Liebe KollegInnen,
neu im LabourNet Germany am Dienstag, 28.
September 2004:
I. Branchen: Dienstleistung / Einzelhandel
Karstadt vor Massenentlassungen?
- KarstadtQuelle. Gemeinsame
Presseerklärung ver.di und GBR zu Karstadt vom 28.09.2004
Aus dem Text: „Gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter
sind im Aufsichtsrat der KarstadtQuelle AG wesentliche Teile eines Sanierungskonzeptes
durchgesetzt worden, das zigtausend von Arbeitsplätzen gefährdet
und vor allem im Warenhausbereich dem verbleibenden Teil eine solide
Zukunft nicht erkennen lässt. (…) Insgesamt wären damit
von den rd. 45.000 heutigen Arbeitneh-merInnen in der Karstadt Warenhaus
AG allein, mehr als 20.000 Beschäftigte vom Personalabbau, Ausgliederungen
mit Tarifflucht oder Verkauf betroffen. (…) Der Karstadt-Vorstand
und die Vorstände Quelle und Necker-mann fordern zusätzlich
zu diesen einschneidenen Verschlechterungen von den ArbeitnehmerInnen
noch weiter gehende „Opfer“, z.B. Arbeitszeitverlängerung
und Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. ver.di-Vorstandsmitglied
Franziska Wiethold: „Wie sollen wir über einen Beschäftigungspakt
verhandeln, wenn betriebsbedingte Kündigungen vorab durchgezogen
und zig Betriebe ohne Arbeitsplatzsicherheit verkauft werden sollen?
Wieso sollen wir zeitlich befristete tarifliche Zugeständnisse
machen, wenn das Unternehmen gegen tausende von Beschäftigten Tarifdumping
durchsetzen will?“…“
- Karstadt will 77 Filialen abstoßen
“Zur Rettung der kriselnden KarstadtQuelle AG fordert Aufsichtsratschef
Thomas Middelhoff, 51, "einen echten Solidarpakt von Mitarbeitern
wie Führungskräften, Gesellschaftern und Banken". Nach
SPIEGEL-Informationen plant der Vorstand unter Christoph Achenbach,
77 der zurzeit 180 Warenhäuser abzustoßen - dreimal so viel
wie bislang gemutmaßt….“ Spiegel-Meldung
vom 25. September 2004
- Karstadt-Aufsichtsrat stimmt Notprogramm zu
“Der Aufsichtsrat des angeschlagenen Karstadt-Quelle-Konzerns
hat in seiner Sitzung am Montag abend dem Restrukturierungsprogramm
des Vorstandes zugestimmt. Zugleich hat er eine Kapitalerhöhung
im Volumen von 500 Millionen Euro genehmigt. Sie dient der Stärkung
der Eigenkapitalbasis und dem Abbau der Nettoverschuldung….“
Artikel
in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. September 2004
- Siehe auch die Karstadt-Sonderseite
bei ver.di
II. Branchen: Sonstige / Nestlé
- Nachgeben oder Arbeitsplätze weg: Nestlé-Konzern versucht
die CGT zu erpressen – Aktueller Zusatz vom 28.9.04 von Bernard
Schmid, Paris:
„Die CGT hat am Montag, 27. September 04 ihr Veto gegen den
Vorruhestandsplan vom Juli 2004 (demzufolge 1.047 abhängige Beschäftigte
in den Vorruhestand gehen, aber nur 276 neu eingestellt werden sollen)
aufgehoben. Damit hat die CGT die wichtigste Forderung des Nestlé-Konzerns
erfüllt, unter der Drohung der Schweizer Konzernzentrale, ansonsten
die französische Mineralwassermarke Perrier abzustoßen oder
in¹s Ausland zu verlagern/übertragen.
Seitens des Nestlé-Konzerns hieß es am Montag, das sei
noch nicht genug: Die CGT müsse nicht nur ihr Veto (welches das
Abkommen rechtlich blockiert) aufheben, sondern "aktiv bei der
Umsetzung des Abkommens mitwirken".
- Arbeitskonflikte, Menschrechtsverletzungen und Gesetzesverstösse
bei Nestlé de Colombia
„Das vorliegende Dokument gibt einen kurzen Überblick über
die Geschichte Nestlés in Kolumbien sowie über die von der
Gewerkschaft und anderen Stakeholdern denunzierten Arbeitskonflikte,
Menschenrechtsverletzungen und Gesetzesverstösse….“
Übersicht
der Arbeitsgruppe Schweiz – Kolumbien vom 20. Juli 2004
III. Branchen: Auto / DaimlerChrysler
Raum Stuttgart
- Zoff im Südwesten. IG-Metall-Bezirksleitung kritisiert Funktionäre
im Daimler-Werk Mettingen für erfolgreiche Aktionen und droht mit
Maßnahmen gegen »Spalter«. Artikel
von Daniel Behruzi in junge Welt vom 28.09.2004
- "WAS TUN?" - Betriebszeitung
von kämpferischen Arbeiterinnen und Arbeitern bei Daimler Chrysler
Sindelfingen vom September 2004
u.a. mit „Die größten Angriffe abgewehrt? ANGESCHMIERT!“
IV. Branchen: Medien / WAZ
Die Ungläubigen und die Bibel aus Essen. Rumänien
erlebt vor den Parlamentswahlen einen Aufstand von Journalisten gegen
den neuen Eigner, die WAZ-Guppe
Artikel
von Alexander Glück in Frankfurter Rundschau vom 23.09.2004
Aus dem Text: „Redaktionen meutern, oppositionelle und gewerkschaftliche
Gruppen solidarisieren sich mit ihnen - die Medienlandschaft in Rumänien
erlebt ein Unwetter. Dabei geht es um den Vorwurf, die westlichen Partner
würden den rein wirtschaftlichen Bereich immer mehr verlassen und
sich zunehmend in redaktionelle Belange einmischen. Vor Tagen prangte
auf der Titelseite der România libera (RL) ein Protest gegen Gängelung
aus Essen.
(… ) In Rumänien verstärkt sich der Widerstand gegen westliche
Mehrheitseigentümer wie die WAZ oder Ringier: Der Schweizer Medienkonzern
musste sich von der Tageszeitung Evenimentul zilei vorwerfen lassen, rumänische
Minister hätten sich bei Ringier über kritische Berichterstattung
beschwert, worauf der Verlag "konstruktive" Polit-Kritik verlangt
habe. Beide Redaktionen fürchten eine Boulevardisierung ihrer Blätter,
gerade angesichts der kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
im November…“
V. Branchen: Dienstleistung / Gesundheitswesen
Durchblick, die Zeitung der ver.di-Vertrauensleute im Knappschaftskrankenhaus
Sulzbach Nr.
84 vom 1. Oktober 2004
u.a. mit „Kompliziert. Hartz IV drückt auf Löhne - ver.di
will Verhandlungsstand im Oktober bewerten“
VI. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Alg
II: "Zusammenführung" von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
a) Informationen
- Bundestag stimmt Hartz IV-Änderungen zu
„Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit den Details zur Umsetzung
der Arbeitsmarktreform Hartz IV zugestimmt. Danach wird der Vermögensfreibetrag
von Kindern erhöht und die Förderung einer Ich-AG von der
Tragfähigkeit der Geschäftsidee abhängig gemacht…“
Pressemeldung
der Bundesregierung vom 24.09.2004
Aus dem Text: „…Als Bedarfszeitraum gilt grundsätzlich
der jeweilige Kalendermonat. Es wird nur das Einkommen angerechnet,
was im Bedarfszeitraum zufließt. Wer also im Januar kein Einkommen
erzielt und die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld
II erfüllt, bekommt Anfang Januar Arbeitslosengeld II. Dabei ist
unerheblich, ob und wann im Dezember Geld (zum Beispiel Arbeitslosenhilfe
oder Arbeitslosengeld) gezahlt wurde. Dies gilt auch für alle Folgemonate.
Nimmt ein Bezieher von Arbeitslosengeld II eine Arbeit auf, bekommt
er - im Falle der Bedürftigkeit - für den Monat der Arbeitsaufnahme
noch eine Zahlung - jedoch als Darlehen, da er in diesem Monat ein eigenes
Einkommen erzielt….“
- Arbeitslosengeld II - Die häufigsten Fragen
Die Bundesagentur für Arbeit hat die häufigsten Fragen zum
Arbeitslosengeld II zusammengestellt. Unter anderem werden Fragen zu
Vermögen, Einkommen, Eingliederungsleistungen und Zumutbarkeit
von Arbeit beantwortet. 90
Fragen und Antworten bei der Bundesagentur
- BMWA läßt 69 Optionskommunen zu
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat 69 kommunale
Träger an Stelle der Agenturen für Arbeit als Träger
der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassen. Die entsprechende
Verordnung ist im heutigen Bundesgesetzblatt I, Seite 2349 veröffentlicht.
Pressemitteilung
des BMWA vom 27.9.2004
Siehe dazu auch: Alg II : „Optionskommunen“. Kommentar
von Herbert Masslau vom 27. September 2004
- Hartz IV-Software kommt nicht termingerecht
„Die von der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit
(BA) bei T-Systems in Auftrag gegebene Software zur Berechnung des so
genannten Arbeitslosengeld II (ALG II) wird nicht termingerecht fertig.
Der ursprünglich für den 4. Oktober vorgesehene Start der
A2ll genannten webbasierten Software war bereits auf den 18. Oktober
verschoben worden. Nun erfuhr heise online aus informierten Kreisen,
dass auch dieser Termin nicht zu halten ist…“ Heise-Meldung
vom 26.09.2004
b) Hartz
IV und Flüchtlinge
Migranten ab Januar doppelt bestraft. Schily will Arbeit
per Zuwanderungsgesetz verweigern / »Armutskreislauf« durch
Hartz IV
“Mit Hartz IV werden nicht nur deutsche Familien in Armut getrieben.
Flüchtlinge und Migranten sollen bei den Hilfen sogar noch 35 Prozent
unter den Sozialhilfesatz gedrückt werden. Der Zugang zum Arbeitsmarkt
droht einem Teil von ihnen überdies gänzlich verbaut zu werden…“
Artikel
von Mechthild Klett in ND vom 28.09.04
c) Niedrigstlöhne
- Zwang zur Arbeit. Hamburg hat als erstes Bundesland ein Hartz-IV-Umsetzungsprogramm
beschlossen: Jobs ohne Vertrag und angemessene Bezahlung für Tausende.
Qualifizierungsmaßnahmen ersatzlos gestrichen. Artikel
von Andreas Grünwald in junge Welt vom 28.09.2004
Doch nicht alle Träger wollen diese Möglichkeiten wahrnehmen,
siehe dazu zwei Beispiele:
- Öffentliche Erklärung von verikom zu den sog. „1-EURO-Jobs“
„verikom - Verbund für Interkulturelle Kommunikation
und Bildung e.V., Träger von drei interkulturellen Stadtteilzentren
und mehreren Qualifizierungsprojekten für Flüchtlinge, teilt
die bereits vielfach geäußerte Kritik an den sogenannten
„1-EURO-Jobs“. (…) Vorstand, Geschäftsführung
und Mitarbeiterschaft von verikom haben vor diesem Hintergrund einvernehmlich
die Entscheidung getroffen, für die Beschäftigungsverhältnisse
auf der Basis von 1-EURO-Mehraufwandsentschädigung der Hamburger
Arbeit nicht mehr als Kooperationspartner zur Verfügung zu stehen….“
Erklärung
vom 14.09.2004
- Pommern: Diakonie will keine "Ein-Euro-Jobs" schaffen. Das
Diakonische Werk der pommerschen Kirche hat sich gegen die Schaffung
von "Ein-Euro-Jobs" im Zuge der Hartz-IV-Reform in den eigenen
Einrichtungen ausgesprochen. Pressemeldung
vom 19.08.2004
und: "Ein-Euro-Jobs". Brief
an die Mitglieder des Diakonischen Werkes
des Diakonische Werk in der Pommerschen Evangelischen Kirche - Landesverband
vom August 2004.
Aus dem Text: „ … Auch potentielle Träger solcher
Maßnahmen wie Kommunen und Träger karitativer Einrichtungen
zeigen sich an dieser Art Arbeitsgelegenheiten interessiert. Den Trägern
gemeinnütziger Arbeit wird pro Job eine Pauschale überwiesen,
mit der sie die Ansprüche des Arbeitenden und die Verwaltungskosten
decken müssen. Anders als bei ABM müssen die Träger keine
Lohnnebenkosten zahlen. Ein lohnendes Geschäft? Das Diakonische
Werk – Landesverband - in der Pommerschen Evangelischen Kirche
meint: Nein! (…) Diese „Ein-Euro-Jobs“ werden, wenn
sie massenhaft eingeführt werden, eher zum Abbau von regulären
Arbeitsplätzen beitragen, etwa in der Grünflächenpflege.
Die Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB unterstreichen den
durch das SGB II verschärften Zwang jede Arbeit anzunehmen. Arbeit
muss existenzsichernd sein. Alle Entwicklungen, die zur Verbreitung
des Phänomens der „working poor“ beitragen, sind abzulehnen…“
- „Erwerbslose und Beschäftigte zusammen: 1-Euro-Jobs verhindern!“
Flugblatt
der Sozialpolitischen Opposition Hamburg
d) Anträge
Arbeitslosengeld II: Antrag abgeben, aber schnell? Arbeitsagenturen
appellieren an die Vernunft der Arbeitslosen. MDR-Meldung
vom 15. September 2004
Hieraus unser Zitat des Tages
"Rechtlich gibt es keine Grundlage dafür, dass die
Arbeitslosen jetzt schon ihr Anträge abgeben müssen. Die Agenturen
haben keine Sanktionsmöglichkeiten."
Die Nürnberger BA-Sprecherin Ilona Mirtschin
VII. Diskussion: (Lohn)Arbeit / Praxis der
Sozialpolitik / Mindestlohn
- Mindestlohn-Streit hält an. NGG sieht gewerkschaftsinterne Einigung
noch nicht erreicht
„Der gewerkschaftsinterne Streit über Mindestlöhne
geht trotz einer Verständigung auf Fachebene über das weitere
Vorgehen weiter. Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG)
bekräftigte ihre Forderung nach einem branchenübergreifenden
Mindestlohn….“ Artikel
von Markus Sievers in Frankfurter Rundschau vom 28.09.2004
- IG BAU will Mindestlöhne per Allgemeinverbindlichkeit festlegen
“… Es sei nur ein scheinbarer Widerspruch, dass genau die
gesellschaftlichen Kräfte – Politiker und Arbeitgeberverbände
-, die sich derzeit gegen einen gesetzlichen Mindestlohn aussprechen,
dies mit der Begründung tun, dass Arbeit dann zu teuer würde:
„In Wahrheit werden dieselben Kräfte dafür sorgen, dass
ein gesetzlicher Mindestlohn möglichst niedrig und gleichzeitig
der Höchstlohn für alle Branchen mit hoher Arbeitslosigkeit
wird“, sagte der IG BAU-Vorsitzende. Um Existenzsichernde Löhne
auch für Langzeitarbeitslose sicherzustellen müsse außerdem
die Zumutbarkeitsregel korrigiert werden…“ IG
BAU-Presseerklärung vom 25.09.2004
VIII. Internationales: Kolumbien
Soziologieprofessor ermordet
Die Vereinigung der kolumbianischen Universitätsstudenten
(ACEU) und die Gewerkschaft der kolumbianischen Universitätsmitarbeiter
(SINTRAUNICOL) verurteilen den Mord an dem Universitätsprofessor
Alfredo Correa de Aldreis am 17. September. Der Ingenieur und Soziologe
hatte über Zwangsumsiedlungen, die in der Region Barranquila ein
besonderes Problem darstellen, geforscht. ACEU und SINTRAUNICOL sehen
das Verbrechen als Teil einer systematischen Repression gegen Studenten
und Mitarbeiter kolumbianischer Hochschulen, und fordern daher eine unabhängige
Untersuchung des Mordes, eine Garantie für die physische Sicherheit
von Akademikern, die Garantie des Rechtes auf freie Meinungsäußerung
und eine Ende der Repression, welche in den letzten zehn Jahren bereits
65 Studenten, Professoren und Verwaltungsangestellten an kolumbianischen
Universitäten das Leben gekostet hat. Siehe „Urgent
Action: Prominent Colombian Sociologist assassinated“ von Colombia
Solidarity Campaign vom 27.9.04 mit Protestaufrufen und -adressen
Lieber Gruss, Mag
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and
unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes,
qu`ils aient ou non un emploi
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