rücktritt bekannt. In einer Pressekonferenz zwei Tage später schilderte er ausführlich den Druck, den die internationalen Ölgesellschaften - allen voran die brasilianische Petrobras und mit ihr die brasilianische Regierung in imperialem Stil - ausüben, um die "Öldekrete" auf dem Papier zu lassen. Inklusive der Bereitschaft, die Dekrete formal anzuerkennen - gegen die Zusicherung, dass sie nicht realisiert werden. Der Forderungskatalog der Multis an die bolivianische Regierung ist ebenso lang wie zynisch und typisch für Kapitalgesellschaften: Schluss mit der Subventionierung der Preise durch die Regierung, die BolivianerInnen sollen Weltmarktpreise bezahlen; die gesicherten Reserven Boliviens sollen in den Büchern der Gesellschaften als deren Reserven geführt werden dürfen; und die "wiederbelebte" bolivianische Staatsgesellschaft YPFB soll daran gehindert werden, die Verteilung von Öl und Gas hauptverantwortlich zu betreiben, sowie nicht in den Vorständen der Ölgesellschaften aktiv sein. Der (spanische, hiermit kurz zusammengefasste) offene Brief "RENUNCIA DEL MINISTRO DE HIDROCARBUROS DE BOLIVIA" vom 15. September 2006, wie er über zahlreiche Mailinglisten publiziert wurde. IX.Internationales / USA / Migration a) Ein historischer Kongress? Rund 1600 Delegierte und Beobachter nahmen am "Latino
Congreso" vom 6. bis 10. September in Los Angeles teil, der vom Bürgermeister
von Los Angeles Antonio Villarraigosa eröffnet wurde - dem ersten
solchen Kongress seit 1975. Der jetzige Kongress war im wesentlichen organisiert
von Protestkoordinationen, gewerkschaftlichen Strukturen und zahklreichen
Bürgerinitiativen. Wie es in der Natur der Sache liegt, war dieser
Kongress - ein Ergebnis der massiven Protestbewegungen im Frühjahr
- ein klassenübergreifender Kongress. Deshalb auch wurde - in Anwesenheit
einer Reihe von Abgeordneten lateinamerikanischer Herkunft - eine Frage
wie der Irakkrieg zunächst eher auf sehr kleiner stufe behandelt
- bis die Zeit der Resolutionen kam und die Latino-Veteranen (eine Vereinigung,
die schon aus der Zeit des Vietnamkrieges stammt) die erste Resolution
eben gerade gegen den Irakkrieg einbrachten (die den Rückzug der
Truppen forderte), die dann mit riesiger Mehrheit verabschiedet wurde.
Gegenstand der Debatten war unter anderem die Tatsache, dass die Kinder
aus den Latino-Communities meist an öffentlichen Schulen sind - und
dass dort, im Gegensatz zu den "besseren Schulen" die massive
Rekrutierungskampagne der Armee konzentriert ist. Ein wesentlicher Unterschied
zu dem letzten Kongress vor über 30 Jahren war, neben den explizit
politischen Stellungnahmen, auch die Tatsache, dass der damalige Kongress
nur TeilnehmerInnen aus sechs Bundesstaaten hatte - und damit waren alle
"abgedeckt" in denen Latino-MigrantInnen lebten. Diesmal waren
48 Bundesstaaten vertreten. Der (englische, hiermit sehr kurz zusammengefasste)
Bericht "Historic
Latino Congreso Takes Strong Anti-War Stand" b) Eine Debatte um Gewerkschaften und Migration Aus Anlass einer Demonstration in San Francisco - "Amnesty for All", gemeint sind MigrantInnen ohne Papiere - die zunächst von der regierenden Demokratischen Partei verboten wurde, danach aufgrund massiven Drucks erlaubt werden musste, entspann sich in der Mailingliste "Labor-L" eine Debatte über die Rolle der MigrantInnen, an der zwar nur wenige Menschen teilnahmen, die aber durchaus als repräsentativ für viele Debatten gelten kann, wenn es um die Rolle der MigrantInnen geht. Sind das (fast) alle Mittelklasseleute, die (bewusst?) Lohndrückerarbeit machen? Aber was heisst Mittelklasse überhaupt und was, wenn diese als TagelöhnerInnen arbeiten? Und was sich sonst noch an Debatten entwickelt, wenn ein Gewerkschaftsaktivist den Linken vorwirft, sie seien schwach, weil sie am "amerikanischen Arbeiter vorbei" arbeiten und denken würden - als seien MigrantInnen ein Randgruppenproblem. Die (englische) Debatte "Democrats Deny Permit for 'Amnesty for All' Rally" dokumentiert, wie sie Mitte September 2006 auf Labor-L geführt wurde (und noch weiter wird). c) Eine kleine Geisterstadt Stillmore im Bundesstaat Georgia ist ein kleines Örtchen,
das beim letzten Zensus wenig mehr als 700 EinwohnerInnen hatte - heutezutage
sind es, dank MigrantInnen-Zustrom knap 1.100 - beziehungsweise: waren
es. Die Landesregierung von Georgia gehört zu jenen, die die härtesten
Maßnahmen gegen sogenannte illegale MigrantInnen beschlossen haben
und Dutzende von ihnen wurden im Örtchen von der Polizei in Handschellen
abgeführt und zum Gericht nach Atlanta verfrachtet - und viele andere
flohen überallhin. Die Läden und Strassen sind leer und die
einzige Fabrik am Ort sucht dermassen dringend Arbeitskräfte, dass
sie von sich aus den Einstiegslohn um 1 Dollar die Stunde angehoben hat.
Der (englische) AP-Bericht "Immigration
Raid Makes a Ghost Town" X.Internationales / Elfenbeinküste Giftmüll in Abidjan: Tote, Blockaden, Rücktritte Am 19. August diesen Jahres betrieb ein Schiff namens Probo
Koala (das am 2. Juli aus dem Amsterdamer Hafen ausgelaufen war) das,
was im Baseler Abkommen von 1989 "illegal waste dumping" genannt
wird. In Abidjan wurden 400 Tonnen offensichtlich giftiger Müll abgekippt,
Brennstoffe. Das griechische Schiff war von der niederländisch-schweizerischen
Gesellschaft Trafigura angemietet, fuhr unter panamesischer Flagge, mit
russischer Besatzung und woher der Müll kommt weiss angeblich niemand.
Neben den aktuellen Dämpfen, die dazu führten dass - laut Gesundheitsministerium
- sechs Menschen starben und über 9.000 mit unterschiedlichen Graden
von Symptomen die damit völlig überforderten Krankenhäuser
aufsuchen mussten, besteht auch die Befürchtung, dass diverse Wasserläufe
in Mitleidenschaft gezogen wurde, inklusive der berühmten Lagune
von Abidjan. Die Bevökerung reagierte mit zahlreichen Blockaden der
unterschiedlichen Zugänge zu Müllkippen - der Sitz der Hafenbehörde
ging in Flammen auf, die Regierung des durch Bürgerkrieg gespaltenen
Landes trat zurück, 7 Beamte wurden festgenommen. Der aktuellste
(englische) Beitrag der UN-Nachrichtenagentur IRIN ist "Clean-up
of toxic waste begins" XI.Internationales / Frankreich / Politik und Wirtschaft "Reformen" und Privatisierung auch im Vorwahlkampf "Ein wichtiges Hindernis für die konservativ-liberale Regierung in Paris dürfte beseitigt sein: Die parlamentarische Opposition hat am Dienstag dieser Woche ihre « Blockadehaltung » aufgegeben. Damit ist der Weg dafür frei, die Debatte über die Privatisierung des französischen Energieversorgungsunternehmens GDF (Gaz de France) wahrscheinlich bis zum Donnerstag nächster Woche abzuschlieben. Am 3. Oktober soll ein « feierliches Votum » der französischen Nationalversammlung (des « Unterhauses » des Parlaments) über die GDF-Privatisierung folgen" - so beginnt der aktuelle Beitrag "‘Reformen’ über ‘Reformen’, auch in der Vorwahlperiode" vom 22. September 2006 von B. Schmid. ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |