"Gewerkschaften gibt es nicht" - manches Mal aber eben doch
Die Arbeitsgesetze des "neuen" Irak sind demokratisch: Ihr Autor heisst Saddam Hussein. Mit dieser Gesetzeslage kann ein Vertreter der Regierung - der Ölminister - sagen, es gäbe ja gar keine Gewerkschaften in der irakischen Ölindustrie - in der Tat sind sie illegal. Aber eben existent und immerhin stark genug, dieselbe Regierung an den Verhandlungstisch zu zwingen. Und: Das geplante Gesetz über die Privatisierung der Ölwirtschaft zumindest mächtig zu behindern, wenn nicht mehr. Gegen den Willen Washingstons ging das irakische Parlament in die Sommerpause, ohne das Gesetz verabschiedet zu haben. Dafür plant nun die kurdische Regionalregierung ihr eigenes Privatisierungsgesetz. Und auch wenn zweifelhaft erscheint, ob die Ölinteressen der einzig wesentliche Grund für die Schlächterei im Irak sind - ein Grund sind sie mit Sicherheit. Und es entwickelt sich auch eine Debatte darum im Lande - und Unterstützung für die nichtexistenten Gewerkschaften. Die kleine aktuelle Materialsammlung "Öl für wen?" vom 8. August 2007.
Vorstoss zur Privatisierung der Ölwirtschaft...
Ein Vorstoss zur (lange schon angestrebten) Privatisierung der Ölwirtschaft ist er - neben vielem anderen (etwa Eingeständnis von Zerfallstendenzen) - auch: Der Bericht der US-Irak Studiengruppe. Offiziell gibt es die Gespräche um die Privatisierungskonzepte zwar erst seit Anfang 2006, natürlich ohne Gewerkschaften und andere soziale Organisationen, schliesslich ist ja jetzt Demokratie. Die gewerkschaftliche Ablehnung der Privatisierung wurde jetzt erneuert und erweitert - alle Gewerkschaften sind dagegen. Der (englische) Bericht "Iraq unions against oil privatization" vom Energy News Editor in "Earth Times" vom 14. Dezember 2006.
ILWU: Solidarität mit der Hafenarbeitergewerkschaft
Die Hafenarbeitergewerkschaft von Khour Al-Zubeir hatte im letzten Jahr die Privatisierung des Hafens erfolgreich verhindert: der bereits unterzeichnete Vertrag mit der multinationalen See-Transportfirma Maersk (unrühmlich bekannt etwa aus El Salvador) musste aufgegeben werden. Jetzt bekommt die Gewerkschaft die Quittung der "demokratischen" Hafenbehörde: ihre Büros auf dem Werksgelände wurden geschlossen, den Komitees die Arbeit im Betrieb verboten und den freigestellten Funktionären die Gehälter nicht ausbezahlt. Auf dem Gewerkschaftskongress 2006 der ILWU - Hafenarbeitergewerkschaft der US-Westküste - wurde dazu ein Solidaritätsappell verabschiedet, der den Kampf irakischer Gewerkschaften gegen die "Privatisierungspolitik der Besatzungsmacht" unterstützt und die weitere Gültigkeit Saddamscher Gewerkschaftsgesetze kritisiert. Der (englische) Aufruf "IN SOLIDARITY WITH IRAQI LONGSHORE WORKERS" der ILWU vom 12. Juni 2006.
Gemeinsame Erklärung aller Gewerkschaften gegen IWF und Weltbank
Die Forderungen dieser Erklärung sind die naheliegenden: Die Schulden des Saddam-Regimes sollen nicht mehr bezahlt werden, IWF und Weltbank sollen ihre Politik der Erpressung für "Strukturreformen" beenden, öffentliche Betriebe unterstützt werden, die Streichung der Nahrungsmittelhilfe rückgängig gemacht, die Verbraucherpreise für Ölprodukte nicht mehr erhöht, keine weiteren Privatisierungen im Energiesektor, Erziehungs- und Gesundheitswesen, sowie im Transport und Bausektor, neue Arbeits- und Sozialversicherungsgesetze verabschiedet, die die grundlegenden Arbeiterrecht einführen - ein 8 Punkte Katalog, dessen Inhalt direkter Gegensatz zur Politik der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer ist. Beinahe noch wichtiger ist die Tatsache, dass alle wesentlichen gewerkschaftlichen Organisationen unterzeichnet haben: General Federation of Iraqi Workers, Oil Unions Federation in Iraq / Basra , Federation of Workers Councils and Unions in Iraq , Kurdistan General Workers Syndicate Union / Erbil , Iraqi Kurdistan Workers Syndicate Union. Die (englische, hiermit kurz zusammengefasste) Erklärung von Amman "A Joint Statement Concerning the Programs of the World Bank and International Monetary Fund in Iraq" vom 16. Januar 2006.
Die Privatisierung des irakischen Öls bekämpfen. Entwurf für eine Gewerkschaftsresolution zu den irakischen Ölgewerkschaften
"Aufruf an alle GewerkschaftsaktivistInnen weltweit, bitte versucht Eure lokale Gruppen und besser noch die Gewerkschaften als Ganzes dazu zu bringen diesen Resolutionsentwurf zu übernehmen und sich an der Unterstützung des irakischen Ölgewerkschaften-Bundes zu beteiligen. .." Der Entwurf von der Ölgewerkschaft in Basra/Irak in der deutschen Übersetzung.
Anti - Privatisierungskonferenz
Die General Union of Oil Employees in Basra (GUOE) führte Ende Mai 2005 in Zusammenarbeit mit der Universität Basra eine wissenschaftliche Konferenz durch, die die Privatisierungspolitik im Irak bilanzierte - negativ - bei 70 Prozent Erwerbslosigkeit und vier von fünf privaten Unternehmen, die seit der Besatzung pleite gingen. Da die Öleinnahmen für den Irak vital sind, wäre eine Privatisierung der Southern Oil Company ein weiterer ganz schwerer Schlag gegen die Lebensbedingungen keineswegs nur der Beschäftigten, sondern grosser Teile der Bevölkerung. Der (englische) Konferenzbericht "Iraq oil workers fight privatisation" von Ewa Jasiewicz vom 16. Juli 2005 bei der GUOE. |