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Updated: 18.12.2012 16:22 |
liebe KollegInnen, Neu im LabourNet Germany am Mittwoch, 12. April 2006: I.Internationales / Nepal Generalstreik trotz Terror ungebrochen Der Generalstreik für die Wiederherstellung der demokratischen Rechte die von der Monarchie in den letzten Jahren nach und nach abgebaut wurden, ist auch am sechsten Tag ungebrochen, trotz Ausgangssperre, Überfällen und Verhaftungen. In einem der grössten Betriebe des Landes, der Jutespinnerei Arihant Multifiber (4.000 Beschäftigte) in Biratnagar - einem traditionellen Zentrum der nepalesischen Gewerkschaftsbewegung - wurden 16 streikende Arbeiter von Sicherheitskräften geschlagen. In Kathmandu und Chitawan wurden vier leitende Gewerkschaftsfunktionäre festgenommen. Die (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Pressemitteilung "General strike solid after 6 days, government arrests 4 unionists" der UNI vom 11. April 2006. II.Internationales / China Regierung und Nationaler Volkskongress zu „Arbeiterfragen“ Auf der 10. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongreß, das von der KP kontrollierte und ein mal im Jahr zusammentretende „Parlament“ der VR China, vom 5.-14 März standen die Probleme der Entwicklung auf dem Lande und die z.T. katastrophale Lage der rund 800 Millionen dort lebenden Menschen im Mittelpunkt der Erörterungen. Dabei ging es auch um die 150-200 Millionen sogenannten ländlichen WanderarbeiterInnen. Delegierte forderten die Verabschiedung eines besonderen Gesetzes zum Schutz ihrer Rechte. Seit 2003 wird nun jedes mal diese Forderung aufgestellt und es scheint hierzu unterschiedliche Vorstellungen zwischen Regierung und Nationalem Volkskongreß zu geben. Es fragt sich allerdings, ob es sich hier tatsächlich um den Schutz oder legale Diskrimminierung handelt, wie Michael Zhang in seinem bei China Labour Bulletin (CLB) erschienenen Artikel "Is this legal protection of rural migrant workers' rights or "legalized discrimination"?" vom 21. März 2006 tut. Dem vorangegangen waren bereits Erkärungen des Staatsrates, des Arbeits- und Sozialministeriums sowie der Gewerkschaften sich verstärkt der Problme der Wanderarbeiter annehmen zu wollen, wie dem Bericht von CLB "State Council, Labour Ministry and Trade Union focus on migrant workers' issues" vom März 2006 zu entnehmen ist. III.Internationales / China / Arbeitskämpfe a) Arbeiterwiderstand in China - Zur Rolle der Staatsgewerkschaften ACFTU In dem Artikel "Chinese Workers Fight Back" vom 26. Feburar 2006 von Global Labor Strategies wird eine differenzierte Betrachtung der Widerstandsformen Chinesischer ArbeiterInnen versucht. Bei zu niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen wandern viele dorthin, wo sie besser sind, oder sie kehren zurück aufs Land. Spätestens, wenn die Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt keine Arbeitskräfte mehr zu den von ihnen angebotenen Bedingungen bekommen, müssen sie sich überlegen, diese zu verbessern. Eine solche Entwicklung ist zur Zeit in Südchina zu beobachten, wo über die Erhöhung der Mindestlöhne nachgedacht wird. Oder sie wenden sich an die Gewerkschaften. Welche Rolle spielen die von der Partei und somit dem chinesischem Staat kontrollierte Gewerkschaften mit ihrem Dachverband ACFTU (All China Federation of Trade Unions) in China? Einerseits wird ihnen mit der Forderung nach unabhängigen Gewerkschaften von Seiten linker Kritiker im In- und Ausland sowie der internationalen Gewerkschaftsverbände wie dem IBFG die Legitimation abgesprochen, für die ArbeiterInnen zu sprechen. Andererseits zeigen sie als verlängerter Arm des – im eigenen Selbstverständnis – sozialistischen Staates ihre Fürsorge für die ArbeiterInnen und haben ihnen in vielen Fällen durchaus auch geholfen. So betonte z.B. der Premierminister Wen Jiabao kürzlich, daß die ACFTU in Zukunft auch eine größere Rolle bei der Arbeitssicherheit spielen sollte. Private Unternehmen sehen es inzwischen nicht besonders gerne, wenn ACFTU Funktionäre kommen, um in ihren Betrieben die ArbeiterInnen zu organisieren, wie Michael Zhang in seinem Artikel "Official trade union gets the cold shoulder from private firms" vom 3. Feburar 2006 in CLB hervorhebt. b) Streik gegen Umstrukturierung Chinas Industrialisierungschub schafft nicht nur neue, arbeitsintensive Industrien, sondern hat erhebliche „Umstrukturieungen“ von alten Staatsbetrieben zur Folge. Betroffen sind hier die schon lange in den Betrieben arbeitenden und in den Städten ansässigen ArbeiterInnen, die bisher verhältnismäßig gut sozial abgesichert waren. In einer großen Textilfabrik in Kunming im Südwesten des Landes streikten 3000 bis 4000 de Beschäftigten wegen geplanter Umstrukturierungsmaßnahmen, an deren Gestaltung die ArbeiterInnen nicht beteiligt waren berichtet CLB in "Thousands of workers strike, protesting Yunnan Textile's restructuring" vom 16. März 2006. IV.Internationales / China / Arbeitsbedingungen a) Die Neun Leben einer Wanderarbeiterin Zum Internationalen Frauentag im März interviewte China Labour Bulletin die 21 jährige Frau Zhang. Sie hat seit dem 15 Lebensjahr in neun verschieden Fabriken in der südchinesischen Provinz Guangdong und in Beijing gearbeitet. Guangdong grenzt direkt an Hong Kong und ist die Region Chinas, mit den meisten exportorientierten chinesischen wie ausländischen Unternehmen. In dem (englischen) Interview "The Nine Lives of a Chinese Woman Migrant Worker" vom 8. März 2006 beschreibt sie ihre Arbeits- und Lebenssituation, die für viele ihrer Kolleginnen ähnlich ist. b) Arbeitskräftemangel und Erhöhung des Mindestlohns in Südchina Seit einiger Zeit wird immer wieder über Arbeitskräftemangel vor allem in Südchina geklagt, so z.B. David Barboza in einem Artikel der New York Times am 3. April 2006. Verschiedene Einschätzungen dazu fasst Brian Ho in seinem Artikel "Is there a migrant labour shortage in China?" vom 22. Februar 2006 auf der Webseite von "Corporate Social Responsibility in Asia" zusammen. Er differenziert zwischen dem vermeintlichen Mangel an ungelernten und qualifizierten Arbeitskräften und stellt abschließend heraus, daß sich eine strukturelle Veränderung des Produktions Modells chinesischer Unternehmen abzeichnet d.h. „eine allmähliche Transformation von arbeitsintensiver zur Einführung von vergleichsweise neuer Technology in der Produktion“. Er hält einen „unbegrenzten Nachschub an Arbeitskräften für die arbeitsintensive Industrie für einen Mythos“ und sieht ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, welche die Transformation der Produktion erfordert. In der ältesten Sonder-Produktionszone, der Stadt Shen Zhen unmittelbar an der Grenze zu Hong Kong und Modell für die chinesische Wirtschatfsreform, erwägt das Städtische Büro für Arbeits und Soziale Sicherheit bereits die Erhöhung des festgelegten Mindeslohns von z. Zt. 690 Yuan (ca. € 63) auf mindesten 800 Yuan (ca. € 74). Ähnliche Überlegungen werden im Nordosten im Yangtze Delta bei Shanghai gemacht, wie das China Labour Bulletin in "Shenzhen proposes raising minimum wage above 800 yuan a month" vom 21. März 2006 berichtete. V.Internationales / USA / Migration "Ein Gigant erwacht" Der landesweite Aktionstag gegen das neue Einwanderungsgesetz, der am 10. April organisiert wurde, lies viele Kommentatoren sprachlos: War Ende März die Riesendemonstration in Los Angeles bereits eine historische Aktion gewesen, so war es am 10. April gleich eine ganze Reihe von Städten, die Demonstrationen so gross wie lange nicht - oder noch nie - erlebten. Darunter auch Städte, die nicht so stark von der Migration geprägt sind wie Los Angeles. Und - beispielsweise - eine Kleinstadt in Kansas, von deren 30.000 EinwohnerInnen 3.000 auf der Strasse waren...Die politische und gesellschaftliche Kraft der MigrantInnen - insbesondere eben derjenigen aus Lateinamerika - wurde in dieser Form erstmals sicht- und spürbar, weswegen "Ein Gigant erwacht" Überschrift verschiedener Kommentare war. Eine kurze Bestandsaufnahme des Aktionstages - der auch als Vorbereitung zum "nationalen Migrantenstreik" am 1. Mai dienen soll - "Migrantenwiderstand 2 " vom 11. April 2006. VI.Internationales / Slowakei Medizinerstreik ausgeweitet Was am 6. April in drei Städten begann, hat sich bis zum 10. April auf bereits 10 Städte ausgeweitetet - der Streik der Medizinergewerkschaft. In weiteren slowakischen Städten wird in diesen Tagen über Streikbeteiligung an Krankenhäusern entschieden - es gehzt im wesentlichen um Arbeitsbedingungen. Bereits am 7. April hatten Krankenhausleitungen - beispielsweise in Bratislava - bei Gericht Klage eingereicht, weil dieser Streik illegal sei. Der (englische) Bericht "Medical Union strike expands" von Martina Jurinová im "Slovak Spectator" vom 10. April 2006. VII.Internationales / Brasilien / Gewerkschaften und Arbeitskämpfe Eine weitere einflussreiche Gewerkschaft trennt sich von der CUT Die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes der Stadt Santo André (eine der "ABC-Städte" im Gürtel um São Paulo) hat in einer Urabstimmung während der ersten Aprilwoche, an der sich rund ein Drittel der 4.200 Mitglieder (ein Organisationsgrad von knapp über 50 Prozent) mit 85 Prozent der Stimmen (genau 1172) für den Austritt aus dem Gewerkschaftsbund CUT gestimmt, wegen der regierungstreuen Politik des Verbandes - wobei die Gewerkschafter des ÖD von Santo André - wie schon eine ganze Reihe aus der CUT ausgetretener Gewerkschaften, aber längst nicht alle - beschlossen haben, sich der CONLUTAS-Zentrale anzuschliessen. Das berichtet William Glauber in seinem (portugiesischen, hiermit ultrakurz zusammengefassten) Bericht "Sindiserv rejeita vínculo com a CUT" im Diário do Grande ABC vom 9. April 2006, gespiegelt bei "Sindicato Mercosul". ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |