4. Unsicherheitsfaktor "Beratung"
"Die Qualität der erzielten Arbeitsvermittlungen
von Maatwerk wird durch die Qualität der Mitarbeiter von Maatwerk bestimmt.
Darum widmet Maatwerk der Auswahl seiner Mitarbeiter, der Einarbeitung, dem
Training und Coaching - sowohl individuell als auch in Gruppen - und ebenso
der Weiterbildung und Entwicklung der Laufbahn grosse Aufmerksamkeit. (...)
Durch den wachsenden Umfang der Organisation sowie die zunehmende Internalisierung
der Aktivitäten ist innerhalb von Maatwerk bereits viel Know-how vorhanden,
sowohl zu den unmittelbaren Betreuungs- und Vermittlungsaktivitäten als
auch zu staatlichen Regelungen, Leistungen, lokalen Netzwerkorganisationen usw.
Diese Kenntnisse werden für die weitere Entwicklung der Dienstleistungen
verwendet, können jedoch ebenfalls bei der direkten Unterstützung
von Auftraggebern eine Rolle spielen." [1]
Es kann an dieser Stelle nur spekuliert werden, ob die Schwierigkeiten, konkrete
Informationen zu dem zu erwartenden Arbeitsvertrag bei Maatwerk (vgl. Kap.
3) System haben, oder mit der mangelnden Qualifikation der "Betreuer"
zusammen hängen. Letztere scheint gesichert:
- "Soweit ich aus dem Gespräch heraus hören
konnte, handelt es sich bei den Sachbearbeitern zum Teil auch um ehemalige
Arbeitslose, die jetzt bei Maatwerk für viel weniger als vorher arbeiten,
sie schienen mir nicht geschult, Vorstellungsgespräche zu führen.
Ich hatte schon nach meinem ersten Eindruck, den die Mitarbeiter dieser Firma
auf mich machten, kein gutes Gefühl
"
(Informant 11)
- "... die beiden damen (bremen besteht aus 3 mitarbeitern)
waren bemüht; haben - wie sich später herausstellte jedoch selbst
nur einen 2 tägigen vorbereitungskurs (was meines erachtens zu wenig
ist) gemacht..." (Informant 12)
- "... Kurz nach unserer „Einstellung“ wurde ein „Rundschreiben“
ausgehängt in welchem zu lesen war, dass jeder der angestellten Zeitarbeiter
wöchentlich 10 (in Worten: ZEHN !!!) Bewerbungen nachzuweisen habe. Die
allgemeine Verblüffung war entsprechend groß angesichts der Tatsache,
dass DIE doch UNS haben Adressen von potentiellen Arbeitgebern suchen wollten.
So ähnlich wurde uns das zumindest beim „Einstellungsgespräch“
suggeriert. Nun, sie MUSSTEN ja eine bestimmte Anzahl von Arbeitslosen Einstellen
– laut einem mir nicht bekannten Vertrag mit dem Arbeitsamt. Dass diese
Leute nicht dazu imstande waren – und nach wie vor nicht sind, wurde
mir erst im Laufe der Zeit klar: Ihnen fehlt die notwendige Qualifikation.
Viele (ich denke sogar alle) der dortigen Mitarbeiter kommen aus der Arbeitslosigkeit
zu Maatwerk. Der Herr, der uns „coachen“ sollte (Wie schreibe
ich eine Bewerbung? Wie läuft ein Bewerbungsgespräch ab? Wo finde
ich Stellenangebote? – „Vor allem im Internet“ Es gab dort
bis vor kurzem nicht mal einen Zugang, um das denjenigen zu zeigen, die sich
noch nie damit befasst haben/befassen konnten.) Dieser Herr war nur in der
Lage sein Konzept zu präsentieren. Wenn Fragen kamen, die außerhalb
dieses „Konzeptes“ lagen, hat man ihn ganz gewaltig aus eben selbigem
gebracht. Nun, ich denke, wenn jemand sich damit brüstet solche „coachings“
schon bei einer Gewerkschaft oder einer kirchlichen Institution durchgeführt
zu haben – und das als deren Angestellter – dann kommt doch bei
mir zunächst die Frage auf „Warum ist er nicht da geblieben?“
Aber diese hat sich nach recht kurzer Zeit von selbst beantwortet, da seine
Inkompetenz für mich doch recht schnell offensichtlich wurde. Er wollte
mal mit einer meiner „Kolleginnen“ ein Rollenspiel zum Thema „Einstellungsgespräch“
durchführen. Da sie nicht wollte, sich nicht vor der Gruppe traute, habe
ich mich angeboten. Leider hat er mein Angebot ignoriert. Vielleicht lag es
daran, dass ich ihn schon mehrmals mit Fragen in die Enge getrieben habe,
die außerhalb seine Konzeptes lagen.
Ich tat das keineswegs aus hinterlistigen Gründen; es waren vielmehr
Fragen zu Situationen in denen ich mich bei Bewerbungsgesprächen bereits
befunden hatte, bzw. Fragen zu „Bewerbungsanschreiben“ und ich
hatte doch auf Ernst zunehmende Tipps gehofft.
Ähnlich unfähig sind die dortigen Angestellten, die für die
Vermittlung zuständig sind (kleines Beispiel: einer der Herren rief auf
eine Zeitungsanzeige hin bei einem Planungsbüro an – sechs Tage
nach erscheinen der Zeitung, um mich dort vermitteln zu können. Die Mitinhaberin
des Büros informierte ihn darüber, dass bereits ein Termin mit mir
vereinbart wurde, da sie schon einige Tage vorher meine Bewerbung erhalten
hatte), und die Frauen im Sekretariat, deren schnippische Art mich doch nicht
wundern lässt, warum sie keine anderen Jobs finden. SO kann ich mich
nicht im Empfang eines Büros benehmen.
Ganz offensichtlich fehlen den Leuten Schulungen – den einen im Bereich
Personalführung und –betreuung, den anderen im Bereich „Wie
benehme ich mich richtig“ (oder was auch immer; mir kommt im Moment
wieder ‘ne ganz schöne Wut hoch – mir fällt immer mehr
ein und ich könnte noch Seiten weiter schreiben). ..." (Informant
18)
- "... Da ich ja einige Zeit im Hause der Maatwerk Büroarbeiten
erledigt habe, kann ich nur bestätigen, das das Personal dort inkompetent
ist und dass es sich dabei auch um ehemalige Arbeitslose handelt, die bislang
noch nie in dieser Branche tätig waren. Darüber hinaus wird man
regelmäßig zu sogenannten "Trainings" eingeladen (Teilnahme
Pflicht), bei denen das Thema "Was habe ich unternommen, um eine Arbeit
zu finden" regelmäßig an erster Stelle steht. Meines Erachtens
sollte das Thema "Was tut Maatwerk, um Arbeit für mich zu finden"
auch häufiger diskutiert werden. Wenn man dies anspricht, trifft man
jedoch auf taube Ohren. Fragt sich, wer hier wirklich Trainingsbedarf hat,
die Arbeitnehmer oder der Trainer...." (Informant 25)
- ".... Meine Frau war den ganzen Tag zu hause und hat auf Anrufe
gewartet. Wenn einer kam war es der Firma egal wie meine Frau zu dieser Arbeitsstelle
kommt. Hier ein Beispiel: Vermittelt wurde ein Job in einer Kantine in Berlin.
Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 14:00 Uhr. Meine Frau mußte um dort hin
zu kommen um 03:30 Uhr mit dem Zug fahren war dann auf Grund von Verspätung
erst um 06.45 Uhr am Arbeitsort und wurde sofort wieder nach hause geschickt
weil mit der Firma Maatwerk gar keine Absprachen getroffen wurden..."
(Informant 26)
Diese Erfahrungen werden aus dem Kreis der Maatwerk-Mitarbeiter (Informant
33) bestätigt: Die schnell eingestellten "Berater" in den Maatwerk-PSA
haben eine zweitägige Schnellschulung für das Projektmanagement, keine
Kontakte vor Ort - und wegen Verwaltungs- und Finanzierungsproblemen (Siehe
Kap. 8) auch keine Zeit... Das mag an der Personalauswahl bei Maatwerk liegen:
"80 Prozent der Maatwerk-Leute waren selbst mal arbeitslos, waren Kraftfahrer,
Sozialpädagogen, Krankenschwestern, Reiseleiter. Berends mag Menschen,
`die schon viel erlebt haben`" [2] - und nur solche,
die "funktionieren", so einer unserer Informanten, der eine "unglaubliche"
Fluktuation bestätigt.
Schlechte Erfahrungen mit Maatwerk waren zwar aktenkundig (vgl. Kap.
9), haben sich dennoch nicht herumgesprochen, so kann die taz [3]
auch noch nach der Pleite behaupten: "... Denn im Gegensatz zu den
bürokratischen Verwahranstalten hat Maatwerk tatsächlich eine professionelle
Jobberatung angeboten".
Anmerkungen
1) Entnommen der Unternehmenshomepage http://www.maatwerk.com
2) "Berends contra Jagoda. Wie ein
Ex-Sozialarbeiter mit einfachen Mitteln Langzeitarbeitslose wieder in Jobs bringt
und damit dem Arbeitsamt Konkurrenz macht". Stern vom 5.2.1998
3) "Maatwerk-Insolvenz. Das Versagen
der Wunderwaffe", Kommentar von Wibke Bergemann in der taz vom 20.2.2004