Updated: 18.12.2012 16:22 |
Liebe KollegInnen, neu im LabourNet Germany am Freitag, 16. Dezember 2005: I.Internationales / Irland Teilerfolg im Fährenstreik Ausgeflaggt werden kann - aber dennoch müssen die Betreiber der irischen Fähren sich an das irische Lohnsystem halten - insbesondere den Mindestlohn respektieren. Ein Erfolg des dreiwöchigen Streiks der Besatzungen - und der gewaltigen Solidarität im ganzen Land, die zu den grössten Demonstrationen der letzten 30 Jahren führte, bei denen bis zu 150.000 der insgesamt etwa 4 Millionen EinwohnerInnen auf der Strasse waren, mindestens die Hälfte davon in Dublin. Der (englische) Bericht "Threshold of decency defended in Irish Ferries dispute" von Brendan Hayes auf der Seite der irischen Dienstleistungsgewerkschaft SIPTU vom 14. Dezember 2005. II.Internationales / Japan Weitere Angriffe auf Gewerkschafter in Osaka Auch die öffentlich bekundete Bereitschaft, freiwillig bei der Polizei auszusagen, half nichts: Am Abend zum 9. Dezember verhaftete die Polizei von Osaka den (mit den meisten Stimmen gewählten) Stadtrat von Kadoma im Bezirk Osaka (und örtlichen Gewerkschaftsvorsitzenden) Hisayoshi Toda unter dem Vorwurf er habe (verbotenerweise) als einzelner Politiker Geld für seinen Wahlkampf von einer Organisation (der Bauarbeitergewerkschaft) bekommen. Auch eine im Finanzbereich der Gewerkschaft arbeitende Kollegin wurde festgenommen. Regionale Zeitungen schrieben am folgenden Tag ganz direkt, die Aktion diene unter anderem dazu, den regionalen Gewerkschaftsvorsitzenden der Bauarbeiter Kenichi Take, der seit Januar 2005 in Untersuchungshaft ist, unter neuen anschuldigungen weiter festhalten zu können, da in diesen Tagen der zulässige Haftzeitraum auslaufe. Am selben Tag stellte die Tokioter Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen 8 führende Politiker der regierenden LDP ein, die nachgewiessenermassen Geld von der japanischen Zahnärztlichen Vereinigung erhalten haben. Was die Analyse der (oppositionellen) Gewerkschafter bestärkt, es handele sich um einen aus der Luft gegriffenen Vorwand, um die Politik der Aggression gegen die Gewerkschaftsbewegung, wie sie im Bezirk Osaka seit Anfang des Jahres (und mit weiteren Aktionen in der Jahresmitte, weswegen dies auch als dritte "Angriffswelle" bezeichnet wird) offensichtlich als "Modell" exerziert werden soll, fortzusetzen. Der (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Solidaritätsaufruf "Protest Statement on the Third Wave of Repression" der "Solidarity Union of Japan Construction and Transport Workers" vom 9. Dezember 2005, inklusive Adressen für Protest- und Solidaritätsschreiben. III.Internationales / USA / Gewerkschaften Gewerkschaftsrechte im öffentlichen Dienst von North Carolina verweigert Das "Generalstatut" des Staates North Carolina bestimmt in seinen § 95 bis 98 ausdrücklich: keine gewerkschaftlichen Rechte für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, keine Tarifverhandlungen. Dagegen reicht jetzt die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes von NC, die der unabhängigen Basisgewerkschaft UE (ursprünglich: Vereinigte Elektriker...) angeschlossen ist, eine Klage gegen die Regierung des Bundesstaates und die Bundesregierung der USA bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ein. Am 9. Dezember - "Tag der Menschenrechte" - fand dazu eine internationale Auftaktveranstaltung mit Teilnehmern aus Kanada, Japan und Mexico statt. Die (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Presseerklärung "Public Sector Workers in North Carolina File Complaint with the ILO" der UE vom 9. Dezember 2005, inklusive Link zu weiteren Informationen. IV.Internationales / Indien Erneut Todesopfer bei Feuer in Textilfabrik! Am 7. Dezember gab es einen Kurzschluss im zweiten Stock einer Textilfabrik in New Delhi - in dem Arbeitsraum, in dem auch grössere Baumwollvorräte gestapelt waren, die sofort Feuer fingen. 12 tote ArbeiterInnen - darunter ein 10jähriges Kind - wurden so verbrannt, dass sie bis jetzt nicht identifiziert werden konnten. Nicht der erste Fall in diesem Jahr in indischen Weltmarkt-Sweatshops - zu befürchten ist, auch nicht der letzte, solange Wettbewerbsfähigkeit das Maß aller Dinge ist. Die Textilgewerkschaft "Garments Mahila Karmikara Munnade" organisierte am 11. Dezember in Bangalore eine grosse Trauer- und Protestkundgebung, bei der die drei Forderungen der Gewerkschaft bekannt gemacht wurden: Einsetzung einer mehrseitigen Kommission zur generellen Untersuchung der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, Bestrafung der Verantwortlichen und Entschädigung für die Angehörigen. Die (englische) Pressemitteilung "Death of 12 Garment Workers in Delhi Factory Fire" der Textilgewerkschaft vom 11. Dezember 2005. V.Internationales / China Das erste Jahr nach Ende des weltweiten Textilabkommens - China der Gewinner? "Au Loong-Yu von Gobalization Monitor, Hong Kong (www.globalmon.org.hk), analysiert in seinem Artikel die Folgen des Auslaufens des Welttextilabkommens für China, andere Textilproduzenten und die Industrieländer" so beginnt die Ankündigung dieses (englischen) ausführlichen Beitrags beim "Asienhaus" in Essen. Betriebsschliessungen, sei es in Tunesien oder Kenia, Mauritius oder Sri Lanka - stets ist die "billige chinesische Konkurrenz" der Grund. (Also: Billiger als in Kenia muss mensch schon arbeiten, wenns der Marktwirtschaft dienen soll). Au Loong-Yu weist auf eine ganze Reihe von Fakten hin, die gemeinhin - auch von Gewerkschaften - "vergessen" werden, so beispielsweise dass viele Textilfirmeneigentümer in China in wirklichkeit aus der EU oder den USA kommen. Oder dass auch in China die Wettbewerbsfähigkeit hergestellt wird: Millionen Arbeitsplätze abgebaut, die Verbliebenen "dürfen" zu niedrigeren Löhnen knechten. Wogegen es bereits im Verlauf dieses Jahres "1" - also 2005 - nach Auslaufen des Abkommens in chinesischen Textilbetrieben zu Streiks gekommen ist. Der ausgesprochen lesenswerte Beitrag "The Post MFA era and the rise of China" von Ende November 2005 beim "Asienhaus" VI.Internationales / Kolumbien / Coca Cola-Kampagne Grösste Privatuni der USA verbannt Coca Cola Produkte vom Campus... ...wegen "Verdacht auf Verstoß gegen Menschenrechte" - so jedenfalls stimmte der Senat (28 zu 10) im November ab, und räumte dem Unternehmen eine Frist ein, innerhalb derer die Unternehmensleitung der Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskomission zustimmen solle, was nicht geschah. Die (spanische) "EFE" Meldung "Universidad de Nueva York vetó a Coca-Cola por supuestas violaciones a derechos humanos" in der kolombianischen Zeitung "El Tiempo" vom 10. Dezember 2005, gespiegelt bei "Indymedia Colombia". VII.Internationales / Argentinien NäherInnengewerkschaft: bolivianische Sklaven auch in Buenos Aires - Protest São Paulo ist berüchtigt dafür - es gibt sie aber auch in Buenos Aires: MigrantInnen aus Bolivien, die - eingeschlossen - am Arbeitsplatz mitsamt Kindern schlafen müssen. In den ökonomischen Zentren der Nachbarländer leben Zehntausende bolivianischer MigrantInnen, meist ohne Papiere, unter menschenunwürdigen Bedingungen. Das sind keine "Überreste" alter Zeiten, sondern die neuen Angebote der Markwirtschaft: was den internationalen, europäischen und US-amerikanischen Ketten der Sweatshop in Asien, ist brasilianischen und argentinischen Markenfirmen der "bolivianische Verschlag" (denn die Unternehmer sind in überall meistens auch aus Bolivien) im Hinterhof. Im Oktober hatten größere Proteste in Buenos Aires stattgefunden, die dazu geführt hatten, dass die bolivianische Botschaft versprach, die Ausweis- und Visa-Situation zu regeln bzw dabei zu helfen. Seitdem ist nichts geschehen. Die Gewerkschaft der NäherInnen von Buenos Aires protestiert nun seit dem 12. Dezember mit einem Zeltlager vor dem Konsulat - bis zur Lösung der Dokumentationsprobleme aller Betroffener. Die (spanische, hiermit kurz zusammengefasste) Pressemitteilung "La Unión de Trabajadores Costureros convoca a un acampe en el consulado de Bolivia en Argentina" der "Unión de Trabajadores Costureros" vom 13. Dezember 2005. VIII.Internationales / Rumänien Mehrere Streikbewegungen im November LehrerInnen und Bergarbeiter im ganzen Land, die Metrobeschäftigten von Bukarest, die Kommunalen Beschäftigten einer Reihe von Städten und die Arbeiter des Traktorenwerks Tractorul - sie alle streikten im Verlauf des Novembers: Aufgrund sektoraler Probleme auch, aber vor allem und alle gegen den von der Regierung vorgelegten Staatshaushalts-Entwurf für 2006, der ohne Konsultation mit den fünf Gewerkschaftszentralen erarbeitet wurde, wobei in der Frage eines wesentlichen Postens - des Mindestlohns - diese Konsultation gesetzlich vorgeschrieben ist und die Gewerkschaften eine Erhöhung um 40 Prozent gefordert hatten. Die LehrerInnen lehnten in der zweiten Novemberhälfte, nach zwei Wochen Streik, einen ersten Einigungsvorschlag per Urabstimmung ab. Sowohl gegen Streiks im öffentlichen Dienst als auch in der Metro von Bukarest liess die Regierung jeweils gerichtliche Verbote verhängen - was in beiden Fällen aber nicht zur erwünschten sofortigen Beendigung führte. Der (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Bericht "Major wave of strikes and protests" von Luminita Chivu vom "Institute of National Economy Romanian Academy" vom 2. Dezember 2005 bei "Eiro-Online". ...bis bald, Helmut LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ |