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Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, neu im LabourNet Germany am Freitag, 17. August 2012: I. Internationales / Brasilien / Gewerkschaften Von Sao Paulo nach Paris... Anfang Mai 2012 fand in Sao Paulo das Erste internationale Treffen linker GewerkschafterInnen und Sozialer Bewegungen statt, auf Einladung der linken brasilianischen Conlutas und der französischen Gewerkschaftsföderation SUD. Ein Ergebnis: Gemeinsam mit der britischen Transportarbeitergewerkschaft RTM und anderen alternativen Gewerkschaften sowie verschiedenen sozialen Bewegungen rufen sie für April 2013 in Paris zu einem Folgetreffen auf, das konkreter werden soll. Weil reale Chancen bestehen, dass dies ein Treffen werden kann, das zahlreiche politische und gesellschaftliche Strömungen zusammenbringt, die Ansätze verfolgen, die den heutigen Erfordernissen der Prekarität und Informalität entsprechen und von einer Klassenorientierung geleitet werden, die sich nicht an die kapitalistische Konjunktur bindet, sondern vereinheitlichend wirken will, unterstützt LabourNet Germany diesen Aufruf - und legt allen LeserInnen nahe, darüber nachzudenken. "Warum wir dafür sind, am 2. Internationalen Treffen linker GewerkschafterInnen und Sozialbewegungen im April 2013 in Frankreich teilzunehmen" ist die Stellungnahme dazu. II. Internationales / Spanien Eine (verhältnismäßig bescheidene) Aktion und eine (gewaltige) gesellschaftliche Debatte: Aneignung im Supermarkt Die Aneignungsaktion der andalusischen SAT in zwei Supermärkten (Mercadona, hat Anzeige gestellt und Carrefour, hat es durchgehen lassen) schlägt Wellen quer durchs Land und hat eine breite gesellschaftliche Debatte provoziert. "Das geht ja so nicht" ist naheliegenderweise der Tenor der Autoritäten, Politiker des Bürgertums und der entsprechenden Medien. Die juristischen Verfolgungsmaßnahmen sind auch bereits eingeleitet, denn in einem Rechtsstaat muss klar sein, was man darf - und was nicht. Man darf: Mit Lebensmitteln spekulieren und wenn dabei noch so viele verhungern. Man darf nicht: Sich nehmen, was man braucht (es sei denn, man wäre eine Bank oder sonst ein Unternehmen). Weswegen es jetzt auch schon Versammlungsverbote gibt, wie in dem Bericht "La subdelegación del gobierno de Cádiz prohíbe el derecho de reunión al SAT de Sanlúcar" am 10. August 2012 bei La Haine deutlich wird - die Bezirksregierung von Cadiz verbietet eine SAT-Versammlung in (Karstadt-Lieferant) Sanlucar. Die SAT aber bleibt unbeeindruckt: "Andalusiens Landarbeiter wollen weitere Ländereien besetzen und auch auf das in der vergangenen Woche von der Guardia Civil geräumte Landgut Las Turquillas zurückkehren. Zudem sollen jedoch auch Banken besetzt werden, »denn diese sind die Verantwortlichen der Krise«, kündigte der linke Parlamentsabgeordnete Juan Manuel Sánchez Gordillo am Montag im Gespräch mit dem Fernsehsender Telecinco an" - aus dem Bericht "Banken besetzen" von André Scheer am 15. August 2012 in der jungen welt. Siehe dazu auch: "Kaosenlared entrevista a los compañeros Nestor Salvador y Fran Jiménez, detenidos por las acciones del SAT en los supermercados" am 13. August 2012, ein interview mit zwei wegen der Supermarktaktion festgenommenen SAT-Aktivisten. III. Internationales / Spanien / Arbeitskämpfe / Bergarbeiterstreik 2012 Spesen? Ausser denen nichts gewesen? Ist die erste Frage, die sich erhebt, nachdem die beiden Gewerkschaftsverbände CCOO und UGT das (vorläufige?) Ende des Bergarbeiterstreiks dekretiert haben. Aber: Der Kampf der Bergarbeiter und der breitesten Teile der Bevölkerung der Bergbauregionen und das riesige Echo der Gesellschaft auf den schwarzen Marsch haben die politische Konstellation (einstweilen) verändert - die Kürzungsorgienmacher in die Defensive gedrängt. So auch in dem Beitrag "CCOO y UGT dan por finalizados los encierros y las movilizaciones de los mineros" von Cándido González Carnero am 03. August 2012 bei La Haine. Siehe dazu auch: "LA MAFIA DEL CARBÓN" von M. Lopez (ein Journalist, der den Marsch mitgemacht hat) bereits am 09. Juli 2012 im Blog asturbulla: Eine ausgesprochen kritische Sicht der Rolle beider Gewerkschaftsverbände im "closed shop" System des spanischen Bergbaus. Sowie: "CSI ante el conflicto de la minería" - die Stellungnahme der "Gewerkschaftsströmung der Linken" vom 03. August 2012 - mit dem Kernsatz "Kapitulation gibt es in unserem Wortschatz nicht". In diesen Zusammenhang passt die Nichtmeldung des Tages: "Unterdessen dementierten Vertreter des spanischen Allgemeinen Arbeiterunion (UGT) und des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) gegenüber jW Medienberichte, wonach ein in mehreren Ländern gleichzeitig stattfindender Generalstreik vorbereitet werde. »Es gibt derzeit keine Diskussion über einen europaweiten Generalstreik im Oktober«, betonte EGB-Pressesprecherin Patricia Grillo auf Nachfrage. Das spanische Internetportal Cuarto Poder hatte zuvor unter Berufung auf Elías Eliopoulos vom griechischen Gewerkschaftsbund ADEDY berichtet, die Organisationen aus Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und Zypern wollten entweder am 15. September – am Rande der von den spanischen Gewerkschaften organisierten Großdemonstration in Madrid – oder am 28. September, wenn eine ähnliche Aktion in Rom geplant ist, ein Abkommen unterzeichnen, das eine gleichzeitige Aktion in den wichtigsten Städten aller Länder oder einen bis zu 48 Stunden dauernden grenzüberschreitenden Generalstreik vorsieht" - aus "Banken besetzen" von André Scheer am 15.8 in der jungen welt... IV. Internationales / Frankreich / Soziale Konflikte und Bewegungen Auflauf im Sperrbezirk: Amiens "Der Norden von Amiens zählt zu den landesweit 15 Sicherheitszonen, für die Innenminister Manuel Valls ab September zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen angekündigt hat. Er machte sich am Nachmittag ein Bild von der Lage vor Ort und wurde dabei ausgepfiffen. Nichts könne die Schüsse auf Polizisten rechtfertigen, sagte Valls" aus dem Bericht mit dem vielsagenden Titel "Krawalle nach Kontrolle" am 15. August 2012 in der taz - wobei von Schüssen nur beim Herrn Minister die Rede ist... Und: "Die Öffentlichkeit schien diese Wirklichkeit ganz vergessen zu haben. Von den „Problemvierteln“ war kaum mehr die Rede, die Euro-Krise, die lahmende Wirtschaft, der Spitzensteuersatz dominierten den Präsidentschaftswahlkampf und die Medienberichte darüber, das unbequeme Thema blieb ein Randthema, auch für die Sozialdemokraten. Nun sorgt ein „Problemviertel“ in der nordfranzösischen Stadt Amiens für neue Schlagzeilen mit den bekannten Erscheinungen: Wut der Einwohner gegenüber der Staatsmacht, personifiziert durch die Sicherheitskräfte der CRS (Sicherheitskompanien der Republik), die in Ausschreitungen eskaliert. 17 verletzte Polizisten, in Brand gesetzte Autos und Mülleimer, aber auch eine Schule und eine Sporthalle ging in Flammen auf" - aus dem Beitrag "Wie Tiere behandelt" von Thomas Pany am 15. August 2012 bei telepolis. V. Internationales / Großbritannien / Arbeitskämpfe Arbeitsvermittler wollen keine Büttel sein "Am Montag streikten in Großbritannien 6.000 Beschäftigte in 32 Callcentern der Arbeitsvermittlungen gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschafter der PCS wehren sich gegen eine Reform, die durch unrealistische Zielvorgaben wachsenden Druck auf die Beschäftigten und die Arbeitslosen ausübt. Bereits im Januar hatte es in Schottland deswegen einen 48-Stunden-Streik gegeben" - das ist die Meldung "Streik in Arbeitsvermittlungen" am 15. August 2012 bei Randzone Online. Siehe dazu auch: "Job Centre Plus workers strike in face of management tactics" am 14. August 2012 im Socialist Worker, wo mehrere Streikende zu Wort kommen. Und: "Jobcentre call handlers strike over oppressive target-driven culture" die Streikberichte bei der Dienstleistungsgewerkschaft PCS vom 13. August 2012 - in denen vor allem deutlich wird, dass es den Streikenden keineswegs nur um ihre eigenen Arbeitsbedingungen geht, sondern dass die permanente Kontrolle, gegen die sie sich vor allem wehren, dazu da ist, Kontrolle über die Erwerbslosen zu intensivieren, was sie verweigern. VI. Internationales / Tunesien a) Streik in Sidi Bouzid Am 14. August hatten zahlreiche Organisationen darunter vor allem der regionale Gewerkschaftsbund UGTT zu einem Streiktag in dem Städtchen, das als "Wiege der Revolution" gilt, aufgerufen: Es ging um Perspektiven für die Jugend im Allgemeinen - und um die Freilassung der festgenommenen Demonstranten der letzten Tage im besonderen. Der Bericht "Tunisie : Grève générale à Sidi Bouzid" von Youssf B am 14. August 2012 bei Europe Solidaire zeichnet eine erfolgreiche Aktion nach. Siehe dazu auch: "Video der Kundgebung in Sidi Bouzid" bei Youtube am 15. August 2012 eingestellt. b) Leoni: Unternehmerdiktat - Zwangsverlagerung auf die Schnelle Einmal mehr profiliert sich Leoni in Tunesien als ein Unternehmen der traditionellen europäischen Art: Keine Diskussion, Willkür - und Zynismus, wie etwa das großartige Angebot an die Belegschaft in Ezzarah, die (noch) 600 Beschäftigten könnten ja mit nach Sousse umziehen... Die kurze "Mail eines Belegschaftsmitglieds" vom 14. August 2012 zur aktuellen Problematik einer extrem kurzfristig verkündeten Werksschliessung ohne weitere Verhandlungsabsichten macht unter anderem auch deutlich, dass Kolonialismus keineswegs ausgestorben ist...und dass nicht nur die Belegschaft von Leoni, sondern auch benachbarter Firmen sich in Streikvorbereitung befinden. VII. Internationales / Südafrika / Arbeitskämpfe "Wenn sie nicht arbeiten, wird geschossen" Seit dem 10. August streiken rund 3.000 Arbeiter in der Lonmin-Platinkine in Marinaka. Das titelgebende Zitat war eine offizielle Verlautbarung der Geschäftsleitung von Lonmin am Donnerstag, den 16.8 - am selben Tag, da vollzogen wurde. Die Zahl der Todesopfer dieser unglaublichen blutigen Repression wird am Freitagmorgen noch zwischen 7 und 18 angegeben. Alle Meldungen beziehen sich auf den "Streit zwischen zwei Gewerkschaften" als entweder Grund oder doch zumindest Auslöser der Gewaltwelle, die schon in den Tagen zuvor Opfer gefordert hatte, auch Polizisten. In der Tat gibt es in allen Zechen, aber speziell in den Platinminen eine Auseinandersetzung zwischen der Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU) und der traditionellen Cosatu Gewerkschaft National Union of Mineworkers (NUM). Bereits zu Anfang des Jahres gab es vergleichbare Auseinandersetzungen in der grössten Platinmine der Welt, der Impala Platinum (LabourNet berichtete). Was diese Berichte aber großzügig übergehen (während sie meist nicht versäumen, zu vermelden, dass die Aktienwerte der britischen Lonmin sinken) ist die Tatsache, dass die Belegschaften teilweise radikalisiert sind nicht etwa aufgrund irgendwelcher politischen Debatten oder Vorlieben, sondern aufgrund der unglaublich schlechten Arbeitsbedingungen in den Minen im allgemeinen, den Platinminen aber im besonderen: Erst dies ergibt denn Sinn der Auseinandersetzung darüber, welche Gewerkschaftspolitik die richtige Reaktion auf die Lage sei. Der Bericht "Polizei schießt auf streikende Minenarbeiter" am 16. August 2012 bei Spiegel Onlne gibt diese gesamte tendenziöse Berichterstattung wieder, die die Lage der Arbeiter ausblendet. Siehe dazu auch: "Police fire on striking miners, several dead" am 16. August 2012 bei Timeslive. Sowie: "South African police slaughter striking miners after stand-off" von Alex Duval Smith und Tom Bawden am 17. August 2012 im britischen Idependent (hier gespiegelt bei revolutionary frontline) - der zumindest eine Ahnung verbreitet, warum die NUM die Konkurrenz vielleicht nicht fürchten, aber respektieren muss: Der sechswöchige Streik im Januar bei Impala führte zu einer Verdoppelung der Löhne... Schliesslich: "NUM statement on developments at Lonmin" am 16. August 2012 (hier auf der Cosatu-Seite) - in dieser Mitteilung wird deutlich unterstrichen, dass Unternehmen und Behörden des Bergbaus die Verantwortung für die Entwicklung tragen - und vor jenen "gewarnt", die die berechtigte Unzufriedenheit der Belegschaften auszunutzen versuchten... VIII. Internationales / Türkei / Arbeitskämpfe Gaziantep: 5.000 Textilarbeiter im Streik "Der Widerstand mehrerer Tausend Arbeiter im Industriegebiet Gaziantep Baspinar, der seit mehr als einer Woche andauert und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Erhöhung der Gehälter einfordert, geht weiter. Die mehr als 5000 Arbeiter kommen aus 8 verschiedenen Produktionsstätten. Diese Firmen, die Exporte im Wert von vielen Millionen Dollar erreichen, sehen es jedoch nicht ein, ihren Arbeitern eine Existenz sichernde Vergütung zuzugestehen. Obwohl die Arbeiter einen durchschnittlichen Arbeitstag von 12-16 Stunden haben, werden ihre Überstunden nicht bezahlt, es werden keine Sonntagszuschläge bezahlt. Und wenn diese bezahlt werden, schlagen sich diese Beträge nicht in der Abrechnung nieder. Arbeiter, die Sonntags nicht arbeiten oder keine Überstunden leisten wollen, bekommen entweder einen Abzug ihrer Gehälter quittiert oder werden gezwungen unbezahlten Urlaub zu nehmen. Viele Arbeiter, die bereits seit Jahren in den selben Fabriken arbeiten, bekommen Gehälter entweder in Höhe von einem Mindestlohn oder unbedeutend mehr" - das ist der Beginn des Flugblatts "Solidarität mit dem Streik der Textilarbeiter" der DIDF in deutscher Übersetzung am 15. August 2012. Siehe dazu auch: "Bericht über den Arbeiterratschlag von Gaziantep" der im Juli 2012 stattfand, und dazu beitrug, Grundlagen für die Streikbewegung zu schaffen. Sowie: "Solidaritätsadressen britischer Gewerkschaften" - die die ersten waren, die reagiert haben. ...bis zum nächsten Mal, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |