Entgeltstrukturreform / Innovative Tarifpolitik im Einzelhandel
Bernd Riexinger, Stuttgart/Berlin, ehem. Geschäftsführer ver.di Stuttgart, Hans Kroha, Mainz, Landesfachbereichsleiter Handel Rheinland-Pfalz und Anton Kobel, Mannheim/Heidelberg, ver.di-Geschäftsführer i.R., express-Redaktion laden in Kooperation mit den Zeitschriften/Redaktionen express (Frankfurt a.M.) und Sozialismus (Hamburg) sowie labournet Germany/Mag Wompel gewerkschaftlich Interessierte und im Handel aktive Kolleginnen und Kollegen ein zur Diskussion des Projektes „Entgeltstrukturreform/Innovative Tarifpolitik im Einzelhandel“. Termin: 15. September 2012, 10.30 – 17.30 Uhr, Ort: Café Buch-Oase, Kassel. Siehe Programm und Anmeldung in der Einladung
»Das klingt nach FDP«. Diskussions- und Streitpapier zur Tarifreform im Einzelhandel
Bis Ende des Jahres soll im Einzelhandel ein neues Entgeltsystem verabschiedet werden, mit dem u.a. Tarifverträge für Unternehmen wieder attraktiv gemacht und neue Anforderungen der Arbeitswelt abgebildet werden sollen. (S. auch express 1, 3, 5/2012) Neben der grundsätzlichen Frage, ob solche tarifpolitischen Reformen, wenn sie substanzielle Verbesserungen für die Beschäftigten bringen sollen, gerade in Zeiten einer relativen Schwäche durchgesetzt werden können (hier wäre auch auf entsprechende Erfahrungen in der Chemieindustrie und mit dem Entgeltrahmenabkommen ERA in der Metallindustrie zu verweisen), nehmen die bislang vorliegenden Beiträge aus Baden-Württemberg, Südhessen und nun auch Rheinland-Pfalz vor allem interne Konstruktionsprobleme des geplanten Tarifwerks unter die Lupe. Mit dem im Folgenden dokumentierten und leicht gekürzten »Diskussions- und Streitpapier«, das am 17. April von der Tarifkommission, dem Landesfachgruppenvorstand und den bezirklichen Fachgruppenvorständen für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz beschlossen wurde, setzen wir die Diskussion über die geplante Reform fort. Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 6-7/12
Gut oder schlecht für die Beschäftigten? Neue Entgeltstrukturen im Einzelhandel – Positionen aus NRW
"Die Debatte um das Projekt »Entgeltstrukturreform« und eine »innovative Tarifpolitik« im Einzelhandel (s. Anton Kobel in express, Nr. 1/2012) nimmt an Fahrt auf. Nach der Ablehnung durch die Tarifkommission Baden-Württemberg hat sich zwischenzeitlich auch Rheinland-Pfalz gegen die Fortsetzung des Projekts in der bisherigen Form ausgesprochen. Im express Nr. 1 und Nr. 3/2012 hatten wir die Positionspapiere und kritischen Kommentare von ver.di-Hauptamtlichen aus Baden-Württemberg und aus dem Bezirk Südhessen veröffentlicht. Unterdessen hat der ver.di-Landesbezirk NRW eine Information für Betriebsräte herausgegeben, die Argumente für die Notwendigkeit einer tariflichen Entgeltreform versammelt und dabei einige Kritiken der Gegner zu entkräften sucht. Wir dokumentieren…“ Information für Betriebsräte, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 5/12
Schädliche Tarifreform
Innergewerkschaftlicher Widerstand gegen neues Eingruppierungssystem im Einzelhandel wächst. Deutliche Nachteile für Beschäftigte zu erwarten. Artikel von Herbert Wulff in junge Welt vom 28.02.2012
Gerechte Differenzierung? Zur Kritik der geplanten Tarifstrukturreform im Einzelhandel
"Nur mühsam ist es in den vergangenen Tarifrunden gelungen, die Arbeitgeber im Einzelhandel überhaupt noch zu Tarifabschlüssen zu bewegen. Mit »innovativer Tarifpolitik« im Rahmen einer »Entgeltstrukturreform« erhofft sich die Bundesfachbereichsleitung in ver.di nun, Tarifabkommen für die Arbeitgeberverbände wieder attraktiv zu machen und veränderten Anforderungen in der Arbeitswelt des Einzelhandels wieder Rechnung tragen zu können. »Entgeltdifferenzierung« lautet das Zauberwort. Damit sind zentrale Fragen der gerechten Bewertung und des »Werts« von Arbeit, z.B. durch die Umstellung von qualifikationsbezogenen auf anforderungsbezogene Eingruppierungen, verbunden. Solche Projekte sind in der Chemieindustrie in den 80er- und 90er-Jahren (vgl. express, Nr. 2/1995), im Entgeltrahmenabkommen (ERA) der IGM von 2003 oder im TVÖD von 2005 bereits erprobt worden, Erfahrungen mit der Angleichung von Arbeiter- und Angestelltentarifen, mit analytischen (anforderungsbezogenen) Arbeitsbewertungsverfahren und leistungsbezogenen Entgeltdifferenzierungen unter den Bedingungen von »Kostenneutralität« liegen vor; auf sie könnte im Fachbereich Handel zurückgegriffen werden, bevor das Projekt Ende 2012 verabschiedet werden soll. Den Einstieg in die Debatte machen wir mit einem Beitrag von Anton Kobel, der die Hintergründe des Projekts »innovative Tarifpolitik« erläutert, und einem Thesenpapier von Hauptamtlichen aus Baden-Württemberg, die sich intensiv mit den Vorschlägen befasst haben. Wir dokumentieren und hoffen auf lebhafte Diskussion…"
- »Innovative Tarifpolitik« im Einzelhandel? Heiße Diskussionen in ver.di – deutliche Abgruppierungen befürchtet!
Beitrag von Anton Kobel, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 01/12
- Gerechte Differenzierung? Zur Kritik der geplanten Tarifstrukturreform im Einzelhandel
"In unseren baden-württembergischen Gremien der Fachgruppe Einzelhandel haben wir die vorgelegten Projektergebnisse zur geplanten Entgeltstrukturreform (»Innovative Tarifpolitik«) gründlich und ausführlich diskutiert. Dabei ist festzustellen, dass das vorgelegte Konzept nahezu einhellig abgelehnt und als Grundlage für Verhandlungen über eine Reform unseres Tarifvertrages für ungeeignet gehalten wird. Wir halten es aus inhaltlichen und organisationspolitischen Gründen für einen falschen Weg. Da in den nächsten Wochen grundlegende tarifpolitische Entscheidungen getroffen werden sollen, wollen wir mit diesem Diskussionspapier der Aufforderung durch den Leitantrag der Bundesfachgruppenkonferenz A 001 nachkommen, dass zunächst ein breiter und umfassender Diskussionsprozess an der gewerkschaftlichen Basis zu führen ist. Mit diesem Papier stellen wir unsere wesentlichen Kritikpunkte zur Diskussion..." Thesenpapier von Hauptamtlichen aus Baden-Württemberg, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 01/12
Reform ohne Debatte
Ver.di-Spitze forciert Umgestaltung der Entgeltstruktur im Einzelhandel. Gewerkschaftsbasis trotz weitreichender Folgen nicht einbezogen. Artikel von Daniel Behruzi in der jungen Welt vom 25.11.2011 . Aus dem Text: „Schon mal vom Projekt »Innovative Tarifpolitik« oder neuerdings »Tarifstrukturreform« gehört? Nein? Auch den wenigsten ver.di-Mitgliedern unter den rund 2,9 Millionen Beschäftigten des Einzelhandels dürften diese sperrigen Begriffe bislang zu Ohren gekommen sein. Dabei könnte die von der Gewerkschaftsspitze betriebene Umgestaltung der Entgeltstruktur weitreichende Auswirkungen auf die Einkommensbedingungen in der Branche haben. Mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) sind die Gespräche schon sehr weit gediehen. Die ver.di-Basis wurde bislang hingegen so gut wie gar nicht informiert – geschweige denn nach ihrer Meinung gefragt. Nach dem »Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst« (TVöD) droht eine weitere »Reform«, die vielen Beschäftigten einschneidende Verschlechterungen beschert. (…) Diese Argumente ähneln stark denen, die bei den Verhandlungen zum 2005 in Kraft getretenen TVöD vorgebracht wurden. Doch die Erfahrung mit dem einst als »Jahrhundertreform« gepriesenen Tarifwerk ist eine gänzlich andere: Die Tarifflucht hat sich im öffentlichen Dienst und in einst an den alten Flächentarif BAT angelehnten Bereichen massiv verstärkt. Und für die meisten Beschäftigten war der TVöD schlicht ein »Absenkungstarifvertrag«, wie Riexinger betont. »Wie man vor dem Hintergrund dieser Erfahrung noch glauben kann, ein Systemwechsel könne am Verhandlungstisch – ohne Mobilisierung der Betroffenen – Verbesserungen bringen, ist mir schleierhaft.« Riexinger befürchtet, daß gerade die gewerkschaftliche Kernklientel der Kassiererinnen von Verschlechterungen betroffen sein könnte. So beinhalte das mit dem HDE ausgehandelte Modell eine »Lohnspreizung nach unten – zu Lasten wesentlicher Mitgliedergruppen und in der irrigen Hoffnung, so den Flächentarif zu erhalten«. Die Streikfähigkeit insbesondere in den SB-Warenhäusern werde dadurch massiv bedroht. »Das umzusetzen, wäre gewerkschaftspolitischer Selbstmord.«…“ |